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„Mary!" rief er. „Du bist nicht glücklich, Kind. Dahinter steckt Etwas, Etwas, was Du uus Alle» verbirgst. Du liebst diesen Menschen nicht, kannst ihn nicht lieben. Trotz seines einschmeichelnden Wesens ist Dein Herz zu rein, zu unentweiht und aufrichtig, um nicht die Falschheit in seiner Rede, den falsche» Blick in seinen Augen zu entdecken, liebste Mary, Du hast mir sonst vertraut, kannst Du cs denn jetzt nicht mehr?" Einen Augenblick lang klang ihr seine Stimme, die so offen und ehrlich an ihre Ohren drang, wie eine süße Musik der Vergangenheit, einen Angenblick lang war sie versucht, ihren müde» Kopf an seine Brust zu lehnen und alle ihre Zweifel hervorzu schluchzen, damit er sie zerstreuen könne, doch dann stieg wieder ein feiner Nebel nm sie auf und sam melte sich zu dem Gespenste ihrer eigenen Beweise. Sein jetziges Benehmen war nur Komödie, wie alles Uebrige. Vielleicht hatte auch sein Auge, wie das Helenens ihr armseliges Geheimniß entdeukt und er wollte sich hinter ihrer Schwäche verschanzen. Helene hatte ihre Liebe zu ihm eine Schlechtigkeit genannt. War sie das wirklich? „Sie, die derselben bis jetzt noch gar keinen Namen gegeben hatte, sie, die sich nur bemüht hatte, ihm jeden Stein aus dem Wege zu räumen und ihn auf einen besseren Weg zu leite», ohne einen Lohn zu erwarten oder zu wünschen, immer im Dunkeln arbeitend, das nur von dem Feuer ihres Herzens erhellt wurde! Ach allmächtiger Gott! War das eine Schlechtigkeit? Sie hatte ja auf jede Frucht Verzicht geleistet, aber die Wurzel konnte sie nicht ansrotte». „Lasse die Vergangenheit begraben sein, „Harry," sagte sie traurig. „Du vergißt, daß Du kein Kind mehr vor Dir hast. Du bist es, der das Vertrauen zu mir verlernt hat. O Harry! Was nützt mir denn mein Geld, als um Anderen damit zu helfen? „Und was sind die Anderen Werth, die das an nehmen? Mary, ich muß sprechen! Ich versprach gerade Helene, ihr Alles zu überlasse», doch ich kann Dir nicht in die Augen sehen und still bleiben. Weißt Du nicht, daß dieser Mensch ein Spieler ist!" „Ja," antwortete sie ruhig. „Er hat es mir ge sagt, daß er spielt. Ist das eine unverzeiliche Sünde? Hast Du kein Mitleid mit der Schwäche eines Menschen?" „Du weißt das?" erwiderte Harry erstarrt. „Er hat es Dir gestanden und Du hast trotzdem versprochen, seine Frau zu werden? Die Frau eines Spielers ? Ja, weißt Du denn nicht, welches unsägliche Elend Dir diese Aussicht eröffnet? Dn hast ihm schon Gew für seine Bedürfnisse gegeben; wie lange wird denn Dein Vermögen in seinen Händen dauern, wenn er sich nicht schellt es zu verschwenden?" „Mein Vermögen!" wiederholte gedrückt das Mäd chen. ,Mas hat es mir denn Anderes gebracht, als Elend? Wer hat mich, außer Onkel Edgar, um meinetwillen geliebt? ES scheint mir nichts als Un glück zu bringen!" „Doch dieser Wechsel, Mary, von dein mein Vater sprach? Wie hoch belief er sich? Und ist genug Deckung in der Bank?" Sie blickte ihm in das Gesicht; es war kein Schatten von Falschheit auf demselben sichtbar, seine Augen begegneten den ihren mit furchtlo'cr Frci- müthigkeit. Seine Stimme zitterte nicht alt er diese Frage stellte. Großer Gott! Wem konnte inan ver trauen ? War denn jenes Gesicht eine Maske? Hoffte Harry sic noch immer zu betrügen? Nun wohl denn, mochte er den Glauben behalten, wenn ihm das nur einen Strahl des Glückes geben konnte. „Der Wechsel," antwortete sie, „war auf fünfzig Tausend Dollars, — ach! überrascht Dich der Be trag?" fügte sie hinzu, als er zurückfuhr. „Lasse Dich nicht davon beunruhigen. Das Papier ist in meinem Besitze nnd ich habe den Preis dafür bezahlt!" Es war Mittags zwölf Uhr des nächsten Tages, als Harvey Barclay vorsprach, doch Helene, nicht Andrew, öffnete die Vorderthür und ließ ihn ein, ehe er Zeit fand, die Glocke zu ziehen. Ihre Blicke begegneten sich und ohne daß Eines von Beiden ein Wort sprach, folgte er ihr, wohin sie ihn führte, in ein kleines Zimmer neben der Bibliothek. „Ich muß mit Dir sprechen," sagte sie. „Das sehe ich," erwiderte er kalt. „Doch erst laß mich Dir sagen, wie ich mich freue, daß Du wieder da bist, obwohl ich die Ursache bedauere, die Dich zurückgebracht hat. Wie geht es Mr. Reynold seit gestern?" „Halt!" unterbrach sic ihn befehlerisch. „Du hast kein Kind vor Dir. Wir sind nicht hier, um von Mr. Reynold zu sprechen, oder von meiner Rückkehr und Deiner Freude darüber. Jedenfalls bin ich zurückgekommen, Harvey Barclay, um Deine Pläne zu durchkreuzen, znrückgckehrt, um Deine Heirath zu verhindern!" „Ich wußte nicht, daß eine Heirath beabsichtigt war. Deiner Bemerkung nach setze ich voraus, daß Miß Horn mir die Ehre erwiesen hat, unsere Ver lobung zu veröffentlichen. Ich sagte Dir fchon vor einiger Zeit, daß ich keine Eile hätte, weiter zu gehen. Doch, da Dn die Idee aus'S 'Neue anregst, finde ich sie eigentlich gar nicht schlecht. Es ist in dieser kleinen Krisis unferer Angelegenheiten ziemlich nothwcndig, die Oberhand zu behalten, nnd wenn ich an Deiner Stelle wäre, würde ich nichts dagegen einwenden." Die kühle Unverschämtheit seines Wesens ließ die Leidenschaftlichkeit des Weibes noch wilder auflodern. „Du betrügst mich!" schrie sie mit klarer, schriller Stimme. „Du beabsichtigst Mary Horn zu hcirathc», und mir Trotz zu biete». Du, der mich voin An fänge an betragen hat, Du, der mich zu dieser Hei rath trieb, so zu sagen verkaufte! Doch das darf nicht sein! Hörst Du? Das darf nicht geschehen. Ehe ich zusehk, daß Du Mary's Alaun wirst, eher gestehe ich Alles, — ja, und wenn ich selbst meinen eigenen Antheil an der begangenen Schandthat bekennen müßte!" „Vielleicht machst Du dieses Geständniß gleich," unterbrach sic eine Stimme, die wie ein Donner schlag zu ihre» Ohren drang. Auf der Schwelle der Bibliothek stand Harry Rey nold, der mehr einer Leiche, als einem Lebendigen glich, doch seine Augen waren fest auf sic gerichtet »ttd seine Stimme war cs, welche obige Worte aus gesprochen hatte. 2b. Kapitel. Endlich! Es war ein Augenblick, der die stärksten Nerven erschüttern konnte, denn es ist etwas Anderes, mit einem Geständnisse zu drohen oder plötzlich vor dem Richter zu stehen, der dasselbe verlangt, doch Helene erbebte nur einen Augenblick bei der Ueberraschung, dann stand sie kalt entschlossen und trotzig auf, nm derselben die Stirn zu bieten. „Da Du mein Bekcnntniß wünschest, so sollst Du es haben-," sagte sie, doch ist es mir lieber, wenn keine Zeugen dabei sind. Mr. Barclay, wollen Sie die Güte haben, uns zu verlassen." „Und ich wünsche, daß Mr. Barclay bleibe," unter brach sic Harry. „Es ist augenscheinlich, daß das, was Du mir zu sagen hast, ihm bekannt ist, deshalh ist es besser, wenn es in seiner Gegenwart besprochen wird." Ein kaltes, höhnisches Lächeln spielte um Harvey Barclay's Lippe», auch er hatte Zeit gehabt, seine Fassung wieder zu gewinnen und er war derjenige, welcher von allen dreien bei dieser Enthüllung am wenigsten zu fürchten hatte. „Ich glaube, ich werde lieber zu Mary in das Musikzinnncr gehen," sagte er ruhig. „Ich bi» kein Freund von häuslichen Scencn nnd stehe Ihnen zu Diensten, Mr. Reynold, wenn diese augenscheinlich peinliche Besprechung zu Ende sein wird." Harry Reynold machte keinen weiteren Versuch ihn zurückzuhalten, als er an ihm vorüberging und die Thür, nachdem er das Zimmer verlassen hatte, wieder sorgfältig hinter sich schloß. Bor den Augen des junge» Ehemanns war eine dichte, schwarze Wolke, welche die Gestalt der schönen Frau, der er alle seiue Liebe und Vertrauen gewidmet, vor seinen Blicken verhüllte. Als sich endlich die Wolke verzog, fand er sich wenige Schritte von seiner Frau entfernt. Sie hatte die Arme über die Brust gekreuzt und lächelte trotzig. Alle ihre Sanftmuth und Weiblichkeit war verschwunden. „Nun?" fragte sie höhnisch. „Ich erwarte das, was Du zu sagen hast," ant wortete er, und seine Stimme klang wohl unaus sprechlich traurig, doch fest und streng. Instinktmäßig fühlte das Weih, daß sie nicht mehr den anbctenden Gatten vor sich habe, den Mann, den sie durch ein Lächeln leiten und nach ihrer Laune beugen konnte, sondern den Richter, der die Wagschale der Gerechtig keit in unparteiischen Händen hielt. „Und wenn ich nun nicht sprechen will?" fragte sie. „Es war Mary, der ich ein Bekcnntniß ahlegen wollte, nicht Dir." „Mary trägt nicht den Namen, den Dein Be- kenntniß vielleicht befleckt, auch ist cs besser, ihre reinen Ohren nicht mit solchen Dingen zu befudeln. Erst will ich es hören und wenn es eine wirkliche Schandthat ist," er hielt inne nnd schauderte, „so soll es, außer mir, Niemand hören." (Fortsetzung folgt.) Ist die Gicht heilbar? Die Gicht ist eine Krankheit der Knochen und Knochenhäute. Die Schmerzen der Gicht werden hervorgebracht, indem die fremden und scharfen Stoffe ihre zerstörende ätzende Kraft an der Haut der Knochen auSüben. Wegen dieser Störung werden theils die zu neuer Knochenmassc bestimmten Körpertheilchen nicht auf normale Weife in Knochenmassen verarbeitet, theilS werden die Abgänge aus den Knochen nicht gehörig oder nicht an vie Haut getrieben und auS- gedünstct. Daraus erklärt sich die Entstehung der Gichtknoten, welche nichts sind, als Knochenabgängc. In neuester Zeit wird die Gicht als eine der jenigen Krankheiten betrachtet, welche ganz besonders durch die Wasserkur »adikal geheilt wird. Es ist festgestellte Erfahrung, daß das Wasser am sichersten von den groben, recht materiellen KrankheitSstvffen heilt. Die Knr bei Gicht besteht besonders in Schwitz- nnd Vollbäder und einer richtigen Massage; das treibt die aufgespeicherten Gichtstoffe in kritischen Schweißen, Ausschlägen und Geschwüren auf die Haut; doch ist die Kur langwierig, wenn das Uebel alt und tief eingewurzelt ist. Die Gicht entsteht durch von außen in den Körper gebrachte Schärfen dann, wenn diese Schärfen lange in bedeutender Menge genossen werden. AlSdann werden die Schärfen der Diät und Medikamente von den anderen Organen nicht mehr abgestoßen nnd lagern sich an den Knochen und ihren Häuten, ver hindern die normale Ausscheidung nnd Neuersetzung der Knochen und bewirken dadurch Concremente von Knochcnstoff. Doch können alle diese Erscheinungen erst dann auftreten, wenn daö Organ der Haut schwächer wird. Ich bin der Meinung, daß bei den meisten Gicht patienten der Gebrauch von vielen Medikamenten zwar mitwirkende Krankheitsursache ist, aber daß eine Diät von scharfen Speisen nnd berauschenden Getränken doch die größte Hanptnrsache der Gicht ist, nämlich unter der Voraussetzung, daß die übrigen Organe stark, und die Knochen mit ihren Häuten von Hause aus die schwächsten Parthien im Körper sind. Die völlig ausgebildete Gicht tritt in ziemlich festen Perioden auf, gewöhnlich im Frühjahr und Herbst, wo der Körper seine Haupterneuernng ver nimmt, und wo deshalb die abgelagerten Krankheits stoffe am meisten aus der Verschleimung entbunden werden und sodann Schmerzen und Krankheit erzeugen, und nur unter Schmerzen ausgeschieden werden können. Die Kennzeichen der reinen und am häufigsten vor kommenden Gicht sind: ein heftiger Schmerz in den Gelenkbändern nnd den benachbarten Knochentheilen, verbunden mit einer entzündlichen Geschwulst und Unbeweglichkeit der Gelenke. Die Medizinheilkundc steht dieser Krankheit ganz ohnmächtig gegenüber. Sie ist wohl im Stande, die heftigen Schmerzen zu betäuben, aber sie vermag nicht, die Gichtstoffe aufznlöscn und zur Ausscheidung zu bringen. Im Gegenthcil: es werden noch immer mehr abnorme Stoffe in den Körper cingcführt und dadurch die Krankheit verschlimmert. Auch die vielen Geheimmittel sind ganz zwecklos ; sie beruhigen augen blicklich die Schmerzen, aber die Gichtstoffe bleiben fest sitzen. Die Naturheilkunde schreitet gegen die Gicht ganz anders ein. Sie geht von dem Grundsätze aus, daß sich im Körper Stoffe festgesetzt haben, welche nicht hincingehörcn und sucht diefe abnormen Stoffe zur Ausscheidung zu bringen. Um dies zu erreichen, müssen die verhärteten Kalksubstanzen aufgelöst werden. Dies wird ganz sicher erzielt durch Dampfbäder in Verbindung mit Vollbäder und einer richtigen Massage. Der Dampf erweicht die verhärteten Kalksnbstanzen nnd das Massiren löst sie auf; die Vollbäder spülen die ans die Haut getriebenen Krankheitsstoffe fort und kräftigen von neuem die Haut, damit sie wider standsfähiger ivird. Ferner ist eine richtige Diät von großer Wichtig keit, damit sich nicht neue Gichtstoffe bilden können. Alles Scharfe und Schwerverdauliche ist zu meiden, wie Schweinefleisch, Wurst, Käse, Gewürze, Kaffee, Bier, schwere Weine und Taback. Die beste Diät ist: Milch, Cacao, gnt ausgcbackeneS Hefenbrod, Eier speisen, Gemüse, Milch- und Mehlspeisen; Kalb-, Geflügel- und Wildfleisch, am besten gut inürbe ge braten ; Obst- und Obstspeiscn, Apfelwein und leichter Moselwein. . Durch die vorgeschriebene Diät werden die ganzen Vcrdauungöorgane gekräftigt und gesundes Blut er zeugt ; durch die Wasserkur in Verbindung mit Massage die Gichtstoffe zur Ausscheidung gebracht. Auf solche Weise wird die Gicht geheilt. Einen anderen Weg giebt es nicht. Daß die Auflösung der Gichtstoffe nicht in ein paar Tagen oder Wochen geschehen kann, wird wohl ein Jeder selbst einsehen; denn es ist unmöglich, daß ein Leiden, welches Jahr zehnte zur Entwicklung gebraucht hat, in ein paar Wochen geheilt werden kann. Auch kann ein Gichtleidender nicht ohne Schmerzen von seinen Leiden befreit werden. Sobald die Gicht stoffe aufgelöst sind und der Körper bemüht sich, sie auSzustoßen, kommen sie mit den feinen Nerven in Berührung und erzeugen Schmerzen. Diese Schmerzen — während einer Wasserkur — zeigen aber bestimmt an, daß der Zustand besser wird. Wer sich von der Gicht befreien will, der mache nur einen Versuch und er wird bei strenger Befolg ung der Vorschriften nach den Grundsätzen der Natur heilkunde sicher eine Heilung erzielen, wenn nicht schon vollständige Steifheit eingetreten ist. Wo das Leiden eingewurzelt ist, muß man aber schon auf eine strenge Kur von 3 bis b Monate rechnen. C. Z u p k e, prakt. Vertreter der Naturheilkunde. Druck und Lerlag von S. Hannebohn-in Eibenstock.