Volltext Seite (XML)
Sachen, „Gott sei Dank! Sic betrog mich — fast schon an der Kirchenthür, könnte man sagen! Meine Geliebte! Mein Engel! An wen, als an Dich dachte ich, als man mir sagte, daß sie mit ihrem südlichen Verehrer entflohen sei, mit ihm, dessen Millionen sich unwiderstehlicher erwiesen hatten, als meine Rechte ans sic? Sie war falsch, treulos, geizig und warf mich über Bord für einen reicheren Mann. Sie fürchteten sich, mir die Unglückönachricht zu überbringen! Sic bedauerten mich! O, mein süßer Liebling, ich muß lachen, wenn ich an ihr Mitleid denke! Ach, Geliebte, mein Herz jubelte bei dem Gedanken an meine Frei heit! Nichts konnte mich zurückhalten, sogleich zn Dir zn fliegen! Und nun bin ich wieder hier, bei Dir, meine süße Anrelie! Sage mir, bist Du so glücklich, wie ich es bin? Aurelie, ich wußte nicht, wie sehr ich Dich liebte, bis ihre Handlung mich befreite und ich ohne Borwurf au Dich denken konnte! Sprich, Geliebte, bist Du so glücklich, wie ich eS bin?" Seine blitzenden Augen verlangten Antwort. Der Wind heulte um das HauS und pfiff mißtönend durch den Kamin; der Schnee fiel hernieder, und dann und wann verirrte sich eine Flocke nnd fiel dnrch den Schornstein in das Helle Feuer; aber was wußten die beiden Liebenden von dem Stnrme? Des Mädchens herrliche Angen sogen begierig die Leiden schaft und Anbetung ein, die aus denen ihres Ge liebten ansströintcn. „Und sie ist nicht Ihre Fran, Albert?" „Keine wird jemals meine Fran sein, Süßeste, wenn Du nicht darein willigst, diesen Name» zn tragen. Aurelie nicht wahr, Du wirst meine Frau werden? Ich bin ein armer Alaun, ich kann Dir Nichts bieten, als meine Liebe." „Sie wissen, wie sehr ich Sie liebe; ich konnte es niemals verbergen," erwiderte sie einfach. „Meine Liebe ist mein ganzes Leben." Der Diener wartete mehr als eine Stunde, bevor er an die Thür klopfte. Sic hörten ihn nicht, nnd er klopfte lauter. „Ich glaubte, daß Miß Bcndlin ihren Thee wün sche» würde, Mr. Arker; und Sic ebenfalls nach dem Ritt in diesem Wetter, und so haben wir einen kleinen Thectisch hcrgcrichtet, wenn Miß Bcndlin und Sic, Mr. Arker, so freundlich sein wollen, nach dem Eß zimmer zu kommen." „Sie sind sehr freundlich," sagte Aurelie: „ich bin nicht hungrig, Dann, aber vielleicht ist es Air. Arker. Wir werden hinuntcrkommen." Es war ein hübsches kleines Souper für zwei Personen aufgetragen Die Liebenden konnten sich freilich nicht daran erinnern, was es enthielt, oder erklären, wieso cs so cigcnthümlich köstlich schmeckte, aber sie blieben eine lange Zeit bei Tische, während der Kellermeister, welcher sie bediente, sich sagte, er hätte nie geglaubt, daß ein Herr so hübsch nnd eine Dame so reizend sei» könne, als die Beiden an diesem Abende waren. „Der junge Herr ist nicht mehr der Erbe," dachte er, „nnd sie ist nur Bendlin's Tochter; doch ich be diene sie lieber, als irgend ein anderes Paar in der ganzen weiten Welt. Ich muß doch Airs. Erle einen Wink geben, einmal durch'« Schlüsselloch zu sehen, wie glücklich sic aussehen." Doch, als er seinen Ent schluß ausführen wollte, fand er, daß MrS. Erle dies schon von selbst gcthan hatte und mit ihm ganz einverstanden war, daß man ein schöneres Paar nir gends finden könne. „Aber ich sterbe fast vor Neugierde, zn wissen, was ihn heute Abend hierher brachte, Dann." „Die Liebe war es," sagte der Kellermeister weise; er hatte nämlich an der Bibliothcksthür gehorcht, nachdem sein Herr angekommen war. „Liebe war es! Die Andere betrog ihn, fast an den Stufen des Altars, und er kam sogleich her zu der, die ihm die Liebste war." Dreißigstes Kapitel. Ende gut — Alles gut. Nicht ohne Kampf hatte Leonore Jugend, Schön heit und Liebesglück für den Triumph, die Frau des braunen Westindiers zu sein und dessen Millionen zu theilen, anfgcgebcn. Je mehr sic versucht war, Albert zu verlassen, desto reizender erschien er ihr; aber die Leidenschaft für Geld nnd Putz, welche ihre Richtschnur war, errang die Ucbermacht über ihre romantischen Träume, und gerade am Abende, bevor die Trauung stattfindcn sollte, ging sie mit dem Sen- nor aus und kehrte als dessen Frau zurück. Ihr Mädchen war die Einzige, die in daö Ver trauen gezogen worden war. Diese hatte heimlich Leonorens Wertsachen cingcpackt und die Koffer mit der Ausstattung sollten ihnen nachgcschickt werden. Um neun Uhr des Abends reiste das junge Ehepaar ab und überließ cs dem Mädchen, Airs. Dont diese Nachricht zu überbringen. — Ob die Sennora mit ihrem feurigen, ausländischen Gatten glücklich ist oder j nicht, darüber haben wir keine Nachricht; sic führt ein extravagantes glänzendes Leben, thcilweise in Paris, wo ihre Kleider und Juwelen Aufsehen er regen. — Wie Albert Aurelie erzählte, war er, als die Neuigkeit bekannt wurde, unendlich bedauert und be mitleidet worden. Seine Freunde waren beunruhigt, über sein Aus bleiben, bis Eduard, welcher der Erste war, der die Wahrheit errieth, seine Ucberzcugung aussprach, daß Albert nach Arkcrsitz gegangen sei. „So ist eS, Mutter," sagte Eduard mit einem tiefen Seufzer, Du sichst, wie thöricht eS von mir war, mir einige Hoffnung gemacht zu haben. Diese Beide» waren für einander geschaffen nnd als sie sich begegneten, mußten sie einander lieben. Es wird lange Zeit für mich dauern, bis ich Anrelie vergesse; doch ich bin frob, daß sic glücklich sein wird. Armer Albert! Er bleibt nun doch der reiche! Er hat eine Perle gewonnen, die ihn zu dem beneidenswerthesten Manne macht. Ich glaube, ich werde mich mit dem Osdorne- schcn Vermögen begnügen müssen nnd mit Dir, meine süße Mutter!" fügte er hinzu, indem er sich nieder beugte, um ihre Hand zu küssen, damit sie die Thrä- ncn nicht sehe» sollte, die plötzlich seine melanchol ischen, dunkeln Augen befeuchteten. „Dein Kummer betrübt auch mich, mein Sohn," antwortete sie ihm zärtlich. „Ich tröste mich nur mit der Hoffnung, daß die Zeit ihn heilen wird. Anrelie hat Dich durch ihre seltsame Schönheit, so wie durch den Zauber ihrer Unschuld und Natürlich keit «»gezogen; aber eö wird wohl irgendwo ein un schuldiges, edles Mädchen geben, die auf meinen Eduard wartet, damit er sie heimführe auf sein schönes Arkersitz," sie lächelte hoffnungsvoll ja freudig. „Und jetzt, wenn Du glaubst, daß wir Albert auf Arkcrsitz finden werde», denke ich, es wird am Besten sein, ihm gleich zu folgen." Dies thatcn sie. Albert war trotz des rasenden Sturmes das große Stück Weges von der Station bis nach Hause zu Fuß gegangen, diese Beiden, welche mit einem spä teren Zuge «»gekommen waren, hatten das Glück, das einzige Fuhrwerk sich zu sichern, daö am Platze war, und während die Liebenden noch bei Tische saßen nnd einander so selbstvergessen in die Auge» blickten, daß das Essen unberührt stehen blieb — kamen Mutter nnd Sohn an, und Airs. Erle hatte wieder frischen Kaffee zu kochen und ein frisches Essen vorzubcreiten, während Anrelie, in Mrs. ArkerS Arme fliegend und ihr glühendes Gesicht an deren Busen verbergend, sie bat, ihr zu vergeben, daß sie nicht umhin könne, Albert zu lieben, und daß sie so glücklich sei. Am folgenden Tage kam David Bcndlin an. Nur mit Furcht und Zittern wagte der junge Arker, ihm gegenüber die Sprache auf seine Tochter zu bringen. „Sie schossen einst ans mich, weil ich nur ihre Hand berührte, um ihr Lebewohl zu sage»; darf ich Sie jetzt, wo ich frei bin, bitten, sie mir ganz und gar zu geben?" „Sic ist ein eigensinniges, widerspenstiges Geschöpf, gerade wie ihr Vater," antwortete Bendlin, während etwas wie ein Frcudcnschcin in seinen eingefallenen Augen aufdämmerte. „Wenn sie dazu entschlossen ist, Sie zu heirathe», Mr. Arker, so nützt es inir Nichts, mich dagegen aufzulehnen." „Sie wissen, daß ich arm bin," fügte Albert be scheiden hinzu. „Ich glaube nicht, daß Airs. Arker Sie wird Mangel leiden lassen," war die trockne Antwort. „Und jetzt muß ich Ihnen sagen, daß meine Tochter noch auf einige Monate in das Pensionat muß, nm ihre Erziehung zu vollenden. Dan» wird es Zeit sein, andere Pläne zu machen." „Was?! — Wieder fortgehen? — In dieses langweilige Pensionat?" „Gewiß! Mein Mädchen ist erst siebzehn Jahre. Wenn Sie sie lieb haben, werden Sie sie nicht ver gessen bis zum Juni." Und Aurelie mußte wirklich in das Pensionat zu- rückkehrcn, denn David Bcndlin war ebenso klug wie energisch; und jetzt bot sich Albert an, Mrs. ArkerS Verwalter werden zu wollen. Er wurde auch wirklich fieberhaft fleißig, obwohl Eduard ihm bei Allem hel fen mußte. Armer Albert! ES war ein einsamer Winter! Aber er verging trotz seiner Langcnwcile und dann kam der Juni und brachte die Rosen und — Aurelie! O, süßester Monat des Jahres! Selbst süß für ältere Leute, mit seinem frischgrüncn Laube und dem Dufte des Geisblattes und der Ccntifolicn-Rosen, — wie süß erst für die Liebenden, welche die wonnigen Tage verträumten bis zu ihrem Hochzeitstage. Halte hier, arme, prosaische Feder! Wage eS nicht, den Zauber des Juniwcttcrs, den jugendlichen Reiz der Braut, die wonnige Glückseligkeit dessen zu beschreiben, der sie heimführt. Hier ist Schweigen die größte Be- rcdtsamkeit! Albert glaubte wirklich, er würde sein ganzes Leben lang, vollständig zufrieden sei», mit Aurelie in der ephcubcwachscncn Parkhüttc zu leben. Seine Freunde hatten jedoch andere Pläne mit ihm. Unter Aurelie's Hochzeitsgcschcnken befanden sich einige der OSdorne-Juwelen und eine ganze Ausstattung von MrS. Arker, von ihrem Vater David Bcndlin aber — einmal hundert tausend Dollars in Gold und Werthpapieren! „Sie sehen, daß Ihre Braut nicht ohne Mitgift ist," sagte er mit einer Miene unbeschreiblichen Stolzes zu seinem Schwiegersöhne. „Das ließ ich mir nicht träumen," murmelte der junge Aristokrat. „Das glaube ich. Als ich meine Stellung hier verließ, hatte ich einige tausend Dollars erspart. Ich hatte fest beschlossen, daß mein Kind den jungen Damen, die sie verachteten, an Vermögen gleichkom men sollte. Vielleicht hoffte ich, ihr Glück erkaufen zu können, da Gold der Talisman schien, dasselbe zu sichern. Ich spcculirte, doch sehr vorsichtig. Viel leicht inspirirte mich die Liebe zu Aurelie mit außer ordentlicher Klugheit, denn wo Andere verloren, ge wann ich. I» sechs Monaten hatten sich meine Zehntausend Dollars mehr als um das Zehnfache vermehrt. Und jetzt, Air. Arker, ist es mir ein un endliches Vergnügen, meine Tochter ausznsteuern, obwohl ich weiß, daß sie nur um ihrer selbst willen geliebt wird." Sie sind Alle vollkommen glücklich ans Osdorne- Ruh. MrS. Arker lebt nur für ihren Sohn, welcher ein Träumer geblieben ist; nicht unzufrieden — im Gegentheile ruhig zufrieden lebend, während seine liebevolle Mutter sich unter den jungen Damen ihrer Bekanntschaft nach einer für ihn passenden Fran nmsieht. Vermischte Nachrichten. — Ueber die Nützlichkeit der Stuben fliege. E» ist eine alte, von jeher überkommene Ansicht, daß die Stubenfliege zu jenen vielen Unan nehmlichkeiten des Lebens zählt, deren man sich kann» erwehren kann, was man auch dagegen thnt, um diese lästigen Insekten unschädlich zu machen. E« ist all gemein bekannt, daß eine Fliege, die sich nach dem Fluge zum Rasten niederläßt, eine Reihe von Beweg ungen vollzieht, die uns an die Katze, die ihre Toilette macht, oder an den Vogel erinnern, der sein Gefieder putzt. Da reibt sic zuerst ihre Hintersüßchen, eine» gegen das andere, dann läßt sie dieselben über die Flügel streichen; darauf kommt die Reihe an die Vorderfüßchen, um einander zn reiben, und endlich fährt der Langrüssel über die Beine, sowie über jeden Theil des Körpers, den er erreichen kann. Geschieht dies einzig und allein um sich zn säubern nnd zu putzen? Man hat das bis jetzt als den Zweck jener Bewegungen angenommen, aber der engl. Chemiker Emerson hat durch eine Reihe von Experimenten er probt, daß dem nicht so ist. Er fand unter dem Mikros kope, daß der Leib der Stubenfliege, ohne Ausnahme, von unglaublich kleinen Parasiten bedeckt ist, und daß die oben beschriebenen Bewegungen nur geschehen, um die Schmarotzer auf ein Häuschen zusammen zu kehren nnd aufzufressen. Anfänglich meinte der eng lische Experimentator, die Fliege verzehre ihre eigene Brut, die sie ja, wie man weiß, auf dem unteren Theile ihres Leibes mit sich herumträgt, aber erneuerte Beobachtungen konstalirten bald das ganz Jrrthiimliche dieser Anschauung. Emerson hatte ein Blatt weißes Papier vor sich liegen, auf das sich zwei Fliegen nie- derließen, welche eifrig zu fressen begannen. Unter das Mikroskop gebracht, zeigte sich das Papier genau von jenen Schmarotzern bedeckt, deren wir oben ge- gedachtcn; eS war also nicht die eigene Brut, welche die Fliege verzehrte, sondern mikroskopische Lebewesen, die in der Lust schwimmen und sich gelegentlich an die Füße, Flügel re. der Stubenfliegen klammern. Wenn die Fliege dann hinreichend mit dieser lebenden Provision beladen ist, sucht sie einen stillen Winkel auf, um sie zu verzehren. Der englische Naturfor scher wiederholte an verschiedenen Orten seine Unter suchungen und fand, daß e« da, wo Unreinlichkeit herrschte und die Luft verdorben war, viele Fliegen gab, die alle von jenen Parasiten bedeckt waren, welche er schon kannte, während solche Fliegen, die er von reinlichen und gut gelüfteten Orten nahm, abgemagert und frei von Parasiten waren. Hieraus ergiebt sich, so schreiben die „Stunden am Arbeitstisch", daß die Stubenfliege wirklich eine Mission zu erfüllen hat, und Herr Emerson hat in der Kette der Zerstörung, die in der Natur der Lebweise nothwendig besteht, einen neuen Ring gefunden; diese winzigen Thicrchen dienen den Fliegen zur Nahrung, die Fliegen fallen der Spinne zur Nahrung anheim, welche der Bogel verzehrt, wie dieser vom Menschen verspeist wird. — Da» erste Velociped auf Eisenbahn schienen ist von der Eisenbahn in Bromberg der Züllichauer Bahnmeisterei zu weiteren Versuchen dieser Tage in Betrieb gegeben worden. E» ist die» ein Dreirad, und zwar so konstruirt, daß zwei Räder, ein größeres und ein kleinere» Hintere», auf der einen, und ein kleine» dritte» Rad auf der anderen Schiene zu laufen hat. E» soll dem Bahnmeister zur Revi sion seiner Strecke dienen. Dasselbe ist hauptsächlich au» Holz gebaut und deshalb verhältnißmäßig leicht, so daß der Fahrer bei ankommenden Zügen im stände ist, dasselbe sofort von den Schienen ab und au« dem Wege zu heben. Ein Rücksitz hinter dem zweiten Rade gestattet noch da» Mitfahren einer zweiten Person. Druck und Verlag von S. Hanneboh» in Eibenstock.