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birgischen JndustrievereinS zu Plauen" abgehalten in Auerbach, ist von den Fabrikanten und Zeichnern fleißig besucht werde« und hat sehr angesprochen. Die Wanderausstellungen sind für dieses Jahr nun beendet. Sie haben unverkennbaren Nutzen geschaffen, was die Zukunft noch lehren wird. So hat sich aber auch der Industrieverein viele neue Freunde erworben, denn die Zahl der Mitglieder ist von ursprünglich 81 auf 120 angewachsen. — Zwickau, 21. Juli. Der von Dresden aus abgegangene Turnerextrazug nach Stuttgart- Friedrichshafen kam vergangene Nacht 12 Uhr 1b Min. in 22 dichtbcsctztcn Wagen hier an und setzte, nachdem 2 Wagen zur Aufnahme der hiesigen 4b Theilnchmer cinrangirt worden waren, nach 10 Minuten Aufent halt die Fahrt unter .Gut Heilrufen" der trotz später Nachtstunde zahlreich anwesenden hiesigen Turner fort. — lieber den sächsischen Turnerextrazug, welcher am Freitag Abend von Dresden in Chem nitz anlangte und 11 Uhr von Chemnitz wieder abfuhr, wird von einem Thcilnehmer aus 'Nürnberg, 21. d., berichtet: Wenn auch während der nun be ginnenden 'Nachtfahrt auf den verschiedenen Bahn höfen den Alpcnfahrcrn keine großartigen Ovationen, wie bei derjenigen nach Graz im Jahre 1886, bei welcher die Fahrt durch Oesterreich sich zu einer fort gesetzten Manifestation des Deutschthums gestaltete, gebracht wurden, so war doch der Empfang auf den verschiedenen Stationen, welche der Zug durchfuhr oder in denen er Aufenthalt nahm, seitens der Turn vereine ein nicht minder herzlicher. Um 1 Uhr langte der Extrazug in Reichenbach an, nachdem derselbe in Zwickau abermals behufs Aufnahme von weiteren 45 Personen um 4 Achsen vermehrt worden war. Hier in Reichenbach harrten schon ca. 200 Turn fahrer aus Leipzig seit '/^11 Uhr auf die Ankom menden, mußten sich aber iinmer noch eine Zeit lang gedulden, da eine Vereinigung beider Züge der Boden verhältnisse halber nicht gerathen erschien. Es bildete deshalb der „Leipziger" Zug bis Hof einen zweiten Extrazug, der die „Reichenbacher" und später die „Plaucnser" noch aufnahm. Die Sonne begann schon die Wolken am Horizont sanft zu röthen, als wir „Ersten" in Hof einfuhren. Wer seine Nacht ruhe unterbrechen wollte — und es thaten dies Alle — fand daselbst den ersten Morgenkaffee bereit. 4 Uhr 15 Minuten dampften sämmtliche Turn fahrer in einem Zuge (mit 39 Wagen) vereinigt von Hof wieder ab. Leider war die Aussicht nach den Höhen des Fichtelgebirges und des Böhmcrwaldes öfter durch die stellenweise den Boden fast streifenden Wolken vollständig versperrt, während die Höhenzüge der Fränkischen Schweiz klarer, ja oft sogar im schönsten Sonnenlichte dem Blicke sich darboten. In Schnabelweid nahm man ^7 Uhr das Frühstück ein. Um 8 Uhr 4b Minuten fuhr der Extrazug, während eine dort ausgestellte Kapelle ihre Klänge erschallen ließ, in Nürnberg ein. Sofort ging es unter Bor antritt des Musikchorcs nach dem nahen Garten des Industrie- und Kulturvcreins. Daselbst fand nach Begrüßung der Gäste ein gemeinschaftliches Mittags mahl statt, während dessen die Kapelle ihre Weisen erklinge» ließ. Nach dem Essen erfolgte unter Führung des Turnvereins ein kurzer Gang durch die Stadt. Kurz vor Antritt des RundgangeS heiterte sich der Himmel auf. Planmäßig I I Uhr 30 Min. setzte sich unter den Klängen des auf dem Bahnhof ar fgestellten Musikchorcs der Zug in Bewegung weiter nach Crails heim und Stuttgart. — Aus Stuttgart wird hierzu unterm 21. geschrieben: Der Turnerextrazug ist bei schönstem Wetter heute 'Nachmittag 6 Uhr hier an gekommen. Der Empfang seitens der Turner, sowie der Bevölkerung war ein herzlicher und großartiger. Unter Borantritt des hiesigen Turnvereins, welcher mit seiner Fahne und einem Musikchor am Bahnhof erschienen war, ging cs dann in festlichem Zuge nach dem KönigSplatz, woselbst die Verthcilung der Quar- tierbillcts stattfand. Am Abend findet Besuch des herrlichen Stadtgartcns, welcher elektrisch beleuchtet wird, statt. — Zu denjenigen jungen Männern, welche fern von der Hcimath, auf ihren Irrfahrten gezwungen waren, in die franz. Fremdenlegion einzutreten, gehören auch zwei Meißner, die Brüder Hahne- wald. Den älteren Hahnewald zwang die Noch, 1883 in Perpignan sich anwerben zu lassen, der jüngere desertirte von seinem Regiment in Metz aus Furcht vor einer zu erwartenden Strafe und trat gezwungcnerweisc ebenfalls in die Legion. In den algierischen Städten Mecharia trafen beide Brüder sich unerwartet, gerade zu einer Zeit, wo der jüngere Hahnewald, wegen abermaliger Desertion, nach er haltener schwerer Strafe, krank im Lazarcth darnieder lag. Die Flucht war dem Legionär nur bis an die marokanischcn Grenze gelungen, dort sand seine Wieder ergreifung statt, 'lisch Ableistung der gesetzlichen fünf jährigen Dienstzeit, wurde A. Hahnewald, der ältere, wegen überkommener Dienstuntüchtigkeit entlassen, und unter unermeßlichen Ovalen schleppte sich der Aermste, an einer Beincntzündung leidend, nach Deutschland und seiner Vaterstadt Meißen zurück, wo er jetzt noch krank darnieder liegt. Am 3. März 1887 schlug auch die Erlösungsstunde des jüngeren Hahnewald, der wegen seiner versuchten Desertion ein Jahr länger hatte dienen müssen, 'lisch Deutschland zurückgekehrt, meldete sich derselbe freiwillig bei seinem Regiment und erhielt durch kriegsgerichtliches Urtheil ein Jahr Festung. Durch Königs Gnade wurde dem Gefange nen am 23. April d. I. der Rest der Strafe erlassen und sein Zurücktransport nach Metz, nm 1'/, Jahr nachzudienen, verfügt. DaS AuSreißen scheint aber dem nunmehr 30jährigen Mann angeboren zu sein, denn kürzlich ist derselbe abermals, also das dritte Mal, fahnenflüchtig geworden und wird steckbrieflich verfolgt. Abermals also irrt der Ruhelose heimaths- loS umher. — Planitz, 20. Juli. lieber den unter Ober- planitz, 19. Juli gemeldeten historischen Fund an den v. Arnim'schen Steinkohlenwerken zu Planitz, ist erläuternd zu erwähnen, daß bisher nur einzelne Bruchstücke von Metallresten und metallreicheren Schlacken, Spuren von verkohlten Webstoffen, sowie eine Quantität verkohlten Getreides und nur 2 Stück kleine — nicht eine große Menge — Münzen, das eine anscheinend aus dem 16., das andere aus dem 17. Jahrhundert stammend, aufgefunden worden sind. Die Metallrestc unv Webstoffe sind jedoch durch den Grubcnbrand, welcher an der Fundstelle und deren Umgebung gcwüthet haben muß, dermaßen in ihrem Aussehen beeinflußt worden, daß es vorläufig noch nicht möglich gewesen ist, auch nur annähernd fest- zustellcn, was dieselben ursprünglich dargestellt haben mögen. Alles was hierbei von historischem Werth erscheint, ist einem erfahrenen Sachverständigen zur eingehenden Untersuchung und Begutachtung über geben worden. — Hammerbrücke. Vom Wetter begünstigt fand am Nachmittag des 16. Juli die feierliche Grundsteinlegung zu unserem künftigen Gvt- teShause statt. Zu diesem Zwecke hatte sich vor dem festlich geschmückten älteren Schulhause ein statt licher Zug ausgestellt. Gegen >/zb Uhr bewegte sich derselbe unter Glockengeläuts nach dem zwar einfach, aber sinnig geschmückten Festplatze, woselbst derselbe vom Baumeister Wenzel-Falkenstein, sowie dessen Bau führer und Arbeitslcuten begrüßt und empfangen wurde. Die Feier wurde eröffnet durch Absingen von Vers 1 und 2 des Liedes: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr' rc.". Hierauf ergriff Pastor Schneider das Wort, um in tiefempfundener zu Herzen dringender Ansprache die hohe Bedeutung des Tages für die hiesige Bevölkerung klarzulegen. Alsdann erfolgte die Vorlesung der Urkunde, welche dem Grundstein einverleibt werden sollte. Nach Beendigung der Vor lesung wurde die letztere in einer Blechbüchse ver wahrt, luftdicht geschlossen und in den Grundstein vermauert. ES wurden nun die üblichen Hammer schläge gegeben, und zwar von Baumeister Wenzel, Oberregierungsrath Amtshauptmaun v. Polenz, Kon rad v. Trützschler - Dorfstadt, Oswald v. Trützschler- Falkenstein nebst Gemahlin, den Geistlichen, Lehrern, Kirchen-, Schul- und Ortsvorständen und Gemeinde ältesten. Hierauf wurde vom Gesangverein „Lieder heim" ein Danklied mit Gefühl und Ausdruck vorge- iragcn. Endlich beschloß ein aus dem Herzen ent sprungenes Gebet des Diakonus Seifert und das Absingen des 4. und 5. Verses aus dem Liede: „Ach bleib mit deiner Gnade rc." die crnstc und würdige Feier. Reichsgraf Jockel. Eine Erzählung aus der Revolutionszeit von August Becker. (10. Fortsetzung.) „General," entgegnete die Gräfin, „ich proteflire. Ich habe eine 8nuve ßurcio des Obergenerals." „Weiß wohl," versetzte der Kricgsmann. „Sic bleiben in Ihrem Privatbesitz geschützt. Andere Rück sichten verbietet der Krieg. Sonst übten Sie Gewalt, heute wir. Sie kerkerten ein, Madame, wir befreien! Im klebrigen nöthigt mich ein weiter Ritt, Ihre Gast freundschaft für mich und meinen Begleiter auf eine Viertelstunde in Anspruch zu nehmen, Frau Gräfin." Indem er unwillkürlich in die Sprache der früh eren Sitte zurückfiel, wurde auch seine Haltung acht ungsvoller. Dennoch erbebte Maria Anna von der Lehen innerlich. Hatten die Franzosen die Gefäng nisse erbrochen, so doch keine Gefangenen vorzefundcn; aber — jener Müller! An Gastlichkeit wollte es indeß die Gräfin nicht fehlen lassen. Und so ertheilte sie ihre Befehle. Als nun unter den ungebetenen Gästen der Müller von Spelzheim nicht mit eintrat, fiel ihr doch ein Stein vom Herzen. Es waren meistens jüngere Offiziere. Und sonderbar, wie dann beim Mahl die angeborene französische Artigkeit im Streit mit den angenomme nen Grundsätzen und der zur Schau getragenen Un geschliffenheit lag! Die Herren tranken auf die Na tion, auf die Republik, auf den Untergang ihrer Feinde, und dann wieder auf die Dame vom Hause, indem sie den trefflichen Wein rühmten. Dann verabschie deten sie sich mit höflichem, dennoch unheimlich kling endem s. revoir! Und die arme Gräfin athmete auf. Zwar wollte man gesehen haben, daß sich auf dem Schloßplatze draußen wieder der Reiter im graublauen Gewände zu ihnen gesellte. War es der Müller — welche Rache brütete er? Immerhin fühlte sich die gräfliche Wittwe erleich tert, als das in der Zischt verhallende Pferdegetrappel den Abzug der ungebetenen Gäste bestätigte. Und als dann im schönen Vorfrühling den kjnterthanen der Eid auf die republikanische Verfassung abgenom men wurde, wobei der Herrschaft noch die letzten Einkünfte verloren gingen, ergab sich die hohe Frau gelassen in das Unvermeidliche. Mußte doch die neue Verfassung allem Anscheine nach bald der früheren Ordnung weichen. Denn als die Wiesen und Hecken wieder grünten, die Sommervögel über Land flogen, nahten zum Osterfest über den Hundsrück her die deutschen Reiter und jagten die Franzosen lustig vor sich her. Bon den hohen Schloßfenstern aus sah die Gräfin deren Flucht über die Blies mit an und wie sie hinter sich die Brücken niederbrannten. Freilich rückten die Re publikaner bald wieder von der Saar vor zum hin- und herwogendeu Kampf um den Karlsberg. Während der Convent alle Güter der deutschen Fürsten auf dem linken Rhcinufer mit dem Kriegssegucster belegte, sollte endlich Mitte Mai ein allgemeiner Angriff auf die deutschen Stellungen auch im Westrich die Ent scheidung bringen. Im Grafenschloß an der Blies hatte man alle Ursache, ihr bange entgcgcnzusehen. Houchard, der finstere Bürgcrgeneral, lag sprungbereit in der Nähe, an der Saar, wo sich auch die Commissäre der Re publik sammelten, um sich raubgierig auf die kleinen Reichsfürsten an der Grenze zu stürzen. Noch näher — man vergaß es nicht — lag die Spelsemer Mühle. Daß jede Stunde den Untergang — aber auch Ret tung bringen konnte, verhelte sich Gräfin Maria Anna keineswegs. Denn auch die deutschen Vorposten stan den unfern. Und so schwellte zur schönen Pfingstzcit, als das Verhängniß bereits nahte, wieder neue Hoff nung die bangen Herzen im hohen Grafenschloß an der Blies. VI. 'Nun war es Donnerstag vor Pfingsten — am sechzehnten Mai 1793. Da erging sich die Reichsgräfin von der Leyen mit ihrer getreuen Frenz, wie alltäglich, im Schloß garten zu Blieskastel, der auf mächtigen Terrassen an der Bergwand lehnte. Das Wetter war etwas kühl und zweifelhaft. Bald brach die Sonne durch, bald schwand sie hinter Ge wölle, so daß sich weitere Spaziergänge von selbst verboten. Die gewohnte Ausfahrt nach der Bagatelle und in's Würzbacher Thal war in jenen Kriegstagen ohnehin nicht rathsam. Verlautete doch, daß Houchard sich mit seinen Republikanern eben auf dem Marsch von der Saar her befinde. Da Mainz noch nicht zurückerobert, Landau noch nicht genommen war, hatte sich auch die preußische Vorhut auf dem Karlsberg noch immer nicht stark genug gefühlt, um zum Scbutz des Leyen'schen Länd chens über die Blies vorzugchen. Die Lage der Gräfin blieb so unsicher, als jene ihres westlichen Nachbars, des Fürsten von Nassau-Saarbrücken. Es war ein frischer Maimorgen. Die Pfingst rosen prunkten, Syringenbüsche dufteten, die Nachti gallen schlugen, und die beiden Frauen wanderten plaudernd zwischen dem Gebüsch. Die Gräfin war in zuversichtlicherer Stimmung als seit Langem. Ein mal mußte ja das unselige Mainz sich dem König von Preußen ergeben, einmal Landau fallen. Dann ging es gemeinschaftlich mit den Kaiserlichen vor, und das Oberamt Blieskastel war gerettet, — vielleicht auch die arme Königin Maria Antoinette aus ihrem Kerker. Beiläufig gab die Gräfin solchen Gedanken gegen ihre Vertraute Ausdruck und pflückte hierbei einige Gclbveigeln und Stiefmütterchen auf der Rabatte, um das Sträußchen an den Busen zu stecken. In dem sie sich von dem Beet emporrichtetc, bemerkte sie, daß Frenz in leisem, jedoch lebhaftem Zwiegespräch mit dem Kammerdiener verweilte, dessen verstörtes Aussehen ihr auffiel. Und so fragte sie, was es gebe. Es gehe ein wunderliches Gerücht, meinte Frenz, und die Leute plagten sich mit allerlei Sorgen. „So rede doch! Was geht vor?" „Nichts weiter, als daß der Fürst von Nassau- Saarbrücken rasch von Schloß Neunkirchen abgereist ist. Und kaum war er fort, wurde das Schloß von Reitern umstellt." „Nicht möglich! Zu welchem Behufe denn?" „Um ihn und den Erbprinzen aufzuheben. Es heißt, daß der Erbprinz nur durch einen gefährlichen Sprung über die hohe Mauer entkommen sei. Die Erbprinzessin dagegen ist in die Hände der Franzo sen gefallen und wurde mit den Beamten nach Paris abgeführt." „Aber mein Gott, ist denn auch nur ein Wort davon wahr, Frenz!" forschte die Gräfin. „Jedenfalls," entgegnete mit scheuem Umblick die Gefragte, „wird eS gut sein, in da« Schloß zurückzu kehren, denn eS kommt ein Regenschauer." In der That schob sich wieder eine schwere Wolke vor die Sonne, wobei eS düster und kühl wurde, daß die Gräfin nichS gegen die Rückkehr hatte. Ohne weitere Verabredung begaben sich die beiden Frauen in die Silberkammer, wo sie Einiges ordneten, dann vorsorglich in die Gcwandstube, wo das Weißzeug