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Amts- und Anzeigeblatt für den ' Abonnement sUrLL Kenrk des Amtsgerichts Eibenstock UüZZL tag und Sonnabend. In. ' ten, sowie bei allen Reichs- Ed dessen Amgevung. M 84. Verantwortlicher Rcdacteur: E. Hanncbohnin Eibenstock. SL. Jahrgang. — Donnerstag, den 19. Inti 1888. Von der deutschen Flotte. Man kann uns Deutschen nicht vorwerfen, ein mangelndes Interesse an denjenigen Einrichtungen zu haben, denen wir, nächst dem nationalen Geist die Wiedergeburt unseres Bolksthums danken. Armee und Marine, mit denen das deutsche Volk sich ver wachsen weiß, nehmen unausgesetzt unsere Aufmerk samkeit und Theilnahme in Anspruch. Da gegenwärtig aller Augen auf unsere Marine gerichtet sind, wird ein Artikel von Interesse sein, in welchem die „'Rat. Ztg." einen geschichtlichen Rück blick auf die Entwickelung der deutschen Flotte wirft und daran ankuüpfend, schreibt: Jetzt, nach vierzig Jahren, zählt die deutsche Flotte zu den schönsten und stärksten unter den Seemächten zweiten Ranges, auf allen Meeren hat sic ihre Flaggen gezeigt, unserem Handel wie unserem Nationalbewußt sein einen mächtigen Aufschwung gegeben und mit manchem Ruhmcskranz ihre Jugend geschmückt. Unsere Schiffe haben unsere Kolonien begründet, ohne sie würden wir auch bei der letzten Theilung der Erde zu kurz gekommen sein, erst durch sie haben wir uns wieder als eine große weltgeschichtliche Nation fühlen gelernt. Muthig und freudig genießen die Enkel, was die Vorfahren mühsam erwarben. Ihnen sind die Ideale zu schönen Wirklichkeiten geworden, die vor den Augen der Alten als Nebelbilder verworren schwankten. Um einen jungen Kaiser haben sich in unverbrüchlicher Eintracht die Fürsten und Stämme Deutschlands geschaart, ein junger Kaiser führt seine gepanzerte Flotte über das deutsche Meer. Wohl gilt cs nur einen Festzug, aber auch in ihm entfalten sich Kühnheit und Stärke; er zeigt den Nachbarn, wie stattlich wir auf der See gerüstet sind. In dem Wettkampf der Völker, der sich längst nicht mehr einzig um politische Macht dreht, sondern ebenso heftig auf den Gebieten des Handels und der In dustrie wogt, ist eine Flotte und mit ihr der Ausblick auf den Ozean geistig wie leiblich eine unentbehrliche Waffe geworden. Wir Deutsche drohten im Binnen lande als eine träge Masse hinzuleben, vergessend, welche Weltfahrer, welch' eifrige und glückliche Kolo nisten unsere Ahnen gewesen. Jetzt sehen wir unseren Kaiser von dem lebhaften Interesse für die Entwickel ung unserer Schiffe und unserer Machtstellung auf den Meeren erfüllt. Nicht nur die Seeleute, die ihn begleiten — wir Alle haben die Empfindung, daß diese Fahrt für die deutsche Marine von Bedeutung sein wird. In einer Geschlossenheit, Anzahl und Kraft, wie bisher noch nie, tritt sie auf und empfängt dadurch ein Bewußtsein ihrer Stärke und ein festes Selbst vertrauen. Aber in der kriegerischen Aufgabe, die Küsten des Vaterlandes zu schirmen und Seeschlach ten zu schlagen, erfüllt sich nicht der ganze Zweck und Werth einer Flotte. Sie verleiht dem Handel eines Volkes das eigentliche Rückgrat, indem sie die Nie derlassungen in der Ferne schirmt und mit dem Mut terlande verbindet und die friedlichen Fahrzeuge in den Schutz ihrer Flagge stellt; sie zieht die Gedanken und die Bestrebungen des Volkes aus der Enge der Heimath in die Weite der Welt und verbreitet durch ihre Fahrten, Abenteuer und Entdeckungen immer neue Anregungen und Kenntnisse in den verschieden sten Kreisen. Bildender, stählender und erziehender vielleicht noch als die Schule des Heeres ist die Schule des Schiffes! Nur zu lange hatten die Deutschen sie entbehrt. Möge cS ein gutes Zeichen für die Zukunft sein, daß die erste That des Kaisers nach Außen sie darauf hinweist. Hagesgeschichle. — Berlin. Die große Herbstparade des Gardccorps wird, da der 2. September in diesem Jahre auf einen Sonntag fällt, schon am 1. September, und zwar, wie immer, auf dem Tcmpelhofer Felde abgchalten werden. Da dies die erste Parade vor Kaiser Wilhelm II. sein wird, so wird dieselbe vor aussichtlich zu einem ganz besonders glänzenden mili tärischen Schauspiele gestaltet werden. Die gesammtcn Truppen des Gardecorps mit Einschluß der Potsdamer und der Spandaw'r Garnison werden bei die,ein Anlaß in Berlin versammelt sein und die Potsdamer und Spandauer Garnison Tags zuvor hier Cantonne- mentsquartiere beziehen. . — Die Angelegenheit derHeirath der Prin zessin Viktoria von Preußen mit dem Batten berger tritt jetzt wieder in den Vordergrund und zwar diesmal mit einem Nachdruck, welcher annehmen läßt, daß die Vermählung nur noch eine Frage der Zeit sein wird. Kaiser Wilhelm II. will dem Glück seiner Schwester nicht im Wege stehen, sofern nicht die Politik ein Hinderniß bietet, und hierüber wird die bevorstehende Begegnung in Pctcrshurg Klarheit bringen. Es wird ganz zuversichtlich angenommen, daß der Czar, um einen Beweis seiner freundschaft lichen Gesinnungen gegen das preußische Königshaus zu geben, versichern wird, daß Rußland darin nichts erblicke, was seinen Interessen schädlich sei. Die sei ner Zeit so viel besprochene Angelegenheit scheint also nun doch noch einen versöhnenden Abschluß fin den zu sollen. — In Kronstadt rüstet man sich zum E m - pfange des deutschen Geschwaders. Der Czar und die Czarcwna kehrten Montag Nachmittag an Bord der Kaiserlichen Mcht „Czarcwna" aus Finnland nach Peterhof zurück und passirten auf dieser Fahrt um 4^ Uhr Kronstadt, dessen Kanonen salutirtcn. Am gleichen Tage traf in Kronstadt eine, 40 Wimpel führende Kriegsflotte ein, die zum Empfange des deutschen Kaisers kommandirt ist und rückte in die vorgcschriebene Stellung. Die das Uebungsgcschwader bildenden 14 Fahrzeuge, größtentheils Fregatten, nah men auf der Großrhede ihre Stellung, ihnen gegen über werden die deutschen Kriegsschiffe ankern. — Aus Kopenhagen schreibt man untcrm 12. Juli: Das sächsische Königspaar, welches am 9. d. M. unsere Stadt nach mehrtägigem Aufent halt verließ, um die Reise nach Schweden fortzusetzen, hat sich in allen Kreisen durch sein leutseliges, würdiges mch doch anspruchsloses Wesen ein gutes Andenken gesichert. König Albert und Königin Carola ver standen es, nicht nur in Hofkreisen, sondern auch im Publikum Sympathie zu erregen, und das Interesse, womit dies edle Königspaar sich hier mit Allem ver traut zu machen suchte, was unser Land betrifft, hat in den Herzen des dänischen Volkes lebhaften Wider hall gefunden. Nicht ohne Stolz verglich man das biedere und anspruchslose Auftreten des sächsischen Königspaarcs dem unserer eigenen königlichen Familie. Unsere Zeitungen brachten lange 'Notizen über die Lebensercignisse König Alberts und weilten mit Vor liebe bei der kriegerischen Vergangenheit dieses Fürsten. In der Ausstellung machten die sächsischen Herrschaften nicht unbedeutende Einkäufe und widmeten der deut schen Abtheilung, wie der dänischen und schwedischen Ausstellung ihre wesentliche Aufmerksamkeit. 'Nament lich wurde der keramische Theil unserer Ausstellung vom sächsischen Könige niit Kennerblicken geprüft und soll das Wohlgefallen des in dieser Richtung durch die Erzeugnisse des eigenen Landes so verwöhnten Herrschers gefunden haben. Bei der Abreise des sächsischen Königspaares waren Straßen nnd Hafen quai von einer dichtgedrängten Volksmenge besetzt, die den scheidenden Gästen ehrerbietige und aufrichtige Abschiedsgrüße zuries nnd znwinkte. Wir wissen, daß auch das sächsische Königspaar mit großer Befriedig ung, namentlich auch über den demselben zuthcil ge wordenen festlichen Empfang, sowohl bei Hose, wie im Publikum, von uns geschieden ist. — In Stockholm haben die königl. sächs. Majestäten den eine herrliche Aussicht über die Stadt und den Mälarsce gewährenden Aussichtsthurm, zu dem man mittelst Katharina-Elevators gelangt, bestiegen, das Nationalmuseuni, die Riddarholmskirche, die Königsgräbcr und die Sammlung der Kriegs trophäen aus dem 30jährigen Kriege besichtigt. Bei einem vom König Oskar am 11. Juli gegebenen Galadiner brachte der König von Schweden in deut scher Sprache die Gesundheit der sächsischen Maje stäten aus, »vorauf König Albert auf bas Wohl des Königs und der Königin von Schweden sein Glas leerte. Er dankte zugleich für die ihm und der Königin Carola durch die Familie des Königs von Schweden und das schwedische Volk gewordene herzliche Aufnahme. Die Tafelmusik brachte die beiderseitigen National hymnen zum Vortrag. Am Donnerstag unternahm König Albert durch die Stockholmer Scheeren einen Ausflug nach den Festungen Oscar-Frederiksborg und Waxholm, deren Bertheidigungswerke eingehend be sichtigt wurden. Zu diesem Ausflug gebrauchte die königl. Dampfyacht Drott eine llstündige Seefahrt. Am Freitag wurde wiederum die Stadt Stockholm besichtigt; später speisten die sächsischen Majestäten bei der Herzogin von Dalecarlien auf Schloß Haga. Daß am Sonnabend die schwedische Universität Upsala be sucht wurde, ist schon telegraphisch berichtet worden. — Paris. An der Wunde Boulangers hatte sich eine kleine Anschwellung gebildet, welche Dr. Labbe für Emphysem erklärte. Diese Anschwell ung entsteht durch Eindringen von Gasen in irgend einen Theil des Körpers nnd Labbe fand es nicht überraschend, daß beim Athmen die Luft sich in einen Theil des vom Stahl durchbohrten Kanals gelagert hatte. Ter Arzt erklärte dem General, er könne sich selbst von dieser Anschwellung befreien, wenn er für den Augenblick sich gänzlich des Sprechens enthalten wolle. Boulanger gehorchte und man gab ihm ein Stück Papier und einen Bleistift an Stelle der Zunge. Die ersten Worte, die er auf einen Zettel schrieb, lauteten: „Nun geht es mir wie dem deutschen Kaiser." Die neuesten Bulletins sind schon von den vier Aerzten: Potain, Labbe, Carpenticr-Mericourt und Monod unterzeichnet. Locale und sächsische Nachrichten. — Johanngeorgenstadt, 16. Juli. Das war gestern und heute ein Fest für unsere Stadt und für die fröhliche Turnerschaar des Erzge- birgsgaucs! 'Nach der ungünstigen Witterung der letzten Wochen trug man schon Bedenken, ob die Ab haltung des 3. Gauturnfestes für den 15. Juli möglich wäre. Doch blieben die wackeren Turner bei ihrem Vorhaben stehen und siehe, die Witterung war ihnen günstig! Schon am Vorabend des Festes waren viele Turner eingetroffen, darunter die Kampf richter, welche für diesen Abend im Rathskeller noch eine Versammlung anbcraumt hatten. Nach Be endigung derselben wurde von diesen, wie von den übrigen eingetrofsenen Turnern und einigen hiesigen Herren der „unvermeidliche" Spaziergang ins böhm ische Bier nach der bekannnten Dr... schenke unter nommen. Dort entwickelte sich ein reges und gesell iges Leben, welches durch mehrfache Toaste, die unter anderem von den Herren Oberturnlehrer Clauß- Zwickau, Seminaroberlehrer Lorenz-Schneeberg, Lehrer Lobse - Auerhammer nnd Lehrer Tittel - Jo hanngeorgenstadt u. s. w. ausgebracht wurden, die ge eignete Würze sand. Die hiesige Einwohnerschaft, die gern fremde Gäste in ihren Mauern sieht, hatte in allbekannter Weise ihren Häusern ein stattliches Fest gewand angelegt. In manchen Straßen ist ein ordent licher Wald von Flaggen sichtbar gewesen, dieselben prangten hauptsächlich in sächsischen und deutschen Farben, auch waren österreichische und böhmische ver treten. Viele Häuser unserer Stadt zierte außerdem noch ein sinniger Guirlanden- und Kränzeschmuck. Dabei war auch dem Humor genügend Rechnung getragen worden. So war an einem Hause der Wellergasse folgende originelle Inschrift zu lesen: „Und wenn es selbst die Sündfluth wär', Zum Turnfest regnet'« doch nicht mehr. Das macht, weil man im Turnerkreis Die Grillen zu vertreiben weiß." DaS Fest wurde eingcleitet am Vorabend durch ei nen Zapfenstreich und am l. Festtage durch eine Reveille. Von 10 Uhr Vormittags an fand der Empfang der auswärtigen Vereine und Gäste durch die hierzu bestimmten Deputationen statt. Anwesend waren, wie uns von gut unterrichteter Seite mitgctheilt wurde, 26 Vereine mit 19 Fahnen und 3 Standarten. Um 11 Uhr begann das Musterriegenturnen (am Barren, Reck und Pferd) und Wcttturnen in den volkSthüm-