Volltext Seite (XML)
Umständen doch schließlich zur Vernichtung unserer nationalen Selbstständigkeit führen muß. ES ist ja indessen nicht genug, daß wir selbst wissen, was wir wollen, es ist auch um unserer selbst willen noth- wendig, daß Deutschland es weiß, und dazu ist viel Zeit, viel Arbeit und viel Resignation von unserer Seite erforderlich. Um so peinlicher ist cs, zu sehen, daß ungcrufene .Freunde" die Früchte unserer Ar beit zu verspielen suchen." — Hoffentlich läßt sich der .Nord" gesagt sein, wie man in Dänemark über seine Bcrhetzungstaktik denkt, wie wenig man geneigt ist, sich von den panslawistischen Träumereien in Illusionen zu versetzen, die nachgerade ihren Werth verloren haben. Die Friedenspolitik Deutschlands giebt Dänemark das Bewußtsein, der Segnungen des Friedens theilhaftig zu bleiben. Das fördert schließlich die Erkenntniß, daß jeder Feind Deutschland- auch ein Feind der dänischen Interessen ist. — Die russische Gefängnißverwaltung ist mit der Prüfung eines Gesetzentwurfes betraut worden, welcher die Verbannung nach Sibirien als richterliche Strafe aufheben soll. Die genannte Verwaltung hat sich, wie es heißt, einstimmig für die Unmöglichkeit ausgesprochen, die Verbannung in der bisherigen Weise aufrcchtzuerhalten; gleichzeitig soll sie den Wunsch zu erkennen gegeben haben, daß den Vand- und Stadtgemeinden das Recht entzogen werde, den entlassenen Strafgefangenen die Rückkehr in ihre Heimath zu verweigern. Vagabonden solle man zu nächst in Korrektionsanstalten untcrbringen; nach Ent lassung aus denselben solle inan sie, wenn sie keinen ständigen Wohnsitz Nachweisen können, auf Sakhaline interniren. — Die schlechten Ernteaussichten in England rufen dort große Besorgnisse hervor. Nach den von den bedeutendsten Pächtern in den drei Kö nigreichen ausgestellten statistischen Angaben sind die Ergebnisse qualitativ wie quantitativ sehr viel schlechter als die im Jahre 1887. Weizen, Hafer, Kartoffeln und Heu lieferten quantitativ etwas bessere Resultate, denselben stehen aber qualitative Mißerfolge gegen über. Halme und Wurzeln sind infolge der wolken- brucharrigen Regen im Juni und Juli verfault, das Heu ist beinahe ganz werthlos. Locale «nd sächsische Nachrichten. — Eibensto ck, 22. August. Am nächsten Freitag wird Frl. Frida Schmid vom Hofthcater in Weimar noch einmal hier gastireu, nachdem dieselbe ain Sonntag zum ersten Mal mit großem Erfolge auf unserer Bühne ausgetreten ist. Frl. Schmid Hal in „Curts lustige Pagcnstreiche" die Titelrolle und wird dieselbe bei ihrer besonderen Befähigung für jugendliche Rollen gewiß in wirkungsvoller Weise zur Geltung bringen und den Besuchern des Theaters unzweifelhaft einige genußreiche Stunden bereiten. — Schönheide, 22. August. Heute früh nach 4 Uhr brannte das dem Schlossermeister Eduard Unger hier gehörige Wohnhaus an der oberen Straße, welches vom Besitzer erst vor kurzer Zeit gekauft worden war und gegenwärtig unbewohnt stand, bis auf die Umfassungsmauern nieder. Die Entstehungsursache ist nicht bekannt. — Die Leipziger Bäckerinnung ist die erste in ganz Deutschland, welcher die am 1. Oktober d. I. in Kraft tretenden Vorrechte des tz 100 t der Gewerbeordnung zugebilligt worden sind. Es handelt sich dabei um die Heranziehung der Arbeitgeber und Gehilfen, welche der Innung nicht angehöre», zu den Kosten, welche seitens der Innung für das Herbcrgs- und Fachschulwesen, sowie für das von der Innung zu errichtende Schiedsgericht aufzubringen sind. — Zwickau, 20. August. Ein Gauturnfest, wie deren nur wenige abgehalten werden dürften, fand gestern in unfern Mauern statt. Hat sich doch dieses VI. Gauturnfest des westlich-sächsischen Grenz gaues zu einem Umfange entwickelt, wie solcher von keiner Seite erwartet wurde. Da gab es Turner fast ans allen Ganen Sachsens und einen Flaggen schmuck, ein Bekränzen der Häuser, Anbringcn von Straßenguirlandcn und sonstigen zahllosen sinnigen Auf merksamkeiten, wie unsere Stadt in solchem Schmucke, in solcher Freigebigkeit, sich kaum je zuvor gezeigt hat. Schon vorgestern Nachmittag begann das Fest mit dem Empfang der Gaurathsmitgliedcr, Kampf richter, Wettturner und entfernter wohnenden Turner. Abends '/,7 Uhr traten die Kampfrichter zu einer Sitzung zusammen, um l) Uhr begann die Eröffnungs feier in der mit den Büsten Ihrer Majestäten des Kaisers Wilhelm II., des Königs Albert und des Vaters Jahn, sowie mit vielen Orangerien rc. reich geschmückten Festhalle, welche trotz Ungunst der Witter ung dicht besetzt war. Der Vorsitzende des Festaus schusses eröffnete die Feier mit einer Begrüßung der Gäste und Turner, an welche Ansprache viele andere sich reihten. Einen geschäftlichen Akt vollzog Semi naroberlehrer Schettler aus Auerbach, welcher namens des Kreisturnraths dem hiesigen Turner Bruno Reinhold das Ehrendiplom als Sieger beim Wett ringkampf gelegentlich der Turnfahrt der Turner des Zwickauer Regierungsbezirks nach Schwarzenberg, am letzten Himmelfahrtstagc, mit herzlicher Ansprache überreichte. Der genieinsame Gesang von Festliedern, GcsangSvorträge des SängcrklubS Zwickau und Musik vorträge des Stadtmusikchors ergänzten die Ordnung des Abends. Gestern früh '/,7 fand Frühconcert im „Hotel Wagner", Empfang der ankommenden Vereine, um II Uhr Vormittags aber Wettturnen auf dem Festplatze statt, das in Gcrätheturnen (Barren, Reck und Pferd), Stabhochsprung, Weitsprung und Ge wichtstemmen bestand. Am Wettturnen betheiligten sich fast 200 Turner. Zahlreiches und gewähltes Publikum sah dem interessanten Schauspiele zu. Nach gemeinschaftlichem Mittagessen in den Festzelten stellten sich '/z3 Uhr die Turner auf dem Turnplatz an der Gartenstraße auf. Der Festzug wurde von Feuer wehrleuten, Vor- und Wettturnern des Turnklubs Zwickau und dem hiesigen Militärmusikchor eröffnet. Hierauf folgten als erster Zug 3 Führer, der Fest ausschuß, Gauturnrath, die Kampfrichter, die Sänger, 4 Festkutschen mit dem Vertreter der Stadt, Stadt rath vr. Huhn, den Vorständen der einzelnen Aus schüsse und den Ehrenmitgliedern des Turnklubs Zwickau, ferner Turnvereine von Leipzig und Johann georgenstadt, hierauf zwei Züge, geleitet je von einem Ober- und zwei Unterführern und begleitet von je 2 und bezw. 3 Musikchören, 31 Gauvereine, ferner in 2 Zügen mit gleicher Führerzahl und ebenfalls je 2 Musikchörcn, etwa 40—50 'Nichtgauvereine, den Schluß bildeten Turnklub Zwickau und Feuerwehr. Im Ganzen waren über 70 Vereine niit einigen 50 Fahnen, mehreren Standarten und 15 Musikckörcn im Zuge vertreten. Letzterer dehnte sich gleichzeitig auf mehrere Straßen aus. Nach vielen Tausenden zählte das schaulustige Publikum, enorm war der Blnmenregen, der den Festthcilnehmern zugute kam. Auf dem Festplatz reihte sich der Zug auf. Nach dem gemeinsamen Festgesang „O Deutschland, hoch in Ehren" begrüßte Stadlrath !)>-. Huhn die Turner schaft namens der Stadt in herzlichen Worten. Hier auf wurde, nach Ueberführung der Fahne nach der Festhalle und einer Ansprache des Gauvertreters Liebold-Crimmitschau, von 400 Turnern unter Leitung der Gauturnwarte Turnlehrer Ritter-Meerane und Claus-Zwickau, Aufmarsch, Freiübungen und Abmarsch ausgeführt, sodann von 50 Musterriegen am Geräth geturnt, worauf Reigen, Turnspiele und Wcttring- kampf folgten. Um 8 Uhr begann der Kommers in der von über 1500 Personen gefüllten Festhalle. Der Kommersvorsitzende Voigt-Zwickau begrüßte die Fest- theilnehmer, Rechtsanwalt Kästner hielt die ungemein schwungvolle Festrede, welche in einem Hoch auf König Albert, Kaiser Wilhelm und das Deutsche Reich aus klang und mit stürmischem Jubel ausgenommen wurde. Weiter folgten Trinksprüche auf die Festsladt, auf den Festgau, auf die deutsche Turnerschaft, auf den Gauvertreter rc., gemeinsame Festgesänge, Musik- und Gesangsvorträge, Reigenaufführungen und die Ver kündigung der Sieger. Tas Wetter hatte sich gestern früh günstiger als am Sonnabend gestaltet, 'Nach mittags trat sogar Heller Himmel ein nnd mit dem Glanze der Sonnenstrahlen erhöhte sich auch die all gemeine Feststimmung. Trotz der bedeutenden Men schenmassen ist nirgends ein Unfall eingetreten. — Mit Carbonit, einem neu erfundenen Spreng stoffe, werden seitens der kgl. Berginspektion in den Zwickauer Kohlenschächten Schießversuche ge macht. Dieses Sprengmittel soll den Vorzug haben, daß durch seine Explosion Kohlenstaub und Gruben gas nicht entzündet werden. — Plauen. Die ehemaligen Schützen und Jäger der deutschen Armee hielten in den Tagen vom 18. bis 20. August ibre diesjährige Zusammen kunft in Plauen ab. Zweck dieser Vereinigung ehe maliger Soldaten einer und derselben Waffengattung ist es hauptsächlich, die Kameradschaft — eine Stütze unseres deutschen HecreS — zu fördern und zu stär ken. Die Schützen- und Jägervereine Sachsens wa ren vollzählig vertreten, einzelne, wie die in Dresden und Leipzig, in ziemlicher Stärke, im Ganzen waren von auswärts gegen 350 Mann erschienen. Den auswärtigen Kameraden wurde vom hiesigen „Verein Schützen und Jäger" ein herzlicher Empfang sowohl am 18. August im „Tunnel", als auch am 19. Au gust im „Bergschlößchen" und bezw. in der „Freund schaft" bereitet, ebenso trugen die veranstalteten Fest lichkeiten echt patriotisches Gepräge. Es zeigte sich insbesondere, daß die Liebe und Anhänglichkeit, welche die „Schwarzen" zu ihrer Waffentruppe haben, auch nach der Zeit noch fortbesteht, wo sie des Königs Rock abgelegt haben. Veteranen aus den Jahren 1849, 1864, 1866 und 1870/71 saßen mit ihren jüngeren Kameraden brüderlich vereint, Freunde, die sich viele Jahre nicht wiedergesehen, wurden wieder ein Mal zusammcngcführt, das Umarmen und Hände drücken wollte kein End„- nehmen, und so hat die Zusammenkunft der „Schwarzen" in Plauen, die Kameradschaft zu erneuern und zu stärken, ihren Zweck nicht verfehlt. Am Sonnabend Abend fand ein be lebter Kommers im „Tunnel" statt. Der eigentliche Festtag war der Sonntag, 19. August. Vormittags '/,l1 Uhr marschirten die Festtheilnehmer unter Vor antritt des gesammten Stadtorchesters vom „Tunnel" nach dem „Bergschlößchen" zu einem „Frühschoppen konzert". Am Nachmittag war im Garten der Ge sellschaft „Freundschaft" ein große« Konzert, welches da« Stadtorchester gab, veranstaltet, Abends fand im Saale daselbst ein großes Doppclkonzcrt des Stadt orchesterS und Gesangvereins „Harmonia" statt, wo ran sich ein Ballvergnügen anschloß. Graser, Vor steher des Verein« „Schützen und Jäger" in Plauen, rief den Ehrengästen und auswärtigen Kameraden, die so zahlreich au« allen Theilen Sachsens erschienen seien, herzliche« Willkommen und Dank zu. Er ge- dachte sodann in zündenden Worten unserer Fürsten, Kaiser Wilhelm II. und König Albert'S, und brachte auf dieselben ein dreifaches Hoch aus, das begeister ten Widerhall fand und die Festversammlung veran laßte, stehend den ersten Vers der Sachsenhymne „Den König segne Gott" zu singen. Riedel-DrcSden dankte dem Plaucn'schen Verein für den Empfang der auswärtigen Kameraden, im Besonderen für die ebenso herzlichen Willkommensworte des Kameraden Graser und für die gelungenen festlichen Veranstaltungen, betonte sodann die gute Kameradschaft, welche die „Schwarzen" für'S ganze Leben verbindet, nahm hierauf Beziehungen zu dem Bogtlande und speziell Plauen als echter Vogtländer und brachte schließlich dem Verein „Schützen und Jäger" Plauens ein drei faches Hurrah. Oberapothekcr der Reserve Bauer- Plauen gedachte in feuriger Rede ehrend der versam melten Veteranen aus den Kricgsjahreu 1849, 1864, 1866 und 1870/71 und Neuhahn-Zwickau des lieben deutschen Vaterlandes, seine Rede mit einem „Hurrah Germania!" schließend. Der Festabend des 19. August war für alle Theilnehmer ein sehr genußreicher. Am Vormittag des 20. August wurde ein Ausflug in'S Elster- und Tricbthal ausgeführt, am Nachmittag fand auf „Streit's Berg" Konzert statt und am Abend beschloß eine „Abschicdskncipe" im „Tunnel" die fest liche Vereinigung. — Den Bemühungen der Gendarmerie der Kgl. Amtshauptmanuschaft in Plauen ist es gelungen, in dem entsprungenen Bezirksarmenhäusling Fricdr. Erdmann Langheinrich aus Mühltroff Denjenigen zu ermitteln, welcher die Leiche des am 14. laufenden Monats zwischen 'Neundorf und Zwoschwitz durch eigene Hand gestorbenen Postassistenten P. geplündert hat Langheinrich ist am Sonntag in Mylau aufgc- grisfen worden. Er ist geständig. In seinem Besitze befanden sich verschiedene Gegenstände von dem Eigcu- thum des Selbstmörders P., insbesondere die Taschen uhr mit Kette. Andere Gegenstände, so namentlich den Rock, behauptet er, verkauft zu haben. Lang heinrich ist an die Kgl. Staatsanwaltschaft Plauen abgelicfert und sicht nunmehr seiner Bestrafung ent gegen. — In den Wäldern der Umgebung von Grimma sind hin und wieder Kreuzottern vorgekommen. Reckt anerkcnnenswerth ist es daher, daß ein unbekannter Wohlthäter dem Stadtrath 50 Akk. zur Gewährung von Belohnungen für Vertilgung von Kreuzottern zur Verfügung gestellt hat. Jeder, der eine getödtete Kreuzotter an den Stadtrath abliefert, erhält 1 Mk. „Belohnung. — Am Freitag und Sonnabend finden bei Gro ßenhain Brigade- und Divisionsübungen sämmt- licher Cavallcrie-Regimenter unter Hinzu ziehung der reitenden Batterieen statt, denen Seine Majestät der König und Se. König!. Hoh. General- seldmarschall Prinz Georg mit vielen hohen Offizie ren beiwohnen werden. — Große Verschiedenheiten zeigen die sächsi schen Schulinspektionsbezirke hinsicht lich der auf einen Lehrer im Durchschnitt entfallenden Schüler der Volksschule. Am günstigsten steht der Bezirk Leipzig I, wo auf den Lehrer im Durchschnitt nur 33, uud Dresden I, wo auf den Lehrer 34 Schüler entfallen, am ungünstigsten der Bezirk Chemnitz-Land mit 100 Schülern auf jeden Lehrer. Die vogtländ ischen Schulinspektionsbezirke zeigen folgende Verhält- nißzahlen: Plauen 76, Oelsnitz 80, Auerbach 91 Schüler der Volksschule auf je einen Lehrer. Bei diesen auf amtlichen Veröffentlichungen beruhenden Angaben ist die am Ende des Jahres 1887 vorhandene Schülerzahl zu Grunde gelegt. — Ein neuer Personentarif der sächsischen Staatseisenbahnen wird am 1. Oktober d. I. zur Einführung kommen. Derselbe bringt den zablrcichen Haltestellen der sächsischen Bahnen eine willkommene Ermäßigung der Billetpreise. — Bekanntlich mißt man den Grad der Wohl habenheit der Bevölkerung eines Landes an dem Verbrauch von Fleisch. Steigender Verbrauch zeigt zunehmenden Wohlstand an. Wenn dieser Satz richtig ist, dann dürfen die über Verbrauch von Fleisch in Sachsen in den letzten 40 Jahren in dem soeben erschienenen „Statistischen Jahrbuch auf 1889" mit- getheilten Ziffern durchaus erfreulich genannt werden. Ist es auch nicht gerade ein sehr großes Quantum an Fleisch, das in Sachsen durchschnittlich im Jahre auf deu Kopf der Bevölkerung kommt — der Sachse ist genügsam, die Ernährungsweise bei uns im Ganzen einfacher, der Verbrauch an Fleisch geringer, als ver gleichsweise in den Rheinlands, in Bayern u. s. w. — so ist doch der Konsum ein fortwährend steigen der, im Jahre 1886 z. B. fast doppelt so hoch, als 40 Jahre zuvor. ES betrug nämlich der Verbrauch an Fleisch in Sachsen pro Kopf der Bevölkerung in 1847 und 1848 nur erst circa 30 Pfund im Jahre, in 1886 aber reichlich 67 Pfund. Die Zunahme ist eine sehr langsame bis 1855, in welchem Jahre noch