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bilden zweiffello» den Anfang einer regelrecht ange zettelten Revolte, die sich in erster Linie gegen Bra- tiano, in zweiter aber wohl auch gegen den König richtete. Die Oppositionellen verfuhren dabei ganz wie zu Fürst Kuza» Zeiten: zuerst nahmen sie plötzlich eine drohende Frontstellung gegen König Karol, indem sie sich zum Palai» Zutritt verschafften und dort ihren Empfang vor dem König erzwingen wollten. Die» mißlang ihnen; sie wurden einfach au» dem Schloß entfernt. Hierauf erfolgte eine zweite Attacke, die nunmehr gegen die Deputirtenkammer gerichtet war. Zwar wollte man nicht die Kammer selbst treffen, sondern den der Opposition verhaßten Ministerpräsi denten Bratiano, welcher den ihm zugedachten Re volverschüssen wohl auch nur durch den Zufall entging, daß er gerade durch einen Vortrag bet dem König scstgehalten war. Zur Zeit war der Sitzungssaal der Deputirtenkammer nur sehr wenig besucht, dagegen waren die Tribünen gefüllt. E» fiel auf, daß haupt sächlich die Frauen der oppositionellen Deputirten in den Logen saßen, und e« mußte naturgemäß auffallen, daß die oppositionellen Mitglieder, welche sämmtlich bewaffnet waren, nach der Vereitelung ihre» Putsche» ihre Revolver den Frauen zusteckten. Auch an den folgenden Tagen wieverholten sich die aufrührerischen Szenen auf den Straßen, nament lich in der Nähe de» Parlamentsgebäude», und e» wird von rumänischen Blättern mit aller Bestimmt heit behauptet, daß bei den Putschversuchen russische» Geld eine große Rolle spiele. Jene Blätter gehen so weit, ganz unumwunden zu versichern, daß auch der russische Gesandte in Bukarest Hitrowo und seine Attache» dem Putsche persönlich recht nahe stünden. Ob diese Angaben auf Wahrheit beruhen, ob sie mehr sind al- bloße Vermuthungen, läßt sich au» der Ent fernung nicht beurtheilen. Kriminalistisch gesprochen ist Hitrowo „ein Mann, zu dem man sich der That versehen kann." Er hat al« russischer Generalkonsul in Sofia nicht im Sinne der Erhaltung der Ordnung gewirkt, er hat die ihm zugegangenen Weisungen, die russischen Interessen in Bulgarien wahrzunehmen, immer in einer turbulenten und vor Gewaltmitteln nicht zurückschreckenden Weise auszuführen gesucht. Und während er schon Gesandter in Bukarest war, hat er den dringenden Verdacht erweckt, in seinem Hause den Meuchelmördern Unterschlupf gewährt zu haben, welche gegen einen nicht russisch gesinnten bul garischen Beamten in Bukarest Angriffe auSführten. Die rumänische Regierung hat sogleich mit starker Hand zugegriffen und wird strenge» Gericht über die Schuldigen halten lassen. Schwieriger wird ihre Lage gegenüber Hitrowo sein, wenn dessen Mitschuld wirk lich nachgewiescn werden sollte, weil derselbe sich als Gesandter der Unverletzlichkeit erfreut. Tagesgeschichte. — Deutschland. Kaiser Friedrich ist während der Feiertage wiederholt nach Berlin gekom men und hat in seinem Palais Audienzen ertheilt. DaS Befinden de» Monarchen ist ein so günstige», daß Di. Mackenzie zeitweise nach London zurllckkchrt, von wo er erst nach etwa sechs Wochen zur Konsul tation wicderkehren wird. — Die Massagekur ist beim Kaiser vorläufig wieder eingestellt worden, weil die Prozedur einen allzu starken Einfluß auf da» Körper system de» Kaisers zeigte, welcher sich in einem auf den Kehlkopf auSgcübten Reiz äußerte. — DaS „Militärwochenblatt" veröffentlicht folg ende KabinetSordre Sr. Maj. de» Kaiser» an den Kriegsminister Bronsart v. Schellendorf vom 26. März: „Gleich Meine» Herrn Vater» Majestät will ich unverweilt und unausgesetzt Meiner Armee Meine Fürsorge zuwenden. Da» von Sr. Maj. dem Kaiser und König Wilhelm gegebene, wiederholt zeit gemäß geänderte Exerzierreglement der Infanterie, welche» bis heute in seinen Grundsätzen sich durchaus bewährt, wird bei den Ansprüchen, welche die fortge schrittene Technik der Feuerwaffen jetzt an die Sol daten stellt, der Vereinfachung bedürfen, um Zeit und Raum zu schaffen für eine noch gründlichere Einzel ausbildung und einheitlichere strengere Erziehung in der Feuer- und GefechtSdiSziplin. In diesem Sinne will Ich al» künftig zum Wegfall besonder» geeignet die dreigliedrige Ausstellung bezeichnen, welche im Kriege nicht gebraucht, im Frieden entbehrlich ist. Jedoch will Ich die hiernach erforderlichen Aenderungen de« Reglement» so gestellt wissen, daß die zum Dienst zur Fahne einberufenen Mannschaften de» Beurlaub- tcnstande« sich ohne besondere Einübung in der Schule de» Reglement» zurechtfinden." — Unlerm 31. März veröffentlichte der „Reichs anzeiger" einen umfänglichen Gnaden« Erlaß de» Kaiser« Friedrich. Derselbe hat viele Tausende Familien in Preußen, den Reichslanden rc. glücklich gemacht. So manche Kerkerlhür wurde geöffnet, in mancher Familie saßen der seit Wochen und Monate vermißte Familienvater, der vielbeweinte Sohn zu den Osterfeiertagen wieder im Kreise der Ihren. Ein so tnnfassendcr Gnadenerlaß war im allgemeinen nicht erwartet worden. Wie man hört, sollen die Führer der Sozialdemokratie die Ordre au-gegeben haben, daß jede» Parteimitglied die Gnadenwohlthat abzu lehnen habe. — Frankreich. Ungleich schneller al« die vorige, durch die Wilson-Asfaire und den Sturz de« Präsi denten Trevy veranlaßt« französische Minister- krisi« ist die diesmalige — die drei- oder die vier« undzwanzigste seit Errichtung der dritten Republik — verlaufen. Am 30. März brachte der Boulangist I Laguerre durch seinen von der monarchistisch-radikalen s Koalition der Deputirtenkammer mit einer Mehrheit i von 31 Stimmen gutgeheißenen Antrag aufRevision der Verfassung da» Ministerium Tirard zu Fall und schon am 2. April vermochte da- amtliche Blatt die Bildung de» neuen Kabinet» zu melden. Der Hauptvertreler de» Radikalismus, der bisherige Kam merpräsident Floquet, wird das Präsidium und da» Innere übernehmen; an Stelle Flouren« tritt Goblet (der während der Schnäbele-Affaire für den Krieg war), Freycinet wird Krieg-Minister. Sollte auch diese» Ministerium gestürzt werden, da» von der Gnade der Rechten abhängig ist, so kann man den Zusammensturz de» republikanischen StaatSgebäude» al» bald bevorstehend ansehen. Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheide, 3. April. Am vergangenen Gründonnerstag hielt der prakt. Arzt Herr Or. moä. Voigt au» Plauen einen interessanten Vortrag über Naturheilmethode, zu deni da» hiesige Publikum au» allen Ständen sich sehr zahlreich eingefunden hatte. Im Anschluß an den Vortrag bildete sich ein Verein für Naturheilkunde, dem sofort ca. 30 Mit glieder beitraten. Diese neue Heilweise hat in hiesiger Gegend wiederum einen Fortschritt zu verzeichnen, indem nun begründete Aussicht vorhanden ist, daß sich ein Naturarzt in Schönheide oder Eibenstock nieder lassen wird, da derselbe dann in zwei Nachbarorten praktisch thätig sein kann. — Schönheide. Unser Dorfbach, ein sonst sehr ungefährliche» Wässerchen, ist zu einem reißenden Ge birgsbache angeschwollen, in welchem am Donnerstag vor. Woche beim Ueberschreiten eine» schmalen Stege» in der Nähe der Unger'schen Bretmühle der 5 Jahre alte Knabe de» Handarbeiter Aug. Lenk hier seinen Tod fand. In Folge der starken Strömung gelangte da» verunglückte Kind schnell in die Mulde und konnte der durch da» Anschlägen an Fel» und Steinen ver stümmelte Leichnam erst in der Nähe der Loui» Nnger- schen Fabrik am Bahnhof Eibenstock den Fluthcn ent rissen werden. — Schneeberg, 2. April. In dieser Woche tritt hier die von den städtischen Collegien Hierselbst beschlossene Gemeindediakonie in Wirksamkeit. Die Diakonissin Minna Börner, welche von der Diakonissenanstalt in Dresden nach hier geschickt wird, trifft am 4. April in Schneeberg ein; dieselbe wird die Oberaufsicht über die Krankenpflege im städtischen Krankenhause übernehmen und ihre übrige Zeit der allgemeinen Armen- und Krankenpflege widmen. — Da» zur Feier der Eröffnung de« königlichen Gymnasium» in Schneeberg von der Stadt zu veranstaltende Festmahl findet am Nachmittag de» 10. April im Kasino hiersclbst statt. — Während fast aller Orten, namentlich aber in den größeren Städten, die Schulen und mit ihnen die Lehrer vermehrt werden müssen, zeigt sich in Meerane da« Gegentheil. Dort wird die Zahl der Schulkinder immer geringer. Bereit» im vorigen Jahre überwog die der abgehenden Schüler die der neueintretenden um 107 und auch diesmal stellt sich ein ähnliche» Verhältniß heraus. Schon im vorigen Jahr wurde deshalb einem Hilfslehrer ge kündigt und auch jetzt steht da» Gleiche bevor. Früher bedurfte Meerane jede Ostern etwa sechs neuer Lehrer, jetzt entläßt e» noch von den vorhandenen einen oder mehrere. Uebrigen» wird fast Gleiche« au» Leipzig gemeldet. ES ist da» erste Mal, daß Leipzig an einem Osterlermin keinen neuen Lehrer anzustellen braucht, sondern im Gegentheil einer Anzahl Hilfslehrer kün digen mußte. Diese haben glücklicherweise gleich im Bezirke Leipzig-Land, wo in diesem Jahr über 20 neue Lehrkräfte gebraucht werden, Stellen erhalten. Von 1886 zu 1887 ist die Zahl der Volksschüler in Leipzig um nicht einen gestiegen. — Pirna. Der hiesige „Anzeiger" erinnert heute daran, daß am 1. April 125 Jahre verflossen sind, seitdem da» benachbarte Pillnitz zur Sommer residenz de» sächsischen Regentenhause» erhoben wurde. In Bezug auf Schönheit der Lage und reizvolle Aus stattung dürfte da» eigenartige Pillnitzer Schloß gewiß nur von wenigen Fürstensitzen übertroffen werden können. — Herr ReichStagSobgcordneter Geh. Hofrath Ackermann schreibt: In einem Artikel der „Dresdner Nachrichten" vom 30. März d. I. wird unter Bezug nahme auf ein Strafurtheil de« Berliner Kammer gericht» behauptet, nach den neuen Jnnung-gesetzen sei e« nicht gestattet, daß Väter ihre Söhne al» ! Lehrlinge in ihrem Handwerk beschäftigten, wenn sie nicht der Innung angehörten, der da» LehrlingS- privilegium verliehen sei. Ich kenne den Fall, der zu strafrechtlichem Einschreiten Veranlassung gegeben hat, nicht, die erwähnte Mittheilung aber muß Miß verständnisse Hervorrufen und darum gestatte ich mir folgende Berichtigung. In der Annahme von Lehr lingen ist der Regel nach der Handwerker nicht be schränkt, e« kann also auch der Vater seine Söhne in seinem Handwerke al» Lehrlinge einstellen, mag er einer Innung angehören oder nicht. Wenn aber in Gemäßheit von 8 lOOv der Gewerbeordnung für den Bezirk einer Innung, deren Thätigkeit auf dem Ge biete de« Lehrling-Wesen» sich bewährt hat, durch die höhere Verwaltungsbehörde bestimmt worden ist, daß Arbeitgeber, obwohl sie ein in der Innung vertretene» Gewerbe betreiben und selbst zur Aufnahme in die Innung fähig sein würden, gleichwohl der Innung nicht angehören, von einem bestimmten Zeitpunkte an Lehrlinge nicht mehr annehmen dürfen, dann sind allerdings in dem betreffenden Gewerbe die Hand werker, welche der Innung nicht angehören, behindert, Lehrlinge anzunehmen und diese» Verbot gilt auch gegenüber den Söhnen de» der Innung nicht beige tretenen Handwerker«. Eine besondere Härte ist darin nicht zu erkennen. Denn wenn ein Handwerker sich von der bewährten Innung seine» Gewerbe» fern hält, wenn er die mit Opfern verbundenen Pflichten de» die Interessen der Gesammtheit fördernden korporati ven Verbände« mit auf sich zu nehmen sich weigert, so ist e» nur recht und billig, daß diejenigen gesetz lichen Vorschriften gegen ihn angewendet werden, welche da» Jnnung»wesen gegen Renitenz oder Jn- differenliSmu» schützen und den Innungen die Erfüll ung der ihnen gestellten wichtigen Aufgaben — Pflege de» Gemeingeistes, Stärkung der Standeiehre, För derung eine« gedeihlichen Verhältnisse» zwischen Mei stern und Gesellen, Regelung de» Lehrling-wesen» und Fürsorge für die technische, gewerbliche und sitt liche Ausbildung der Lehrlinge, Entscheidung in Strei tigkeiten der im Gesetze näher bezeichneten Art — möglich machen sollen. — Die Sitte, sich zu Ostern mit gefärbten hartgesottenen Eiern zu beschenken, welche ihren Ursprung jedenfalls au» den Zeiten der Römer hat, hat sich wohl kaum irgendwo so in althergebrachter Weise erhalten, wie bei den Wenden der Ober- und Niederlausitz. Die dortige Bevölkerung bringt dergl. Ostereier am grünen Donnerstag den städtischen Be wohnern, an welchen sie ihre landwirthschaftlichen Er zeugnisse abliefert, al» besondere» Festgeschenk. Diese Festeier zeichnen sich gegenüber den an anderen Orten ebenfalls üblichen gefärbten Ostereiern durch eine so eigcnthümliche, kunstgerechte Bemalung und Musterung au», daß man den Kunst- uns Formensinn der wen dischen Bauernburschen und -Mädchen bewundern muß, > und es sich lohnt, diesen Erzeugnissen eine besondere Beachtung zu schenken. Die Herstellungsweise dieser Musterung ist eine dreifach verschiedene: Entweder werden die rohen Eier mit flüssigem Wach» bemalt und sodann mit der sogenannten Eierfarbe in Wasser gesotten, wobei die mit Mach» bemalten Stellen Farbe nicht annehmen und die Musterung daher weiß erscheint, oder die Musterung wird auf die gefärbten Eier mit Scheidewasser geätzt, oder aber mittelst eine» scharfen spitzen Messers gekratzt (radirt). Mit diesen einfachen Hilfsmitteln verstehen die Wenden eine Reihe ver schiedenartiger reizvoller Muster herzustellen. ES ver lohnte sich, von diesen Kunstprodukten bäuerlicher Fer tigkeit einmal eine Muster-Eier-Ausstellung zu ver anstalten. — l. Ziehung 4. Klasse 113. Kgl. Lachs. Landes-Lotterie gezogen am 3. April 1888. 60,000 Mark auf Nr. 79446 40,000 Mark auf Nr. 92202. 15,000 Mark auf Nr. 41330. 10,000 Mark auf Nr. 60201. 5000 Mark auf Nr. 6560 7423 8137 12017 18446 39334 72133 77437 93415 95326. 3000 Mark aus Nr. 3857 12900 20174 24931 33709 44926 63578 75541 89420 90790 92141 98086 1000 Mark auf Nr. 2258 3566 3492 4835 13879 13753 I87I8 I89I6 21909 27606 27044 29349 35873 40322 4071I 45263 45459 41872 55504 58805 63784 65205 68441 68163 68565 68228 76860 79082 93552 95970 97445 98724. 500 Mark auf Nr. 248 3146 4810 8289 14192 15470 17940 17779 18921 20713 23982 24564 26980 29173 29416 30476 32280 35797 35348 39456 40457 41145 42309 43022 53111 54118 54148 61329 62690 62041 64227 64712 71542 74958 74180 88729 92357 92335 95332 99527 300 Mark auf Nr. 33 815 3067 4211 5417 5218 7733 7674 7717 8213 8153 10489 N 058 I27I5 14781 15888 15127 15467 16136 17936 17192 18176 19668 20535 21186 21551 21990 23762 23233 23925 24651 24972 25454 25916 25550 21262 27159 28915 28325 29020 30427 33995 34865 34142 35209 36311 36727 37259 38636 38409 40964 40185 43759 44646 44679 45139 45665 46956 47134 49292 49250 50481 51850 52181 53966 53229 54378 55900 56380 56628 57372 58591 58863 59558 60725 61137 61395 61422 62540 66845 68183 70543 70635 71363 71861 72251 73881 74080 75018 76021 76684 77421 79049 79740 80911 80767 83708 85752 86844 86128 87162 89735 89855 92870 95328 97718. Vermischte Nachrichten. — Haltbarkeit der Farben im elektrischen Lichte. DaS weißlich strahlende Licht der elektrischen Bogenlampe besitzt bekanntlich große Aehnlichkeit mit dem Sonnenlichte, so daß e« Pflanzen zur Entwickel ung bringt, Blumen erblühen läßt, dem Photographen theilweise die Sonne ersetzt und alle anderen sonst üblichen Lichtquellen an Stärke und Schärfe übertrifft. Interessant sind neuere Untersuchungen darüber, wel chen Einfluß da» elektrische Licht auf die Farben au«- übt. Durch zahlreiche Versuche in dieser Hinsicht er hielt man eine Anzahl praktisch wichtiger Ergebnisse. ES fand sich, daß da« au» dem Stetnkohlentheer her gestellte Alizarinroth die echteste Farbe ist, welche also dem Sonnen- wie dem elektrischen Lichte am längsten widersteht. Cochenilleroth ist ebenso lichtempfindlich