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Amts- und Anzeigeblntt siir den Erscheint . Abonnement öyllk des Amtsgerichts Lldentlmk -L-SL sertionspreis: die kleinsp. - ten, sowie bei allen Reichs- Z ile w Pf und dessen Amgekung. P°stansalt " Verantwortlicher Redactcur: E. Hannebohn in Eibenstock. . A5. Aahrgang. —----- - M 8V. Donnerstag, den 26. Juli 1888. Das obererzgcdirgische Waisenhaus zu Pöhla detr. Im obererzgcbirgischen Waisenhause zu Pöhla ist eine Anzahl von Stellen zur Erledigung gekommen. Die Gemeinden des Bezirks werden hierauf mit dem Bemerken aufmerksam gemacht, daß der jährliche Verpflegbeitrag für ein auf Kosten eines Ortsarmen verbandes in die Anstalt aufgenommenes Kind 80 Mark betragt, sowie daß die sonstigen Aufnahme-Bedingungen in der Bekanntmachung der unterzeichneten Behörde vom 29. Januar 1884 (Nr. 32 des Erzgeb. Volksfreundes vom Jahre 1884) enthalten sind. Schwarzenberg, am 24. Juli 1888. Königliche Amtshauptnmnnschast. Frhr. v. Wirsing. E. Anordnungsgemäß wird zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß für den Monat Juni 1888 die Durchschnittspreise für Fourageartikel für de» Lieferungs verband Schwarzenberg mit einem Aufschläge von fünf vom Hundert auf 7 M. 56 Pf. für 50 Ko. Hafer, 4 ,, 73 „ „ 50 ,, Heu und 2 „ 63 „ „ 5V „ Stroh festgestellt worden sind. Schwarzenberg, am 24. Juli 1888. Königliche Amtshau-tmannschnst. Frhr. v. Wirsing. St Der Friede ist gesichert! Weder amtliche Berichte noch auch nur offiziöse Andeutungen sprechen von irgend welchen Abmach ungen, welche in Peterhof zwischen dem Kaiser Wilhelm und dem Czaren getroffen worden seien. Der außer ordentlich glänzende und herzliche Empfang aber, welchen der deutsche Kaiser gefunden, und das zwei malige Hinausschieben der Rückreise reden eine sehr deutliche Sprache und sagen uns: Der europäische Friede ist auf lange Zeit hinaus gesichert. Die militärische Machtstellung Deutschlands ist eine so gefestigte, daß keine einzelne andere Macht daran denken könnte, mit der Aussicht auf Erfolg einen Krieg gegen uns zu führen. Darüber sind in der Diplomatie die Meinungen sicher nicht gctheilt. Dagegen fehlt diese Uebereinstimmung der Ansichten, soweit cs sich um die Ehrlichkeit und die friedlichen Zwecke der deutschen Politik handelt. Es wäre ein thörichtes Beginnen, den Franzosen die Ueberzeugung von der Friedfertigkeit Deutschlands beibringen zu wollen. Das Mißtrauen gegen Deutschland, den „Emporkömmling" unter den Großmächten, ist daselbst so stark gewurzelt, daß es mit Vernunftgründen nicht auszurotten ist. Anders in Rußland. Ohne den Einfluß der kriegslustigen panslawistischen Partei zu unterschätzen, darf man doch sagen, daß die russische Politik durch die wichtige Persönlichkeit des Czaren in einem Fahr wasser gehalten wird, dem der Czar allein die Richtung giebt. Würde sich selbst der Reichskanzler mit dem Ministerium Floquet gut verständigen, so hat er doch keine Bürgschaft dafür, daß Floquet morgen noch am Ruder ist oder daß sein Nachfolger sich an irgend eine Abmachung deS Vorgängers für gebunden er achtet. Abmachungen mit Rußland dagegen haben eine weit solidere Grundlage. Dort befindet sich die Staatsleitung dauernd in den Händen des Czaren und dessen Wille giebt stets den Ausschlag. Will der Czar keinen Krieg, dann mögen die Panslawisten blätter bellen, wie eine losgelassene Meute — ein Pfiff des Preßzensors führt sie alle sofort zurück! Wenn sich die Kaiser zweier Nachbarreiche so herz lich begegnen, wie dies jetzt in Rußland der Fall war, dann ist politisch gut Wetter. Die Franzosen müssen sich an den Gedanken gewöhnen, daß der heißersehnte hilfreiche Kosak ausbleibt. Frankreich steht allein und dieser Zustand ist der europäische Friede. Aber man wird trotzdem solchen Zustand noch keinen gesunden nennen können, denn dieser Friede beruht nicht auf der Erkenntmß seines Werthes, sondern auf . . . den Spitzen der Bajonette. Seit dem Berliner Vertrage von 1878 ist, abgesehen von dem serbisch-bulgarischen Zwischenfall, der Friede in Europa nicht gestört worden. Aber die Kosten seiner Aufrechterhaltung sind ins Ungeheure gewachsen; der Militärmoloch verschlingt Milliarden; jedes Jahr bringt neue Einrichtungen, neue Waffen und läßt die bisher gebrauchten ins alte Eisen wandern. Ueber eine gewisse Grenze hinaus läßt sich der Heeresauf- wand nicht steigern und diese Grenze dürste überall nahezu erreicht sein. In französischen Blättern ist dieser Tage die schöne Fabel von der allgemeinen Abrüstung aufge taucht. ES ist zu hoffen, daß diese Fabel eine Wahr heit werde, wenn auch in anderer Weise als die Franzosen glauben machen wollen, daß eS beabsichtigt gewesen sei. An Frankreich wird nicht die kategor ische Aufforderung gerichtet werden, sein Heer zu entlassen und seine Kanonen umzuschmelzen, sondern einstweilen wird alles bleiben wie es ist . . . Die Völker stehen, gewappnet bis an die Zähne, einander gegenüber. Aber die Friedenspolitik Deutschlands wird allmählich immer bereitwilligere Anerkennung finden, der Friedensbund seinen Zweck, den Frieden aufrecht zu erhalten, immer deutlicher erkennen lassen. Dadurch wird endlich die nervöse Spannung Nach lassen, die Kriegsfurcht allseitig schwinden, — die Völker werden sich wieder, wie in den Jahren von 1815 bis 1848 an den Frieden als 'Normalzustand gewöhnen und ihn nicht wie heute nur als Ruhepausen zwischen den einzelnen Kriegen auffassen. Würde heute Abrüstung verlangt, so wäre die unmittelbare Folge der Krieg. Hoffentlich aber wird die Abrüstung erreicht durch die unaufhaltsam wirkende Kraft der Verhältnisse selbst und durch die Ueber zeugung von der Frivolität und Aussichtslosigkeit eines Angriffskrieges. Hagesgeschichte. — Deutschland. K a is e r Wilh e l m ist am Dienstag nach herzlicher Verabschiedung von der Kaiserin von Rußland mit dem Kaiser Alexander Vormittags 10 Uhr von Peterhof nach Kronstadt abgereist. Das deutsche Geschwader lichtete Nach mittag 3 Uhr in Kronstadt die Anker und dampfte unter dem donnernden Salut der russischen Flotte und der Forts ab. Nachdem Se. Majestät Kaiser Wilhelm sich von dem russischen Kaiserpaar und den Großfürsten, welche am Dejeuner theilgenommeu hatten, herzlichst verabschiedet hatte, ging die Dacht „Hohenzollern" 40? Uhr in die See unter abermaligem Salut der russischen Flotte, welche sich in Paradestellung befand und von welcher die preußische 'Nationalhymne ertönte. Zahlreiche Privatdampfer begleiteten die Dacht „Hohenzollern" unter fortwährendem Hurrahrufen. - Das weitere Reiscprogramm des Kaisers ist: Am 26. d. Ankunft in Stockholm; am 28. Abfahrt nach und am 29. Ankunft in Kopenhagen. Bon dort aus er folgt am nächsten Tage die Rückreise nach Kiel. Darüber hinaus ist noch nichts Genaueres bestimmt. — Größere Hebungen der gesammten Berliner Garnison werden unter persönlicher Leit ung des Kaisers anfangs nächsten Monats stattfinden. Die Truppen manövriren während dieser Zeit ringS um Berlin und kehren Abends in ihre KasernementS zurück. Zur Berliner Garnison ge hören 5 Regimenter Infanterie, 2 Artillerie- und 4 Kavallerie-Regimenter, ferner die „Eisenbahner", der Train und die Garde-Schützen. Da es sich also um die stattliche Zahl von etwa 15,000 Mann handelt, so sind bei diesen Manöver» imposante militärische Bilder zu erwarten. — Im Hinblick auf die K a is er en t r c v u e wird dem offiziösen Wiener „Fremdenblatt" von Berlin aus telegraphisch versichert, daß der Erfolg der Begegnung beider Kaiser, soweit persönliche Mo mente dabei in Betracht kämen, gesichert sei. Auch eine Klärung der politischen Lage werde in Berlin zuversichtlich erwartet. Die Aufschlüsse, welche in Petersburg gegeben und empfangen würden, schienen die deutsche Friedenspolitik gegen Verdächtigungen von Seiten des PanslaviSmus beim Czaren in Zukunft zu sichern. Der hieraus für die Entlastung der inter nationalen Konstellation resultirendc Gewinn sei augen fällig. „Die Kaiserbegegnung" — so heißt es in dem betr. Telegramm — „hat eine Lage geschaffen, die der rationellen Ausnützung, nach hiesigem Urthcil, die nächste und praktisch dankbare Aufgabe der leitenden Staatsmänner der Friedensmächte bilden wird." — Russische Berichte melden übereinstim mend, Kaiser Wilhelm werde den Prinzen von Coburg direkt auffordern, dem Thron Bulgariens zu entsagen, lieber einen anderen Kandidaten wür den sich jetzt die Mächte sehr bald einigen. Die Selbstständigkeit der Balkanstaaten soll unangetastet bleibe». Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Bezüglich der vom „Chemn. Tgbl." gebrachten Notiz, daß im Krankenhause Hierselbst ein altes halbverhungertes Mütterchen gestorben sein sollte, welches ein Vermögen von 56,000 Mark binter- lassen habe, stellt sich jetzt heraus, daß die Geschichte in der hannoverschen Stadt Einbeck passirt ist. Die „Dresdner Gerichtsztg." schreibt nämlich: Einbeck, 2. Juli. Erschreckender Geiz. Zum hiesigen Kranken hause wurde dieser Tage eiue hochbejahrte Wittwe gebracht, welche, dem Hungertode nahe, von 'Nachbarn in ihrer Wohnung aufgefunden war. Die vierzig jährige Tochter der Frau war Tags zuvor laut ärzt lichem Gutachten in Folge unzulänglicher Ernährung gestorben. Die Leute galten als ebenso reich wie geizig. In der That wurde in dem von Schmutz starrenden Hause eine Menge baaren Geldes gefunden. Im Ofen, in Schubladen und in den Betten versteckt lagen 2100 Mark; außerdem fand man Staatspapiere im Betrage von 14,000 Mark und Sparkassenbücher über 21,000 Mark. Es wurde fcstgcstellt, daß seit einer Woche keine Lebensmittel mehr ins Haus ge kommen waren. — Dresden. In dem Befinden sämmtlicher bei der Schießbaumwoll-Explosion am Freitag verunglückten Unteroffiziere und Mannschaften des Pionicr-BataillonS ist erfreulicher Weise fortge setztes Fortschreiten zur Besserung wahrzunehmen. Wie sich immer mehr ergiebt, hat keiner der Be theiligten eine wirklich Gefahr bringende Verwund ung davongctragen; auch die des Unteroffiziers Kutzke, sowie die des Einjährig-Freiwilligen am Auge sind nicht als solche zu bezeichnen. Es ist beste Hoffnung vorhanden, daß alle Verletzten alsbald aus dem La- zareth diensttauglich entlassen werden können. — Leipzig. Hochbetagt schied am Sonntag Morgen aus dem Leben ein Mann, dessen Name mit der Geschichte Leipzigs untrennbar verbunden blei ben wird. Ferdinand Dost, der Erbauer der Göltzschthalbrücke, eines noch heute allgemein bewunderten Bauwerkes, wurde nach dessen Vollend ung als Rathsbaudirektor für die Stadt Leipzig an gestellt und hat sich durch die Erbauung der Wasser leitung ein unvergängliches Denkmal gesetzt, wie auch eine lange Reihe anderer bedeutender Arbeiten Zeug- niß für sein Talent, seine Schaffenskraft und seinen enormen Fleiß ablegt. — Mittweida. Eine Meinungsver schiedenheit zwischen Rath und Stadtver- ordneten unserer Stadt bezüglich der Legitimation der Rathsmitglieder bei Theilnahme derselben an den Stadtverordnetensitzungen hat bereits früher das