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gerufen sei. Außerdem wird eine Menge von Flug schriften nihilistischen Inhalts im Lande verbreitet, so daß die Annahme berechtigt erscheint, die Nihilisten planten wieder eine größere Aktion. Wie dem „Prze- glad" aus Petersburg gemeldet wird, wird dortsclbst geglaubt, daß die extremen Panslavisten mit den nihilistischen Vereinen in Verbindung getreten sind, um im Lande eine Lage zu schaffen, welche einen Krieg mit dem Auslande zur politischen Nothwcndig- keit macht. Bemerkenswerth noch ist die durch russische Geheimpolizisten erwiesene Thatsache, daß die inter nationalen Vereinigungen die nihilistische Bewegung durch reichliche Geldmittel unterstützen, um in Ruß land die gegenwärtige Regierung zu stürzen. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 1. October. Gestern hielt Herr Diac. O. Schultze vor zahlreich versammelter Ge meinde seine AbschiedSprcdigt. Derselbe folgt nach 1'/, jähriger Amtsthätigkcit in hiesigem Orte einem Rufe nach Zwickau, woselbst er als vierter Diaconus an der Marienkirche gewählt wurde. Hru. Schultze bietet sich in seiner neuen Stellung ein größeres Feld der Thätigkeit. Wir sind überzeugt, daß ihm dort die Herzen der Gemeindemitglieder ebenso freudig entgegcnschlagen werden, als sein Fortgehen von hier bedauert wird. — Eibenstock, 1. October. Gestern Mittag entlud sich über unserer Stadt ein Gewitter, wel ches glücklicherweise Schaden nicht angerichtct hat. DaS Auftreten eines solchen in so später Jahreszeit überraschte umsomehr, als wir dieses Jahr verhältniß- mäßig sehr wcnig von Gewittern hcimgesucht worden sind. Die Witterung hat sich nach den elektrischen Entladungen bedeutend abgekühlt, während wir in den letzten Wochen schönes sonniges Wetter hatten, so daß es unfern Oekonomcn möglich wurde, das Getreide rasch und glücklich unter Dach zu bringen. — Dresden. Bei der Königlichen Alters- rentenbank zu Dresden lLandhauS- und König-Johannstr.) werden die zur Erwerbung sofort beginnender Renten bestimmten Einzahlungen im All gemeinen 'am Ende eines Quartals bewerkstelligt. Da indessen manche Kapitalien erst am Anfang eines Vierteljahres flüssig werden, so gewährt die Alters rentenbank bei der Erwerbung sofort beginnender Renten noch die Vergünstigung, daß auf Einzahlungen, die in den ersten 5 Tagen eines Vierteljahres er folgen, gegen Entrichtung 4prozentiger Verzugszinsen die Einzahlung als bis zum vorhergehenden Quartal schluß erfolgt angesehen wird. Die Altcrsrentenbank und ihre Agenturen nehmen daher gegen Entrichtung -lprozentiger Verzugszinsen bis zum 5 Oktober d. I. Einzahlungen zur Erwerbung sofort beginnender Ren ten an, deren erste Rate am 31. Dezember d. Js. fällig wird. Die Verzugszinsen betragen für jede 90 Mk. Kapital und jeden Tag Verspätung 1 Pfennig. — Zwickau. Die Tagesordnung zu der am Mittwoch, den 10. Oktober >888 stattfindenden öffent lichen Sitzung des Kreis-Ausschusses besagt folgendes: 1) Recurs des Kaufiuann's E. Ball; 2) Recurs des RcchtSanwalt's I)r. Hennig in Annaberg wegen der Abschätzung zu den dortigen Communan- lagen; 3) Recurs des Spiunmeistcrs H. Hilvebrandt in Crimmitschau bezüglich seiner Abschätzung zu den Comnittuaulagen daselbst; 4) das neue Anlagcn-Rc- gulativ für Limbach; 5) Recurs des Consumvereius in Treuen gegen die Abschätzung zu den dortigen Communanlagcn; 6) Beschwerde des früheren Bür germeisters in Treuen, jetzigen Stadtrathö Hctschcl in Dresden wegen Entrichtung von Pensionskassen- bciträgcu; 7) Recurs der deutschen Straßenbahnge sellschaft in Dortmund wegen Heranziehung zu den Communanlagcn in Chemnitz, bez. Kappel; 8) Gesuch des Webers F. G. Groß in Treuen um Rückzahlung bez. Erlaß städtischer Abgaben; 9) Differenzen zwischen den Ortsarmcnverbände» von a) Marienberg und Satzung wegen Erstattung von Cur- und Verpfleg- nngsaufwand für die vcrw. Langer, b) Penig und Trieb wegen Erstattung von Cur- und Verpflegkostcn für den Weber Reuter, e) Ernstthal und Hohenstein wegen Erstattung des Verpflegungsanfwandes für den Handarbeiter Chemnitzer; 10) Das neue Anlagcn- Regulativ für Waldenburg; 11) Verwendung von Stammverinögcnstheilen der Stadtgemcindc Stollbcrg; 12) Veränderung der Gcmeindebezirke von Annaberg und Frohnau in Folge Erweiterung des Bahnhofes Annaberg; 13) Differenzen zwischen den Ortsarmen verbänden von n) Berlin und Glauchau wegen Er stattung des Cur- und Bcrpflegungsaufwandcs rc. für den geistesschwachen rc. Blechstein aus Hohenstein, b) Dresden und Plauen i. V. wegen Erstattung von der verw. Böger ans Plauen gewährten Erziehungs- beihülfe; 14) Recurs des Banquiers M. Sarfert in Zwickau gegen seine Abschätzung zu den Communanlagcn. — Von den Seiten der König!. Prüfungskom mission fürEinjährig-Freiwilligc in Zwickau zugelassenen 14 Aspiranten bestanden nur 7 das vor schriftsmäßige Exaincn. — Franken berg. Der Leichnam des un glücklichen jungen Arzte« l)r. Victor Schieck ist hier cingctrofscn und wurde Sonnabend früh nach der Todtcnhalle des Friedhofes überführt. Die Be erdigung fand Sonntag früh statt. Die Theilnahme an dem schweren Schicksalsschlage, der die Familie Schieck betroffen, ist hier sowohl, als auch weit über das Weichbild der Stadt hinaus eine allgemeine und innige, zählt doch diese Familie seit Jahren schon zu den geachtetstcn in Frankenberg und Umgebung und weiß man eS doch auch, daß I)r. Victor Schieck seinem Berufe mit Ernst und Eifer, sowie mit Edelsinn und rühmcnSwerthester Menschenfreundlichkeit oblag. — Anschließend an vorstehende Mittheilungen sei noch eines Telegramme« der Wiener ,N. fr. Pr." aus Mals Erwähnung gethan, laut welchem die Unter suchung des auf Schweizer Gebiet am Sursaßberge gefundenen Leichnams des vr. Schieck noch nicht mit Bestimmtheit ergeben habe, ob Letzterer ermordet worden oder durch einen Absturz verunglückt ist. Die Leiche lag unter einem Felsen und zeigte schwere Ver letzungen am Hintcrkopfe, die von einem Schlage her rühren könne». Ferner wurde ein Arm- und ein Beinbruch konstatirt, und endlich wurden Wunden am rechten und linken Handgelenke, die aussehen, als ob sic von Schroten herrührten, entdeckt. Der Mein ung der Sachverständigen zufolge ist I)r. Schieck durch eine» Absturz verunglückt, der aber wahrscheinlich durch fremdes Dazuthuu bewirkt worden sei. — Ein grober Unfug wurde in den Nacht stunden vergangener Woche auf dem alten Friedhöfe in Altchemnitz verübt. Etwa sechs Denkmäler, darunter ziemlich große und werthvolle, liegen, gewalt sam umgeworfen und zum Theil arg beschädigt, auf und neben den Gräbern. — In Stötteritz bei Leipzig hat sich ein be dauerliches Ereiguiß zugetrage», welches geeignet sein dürfte, auch in weiteren Kreisen Aufmerksamkeit zu erregen. Am letztvergaugenen Freitag wurde der die Naturhcilknnde dort ausübende Einwohner D. ver haftet, weil derselbe beschuldigt ist, an einem 8 Jahre alten Mädchen eine falsche Cur angewendet zu haben, und das Kind in Folge dessen verstorben ist. — Daß die Wuthkrankheit unter Hunden viel öfter verkommt, als man im Allgemeinen annimmt, erhellt aus folgender Zusammenstellung, welche das verflossene Berichtsjahr betrifft. In 35 Ortschaften Sachsens sind tollwüthigc Hunde beobachtet worden. Bei 32 Thieren war die Seuche festgcstellt, während 2 Thiere derselben dringend verdächtig waren. 14 Thierc sind verendet, 20 wurden gctödtet. 97 Hunde waren gebissen worden, welche sämmtlich auf polizei liche Anordnung gctödtet werden mußten. Leider sind auch drei Menschenleben der entsetzlichen Krankheit zum Opfer gefallen und zwar je ein Knabe im amts hauptmannschaftlichen Bezirk Pirna und Auerbach, 1 Erwachsener im Bezirke Marienberg. In den Be zirken Annaberg und Schwarzenberg waren je 1 Katze und im Bezirke Annaberg 1 Pferd gebissen und er lagen der Seuche. — Das Königreich Sachsen ist bekanntlich eines der dichtbevölkertsten Länder der alten Welt. Auch im Eisenbahnwesen reicht Sachsen an Belgien und England heran. Sachsen hat rund 672,500,000 Mark in seinen Staatsbahnen und 17,230,000 Mark in Privatbahnen angelegt. Vereinnahmt wurden von diesen Bahnen ans dem Personenverkehr 22'/, Mill. Mark, von Gütern 48 Mill, rund, insgesammt 74 Mill. Die Ausgaben, welche ein Heer von Arbeitern und Beamten (ca. 26,500 Personen) ernähren müssen, betrugen 42'/? Mill. Somit beträgt der Ueberscbnß in 1887 über 31 Mill. Mark. Das Anlagekapital verzinste sich also mit 5'/„, Proccnt. Täglich laufen in Sachsen 730 regelmäßige Personenzüge. Die Linie Görlitz-Reichcnbach (mit täglich 38 Zügen) steht obenan. Unter 6 Züge täglich sinkt der Verkehr auf keiner Linie in Sachsen. — Die Zahl der Theologie Stndircnden in Deutschland hat in den letzten 12 Jahren stetig, und zwar in einem sehr erheblichen Prozentsätze zuge- nommcn. Während es im Sommer 1876 auf sämmt- lichen deutschen Universitäten in Summa nur 1595 Theologen gab, waren im Sommcrscmcster 1887 drei Mal mehr, nämlich 4837 vorhanden. Die Frage, ob zu Viele Theologie studircn? — läßt sich nicht ohne Weiteres bestimmt beantworten. Denn die großen Lücken, welche in dem Jahrzehnt der Abnahme der Theologie Stndircnden sich ergeben haben, ver langten zur Ausgleichung eine erhöhte Zunahme. Sollte gegenwärtig die hohe Zahl anhalten, so würde allerdings ein Zustand eintrcteu, wie wir ihn in Sachsen vor einigen Jahrzehnten hatten. Damals gab es eine sehr große Anzahl Kandidaten des Pre- digtamtcs, und wenn es ihnen nicht gelang, eine Stelle ritterschaftlicher oder städtischer Collatur zu erlangen, so mußten sie 6 bis 8 Jahre warten, bevor sie vom Kultusministerium für eine geistliche Stelle königlicher Collatur vorgcschlagcn wurden. ES gab auch nicht wenige junge Theologen, welche al« Lehrer in Fa milien oder im öffentlichen Schulamte jahrelang thätig waren. Als freilich vor einem Jahrzehnt der Thcologen-Mangcl fühlbar wurde, machte es Mühe, für gering dotirtc oder besonders beschwerliche Pfarr stellen Bewerber zu finden. Diese Zeit ist nun glück licherweise vorüber. Ja, die Collaturbehörden sind, insbesondere bei vakanten Stellen in größeren Städten, in neuerer Zeit oft in Verlegenheit, nicht wegen der geringen, sondern wegen zu großer Zahl der Aspiranten. Sitzung -es Lezirksansschussks der Königlichen Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, am 26. September 1888. I) Der Bezirksausschuß genehmigt ». nach Zurückziehung der erhobenen Widersprüche die von den Fabrikbesitzern Geßner und Dittrich in Breitenhof vorgenommene Beilegung und Verbreiter ung eines Betriebsgrabens und b. die von Friedrich Bruno Escher in Obersachsenfeld erfolgte Anbringung eines Wasserrades in dem dort igen Mühlgraben, bedingungsweise, 5) genehmigt die Gesuche a. Carl August Weber's in Mittweida um Veränderung eines Betriebsgrabens daselbst und d. Guido Krauß's in Raschau um Verlegung seines Wehres im Mittweidabach, bedingungsweise, 3) von den gegen Heranziehung zu den Gemeindeanlagen ein gewendeten Rekursen wird ». der von Christian Gottlieb Fischer in Aue verworfen, i>. wegen des Rekurses Johann Christian Bechers da selbst werden weitere Erörterungen beschlossen, 4) beschließt die Zuschlagung der von der Firma Günther L Richter in Neustädte! erkauften fiskalischen Fläche zum Gemeindeverbande Blauenthal, 8) genehmigt s. die von den Gemeinden Ober- und Niederschlema beschlossene Umgehungsentschädigung für die dasige Hebeamme und l>. die unentgeldliche Abtretung von Gemeindegrund stücken in Bockau an die Schulgemeinde daselbst, 6) beräth anderweit Maßnahme» zur Regulirung des Srhlaf- stellenwesens, 7) stimmt den Vorschlägen der König!. Amtshauptmannschaft, die Festsetzung des durchschnittlichen Werihes der bei der Krankenversicherung der in land- und sorstwirthschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen in Frage kommenden Naturalbezüge zu, 8) genehmigt die Gesuche s. Carl Christian Salzer's und Anton Emil Gold- hahn's in Bernsbach um Uebertraguna der Gustav Wickel n dortselbst zustehenden Erlaubniß zum vollen Gasthofsbetriebe und zur Abhaltung von Concert- und Tanzmusik auf ihre Person, l>. Oskar Meyer's in Oberpsannenstiel um Uebertrag- ung der Henriette verw. Görner daselbst zustehenden Befugniß zum Bier- und Branntweinschank auf seine Person und v. Heinrich Falt's in Schneeberg um Uebertragung der Ernst Köhl-Krügel in Neustädte! zustehcnden Er laubniß zuni Bier- und Branntweinschank in der Unterstandshlltte auf dem Gleesberge aus seine Person, 9) lehnt die nachgesuchte Erlaubniß o. Rudolf Börner's in Carlsfeld zum Kleinhandel mit Spirituosen, b. Emil Rehm's in Aue zum Branntweinschank und c. Anton Tautenhahn's in Burkhardtsgrün zum Bier schank, in Mangel örtlichen Bedürfnisses ab und 10) erledigt mehrere Bezirksarmenhaus-Angelegenheiten. Herrn Kulickes Manöverfahrt. Er heißt eigentlich nicht Kulicke, sondern mir so ähnlich, ist seines Zeichens Berliner Rentier nnd iin Uebrigen ein urgemllthliches Hans. Mit ganz spe zieller Erlaubniß seiner geliebten besseren Hälfte zog er am vorletzten Montag ostwärts dem Krieg in Frieden zu: „Willem, nehme Dir nur ja sehre in Acht, Du bist so dreiste, wage Dir nicht zu weit rin, wer sich in Gefahr begiebt, kommt darin um," und dergleichen weise Lehren mehr gab ihm die Gattin, die Theure, mit auf den Weg; noch ein derber Schmatz und Herr Kulicke bestieg die Droschke zweiter Güte, welche ihn mit „rasender Geschwindigkeit" dem Bahn hofe zuführte. Herr Kulicke hat auf seiner Manöver fahrt merkwürdiges Glück gehabt und eine Fülle interessanter Erlebnisse zurückgebracht, welche einem Hackländer Stoff zu einem dicken Bande Manöver humoresken geboten hätten. Raummangel halber können wir aber die Berichte, welche er seiner Gattin bei der „Rückkehr vom Manöver" am Dienstag Abend erstattete, nur in Kürze wiedergcben. Doch lassen wir Herrn Kulicke selbst erzählen: „Die Waggons waren alle überfüllt/ kein Platz frei: „Det is mich janz cjal, sage ich zum Kondukteur, mit muß ick, — ick mache Sie verantwortlich davor, wenn ick »ich zur rechten Zeit komme, kann dat Manöver überhaupt nich stattfinden!" DaS imponirte ihm, er schob mir in eine Waggonthüre erster Klasse rin und heidi ging's los. Im selben Kupee mit mir saß ein Ge neral. Da er mich jedenfalls für eine hohe Persön lichkeit inkognito hielt, so sprach er aus Respekt keinen Ton zu mir, und deshalb verhielt ich mir ebenfalls sehr zugeknöpft und gab ihm keine Antwort auf sein Schweigen. Erst auf Station Rehfelde, wo wir ausstiegen, kamen wir ins Gespräch, er sagte beim AuSsteigen „Morgen!" und ick crwiederte ebenfalls herablassend: „Morgen!" — Und nun erzählte Herr Kulicke seiner Gattin Langes nnd Breites von fernen Erlebnissen und Abenteuern im „Bivak", wie er einen großen Stein als Kopfkissen und Stroh und Heu als Deckbett hatte, wie mörderisch er gefroren, wie er am nächsten Morgen bei dem Manöver beinahe von einer Schwadron Ulanen überrittcn worden wäre, nur dadurch hätte er sein Leben gerettet, daß er sich platt auf die Erde niedergeworfen rc. rc. Aber für alles Ungemach sei er auch glänzend entschädigt worden, denn er habe sich später einen Platz auf einer Anhöhe erobert, von wo au« er init seinem Krimstecher das ganze Manöver habe übersehen können. DaS sei ein gewaltiges militärisches Schauspiel ge wesen. Auch der Kaiser und viele Prinzen hätten