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verstehe, selbst mit Hintansetzung der eigenen Gefühle. „Sedan", — so fährt das Blatt der alten Krieger fort, — und wir stimmen ihm völlig bei, — „ist kein Festtag in dem Sinne, daß hier nur der Ge selligkeit, der Freude am Beisammensein Rechnung getragen werden soll. Sedan steht unter unseren patriotischen Feiern in erster Reihe, und hat als solche seine bedeutsame Aufgabe. Es handelt sich um den nationalen, um den Reichsgcdanken. Derselbe soll an diesem Tage wie ein Feuer, das unter der Asche glimmt, zu lebhafter Flamme angc- blasen werden, um Kraft zum Leben für das ganze Jahr zu behalten. Die Gelegenheit, an diesem Tage das große Jahr 1870/71, seine Heldcnthaten und seine Errungenschaften vor dem geistigen Auge der Ration wieder aufleben zu lassen, und an diesem Bilde die heilige Vaterlandsliebe in der Brust des Volkes zu schüren, darf nicht vorübcrgelassen werden, weil unser Herz noch in tiefer Trauer steht. Unsere Pflicht verbietet uns, am Sedantage zu schweigen. Wir haben uns und unserem Volke die schöne Sitte, den Sedantag als Nationalfest des jungen Deutschen Reiches zu feiern, zu schwer gegen Einbruch und Widerstand von verschiedenen Seiten erkämpft, als daß wir durch Ucbcrschlagen auch nur eines Jahres diese Errungenschaft gefährden möchten." — Bezüglich des „Sedanragcs" scheint eine Spaltung zwischen der Feier am 1. oder 2. Sep tember einreißen zu wollen. Graf Moltke hat näm lich in einem Schreiben nach München zum Ausdruck gebracht, daß nicht der 2. September, sondern der 1. September der zur Sedanfeier berechtigte Tag sei. In München feiert man nun in diesem Jahre bereits den 1. September als „Scdantag" und will es auch künftig so halten. Dadurch ist faktisch bereits eine Spaltung iu der Feier unseres Nationalfesttages für's Gesammtdentschland eingetreten, und dies ist tief zu bedauern. Für den 2. September als Sedantag spricht unbedingt, daß seit der glorreichen Zeit dieser Tag festlich begangen worden ist, daß ferner am 2. September Napoleon und sein Heer kriegsgefangen dem dcntschcn Heere sich ergab, und daß schließlich dieser großartige Sieg damals vor 18 Jahren in ganz Deutschland einhellig mit Jnbel und Begeister ung am 2. September gefeiert worden ist. Im Inter esse einer einheitlichen Feier dieses unseres National festtages lasse man also den 2. September auch für die Zukunft als berechtigt stehen! — Der Präsident des Regierungsbezirks Potsdam hat säinmkliche Magistrate des Bezirks angewiesen, eine Feier des Sedantages in Rücksicht auf den Heimgang der Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III. nicht zu unterlassen, da gerade diese Feier Gelegenheit zu weihevoller Erinnerung an die dahingcschiedenen Nionarchen gebe. — Hamburg, 27. August. Gestern Abend kurz vor II Uhr entstand plötzlich ein gewaltiger Feuer schein in der Elbgcgend. In unglaublich kurzer Zeit loderte eine ungeheure Feuergarbe hoch auf, welche die Stadt weithin erleuchtete. Auf der der Stadt gegenüberliegenden Insel Steinwärder, im neuen Freihafcngebiet, war Feuer ansgcbrochen, durch welches 7 Meße alte Holzschuppen, in welchen bedeutende Quantitäten Baumwolle, Zucker, Reis, Salz, Sal peter, Wein und viele andere Kaufmannsgüter lagerten, total vernichtet worden sind; 6 Personen sind bei dem Brande ums Leben gekommen ; von 2 Personen wurden verkohlte Ueberrestc anfgefundcn, eine starb während des Transportes nach dem Krankcnhausc, drei sind unter den rauchenden Trümmerhaufen be graben und nicht mehr auffindbar. Außerdem befinden sich noch zwei Schwerverletzte im Krankcnhausc. Die meisten Versicherungsgesellschaften sind bei dem Brand schaden bethciligt, welcher insgesammt ans mehrere Millionen Mark geschätzt wird. Die Schiffswerft von Blohm und Boß schwebte in großer Gefahr, ist indessen nur wenig beschädigt. Stücke von brennen der Dachpappe re. wurden bis in die Mitte der Stadt geschleudert, ohne indeß irgendwo zu zünden. Der Funkcnregcn bot einen grausig-schönen Anblick, er erhob sich bis zu vielen Hunderten Fuß in die Luft und war weit in der Umgegend sichtbar. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Nächsten Montag, den 3. September er., früh 9 Uhr findet in Carls feld die 200jährigc Jubelfeier der Erbauung der Kirche statt, worauf wir unsere geehrten Leser aufmerksam zu machen nicht unterlassen wollen. Das Fest verspricht bei günstigem Wetter sehr schön zu werden. — Schönheide. Der am letzten Sonnabend auf hiesigem Bahnhofe vom Schlaganfall betroffene und gleich gestorbene ältere Herr war der Plüsch- waarcnfabrikant Friedrich Wilhelm Francke aus Meerane. Die Leiche wurde nach Meerane überführt. — Schön Heide. Vom 24. August an ist im hiesigen Staatsforstrevier das Einsammeln der Preißelbeeren gestattet. Wie in früheren Jahren, so zogen auch an diesem Tage am frühesten Morgen, d. h. Nachts von 2 Uhr an, mit Laternen ausge rüstet, Scbaaren von Männern, Frauen und Kindern in den Wald, um von dessen geschätztesten Früchten eine möglichst reiche Ernte zu halten. An manchen Stellen ist cs freilich damit schon vorbei, denn es giebt Leute, welche die Preißelbeeren abreißen, wenn dieselben noch völlig grün sind. Trotz aller Straf androhungen und trotz der größten Wachsamkeit des Forstpersonals werden gewöhnlich bis zum Tage der Freigabe viele Scheffel oft geradezu gesundheitsschäd- licher Beeren eingchcinist. Dieselben werden gewöhn lich längere Zeit im Keller aufbewahrt — wodurch sie rothe Farbe bekommen — und später mit den reifen Beeren zu gleichem Preise verkauft. Bei einiger Vorsicht ist aber jede Hausfrau im Stande, sich vor derartigem Betrogenwerdcn zu verwahren. Die in unreifem Zustande gepflückten und dann aufbcwahrten Beeren sind nämlich leicht zu erkennen. Sie sehen gewöhnlich sämmtlich roth aus, was bei den frisch gepflückten nie der Fall ist, da sich unter diesen regel mäßig noch einige mit weißen oder weißlichrothen Flecken befinden. Dann fehlt ihnen trotz der rothen Farbe doch der Glanz und die Frische der reifen Beeren, und ihr Geschmack ist ein herber, unange nehmer. Für den eigenen Haushalt sind dieselben nie berechnet, begegnet man doch häufig der Rede: „Unsere Preißelbeeren hole» wir zuletzt!" — Dresden, 27. August. Der heutige Kai ser tag brachte der sächsischen Königsstadt schon in den frühen Morgenstunden reges Leben und Treiben. Ganz besonders belebt waren diejenigen Straßen, welche der Kaiser zu durchfahren hatte und iu der 10. Stunde besetzt wurden von den die kaiserliche Ehrengarde abgebcn wollenden Vereinen und Corpo- ratione». Bor dem Berliner Bahnhofe in Friedrich stadt stand eine nach Tausenden zählende Menge, der Ankunft des Kaisers harrend. In der l l. Stunde fuhren daselbst die Generalität nnd die Spitzen der königl. und städtischen Behörden vor, die vom Leib- Grenadier - Regiment gestellte Ehrenkompagnie mar- schirte mit Musikkorps und Regimentsfahne auf und kurz vor 11 Uhr kamen der kommandirende General, Feld marschall Prinz Georg und seine beiden ältesten Söhne Prinz Friedrich August nnd Prinz Johann Georg, sowie wenige Minuten später König Albert in der Uniform seines ostpreußischen Dragoner - Regiments und mit dem Bande des preußischen schwarzen Adler ordens geschmückt und Begleitung der diensthabenden Adjutanten angefahren. Wenige Minuten nach II Uhr traf rer Kaiscrzug ein, Kaiser Wilhelm in der Uniform seines sächsischen Grenadier-Regiments stand am Fenster des Salonwagens, jubelnde Hochrufe tön ten dem Monarchen entgegen. Schnellen Schrittes verließ der Kaiser den Wagen, eilte ans den König zn, ihn umarmend und küssend. Dann begrüßte er die königlichen Prinzen und den preußischen Gesand ten. Hierauf traten die hohen Herren znm Bahnhofe heraus. Begeisterte Hochrufe tönten ihnen entgegen und Oberbürgermeister vr. Stübel richtete folgende Ansprache an den Kaiser: „Allerdnrchlauchtiqster Großmächtigster Mergnädigster Kai ser und Herr! Ew. Majestät wollen geruhe», von der Stadt Dresden einen ehrfurchtsvollen herzlichen Willkomniengruß Huld reick und nachsichtig entgegenzunehmen, die Wärme unserer Ge fühle aber nicht bemessen nach den für den Empfang Ew. Ma jestät getroffenen festlichen Veranstaltungen, die bei der Kürze der uns gegebenen Zeit nur in höchst bescheidenem Maße aus geführt werden konnten. Unsere Herzen sind von hoher Heller Freude erfüllt und schlagen mit Jubel Ew. Majestät entgegen, sind wir doch die getreuen Unterthancn Er. Maj. des Königs Albert, unseres geliebten Landesherrn, welche» die Welt kennt als Ew. Majestät treuesten Bundesgenossen, als Ew. Majestät treuesten Freund. Je bewährter aber die sächsische Treue, um so gewisser darf ich auch sagen, daß wir Sachsen uns von kei nen, anderen deutschen Stamme den Rang streitig machen lassen in der Liebe und Treue zu Kaiser und Reich. Zu Ew. Majestät wollen wir stehen in guten und in bösen Tagen, das gelobe tch ini Namen der Stadt Dresden und in diesem Sinne rufe ich: Hoch lebe Se. Majestät der deutsche Kaiser!" Jubelnd stimmte Alles ein, während die Musik „Heil Dir im Siegerkranz" iutonirte. Der Kaiser dankte mit warmen Worten, bezeichnete die Sachsen- trcne zum Reiche als längst bekannte Thatsache, er innerte daran, daß dieselbe in Dresden besonders schön zum Ausdruck gekommen sei bei den Kaisertagen 1882, die zu seines Großvaters schönsten Erinner ungen gehört hätten. Er freue sich, nun Dresden auch selbst kennen zu lernen. Dann führte der König den Kaiser zu der aufgestellten Ehrencompagnie, auf deren rechten Flügel die direkten Vorgesetzten der selben standen, an ihrer Spitze der Generalfcldmar- schall Prinz Georg. Ihm überreichte der Kaiser einen kostbaren Marschallstab. Hierauf schritt der Kaiser die Front der Chrencompagnie ab, welche sodann im Parademarsch mit klingendem Spiele vor den Maje stäten defilirtc. Nunmehr wurde der vierspännig nebst Stangereitern gefahrene Wagen bestiegen und die Fahrt durch die festlich geschmückte Stadt begann. Sie glich einem Triumphzug. Ueberall brausten Hurrahs und Hochrufe dem geliebten Landesherrn und seinem erlauchten Gaste entgegen, überall neigten sich die Fahnen vor den Fürsten, allerwärtS grüßten wehende Tücher der Damen aus allen Fenstern. Auch wurden unterwegs dem Kaiser mehrere Male kostbare Blumenspenden überreicht und von ihm dankend ent- gegcngcnommen. Die gesammte vom Kaiser berührte via triumplmlw war mit gelbem Sand und Blumen bedeckt. Bereine Korporationen und Schulen bildeten Spalier bei nicht enden wollendem Jubel von der mehr als hunderttausend zählenden Menge. Auf dem Hofe der Kaisergrenadier-Kaserne nahm der Kaiser die Parade von diesem Regiment ab, worauf die Weiterfahrt nach Pillnitz erfolgte. Die Rückreise Sr. Majestät erfolgte Abends von Niedersedlitz aus und ohne weitere Berührung der sächsischen KönigS- stadt. Diese aber zählt den 27. August 1888 zu ihren schönsten vaterländischen Ehrentagen und weiß dem Kaiser großen Dank dafür, das sie von allen deutschen Städten die erste war, welche ihm als Schirmherr» des deutschen Reichs ihre Huldigung darbringcn durfte! — Dresden. Se. Maj. der Kaiser Wilhelm hat, wie man hört, seinen Besuch beim hiesigen Hof auch zu dem Bchufe gemacht, um Ihre Maj. Königin Carola zu bitten, bei der Taufe des Kaiserlichen Prinzen am 3l. dieses Pathin zu sein. Ihre Maj. die Königin hat angenommen und wird sich am Donnerstag Abend oder Freitag früh »ach Berlin begeben. — Meißen, 27. August. Rege Theilnahme er weckte hier folgender betrübender Vorfall. Die Frau eines hiesigen Arbeiters verließ anfangs voriger Woche mit ihren drei Kindern die Stadt und siedelte nach einem zwei Stunden von hier entfernten Dorfe über, weil in dem Hause, in welchem sie hier zur Miethe wohnte, ein Kind an Diphtheritis erkrankt war. Drei Tage nach der Uebersiedelung erkrankten zwei ihrer Kinder, am Nachmittage die Mutter selbst an der heimtückischen Krankheit. Am nächsten Tage fielen alle Drei dem Tode zunt Opfer und einen Tag später auch noch das dritte Kind. — Unserem früheren Berichte über die Turn- fahrt in der Zwickauer KrciShauptmann- schaft am Himmelfahrtstage nach Schwarzenberg folge heute, nachdem auch die Berichte über die Turn fahrten in den anderen drei Krcishauptmannschafteu erschienen sind, eine kleine Nachlese über die Ver- schicdenbeit der Ergebnisse. Gesagt mag zuvor noch sein, daß diese Turnfahrtcn ein erster Versuch waren, die Massen der Turner zu tüchtigen Fußwanderungen beranzuzichen und dennoch auch turnerisch thätig zu sein. Dieser letztere Zweck war nicbt gerade als ein erreichter zu bezeichne», da die Theilnahme am Turnen eine zu geringe war, wahrscheinlich in Folge der voraus gegangenen Märsche, oder aus Furcht vor den nach folgenden, oder aus Angst vor der Schwierigkeit der geforderten Hebungen. Immerhin können wir für unser» Bezirk noch am ehesten zufrieden sein, wie aus folgender Vergleichung ersichtlich ist. Es waren anwcscnv auf dem Valtenberge (Bautzner Kreis) 600 Theilnehmer, in Tharant (Dresdner Kreis) 1200, iu Colditz (Leipz. Kreis) 1400, in Schwarzenberg (Zwickauer Kreis) 2500. Es turnten Freiübungen auf dem Battenberg 102, in Tharant 250, in Colditz 400, in Schwarzenberg 430. Es erreichte im Wett turne» auf dem Valtenberge Duschkc-Großschönau 121'., Punkte, in Tharandt Haager-Dresden 14 Punkte, in Colditz Schmidt-Leipzig 18'-2 Punkte, in Schwar zenberg Kraft-Chemnitz 22'/., Punkte; cs wurden er übrigt für die Unterstützungskasse auf den? Valtenberge nichts (wenigstens ist im Berichte hierüber kein Ver merk zu finden), in Colditz 21 M. 97 Pf., in Tharant 118 M. 29 Pf., in Schwarzenberg 324 M. 12 Pf.; das Wetter brachte auf dem Valtenberge Schneege stöber, in Tharant und Colditz Kälte und Regen, in Schwarzenberg milden Sonnenschein. Darum aber bei »ns nun nicht gleich die Hände in den Schooß legen! — Schneeberg, 26. August. Wie bereits be kannt, wurden in der letzten Zeit in der hiesigen Umgegend eine Menge Diebstähle verübt und zu verüben gesucht, in Summa gegen 16 und zwar in Oberschlema, auf dem Gleesbergc, 6—7 in Zschorlau, in Aue, Auerhammcr und Alberuau. 'Nach den vor handenen Anzeichen zu schließen, wurden alle diese Einbruchsdiebstählc von ein nnd denselben Personen ausgcführt; aber trotz der eifrigsten Nachforschungen seitens der Gendarmerie und der betreffenden Orts polizei gelang cs nicht, die Diebesgesellschaft festzu nehmen oder zu ermitteln. Durch einen glücklichen Zufall erhielt nun jüngst Herr Gendarmeriebrigadier Günther in Schneeberg Kcnntniß von dem Vorhan densein eines Versteckes in einem Waldesdickichtc bei Zschorlau. Im Verein mit den Gendarmen Schütze- Schneeberg und Reinhard-Aue und den Ortspolizisten von Zschorlau und Alberuau schritt er am 22. d. M. trotz strömenden Regens zur Durchsuchung des Wal des, und es gelang nach mehrstündiger Arbeit das Versteck aufzufinden. Dasselbe bestand aus einer solid aus Rinde erbauten Hütte, in welcher eine Unmasse von Diebstahlsgegenständcn vorgefunden wurden. Die Einbrecher hatten cs sich hier bequem eingerichtet, wie die vorhandenen Gegenstände, zwei Lagerstätten, Sahne, Mehl, Fett, Wurst, Eier, Butter, Barbier messer, Flickzeug, Garn, Bierflaschen, Bratpfanne mit Eierkuchen, Tabakspfeifen rc. bezeugten. Daß die Diebe auch nicht unbewaffnet ihrem gemeingefährlichen Gewerbe nachgingen, bewies eine vorgefundene Schach tel mit Revolverpatronen. Als darauf die Beamten die Hütte beobachteten, um die eingehenden Bewohner festzunehmen, währte eS nicht lange und ein jünger starker Mensch kam herzugcschlichen. Er bemerkte leider die ihm gestellte Falle und es gelang ihm, sich durch die Flucht der Festnahme zu entziehen, da zur selben Zeit gerade zwei der Beamten nicht zugegen