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Bekanntmachung. Die rückständigen Brandkaffenbeiträge auf 1. Termin sind zu Vermeidung der Zwangsvollstreckung bi» spätesten» zum 18. dieses Monats in hiesiger Rathtregistratur zu entrichten. Eibenstock, den II. April 1888. Dkl Stadlkllth Löscher, Bürgermeister. Tagesgerichte. — Deutschland. Die Eventualität einer Ueber- siedelung de» Kaiser« nach Wiesbaden oder Homburg wurde bereit» früher hervorgehoben. Au- zuverlässiger Quelle erfahren wir, daß nun thatsächlich ein voraussichtlich baldiger Wechsel im Aufenthaltsorte de» Kaisers eintreten wird. Die Acrzte de» Kaiser» halten e» für dessen Gesundheitszustand für absolut nöthig, daß sich derselbe möglichst in freier, milder und gesunder Luft bewege, ein Erforderniß, welche» da» hiesige Klima und die noch weit zurückgebliebene Vegetation auf Wochen hinaus nicht zu erfüllen ver spricht. Professor Lehden hat sich vergangenen Sonn abend nach Wiesbaden begeben, nachdem vorher die Nothwendigkeit einer solchen Uebersiedclung in mil deres Klima mit vr. Mackenzie auf da» eingehendste besprochen war. Professor Leyden ist damit beauftragt, in Wiesbaden eine für die Zwecke de» kaiserlichen Hof lager« geeignete Villa in Vorschlag zu bringen und dieselbe auch mit Berücksichtigung de« Zustande» de» Kaiser» auSzuwählcn. — Die vielerwähnte Auszeichnung de« vr. Mackenzie durch den Kaiser ist nunmehr erfolgt. Am Montag überreichte der Kaiser dem englischen Arzt da» Großkreuz de» Hohenzollernschen HauSorden» mit dem Stern mit folgender schriftlichen Bemerkung: „Al» Sie zum ersten Male kamen, hatte Ich Ver trauen zu Ihnen, weil Sie Mir empfohlen worden waren von Meinen deutschen Aerzten, und Ich bade seitdem selbst gelernt, Ihre Geschicklichkeit hochzuschätzen. ES macht Mir viel Vergnügen, Ihnen diesen Orden geben zu können in Anerkennung Ihrer schätzbaren Verdienste und zur Erinnerung an Meine Thronbe steigung." — Darauf überreichte der Kaiser dem l)r. Mark Hovell den Kronenorden 2. Klaffe und schüttelte ihm dabei herzlich die Hand. — Die Frage, ob Fürst Bismarck bleibt oder geht, wird von der Presse in widersprechendster Weise beantwortet. Ueber die wirkliche Sachlage er fährt man nicht» Zuverlässige». Daß Prinz Alexander von Battenberg statt nach Berlin nach England reist, mag nebenher erwähnt werden. Die „Hamb. Nachr." schreiben: „Ueber die Aufgabe de» HeirathSplancS sind noch keine Beschlüsse definitiv gefaßt, wenn der selbe auch vielleicht vorläufig hinausgeschoben ist. Fürst Bismarck rechnet mit der Möglichkeit der Verwirklich ung des Projekt» und richtet sich allmählich auf seine Demission ein. ES mag hierbei die Ueberzeugung mitspielen, daß sich seiner Politik auch noch andere Hemmnisse entgegenstellen, welche seine Neigung zu rückzutreten vergrößern könnten." Vielleicht hängt damit die Anwesenheit v. Bennigsen» in Berlin zu sammen, der am Montag mit dem Reichskanzler eine mehrstündige Unterredung hatte. Vielfach bemerkt wird auch die Thatsache, daß der frühere badische Minister v. Roggenbach, ein Vertrauensmann de» Kaisers, nach Charlottenburg gekommen ist urd vom Kaiser Friedrich im engsten Familienkreise zur Tafel gezogen wurde. — In denjenigen Kreisen, in welchen man nicht an eine Beilegung der Kanzlerkrisis glaubt, bezeichnet man den derzeitigen Statthalter der Reichslande, Für sten zu Hohenlohe-Schillingsfürst als den präsumtiven Nachfolger des Fürsten Bismarck. Fürst Hohenlohe war, wie man sich erinnern wird, lange Jahre hindurch deutscher Botschafter in Paris und hat nach dem Tode de« Staatssekretärs von Bülow längere Zeit da» Auswärtige Amt in Berlin geleitet. Er ist mit den Einzelheiten der BiSmarck- schen auswärtigen Politik auf das Genaueste bekannt. — Ueber die Intervention des Für st en Bismarck bezüglich der Verlobung der Prin zessin Victoria mildem Prinzen Alexander von Baltenberg äußert sich das englische Blatt „Standard" folgendermaßen: „Fürst Bismarck hatte eine peinliche Pflicht zu erfüllen, gegen die Verlobung aufzutreten. Als Individuum betrachtet, bildet der Czar nach Ansicht de» Kanzler» einen Faktor von höchster Bedeutung. Ihn in möglichst guter Laune zu erhalten, seiner argwöhnischen Natur nicht den ge ringsten Anhalt zu bieten für die Befürchtung, Fürst Bismarck könnte seinen Versicherungen untreu werden, ist da» Ziel der StaatSkunst von Varzin. Wenn e» eine Leidenschaft giebt, welche den Czaren beherrscht, so ist e» der Haß gegen seinen Vetter. Die Wulh würde auf'» Neue hervorbrechen, sobald derselbe der Schwiegersohn de» deutschen Kaiser» würde. Fürst Bismarck weiß, baß Prinz Alexander niemals sein durch seine Tapferkeit al» Herrscher von Bulgarien gewonnenes Prestige einbüßen kann. Der Prinz mag erklären, daß er unter keinen Umständen wieder den bulgarischen Thron besteigen wirb. Sollte die Stunde de« Kampfe» kommen, so werden die Bulgaren den noch, wenn es sich um Sein und Nichtsein handelt, den Helden von Slivnitza rufen, und er wird nicht im Stande sein, sich ihren Bitten zu entziehen. Kurz gesagt, glaubt Fürst Bismarck, daß er, so lange die bulgarische Frage nicht gelöst ist, keinem Schritte zustimmen kann, welcher seine Autori tät als Schiedsrichter und Vermittler zwischen den beiden Mächten, zwischen welchen e» jeden Augenblick zum Kriege kommen kann, verringern würde. Zwei felhaft ist e» andererseits, ob der Kanzler die Be deutung seine» Argument» nicht überschätzt hat. Wenn da» feierliche Versprechen de» deutschen Kaiser« dem Czaren nicht genügt, so ist die Hoffnung gering, ihn bei guter Laune zu erhalten. Die Demission de» Fürsten Bismarck würde ohne Zweifel ein Schlag für Deutschland sein. Manche deutsche Zeitungen, welche ihm loyal durch alle Wendungen seiner Politik gefolgt sind, meinen, daß der Schlag zu ertragen ist, wenn er doch kommen muß. Wir hegen keine solche san guinische Hoffnung. E« würde ein schlimme« Vor zeichen für die Regierung Kaiser« Friedrich sein, wenn er wenige Wochen nach seiner Thronbesteigung offen mit dem StaatSmanne in Zwist geriethe, welcher Deutschland zu dem gemacht hat, wa» e» ist. Kurz, der Rücktritt de« Fürsten Bismarck würde wahrschein lich da« Signal zum Ausbruch eine« europäischen Krieges sein." — In der Hauptstadt des dänischen JnselrcichS, in Kopenhagen, hat sich ein Ausschuß zu Unter stützung der Uederschwemmten in Deutsch land gebildet. Dieses Vorgehen unserer nordischen Nachbarn ist ganz besonder« beachtenSwerth und wird in Deutschland dankbare Anerkennung finden. — Frankreich. Der „Post" wird aus Paris gemeldet: Boulanger'S Wahl in der Dordogne, obgleich er dort gar nicht Kandidat ist, und die große Anzahl der auf ihn in den beiden anderen Departe ment« gefallenen Stimmen, wo außerdem zwei Kan didaten, die sich offen für ihn erklärt, gewählt wurden, lassen keinen Zweifel mehr über die Stärke und da» stete Zunehmcn der boulangistischen Beweg ung. An dieser Thatsache ändert auch die an sich richtige Behauptung der Republikaner nicht», daß in der Dordogne die Bonapartisten Boulangcr gewählt haben. Gerade, daß für Boulanger die verschiedensten Elemente stimmen — Radikale und Republikaner, wie Bonapartisten und Orleanisten, Cäsarianer, Ple- biSciiaire, Revisionisten, Revolutionäre, Patrioten, Zhauoinisten und Revancheschrcier — verleibt dem BoulangiSmuS seinen Ernst. Der BoulangiSmuS ist vornehmlich ein Protest gegen das Bestehende, ein Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Volksschichten mit dem Parlamentarismus und der Republik, ein KampfeSmittcl aller Feinde der gegenwärtigen Ord nung und der ruhigen Fortentwickelung der Dinge, ein Schlachtruf aller auf Revanche und Krieg Sin nenden geworden. Die Persönlichkeit Boulanger'S, dessen lächerliche Unbedeutendheit viele Franzosen selbst erkennen, kommt erst in zweiter Linie. Boulanger nimmt alle Stimmen, woher sie auch kommen, denn Boulanger repräsentirt nicht ein bestimmte» Prinzip, noch eine Idee, noch ein Programm, sondern er ist da» Symbol der stetig wachsenden Bestrebungen auf Umsturz de» Bestehenden. Daher kommt der Umfang und die Macht ter steigenden boulangistischen Beweg ung, daher das Unterliegen der Anhänger der ge mäßigten parlamentarischen Republik bei allen Wahlen. Zunächst hat der BoulangiSmuS hauptsächlich nur Bedeutung für die Entwickelung der inneren Zustände Frankreich», und die meisten für Boulanger Wählenden denken dabei gewiß nicht vornehmlich zum Kriege hin zutreiben; aber in seiner nothgedrungenen Rückwirkung nach außen liegt dennoch in einem siegreichen Bou langiSmuS eine Gefahr für den Frieden. Noch sind jene boulangistischen Wahlen und Kundgebungen erst Warnungen; aber e» wird de» energischsten Aufraffen« und patriotischen Zusammengehen» aller Konservativen und Gemäßigten von links und recht» bedürfen, um die Republik und Frankreich und den Frieden gegen den BoulangiSmuS und dessen Folgen zu schützen. Loeak und süchflfche Nachrichte«. — Schönheide. Mit der Entlassung der Kon firmanden au» der Schule war die» Jahr noch eine besondere Feierlichkeit verbunden, der Abschied de» Lehrer« Meine!, früheren Landtagsabgeordneten, von der hiesigen Schule au» Anlaß seiner diese Ostern erfolgten Emcritirung. Der Lebensweg diese» gegen wärtig 76 Jahre alten Lehrer» war ein bewegter. Seit dem Jahre 1835 lebte Meinet in Schönheide. Bi» 1848 glitt sein Leben»schiff auf ruhiger, glatter Bahn dahin. Er lebte seinem Berufe und seiner Familie. Dann aber wurde er von dem Strudel jener bewegten Zeit gepackt und mit hineingerisscn. Er wurde seine» Amte» entsetzt und suchte sich nun al» Geschäftsmann eine Existenz zu gründen, wa» ihm wohl auch gelungen wäre, da man ihm die Wege vielfach ebnete. Aber e» lag ihm sein Beruf zu sehr am Herzen, und so entschloß er sich bald darnach, eine Privatschule zu gründen. Dieselbe hatte er viele Jahre mit großem Segen fortgeführt, bi» endlich die Schülerzahl einmal eine so geringe geworden war, daß er sich gcnöthigt sah, die Anstalt zu schließen. Nun, im Alter von 70 Jahren, wandte er sich an die oberste Schulbehörde mit der Bitte, ihn noch ein mal im öffentlichen Schuldienste zu verwenden. Sein Gesuch, unterstützt durch die Bereitwilligkeit der Ge meinde Schönheide, ihm eine Stelle an der hiesigen Volksschule zu übertragen, wurde anstandslos bewilligt. So hat der Genannte seine Wirksamkeit jetzt an der selben Stätte beschlossen, wo er sie vor mehr denn 50 Jahren begonnen hat. — Dresden, 9. April. König Albert hat dem Prinz-Regenten da» sächsische Regiment Nr. 102 verliehen. So eben ist der Kommanvcur dieses Re giment», Oberst Schuster, in München eingetroffen, um sich bei dem RcgimentSchef zu melden. — Dresden. Nach einer der „Voss. Ztg." zu gehenden Drahtmeldung verlautet in Münchener wohl unterrichtetsten Kreisen: bei der letzten Anwesenheit Sr. Maj. des König» von Sachsen in München habe eS sich auch um die etwaige Uebernahme de« stellvertretenden Oberbefehls de» deutschen HeercS durch den König im Mobilmachungsfalle bei Verhin derung des Kaiser» gebandelt. Wie bekannt, war eine derartige Vertretung bereit» früher vorbereitet worven. Schon im vorigen Winter ist im Hinblick auf die drohende Gestaltung der au»wärtigen Lage die Frage einer Stellvertretung des Kaisers in seiner Eigenschaft als oberster Befehlshaber de« deutschen HccreS erörtert und dabei zugleich der König von Sachsen in« Auge gefaßt worden, da die Bestellung des Kronprinzen zum Stellvertreter mit Rücksicht auf seinen damaligen Gesundheitszustand als ausgeschlossen erscheinen mußte. Die damaligen Verhandlungen scheinen jetzt wieder ausgenommen zu sein, da da» Befinden de» Kaisers auch jetzt leider noch nicht der Art ist, daß derselbe im Falle eines Krieges den Oberbefehl in eigener Person übernehmen könnte. — Dresden. Von Sr. Majestät dem König wurden für die Wasserbeschädigten an der Unterelbe, Weichsel und Oder 3000 Mk. gespendet. — Se. Kgl. Hoheit Prinz Georg und Ihre Kgl. Hoheiten Prinzen Johann Georg, Max und Prinzessin Mathilde haben gestern früh '/^6 Uhr vom böhmischen Bahn hofe aus eine zehntägige Reise nach Süddeutschland angetreten und sich zunächst nach Bamberg begeben. — Zwickau. Am Sonnabend Abend hielt Herr Schuldirektor Rudolph au» Chemnitz im Gewerbe verein vor einer zahlreichen Zuhörerschaft einen Vortrag über: „Der Meister in dem Schiller'schen Liede von der Glocke als Erzieher seiner Gehilfen, ein Vorbild für die Meister unserer Zeit". Nach einer poetischen Einleitung skizzirte Herr Redner die Cha raktereigenschaften des GlockengicßermeisterS in dem tiefernsten und hochbedeutenden Schiller'schen Gedichte und sührle die Anwesenden im Geiste in die Werk statt des Meister», der mit Lust und Liebe seines Berufe» waltete, dem der Zweck, da» hohe Ziel vor Augen schwebte und in der Seele wohnte, nicht für das Einzelne, sondern für da» Ganze seine Kraft einzusetzen, mitzuarbeiten an dem Gemeingut, die Sittlichkeit zu heben und zn fördern. Wird die Ar beit so aufgefaßt, so wird sie auch den Meister ehren, es ist die» die rechte Meisterehre. Hierbei bemerkte Herr Redner, daß e» hier noch viel zu schaffen gebe. Die Liebe und die Ehrfurcht de» Gesellen vor dem Meister, der Ernst der Arbeit, der Ausspruch: „Heute muß die Glocke werden! frisch, Gesellen, seid zur Hand! von der Stirne heiß rinnen muß der Schweiß, soll da« Werk den Meister loben" soll sich in der Werkstatt zeigen und bewahrheiten. Da« Interesse zur Arbeit ist durch Liebe zu erwecken, der gute Wille muß entgegengebrachk werden; au» dem Interesse erwächst die Liebe zur Arbeit. Der Meister muß e» sich angelegen sein lassen, gute Lehren zu geben, damit der Gehülfe sich in seinem Berufe vervollkommnet und mit Fleiß, Lust und Liebe arbeitet. Die Erweck ung de» Interesses ist eine» der wesentlichsten Faktore, denn wer kein Interesse bezeigt, wer keine Liebe zu seinem Berufe hat, der wird in demselben auch kein rechter Gehilfe, kein rechter Meister sein. Die Arbeit soll keine mechanische, sondern eine denkende, eine schaffende sein, denn: „Den schlechten Mann muß man verachten, der nie bedacht, wa» er vollbringt. Da» ist'» ja, wa» den Menschen zieret, und dazu ward ihm der Verstand, daß er im inner« Herzen spüret, wa» er erschafft mit seiner Hand". Der Meister soll mit den Gehülfen die Ausstellungen, Museen u. s. w. besuchen, um zu sehen, um zu lernen. Au- jedem der einzelnen Gegenstände soll der Gehülfe