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lebende Schwester Königs Ludwigs I , die diaman tene Hochzeit. Anfangs war bestimmt, daß das Fest in Possenhofen am Starnberger See begangen werden solle, den neuesten Bestimmungen zufolge wird jedoch das Tegernseeer Schloß, in welchem auch die silberne und goldene Hochzeit stattgefunden, der Schau platz dieser seltenen Feier sein, zu welcher die Kinder und Schwiegerkinder des Jubelpaares, also der Kaiser und die Kaiserin von Oesterreich, der König und die Königin von Neapel, Gräfin von Trani, der Herzog und die Herzogin von Alantzon, die Erbprinzessin von Thurn und Taxis hier erwartet werden. — Fürst Bismarck hat sich, wie die „Nat.-Ztg." vernimmt, in ungemein befriedigter Weise über das Ergebniß der Petersburger Zusam menkunft ausgesprochen. Das positive Ergebniß der Zusammenkunft ist die Knüpfung eines Verhält nisses gegenseitigen Vertrauens zwischen den Herr schern beider Reiche; damit ist menschlichem Ermessen nach eine Periode der Beruhigung und eines auf Jahre gesicherten Friedens eröffnet. Der so gewon nene Boden wird jedenfalls dazu benutzt werden, um den Ausgleich der kollidirenden Interessen auf politi schem und wirthschaftlichem Gebiet anzustrcben. Es gilt unter diesen Umständen als wahrscheinlich, daß der Versuch der Schließung eines deutsch-rus sischen Handelsvertrages ausgenommen und eine Kommission zu diesem Zwecke zusammen treten wird. — Dem Reichstage soll alsbald nach seinem Wie derzusammentritt eine Vorlage betreffs Erweiterung des elsaß-lothringischen Eisenbahn netzes zugehen. Auch der Ban neuer Kanäle in den Reichslanden ist in Aussicht genommen. Doch ist in dieser Hinsicht bisher »och kein endgültiger Beschluß gefaßt worden. — Italien. In Rom werden bereits eifrige Zurüstungen für den im Herbst zu erwartenden Be such des Kaisers Wilhelm getroffen. Die Stadt verwaltung plant unter anderem einen historischen Fcstzng vom Kolosseum ans nach dem Forum Roma- num, während die staatlichen Festlichkeiten, den Neig ungen Kaiser Wilhelms angepaßt, in militärischen Vorführungen gipfeln würden. Eine große Truppcn- und Flottenschau ist vorgesehen, Manöver zwischen Rom und Neapel sollen stattfinden und der Stapel lauf des nenerbautcn großen italienische» Kriegsschiffes „Re Umberto" in Castellamare ist für die Zeit der Anwesenheit des Kaisers angesetzt. — Paris. lieber das Begräbniß des Kom mune-Generals Eudes, das von den Anarchisten und von den sinkenden Arbeitern zn Massenkund gebungen benutzt werden sollte, in Erwartung derer die Regierung das Militär konsignirt und die gc- sammte Polizeimacht, einschließlich der Oaille rezmkli- eaiim in Bereitschaft gehalten hatte, liegen schon ausführlichere telegraphische Meldungen vor. An dem Zuge vom Trauerhause bis zum Friedhöfe nahmen etwa 15,000 Personen theil, während Hun- dcrttausendc längs des weiten Weges auf den Straßen sich versammelt hatten. Die Theilnehmer am Zuge trugen fast ausnahmslos Jmmortellen-Bouqucts und rothe Blumen im Knopfloch. Unter den Rufen: „Es lebe die Kommune!" setzte sich das „Trauer geleit" am 8. d. Ak. um 11 Uhr in Bewegung. Die sinkenden Erdarbeiter, Kellner und Frisenrgehilfen nahmen an dem Zuge Theil. Anfänglich ging Alles in großer Ruhe vor sich; als aber an der Ecke des Boulevard Voltaire mehrere rothe Fahnen entfaltet wurden, schritten die Stadtgardisten, welche den strikten Befehl hatten, das Entrollen rother oder schwarzer Banner unter allen Umständen zu verhin dern, alsbald energisch ein, um die aufrührerischen Zeichen wegzunchmen. Es kam zu einem lebhaften Handgemenge. Auf den Polizei-Kommissar, welcher eine der rothcn Fahnen wcgnchmen wollte, wurde eiu Revolverschuß abgegeben, der jedoch fehlging. Ein anderer Kommissar erhielt einen Schlag mit einem Stock. Da die Polizeibeamten, welche ihren Instruktionen gemäß gegen alle Angriffe sofort von der Waffe Gebrauch zu machen, nicht in genügender Stärke zur Stelle waren, so eilte die vor der Prinz Eugen-Kaserne zusammengezogene GcnSdarmeric her bei, griff die Menge mit dem Kolben an und schaffte der Polizei Lust. Ein weiteres Handgemenge entstand, als der Zug vor der Mairie des l l. Arrondissements anlangtc. Hier wurde ein Revolverschuß abgegeben und eine Bombe nach einem Polizeiposten geschleudert, die nicht cxplodirte. Die in dem Polizeiposten in Reserve gehaltenen Stadtgardistcn griffen die Menge mit blankem Säbel an. ES fanden mehrere Ver wundungen statt, auch wurvcn zahlreiche Verhaftungen vorgenommen. Der Zug setzte sich sodann wieder in Bewegung, jedoch weniger zahlreich, da sich viele Theilnehmer zerstreut hatten. Auf dem Friedhöfe ertönten vielfach die Rufe: „Es lebe die Kommune, es lebe die Revolution!" Hier auf dem Kirchhofe widersetzte sich die Polizei der Entfaltung rother Fahnen nicht. An dem Grabe wurden viele Reden gehalten, deren Tendenz kaum erst hervorgehoben zu werden braucht. Trotz der Brandreden verließ die Menge den Kirchhof in leidlich ruhiger Haltung: cS kam dabei wenigsten« nicht zu ernsteren Excessen. Dem Vernehmen nach sind bei den tnmultuarischen Vorgängen während des Zuges zum Friedhof etwa 50 Personen, darunter mehrere GenSdarmen und Stadtgardisten, verwundet und etwa 25 Personen verhaftet worden. Rochefort wurde nach der Be erdigung von einer revolutionären Gruppe auSge- pfiffen, welche schrie: .'Nieder mit Rochefort, nieder mit Boulangcr!" Die Ordnung scheint jetzt wieder hergestellt zu sein. Sächsische Nachrichten. — Dresden. Die herzlichsten Glückwünsche des Sachsenvolkes richteten sich am 8. August nach dem stillen Hosterwitz, woselbst des Königs erlauchter Bruder, Se. königl. Hoheit Generalfeldmarschall Prinz Georg, im trauten Familienkreise seinen 56. Geburts tag beging. In friedlicher Thätigkeit als Protektor mannigfacher gemeinnütziger Bestrebungen, sowie als bewährter und energischer Truppenführer in ernster Zeit und unermüdlicher Förderer der taktischen Aus bildung der Truppen, hat sich der Prinz große Ver dienste erworben, welche nun bekanntlich in diesem Jahre seitens Seiner Majestät des Kaisers durch die Ernennung Seiner königl. Hoheit zur höchsten mili tärischen Würde des Generalfcldmarschalls die aus- zeichnendste Würdigung fanden, durch welche jedes sächsische Soldatenberz mit gerechtem Stolze erfüllt worden ist. Nachmittags fand ebendaselbst Familien tafel statt, an welcher die gcsammten Angehörigen, welche ihre Glückwünsche in den Vormittagsstunden darbrachten, Theil nahmen. In den Offizierskassinos fanden zur Feier des Tages Diners statt. Seine königl Hoheit empfing neben anderen hohen Gratu- lirendcn auch noch eine Offiziersdcputation des 106. Infanterie-Regiments, dessen Chef er ist. — Sc. königl. Hoheit der Kronprinz Viktor Emanuel von Italien, der von München erst am Mittwoch früh in Dresden eintraf, nachdem er zuvor Regensburg besucht hatte, ist im Viktoria- Hotel unter dem Namen eines Grafen von Pollenzo abgesticgen. In seiner Begleitung befinden sich: General Maro, Colonel Ossio-Egichio, Major Brane- accia, Capitaine Jranziosi und 7 Beamte und Diener. Zur Begrüßung des einstigen italienischen Thron erben, der im 19. Lebensjahr steht, war von Berlin kommend, in demselben Hotel der italienische Ge sandte in der Reichshauptsladt, Graf de Launay, und der Militärattache Graf Robilant abgesticgen. Der Aufenthalt in Dresden ist auf 8 Tage berechnet und finden von hier mehrere Abstecher nach Meißen, Frei berg, Schanvau rc. statt. Am Mittwoch besuchten die hohen italienischen Gäste die Bildergalerie und Abends die Vorstellung des „Lohengrin" im Alt städter Hoftheater. — Chemnitz. Auf einem Neubau an der Mathildenstraße stürzte Mittwoch Nachmittag in der 4. Stunde ein Klempuerlehrling vier Stockwerke hoch herab und hat durch den Sturz beide Unterschenkel und den rechten Oberschenkel gebrochen; ebenso hat er Verletzungen am Kopfe, womöglich auch innere Verletzungen erlitten. Der Verunglückte wurde auf Anordnung eines Arztes mittelst Krankenwagens nach dem Stadtkrankenhaus gebracht. Derselbe war beim Verlöthcn der Dachrinne beschäftigt, hat hierbei bei der Fortbringung eines Bockes das Gleichgewicht verloren und ist herabgestürzt. — Zwickau. Für das am 18., 19. und 20. ds. Mts. hier stattsindende Gauturnfest des Sächsisch-Westlichen Grenzgaues sind außer den Gauvereinen, noch drei benachbarte Gaue, und zwar als Gäste, gemeldet. Gegen 40 Vereine wer den mit Fahnen, acht, soweit bis jetzt bekannt, mit Musikchören erscheinen. Der Festplatz ist nunmehr völlig umplankt. Die Festhalte (Cainsdorfer Brauerei) wird Herr Baumeister Wallrath, die mittlere große Halle (Schedcwitzer Brauerei) Herr Restaurateur' Uhlig-Burgkeller und das erste Zelt (Vereinsbrauerei) Herr Restaurateur Rust bewirthschaften. Daneben werden noch einige kleinere Zelte, ferner eine Rutsch bahn — ganz neu hier — eine Reitschule rc. den ver schiedenen Bedürfnissen und Liebhabereien des größ eren Publikums Rechnung tragen. Außerdem steht noch fest, daß der Festort als Sonder-Ehrengabe für den besten Turner beim Wcttturncn einen kostbaren Lorbeerkranz mit Widmung stiften wird. — Wurzen, 7. August. Aus allen Theilen unseres sächsischen Vaterlandes waren am heutigen Tage die dem Sächsischen Gastwirth«verband angehörigen Gastwirthe zu einer außerordentlichen Generalversammlung hier erschienen, zum Zwecke der Stellungnahme des sächsischen Verbandes zum deutschen Gastwirthsvcrbande. Am Bahnhofe wur den die Theilnehmer durch die Wurzener Fachgenossen abgcholt, es bildete sich alsbald ein mehrere hundert Personen fassender Festzug, an dessen Spitze das Wurzener Stadtmusikchor schritt, und alsbald erfolgte der Einmarsch in die auf das Reichste mit Fahnen und Guirlanden geschmückte Stadt, aus deren Häu sern nicht selten ein wahrer Blumenregen auf die Dahinschreitenden sich ergoß. Das Ziel der Wan derung war der Schweizcrgartcn, woselbst das Früh stück eingenommen wurde. Die Verhandlungen be gannen um 1 Uhr im Saale des Rathhauses zn Wurzen, der ein äußerst festliches Gewand angelegt hatte, von dessen Wänden die deutschen, sächsischen und städtischen Farben inmitten dunklen Tannengrüns herabgrüßtcn und an dessen Säulen die Wappen der sächsischen Städte angebracht waren. Bevor man in die Tagesordnung eintrat, begrüßte Pippich-Wurzen die Kollegen im Namen des Wurzener Vereins. Der Vorsitzende des Verbandes, Konrad-Leipzig, dankte 'Namens des Verbandes; er begrüßte die Gäste, unter denen sich auch der Bürgermeister Mühle vou Wurzen befand, und hieß Alle herzlich willkommen. Sodann brachte der Redner nach einer überaus herzlichen Ansprache, in welcher er der beiden Heimgegangenen Kaiser, des gegenwärtigen Kaisers Wilhelm II., sowie unseres Königs Albert gedachte, ein von der Ver sammlung begeistert aufgenommenes dreifaches Hoch auf Sachsens vielgeliebten König aus. DaS An denken der Heimgegangenen, dem Verbände angehör- endcn Fachgcnossen ehrte die Versammlung durch Er heben von den Sitzen. Auf eine ihm gewidmete Be grüßung erwiderte Bürgermeister Mühle-Wurzen einige herzliche Worte. Der erste Gegenstand der Tages ordnung betraf die Geschäftsordnung des Verbandes, welche gedruckt vorlag und nach einer kurzen Debatte einstimmig genehmigt wurde. Händler-Leipzig verlas hierauf den Geschäftsbericht des Vorstandes. Der selbe war nur kurz gefaßt. Während bei Gründung des sächs. Verbandes demselben nur 9 Vereine mit 500 Mitgliedern angehörten, gehören demselben gegen wärtig 26 Vereine an. Noch gegenwärtig treten dem selben mehrere Vereine bei, so daß sich der Verband auf das Beste entwickelt Gleichwohl forderte der Vorsitzende die Fachgenossen auf, unentwegt für den Verband wirken unv neue Mitglieder demselben zu führen zu wollen. Die Präsenzliste ergab, daß bei den Verhandlungen gegen 200 berathende Personen anwesend waren. — Schneeberg. Mit der kürzlich inRaschau bei Schwarzenberg erfolgten Festnahme eines längst recherchirten Schwindlers hat die Gendarmerie die Umgegend von einem höchst raffinirtcn Snbjekt befreit. Der Landstreicher ist vielfacher Schwindeleien und Bctrugssälle überwiesen und noch verschiedener weiter begangenen höchst verdächtig. Unter anderem hatte er in Mügeln bei Pirna als angeblicher Monteur einer dortigen Fabrik einen Gastwirth um die Zecke geprellt unv eine Sparbüchse mit 5 Mark Inhalt ge stohlen, in Glauchau als angeblicher Maschinenmeister am dortigen Staatsbahnhof 3 Betrugsfälle verübt, ferner, unter dem 'Namen Oskar Zeitler, Richard Zeidlitz, Oswin Hilbert u. a., Monteur für Maschi nenfabriken, Geldbetrügereicn und Schwindeleien in St. Egidien, Johanngeorgenstadt, Greiz, Rautenkranz, Auerbach, Schöneck) Altenburg, Grimma, Niederschlema und Schneeberg begangen, bis ihn endlich sein Schick sal in Raschau ereilte, uud zwar auf folgende origi nelle Weise: Als Herr Gendarm Hosemann daselbst in. eine Gaststube trat, hörte er gerade die von einem Mitspielenden einer Schaftopf - Parthie gesprochenen Worte, „Sic geben aus Herr Monteur", worauf er sich diesen Herrn etwas genauer besah und alsbald erkannte, daß er den richtigen Bogel erwischt habe. Dem eigenthumsgefährlichen Vagabunden wird nun mehr für geraume Zeit das Handwerk gelegt werden. — Das diesjährige Gauturnfest des vogt ländischen TurngaueS findet nächsten Sonntag, den 12. August in Rothenkirchen statt. Die An meldungen hierzu sind aus den bethciligten Gau-Ver- eincn bereits zahlreich eingcgangcn und ist der dasige Turnverein gegenwärtig mit den Vorbereitungen zu diesem Feste aufs Eifrigste thätig. Herzliche Auf nahme der auswärtigen Turner ist im Voraus zu gesichert. Das Festprogramm ist wie folgt festgestellt: Sonnabend Abends 8 Uhr Sitzung des Kampfge richts, Sonntag früh 5 Uhr Weckruf, '/„I I Uhr Be ginn des Mnsterriegenturnens, 2 Uhr Aufstellung im Meinhold'schen Gasthofe zum Fcstzuge, nach Be endigung desselben Begrüßung und Festrede; hierauf Turne» unter Musikbegleitung, und zwar: allgemeine Frei- und Ordnungsübungen, Riegenturnen, Kürtur nen und Turnspiele. Bon Abends 7 Uhr an Ball im Vereinslokal und Meinhold's Gasthof. Vermischte Nachrichten. — Ertrunken. In Wien unternahm kürzlich eine aus drei Herren und einer Dame bestehende Gesellschaft in zwei Booten eine Rudcrfahrt. Bei der Einfahrt in das alte Donaubett stieß das eine Boot auf einen Pfahl, der in Folge des Hochwassers un sichtbar war, wurde leck und sank unter. Von drei Insassen rettete sich ein Herr durch Schwimmen an'S Ufer, während der andere Herr die Dame auf den Pfahl setzte, und dann, um Hülfe zu holen, dem Ufer zustrebte. Ehe er sein Vorhaben jedoch ausführen konnte, wurde die Dame von der starke» Strömung von dem Pflock weggerissen und verschwand spurlos in den Wellen, ohne daß ihr der Insasse des zweiten Bootes Hülfe bringen konnte. Die Leiche der Dame, die ein Modewaarengcschäft besaß, und binnen Kur zem heirathen wollte, ist noch nicht gefunden worden. Gegen die beiden Herren, die die Unvorsichtigkeit be gingen, die des KahnfahrenS unkundige Dame trotz des Hochwassers und der lebhaften Strömung am Steuer zu lassen und nachher bei dem Unfall so