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lichcn Hebungen (Weit- und Hochsprung, sowie Hantel stemmen). Nachmittags 2 Uhr nahmen die Ehren gäste, die Festjungfrauen in ihren herrlichen Roben, sowie sämmtliche Vereine Aufstellung vor dem Rath hause, von dessen Balkon aus Herr Bürgermeister Klotz von hier eine Begrüßungsansprache hielt, welcher eine weitere Ansprache des Herrn Gau vertreters Wappler-Aue folgte, die aber leider durch das Läuten der Taufglocke wenig verständlich war. Nach Beendigung derselben setzte sich der Fest zug, an welchem wohl mehr als 1560 Personen thcilgenommcn haben mögen, in Bewegung. Nach dem der Zug auf dem Festplatze angckommen war, begannen sofort die Freiübungen unter der Leitung des Herrn Landgra f-Schneeberg und vorgcturnt von den Herren Kießling-Aue und Zill- Schwarzenberg. Hieran schlossen sich abermals Wett- und Kürübungen, worunter geradezu stauneuswerthe Leistungen zu verzeichnen waren. Für das Wett- Turnen waren 8 Preise ausgesetzt worden, und zwar erhielten den l. und 2. Preis die beiden Brüder Louis und Paul Rier aus Beierfeld mit je 51^2 Pkt., den 2. Preis erhielt Paul Gerisch- Schnecbcrg mit 48 Pkt., den 3. Preis erhielt Richard Ficker-Eibenstock mit 47Pkt., den 4. Preis erhielt Max Ung et hüm-Eibenstock mit 45'/„ Pkt., den 5. Preis erhielt E. Hey-Lößnitz mit 42^ Pkt., den 6. Preis erhielt E. Koch-Niederzwönitz mit 41'/2 Pkt., den 7. Preis erhielt R. Fichtncr-Niederzwönitz mit 41 Pkt., den 8. Preis erhielt Paul Kühn-Schnee berg mit 401/2 Pkt. Belobigt wurde noch Bochmann- Niederzwönitz mit 39 Pkt. Abends vereinigten sich die Festtheilnehmer zu einem solennen Ball im Rath- haussaalc. Leider verließen die meisten Vereine be reits gestern die Feststadt, um mit dem Dampfrosse oder auch zu Fuß ihrer Heimath wieder zuzueilen. Wie immer die Stammverwandten in Böhmen an den Vorgängen bei uns den lebhaftesten Antheil nehmen, so waren auch diesmal Turner aus Platten, Bärringcn u. s. w. erschienen, um mit ihren Brüdern auf deutsche ni Boden ein deutsches Volksfest zu feiern. Heute Nachmittag '/z3 Uhr fand abermals ein Festzng statt, an welchen sich turnerische Üebungcn auf dem Festplatze anschlossen. Abends gegen 7 Uhr zog die fröhliche Turnerschaar wieder in unsere Stadt zurück, um mit einem nochmaligen Ball im Rath- hauSsaalc dieses herrliche Fest zu beschließen. Möge cs bei allen Theilnehmcrn in freudiger Erinnerung bleiben! — Leipzig. Nach der, am 1. Januar 1890 erfolgenden Aufnahme der Vororte treten 23 Landgemeinden zu Leipzig über und es scheiden die selben dann aus dem Bezirk der königl. Amtshaupt mannschaft aus. Trotzdem verbleibt für die letztere Behörde noch ein sehr großer Wirkungskreis; denn dieselbe umfaßt außer den Gutsherrschaftcn gegen wärtig nicht weniger denn 150 Ortschaften, so daß also nach Abzug der einzuverlcibcnden Vororte noch 127 Gemeinden den amtshauptmannschaftlichen Bezirk bil den. Die königliche Amtshauptmannschaft Leipzig ist bei Weitem der stärkste aller dieser Bezirke Sachsens. — Freiberg. Durch eine Reihe sächsischer Blätter geht jetzt eine irrthümliche Notiz über den Freiberger Strcittag. Allerdings wird hier sonst am 22. Juli, am Tage Maria Magdalena, ein Bergfeiertag mit Kirchcnparade und Bergpredigt im hiesigen Dome gehalten. In diesem Jahre fällt aber der 22. Juli auf den Sonntag, weshalb gar kein be sonderer Berggottcsdienst stattfindet, sondern nur eine Abthcilung Bergleute an dem gewöhnlichen Sonn- tagsgottcsdicnste im Doin thcilnehmeu wird. Die erwähnte Notiz dürfte Denen, welche deshalb in diesem Jahre nach Freiberg kommen würden, eine Enttäuschung bereiten, ist aber auch sonst kaum zu treffend. Es steht noch keineswegs fest, daß der er wähnte Bergfeiertag der Belagerung Freibergs durch den Kaiser Adolf von Nassau seinen Ursprung ver dankt, denn jene Belagerung, welche 1297 mit der Einnahme der Stadt durch schnöden Verrath endete, hinterließ einen so traurigen Eindruck, daß man diesen kaum durch ein solches Fest verewigen wollte. Die Wiedercinnahme der Stadt durch den Markgrafen Friedrich den Freidigen im Jahre 1307 geschah auch kaum mit Hülfe der Bergleute, wohl aber unter stützten damals treue Freiberger ihren Fürsten mit der Ausbeute ihrer Gruben. Der 22. Juli war eben kein Gedenktag an eine Schlacht, sondern ein ein faches JahreSfest, bei dem cS früher in der guten Zeit der Erzbergwerke sehr hoch herging. Bekanntlich sagte Luther von den Bergleuten in jener guten Zeit: .Die Bergleute legen ein wenig zu viel auf, und weil cs häufig und mit Freuden einkommt, geht cS gewöhnlich mit Haufen und mit Schalle wieder weg und wird unter den Händen zu Wasser." Um diesem übergroßen Jubel zu steuern, wollte man im Jahre 1738 das Maria-Magdalenensest ein und für allemal cinziehen. Die Freiberger Bergleute zogen aber nach dem so genannten .Hungerborn" im Rathswalde »nd nah men eine so drohende Haltung ein, daß man ihnen nach langem Streit die Fortdauer des Feste« zuge stand, das erst von da ab der .Streittag" hieß. Der "Name kommt also nicht von dein Streiten für'« Vaterland, wenn auch die Bergleute Freibergs dies oft sehr ehrenvoll geleistet haben, z. B. 1429, als sie die Hnssite» »ach Böhmen zurücktrieben, 1546, als sie 5 Mauerthürmc Freib^gs besetzten, 1639 und 1642 bei den Belagerungen der Sradt durch die Schweden unter Banner und Torstenson rc. Dies Alles hatte aber mit dem Bergfest nichts zu thun, das damals schon bestand, aber erst 1738 ohne krieger ische Veranlassung nun Streittag wnrde, in diesem Jahre, weil auf einen Sonntag fallend, ziemlich still vorllbcrgchen wird. — Riesa. Am Donnerstag früh 6 Uhr stellten die Wagenrücker des Bahnhofs Riesa, verführt durch einige übelgesinnte Kameraden, ganz uuvermuthet die Arbeit ein: sie zogen vor die Wohnung des Stations vorstandes und verlangten Lohnerhöhung. Die Leute waren in der sicheren Erwartung, daß der Betrieb still stehen und ihr Verlangen nothgedrungen ge nehmigt werden müsse. Dem war aber nicht so. Die Eisenbahn hat ja Telegraphen, schnelle Beförder ungsmittel und Leute genug, um für Aushilfe in solchen Fällen sorgen zu können. Dies hatte denn auch die Betriebsvircktion Leipzig in ausreichendem Maße gethan. Nach kurzer Zeit brachten die Züge von auswärts Rücker in genügender Anzahl zur Unterstützung der Station. Riesa, viele Stationen batten Leute zur Verfügung gestellt und nach Riesa abgcsandt; der Betrieb nahm seinen ruhigen Fort gang. Daß die feiernden Wagcnrücker nicht wenig erstaunt waren, als sie so rasch ersetzt und ihre Ab sichten durchkreuzt wurden, läßt sich denken. Die Rädelsführer wurden entlassen, eine Anzahl der Ver führten auf ihre Bitten jedoch wieder in den Dienst ausgenommen. — Am vergangenen Freitag Abend ereignete sich beim Nachtschießen auf dem Schießplätze in Zeithain leider ein sehr beklagenswerther Unglücksfall. Beim Laden eines Geschützes der 2. Batterie der reitenden Artillerie entlud sich das Geschoß (eine Gra nate) nach hinten und traf den Kanonier Uhlig so unglücklich an die Brust und an die Stirn, daß der selbe sofort todt niedcrsank. Dem Obergefreiten Hantzschmann wurde der Zeigefinger der rechten Hanr weggerisscn und die Hand selbst erheblich verletzt, während ein Dritter nur einige leichte Verletzungen davontrug. — Bischofswerda. In der vor dem hie sigen Bahnhofe gelegenen sogen, alten Glashütte, der Firma Eibenstein L Co. gehörig, welche deren drei allhier im Betriebe hat, mußte am 12. Juli plötzlich die Arbeit eingestellt werden, weil das Dach des großen Gebäudes hercinzubrcchcn drohte; durch ein laut vernehmbares Krachen des Dachstuhles auf merksam gemacht, ergriffen sämmtliche, wohl gegen IM Arbeiter die Flucht und gewannen glücklich das Freie. Ein namenloses Massenunglück wurde noch rechtzeitig abgewendet. Der Dachstuhl wird bereits abgetragen. — Der Erzgebirgs-Zweigvcrein in Marienberg macht den Vorschlag, durch Erleuchtung der Höhen des sächsischen Erzgebirges, nament lich der hervorragendsten und daher aller derjenigen, welche mit besonderen Aussichtsgerüsten und Thürmcn geschmückt sind, in Zukunst und womöglich schon vom laufenden Jahre an, den Abend des Nationalfeier tages des deutschen Volkes, den 2. September, den Sedantag auszuzeichnen und ladet die Bru dervereine ein, denselben in Erwägung zu ziehen und sich an der AnSführnng, über welche noch Beschluß zu fassen ist, zu betheiligen. — Annaber g. Die auf Anordnung der königl. Staatsanwaltschaft ungeordnete Sektion der Leiche des auf Steinbacher Revier todt aufgefundenen Wil de r c r s bat ergeben, daß derselbe erschossen worden ist. Ein einziger Rehposten, welcher ihm in's Herz gedrungen ist, hat seinen sofortigen Tod zur Folge gehabt. Der Waldheger, welcher am Halse und im Gesichte schwer verletzt ist, hatte allerdings angegeben, nicht geschossen zu haben. Seine Flinte mußte zu gleicher Zeit mit der des Wilderers losgegangcn sein. Nach der eigenen Verwundung kann er unmöglich geschossen haben; von ca. 50 Rehposten hat nur ein Schrot den Schwarz getroffen. Aller Wahrscheinlich keit nach hat sich der Waldhcger im Falle der Noth- wehr befunden. — Eine größere landwirthschaftliche A u s st e l l u n g soll am 30. September und 1. Okto ber d. I. in Markneukirchen stattfinden. Die selbe soll nicht nur auf Erzeugnisse der Landwirth- schaft, sondern auch auf solche der Vieh-, der Geflügel-, der Bienenzucht und des Obstbaues, ingleichen auf landwirthschaftliche Maschinen, Wachsartikel rc. sich erstrecken. Für hervorragende Leistungen werden Aus zeichnungen gewährt. Man will durch diese Aus stellung den Beweis liefern, daß auch das obere Vogt land auf dem Gebiete der Landwirthschaft Tüchtiges leistet. — Bergen bei Falkenstein. In vergangener Woche ist bei un« eine für alle kirchlichen und in dustriellen Kreise höchst interessante Arbeit vollbracht worden. Am 22. März d. I. war beim Mittagslau ten unsere mittlere Glocke zersprungen. Das Geläut konnte von da an nur mit zwei Glocken geschehen. Bei der Erwägung über Wiederherstellung der Glocke wurde der Kirchen»orstand auf Herrn Olof OhlSson, einen geborenen Schweden, wohnhaft in Lübeck, auf merksam gemacht, der durch eine Erfindung seine» Großvaters, die ein Geheimniß der Familie geblieben ist. gesprungene Glocken zu reparircn und ihnen den ursprünglichen Ton und Klang wiederzugcben vermag. Der Kirchenvorstand trat mit Herrn OhlSson in Un terhandlung, und die Empfehlungen, die derselbe hat, sein Verzicht auf alle Entschädigung im Falle des Nichtgelingens, seine Garantie von drei Jahren und der geringe Preis, den er für die Reparatur forderte, veranlaßten den Kirchenvorstand, Herrn OhlSson die Reparatur zu übertragen. DaS Verfahren war für die Gemeinde ein bequemes, weil es auf dem Thurme geschehen konnte, und ein einfaches, weil es auf ganz natürlich technischem Wege ausgeführt wurde. Der Erfolg ist ein überraschender! Die Wiederholung des Bruches scheint ganz ausgeschlossen zu sein, und der Klang fast noch schöner als ursprünglich. Das Werk ist ganz gelungen! Wer die Glocke sehen und hören will, dem wird der hiesige Glöckner gern Ge legenheit dazu bieten. Allen Kirchgemeinden und Allen, die ein ähnliches Unglück erleiden, wie wir, wird Herr Ohlsson anf's Wärmste empfohlen. — JnWerncsgrün kam am vorigen Sonn abend der in einer Stickerei beschäftigte Schulknabe Albert Klinger insofern zu Schaden, als er sich beim Abuehmcn der Nadeln ein Stück Fävelnadcl in den vierten Finger der rechten Hand stach, daß die Ent fernung desselben noch nicht möglich war. Referat über die Sitzung des Gemeindcraths zu Schöuhcide vom I I. Juli 1888. 1) Vom I. Octobcr 1888 ab unterliegen auch die in der Land- und Forstwirthschaft beschäftigten Personen der Kranken versicherungspflicht. In Erwägung, daß viele der Handwerker des Vcrsicherungsbeflrks gleichzeitig Landwirthschaft treiben, andererseits cs auch Oeconomen giebt, die ein Handwerk als Nebenbetrieb ausüben, hat man anzuerkennen, daß bei der Frage, welcher der hier bestehenden Ortskrankenkassen die ver sicherungspflichtig werdenden land- und sorstwirthschastlichen Arbeiter zuzuweisen find, lediglich die Ortskrankenkasse der .Handwerker in Betracht kommen kann. Es wird demgemäß beschlossen. Derselben Ortskrankenkasse werden hierbei auch diejenigen Personen zugewiesen, welche nach dem Reichsgesetze vom 1ö. Juni 1883 bereits jetzt versicherungspflichtig sind, einer nach dem eben erwähnten Gesetze bestehenden Orts-, Betriebs- (Fab rik-), Bau- oder Innungs-Krankenkasse aber noch nicht angehören. Endlich beschließt man, der genannten Ortskrankenkasse mit Rücksicht daraus, daß ihr die Arbeiter in Brüchen, in Gruben, bei Bauten, in Transportgewerben bereits angehörcn und sie mit den nach Vorstehendem beschlossenen ferneren Zu weisungen sämmtliche Krankenversicherungspflichtige des Bezirks mit Ausnahme der in der Bürsten- und Pinselwaarenbranche beschäftigten Personen und der Stickerei- und Cvnfektionsar- beiter, für welche besondere Orts-Krankenkassen bestehen, um fassen wird, zu empfehlen, den Namen der Kaffe in „Allge meine Orts-Krankenkasse" zu verändern. Die vorstehenden Beschlüsse, denen die anwesenden Ver treter der Gemeinden Schönheiderhammer und -Neuheide sowie die Vertreter des Staatsforstreviers Schönheide und des 'selbstständigen Gutsbezirks Aeuhcidc allenthalben zustimmen, sind wegen der sich nothwendig machenden Aufstellung eines Statuten-Nachtrags und Einberufung einer Generalversamm lung dem Kaffenvorstand zuzusertigen. 2) Für die Unfallverstcherungsgenossenschaft der forst- und landwirthschaftlichen Arbeiter werden Herr Oeconom Christian Gottlieb Baumgärtel als Vertrauensmann und Herr Oeconom und Schuhmachermeister Christian Gottlieb Lenk als dessen Vertrauensmann gewählt. 8) Die Prüfung der Blitzablcitungen auf den,der politischen und der Schul-Gemeinde gehörigen öffentlichen Gebäuden wird aus S hintereinander folgende Jahre dem Schlosserei-Inhaber Schott hier übertragen. 4) Dem Gesuche des Tischlermeisters Gerber um Mit benutzung eines Streifens Areal von der Rathhausparzelle Nr. 818 zur Herstellung einer Einfahrt wird bedingungsweise und unter Vorbehalt jcderzeitigen Widerrufs stattzugeben be schlossen. Rcichsgraf Jockel. Eine Erzählung aus der Revolutionszeit von August Becker. (9. Fortsetzung.) Die frische Natur der Gräfin ließ zwar Kleinmuth nie völlig aufkommen. Doch schlich gar manche trübe Stunde durch das Grafenschloß, wenn die wehrlosen Frauen sorgenvoll und bekümmert die Deckel der Leinwandtruhen hoben, nach den kostbaren Gemälden und Sammlungen blickten, die Bibliothek musterten. An einen Conservator wurde nicht mehr gedacht, da ringS Krieg und Empörung tobte, die deutschen Heere vor den Republikanern zurückwichen. Ein Trost blieb: Seit die Gräfin in kluger 'Nachgiebigkeit die nothwcn- digen Erleichterungen für ihre Unterthancn eintrcten ließ, wankte und wackelte es zwar ringsum, an der Blie« jedoch blieb es ruhig, wenn cs auch an An hängern der neuen Grundsätze nicht fehlte . . . „Jenem Müller soll die Frau gestorben sein," sagte die Frenz, da sie eines Wintertäges, gleich nach Neujahr, während es draußen stöbernd durcheinander schneite und regnete, bei der Gräfin mit einer kleinen Näharbeit am Kaminfeuer saß. „Wohl ihr!" versetzte diese aufseufzend. „Ich beneide sie." „Die Müllerin?" „Die Todten!" verbesserte die Gräfin niederge- drüctt. „Was werden diese entsetzlichen Zeitläufte uns Lebenden noch bringen?" „Nur unverzagt!" meinte Frenz. „Komme, was da wolle. Was sich nicht ändern läßt, erträgt sich leichter."