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Unterstützung bis vor Kurzem, wo dem Verunglückten die Summe von 750 Mark auf die seit dem Unfall verflossene Zeit auSgehandigt worden ist. Bisher ist der Mann, der übrigens Familienvater ist, von seinem früheren Herrn und von dem Velocipedfahrer, der den Unfall veranlaßt hat, in freigebiger Weise unterstützt worden. — Dresden. Unsere Einwohnerschaft beschäf tigt jetzt lebhaft die B i e r f r ag e: die vielfachen, in neunter Zeit an Auswärtige ertheilten Concessionen zu Errichtung von Restaurants in großartigem Stil und andererseits das Vorgehen der Behörde, bei einem Wechsel in der Person allbekannter und bewährter Locale die Concession nicht wieder zu verleihen, sind die Veranlassung hierfür. Allerdings haben sich bei uns schnell hintereinander heimisch gemacht mit eig enen, großen Lokalitäten von auswärtigem Bier: das Hackcrbräu (Wilsdruffer Straße), Frankcnbräu, Zacherlbräu (beide in der König-Johannstraße), Löwen bräu (Moritzstraße), das Münchner Kindl (verlängerte Moritzstraße) und ein großes Placat kündigt die dem- nächstige Eröffnung deö Restaurants für den Aus schank des „Weihenstephan" in einem neuerbauten Hause der Gewandhausstraße an. Daß den Inhabern der zeitherigen, selbst der größeren und am meisten besuchten Restaurants dadurch Abbruch geschieht, liegt auf der Hand, und in der That erleiden manche der selben in auffälliger Weise Nachtheil. Dazu kommt, daß es bekannt ist, die Behörde gedenke eine Reihe von jetzigen Schanklocalitäten, insbesondere diejenigen, welche, wie fast sämmtliche in der Schloßstraße, früher ans Schuppen oder Pferdeställen bestanden haben und daher des gehörigen Lichts und der erforderlichen Luft entbehren, künftighin nicht mehr zu concessioniren und überhaupt beim ConcessionSwcsen strengere Grundsätze als zeither walten zu lassen. Die Hausbesitzer er achten sich durch diesen jähe» Wechsel in der behörd lichen Anschauung geschädigt, und so sind es nicht die Restaurateure allein, denen die Bierfrage am Herzen liegt und die sich angesichts dieser Neuerungen in kritischen Bemerkungen Luft machen; nimmt sich doch Beider auch ein großer Theil der unbetheiligten lediglich als Bierconsument in Frage kommenden Bewohnerschaft lebhaft an. — Eine für die Geschäftswelt wichtige Entscheidung hat am Montag das königl. sächs. Oberlandesgericht zu Dresden getroffen. Der Kaufmann Friedrich Alfred Klemm daselbst hatte in seinem Geschaftsladen eine ihm von der Firma Lange u. Söhne in Nürnberg zugesandte Plakattastl ange bracht, deren oberer Rand die Worte „Berkans von Margarine" trug. Es würde den gesetzlichen Vor schriften genügt haben, wenn Klemm eine einfache weiße Tafel mit jener Aufschrift ausgchängt hätte. Da aber die Lange'sche Tafel außerdem noch oas Bild eines Mädchens trug, so wurde dieselbe nicht als eine Warnungstafel im Sinne des Gesetzes, son dern vielmehr lediglich als Rcklameplakat angesehen und Klemm deshalb vom Stadtrath zu einer Ord nungsstrafe von 3 Mark vernrtheilt. Klemm bean tragte daraufhin gerichtliche Entscheidung, das Amts gericht nahm Fahrlässigkeit an und erachtete eine Geldstrafe von l Mark als hinreichende Ahndung. Gegen dieses Erkenntniß war nun von Klemm in vollem Umfange von der königl. Staatsanwaltschaft gegen das Strafmaß Berufung eingewendet worden. Daraufhin wurde das Rechtsmittel des Angeklagten vom Berufungsgericht verworfen und die von der ersten Instanz ansgeworfene Strafe von 1 Mark auf 5 Mark erhöht, da die vorliegende Strafthat als ein Vergehen angesehen werden muß, weil Klemm bereits früher einmal wegen Uebertretung des Kunstbutter gesetzes bestraft worden ist. Infolge eingewendeter Revision Klemms wurde die Sache vor der höchsten Instanz verhandelt. Der Bertheidiger des Angeklag ten, Rechtsanwalt Richard Schanz, hob hervor, daß eine Verurtheilung im vorliegenden Falle ein großes Aufsehen in der Geschäftswelt machen müßte und auch gemacht hat. Die genannte Nürnberger Firma habe für mehr als 8000 Mark derartige Tafeln anfertigen und davon weit über 100,000 Stück im deutschen Reiche verbreiten lassen. Die Tafeln seien nicht zur Reklame, sondern um der Vorschrift des Gesetzes zu genügen, hergestellt worden. Das OberlandeSgcricht verwarf jedoch die eingewcndete Revision und verur- theilte den Angeklagten auch noch in die Kosten des gesammten Verfahrens. — Die Erbauung des Reichsgerichtsge bäude« in Leipzig, zu welchem am 31. d. M. in feierlichster Weise der Grundstein gelegt werden soll, wird, wie man von sachverständiger Seite be richtet, einen Zeitraum von 6 Jahren in Anspruch nehmen. In zwei Jahren hofft man mit dem Rohbau fertig zu sein, während auf den inneren Ausbau jeden falls vier Jahre verwendet werden müssen. Die Bau leitung ist dem Regierungsbaumeister Hoffmann aus Darmstadt, sowie dem Architekten Dybwad ans Berlin übertragen worden, deren Entwurf bekanntlich im Februar 1885 mit dem ersten Preis gekrönt wurde. Der Garnisous-Bauinspektor Scharenberg fungirt al- geschäftlich technischer Leiter, außerdem aber stehen den genannten drei Herren noch fünf andere Regier- ungsbauführer und Architekten zur Seite. Die Bau kosten sind auf 5,902,750 Akk. veranschlagt. — Die Leipziger CorpS Lusatia, Saxonia, MiSnia, Guestphalia und Thuringia, welche wegen einer gegen die Verbindung Grimcnsia ausgesprochenen Verrufserklärung im März vorigen Jahres auf die Dauer von drei Semestern suspendirt worden waren, haben sich wieder in ihren alten Farben aufgethan. — Planen, 20. Oktober. Im Auftrage einer Anzahl größerer Vereine hatten die beiden Vorsteher der zwei größten Militärvereine hier auf gestern Abend im Saale zum Tunnel eine Versammlung der Vertreter fast sämmtlichcr Vereine der Stadt ein geladen zu dem Zwecke, dem Beschlüsse der hiesigen Saalbesitzer und Saalpächter, demzufolge das Bier künftig nur noch in */,„ Litergläsern verschänkt und die Garderobe von den Betreffenden in eigene Verwaltung genommen werden soll, gemeinsam die Stirn zu bieten. Es waren gegen 70-Vereine, meist Militär-, Sänger-, Turner- und Vergnügungsvereine, durch ihre Vorsteher vertreten. Einleitend wurde das Protokoll über die Vorvcrsammlung der Vereine vor gelesen, aus welchem hervorging, daß der obenerwähnte Beschluß der Saalbesitzer und Saalpächter ani 1. Oktober d. I. in Kraft getreten ist und zunächst auf ei» Jahr gilt, sowie daß die Wirthe beschlossen haben, sich eine Konventionalstrafe von 150 Mark für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gegen die getroffenen Vereinbarungen anfzuerlegen. Nun wurde von einem der anwesenden Vorsteher beleuchtet, daß durch Einführung der */,„ Litergläser ihre Mit glieder und Gäste, ja die gesammte Einwohnerschaft geschädigt und daß den Vereinsbotcn durch Entzieh ung der Garderobe eine'Nebeneinnahme entzogen würde, ans welche dieselben angewiesen seien. Es bliebe, würbe der Beschluß der Wirthe aufrecht erhalten werden, nichts weiter übrig, als den Gehalt der Boten zu erhöhen, wodurch die Vereine abermals geschädigt würden. Man höre allgemein, daß sich Jedermann an der Einführung der ''s,Litergläser stoße. Schon jetzt, bei dem Vorhandensein derLitergläser, habe man durch „große Binden", welche beim Einschänken gemacht würden, nur */,„ Liter gehabt, nach Einführ ung der Litergläser bleibe schließlich nur noch ein Trunk übrig. Uebrigens sollten, wie weiter aus geführt wurde, die Vereine ihre Vergnügen nur noch Wochentags abhalten, da die Wirthe Sonntags Tanz musik zu veranstalte» beabsichtigen. Es wurden nun diejenigen Säle und bez. Wirtschaften aufgeführt, auf welchen das Bier «ach wie vor in "/,o Liter gläsern vcrscbänkt wird. Als solche wurden ange führt Gesellschaft der Freundschaft, Neues Schützen haus, Harmonie, Grün-Thal, Tunnel, Blauer Engel, Pyramide, Streits Berg und Hammer. Die Frage, ob man. gewillt sei, sich gegen das Gebühren der Wirthe zu gemeinsamem Vorgehen zu verbinden, wurde einstimmig bejaht, und es wurden sodann nach längerer Aussprache die nachfolgenden Vereinbarungen mit Ausnahme von einem Bereinsvertreter von allen Vereinsvorständen angenommen: Mit Rücksicht auf den Beschluß der hiesigen Saalbesitzer und Saalpächter, demzufolge das Bier künftighin nur noch in Litergläsern verschänkt und die Garderobe von den Be treffenden in eigene Verwaltung, bez. Verwaltung durch von ihnen zu beauftragende Leute genommen werden soll, ver pflichten sich hiermit gegenseitig die unterzeichneten Vereine, beziehentlich durch ihre bei einem jeden Vereine genannten Ver treter, welche letzteren diese Erklärungen Namens der von ihnen vertretenen Vereine und zugleich ein jeder unter Haftung als Selbstschuldner sür den von ihm vertretenen Verein ab geben, bei Vermeidung einer in die zu diesem Zwecke zu gründ ende, den gemeinschaftlichen Vercinszwecken dienende Kaffe zu zahlende Strafe von ISO Alk. für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung seitens eines Vereins, bez. der Mitglieder eines Vereins auf die Dauer der vollständigen oder auch nur theilweisen Aufrechterhaltung des Eingangs gedachten Be schlusses der Saalpächter und Saalbesitzer: 1. weder im Namen der Vereine oder des einzelnen Vereins und seiner Vertreter, noch durch alle oder einzelne Mitglieder der Vereine ein gesellschaftliches Vergnügen oder eine gesellige oder sonstigen Vereinszwecken dienende Zusammenkunft in einem der Lokale der Eingangs gedachten, bei dem dort angegebenen Be schlüsse betheiligten Saalbesitzer und Saalpächter zu veran stalten und abzuhalten, noch 2. eine Privatvereinbarung irgend welcher Art mit einem der bei dem obigen Beschlüsse der Saalbesitzer und Saalpächter betheiligten Wirthe ohne Zustimmung der sämmtlichen übrigen, bei dem vorstehenden Beschlüsse betheiligten Vereine für den Fall der Benutzung der Lokalitäten derselben sür Vereins- und sonstige Privat-Zwecke der Mitglieder des Vereins zu treffen. Zu dessen Beurkundung haben diese Erklärungen unter schriftlich vollzogen. Plauen, 19. Oktober 1888. (Folgen die Unterschriften.> Vermischte Nachrichten. — In München macht ein interessanter Wagen gegenwärtig bei seinen Fahrten durch die Stadt be rechtigtes Aufsehen. ES ist dies ein Patent-Mo torwagen, ein Fuhrwerk ohne Pferd, das seine bewegende Kraft durch einen kleinen, im Hinteren Theile de« Wagens angebrachten Gasmotor enthält. Zum Betriebe des Motors wird Benzin verwendet, aus dem der Motor selbstthätig während des Gange« der Maschine da« erforderliche Gas erzeugt. Ein Liter Benzin genügt, den Wagen eine Stunde lang in Gang zu erhalten, sodaß sich also die Betriebs kosten auf ungefähr 30 Pfg. für die Stunde stellen. Da nun das neu erfundene Fuhrwerk tatsächlich einen Ersatz bietet für das kostspielige Pferdematerial, von Jevermann leicht und ohne Anstrengung gelenkt werden kann, einen angenehmen und gleichmäßigen, leicht regulirbaren Gang hat und dabei eine Ge schwindigkeit bis zu 16 Kilometer per Stunde erreicht, so dürfte eS sich bald eines größeren Kreises von Liebhabern erfreuen. Der Patent-Motorwagen ist dreirädrig und das mittlere, vordere Rad dient als Steuerung. Es kann mittelst einer Art kleinen Steuerrades leicht gedreht werden. Die Bewegung des Wagens, der übrigens im Moment zum Stehen gebracht werden kann, ist durch einen an der linken Seite befindlichen Hebel leicht zu steigern oder zu verlangsamen. Ein sinnreich construirter Bergsteig- Apparat gestattet das Ueberwinden von Steigungen bis zu 8 Prozent. — Münchener Bier-Interregnum. Aus München wird geschrieben: Die „Zeit der Thränen und Noth ist vorüber". Nicht als ob wir eine Ueber- schwemmung oder gar ein Erdbeben zu verzeichnen gehabt, dem wir alleweil glücklich entronnen, nein, bei uns war nur eine Ouelle versiegt. Aber welche Quelle! Eine Quelle, wie sie nur in München fließt, und wie sie nach dem Urlheil der Welt nirgend wieder in glei cher Güte gefunden wird, der Bierborn nämlicb im königlichen Hofbräuhaus am Platzl. Selten noch hat eine Regierungsmaßnahme so tief einschneidende Wirk ung ausgeübt, wie der Schluß des HofbräuhauseS im heurigen Sommer zu „Zwecken der Restaurirung des Lokals". Die ältesten wie die jüngsten waren außer sich, die Fremden glaubten München nicht gesehen zu haben, wenn sie ohne Eintritt in das Hofbräuhaus wieder abreisen mußten, die Stammgäste litten die Zeit über an Magenkatarrh, und die „Durchgänger" brummten, wenn sie kein Stehscidel erhaschen konnten, Kurz, es war eine allgemeine Verzagtheit. Diese Noth ist endlich vorüber. Der Bierquell fließt wieder und der Genuß wird durch die Reinlichkeit des Lokals, sagt man, erhöht werden. Schwere eichene Tische, Marmorwände, eiserne Lustres, gute Ventilation, das sind die Vorzüge des renovirten Lokals. Nunmehr werden die Damen trockenen Fußes zum Schemel oder zur Bank gelangen. Sie brauchen nicht mehr das Röckchen züchtiglich zu heben und mit der Fuß spitze tastend einen trockenen Fleck zu suchen. — Fritzchen giebt beim Mittagessen in nicht mißzuverstehender Weise den Wunsch zu erkennen, zu einem ganz unzweideutig bezeichneten Zwecke hinaus geführt zu werden. Mama verweist ihm sein unziem liches Betragen und belehrt ihn, daß er in Zukunft bei ähnlichen Fällen sich anders auszudrücken, etwa zu sagen hätte: „Ich will 'mal ein bischen spazieren gehen." Einige Tage darauf giebt Fritzchen beim Mittagessen merkbare Zeichen innerer Unruhe, wird bald roth, bald blaß, bis Mama ihn schließlich fragt, was ihm fehle. „Ach, Mama, ich habe — ich habe — ich bin eben ein bischen spazieren gegangen." — Verwickelter Aerger. „Du, was hat denn Deine Frau schon wieder?" — „Ach, was wird sie haben! Erst hat sie sich über das Dienstmädchen geärgert, dann hat sie sich über mich geärgert, weil ich mich nicht über das Dienstmädchen geärgert habe, und nun ärgert sic sich, weil ich mich über sie ärgere, daß sie sich über das Dienstmädchen geärgert hat." — Freundlicher Heiraths a n trag. In einer Wiener Zeitung finden wir folgende Anzeige: „Geschiedener Herr von angenehmem Aeußern, gut situirt, sucht eine ebensolche Dame mit Vermögen, das in ihren Händen bleibt, um nochmals glücklich zu werden." — Der kleine Bernhard im zoologischen Garten ermuthigend zu dem im Hintergründe seines Käfigs sitzenden Löwen: „Komm' nur her, Löwe, ich thu' Dir nichts!" — Warum schließen wir beim Küssen die Augen? Diese vom „Echo" gestellte scherzhafte Preisfrage wird in der „M. Ztg." von verschiedenen Einsendern in der folgenden Weise gelöst: Warum man beim Küssen die Augen schließt? Weil sich dann Seele m Seele ergießt. Und weil, wenn Jemand im Rausche ist, Er wonnetrunken die Welt vergißt. Da nun in des Kusses Seligkeit Doch Wohl Berauschung liegt. So schließen sich die Augen beid', Wenn Mund an Mund sich fügt. Wie oftmals schleicht heran ein Herzensdieb, Wenn er sein Bräutchen hat so lieb, so lieb. Und gern er ihr einen warmen Kuß verehrt. Hauptsache ist's, daß es nur Niemand hört. Wie selig schließt er dabei seine Augen, Denn Vorsicht kann in diesem Fall nur taugen. Gar ost das Äug' Geheimnisse verrieth, D'rum ist es besser, wenn's davon nichts steht. In den Augen wohnt die Seele, Aus den Augen blickt das Herz, Durch die Augen dringt die Liebe, Fährt die Seele himmelwärts! Willst Du Lieb' gefangen nehmen. Halte kluge Wache Du: Gab sich Liebe Dir im Küsst, Schließe rasch di« Augen zu. Weshalb beim zärtlichen Küssen Die Augen geschloffen oft sind? Das sollt ein jeder doch wissen. Die Liebe, sie ist ja blind.