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man von Anfang an daran gezweifelt, daß sich da» Erkenntniß der ersten Instanz werde aufrecht erhalten lassen. Da« am 1. d. M. gefällte Urtheil de» Pa> riser Zuchtpolizeigericht» lautete bekanntlich auf zwei Jahre Gefängniß, 3000 Frc«. Geldbuße und Entzieh ung der Ehrenrechte auf fünf Jahre nach Verbüßung I der Haft. Auch entschiedene Gegner und sogar Feinde s Wilson« fanden da» Urtheil unverhältnißmäßig hart, , da der Gerichtshof Wilson nur in einem einzigen Falle eine« strafbaren Vergehen« für überführt er achtet hatte. Man behauptete damal«, die Richter hätten in Wilson viel weniger eine persönliche Schuld, al« vielmehr die Unsittlichkeit eine« ganzen System« strafen wollen. Diese Behauptung erschien um so begründeter, weil namhafte Recht-gelehrte sich dahin äußerten, daß auch der eine Fall, auf den sich da« Urtheil gründete, nicht unter da» Strafrecht falle. Da« Berufungsgericht hat ihnen jetzt Recht gegeben. L»e«ü« und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 28. März. Gestern Abend gegen 7 Uhr verunglückte in der Dörffel'schen Schneidemühle Hierselbst der 57 Jahre alte Bret- schneider Edwin Schönselder, al« derselbe im Begriff war, eine Reparatur am Wasserradc vorzu nehmen. Durch Bruch der Wirbelsäule trat der Tod augenblicklich ein. Derselbe hinterläßt eine Wittwe und 8 Kinder, von denen 6 schon erwachsen sind. — Eibenstock. Anläßlich der Schul-Entlassung der Confirmanden machen wir daraus aufmerksam, daß die in Lehre oder Arbeit tretenden jungen Leute gesetzlicher Vorschrift zufolge zur Vermeidung von Strafe nicht eher in Beschäftigung genommen werden dürfen, al« bi« sie sich im Besitze eine« Arbeitsbuches befinden. Die Ausstellung de« Arbeitsbuches erfolgt kosten- und stempelfrei durch die Polizeibehörde — Stadtralh oder Gemeindevor stand — derjenigen Orte«, an welchem der Lehrling oder Arbeiter zuletzt seinen dauernden Aufenthalt ge habt hat. Zur Ausstellung de« Arbeitsbuches ist mündliche oder schriftliche Zustimmung des Vater oder Vormunde- und die Vorlegung de» Schulent- laßscheinc» erforderlich. Die jetzt au« der Schule entlassenen jungen Leute, welche ihren Wohnort ver lassen, um auswärts in die Lehre oder in ein Ar- beitSverhältniß zu treten, haben sich daher schon in der Heimath mir einem Arbeitsbuch zu versehen, in dem andernfalls sowohl für den Lehrmeister, al» auch für die Eltern oder Vormünder nachträgliche Weiter ungen und Unkosten entstehen. — Die TyphuS-Epidemie in Chemnitz geht nun der Erkrankungs-Statistik nach wirklich ihrem Erlöschen entgegen. Vom 12. bi» 18. Februar er krankten noch 500 Personen, vom 19. bi« 25. Februar 359, vom 26. Februar bi« 3. März 221, vom 4. bi« 10. d. 120, vom 11. bis 17. d. 59 und vom 18. bi« 25. d. nur 9. — Freiberg. Drei hiesige Bergleute, die Gebrüder Raue und Glöditzsch, traten am 23. März ihre Reise nach der Walfischbai im Süd westen Afrika» an. In Dortmund werden sich den selben noch 1 Bergingenieur und 2 Markscheider an schließen. Diese Männer sind von einer die dortigen neuentdeckten Gold- und Kupferminen auSbeutenden Gesellschaft zunächst auf ein Jahr engagirt worden. Zwei von den obengenannten Bergleuten waren be reit« 1884 und 1885 in Afrika. — Die Töpferinnung zu Waldenburg in Sachsen begeht am 5. April d«. I«. die 500jährige Jubelfeier ihre« Bestehen«, welche mit der Weihe einer neuen Fahne verbunden wird. Die Fahne wird in einer Leipziger Fahnenfabrik nach einer Zeichnung de« an der Töpferschule (Fachschule) zu Altstadt- Waldenburg wirkenden ersten Lehrer« Vorwerk au«- gcsührt. Die Töpferei ist in Altstadt-Waldenburg ein blühender Industriezweig, fast Hau« an Hau« Töpferei, meist aus Ofenkacheln, Töpfe weniger. — Au« dem Erzgebirge. Im Laufe der vergangenen Woche ist namentlich in den gebirgischen Wäldern viel Rehwild umgestanden, weil der vom 17. bi« 19. März gefallene frische Schnee in Folge de» niedergegangenen Graupeln« und Regen« auf dem Schnee eine ziemlich starke EiSrindc gebildet hatte, durch welche die Rehe bei jedem Schritt ein brachen und sich die Beine so verletzten, daß die ar men Thiere schließlich nicht fähig waren, bi« zu den gewohnten Futterplätzen vorzudringen. Bom Ueberschwemmungsgebiet. An einer Reihe von deutschen Strömen sind deren Anwohner durch schwere Heimsuchung, durch Verluste an Hab und Gut und Menschenleben in tiefe Trauer versetzt worden. In Folge eingetretenen Hochwasser« und Eisgang« sind weite Länderstrecken in den Niederungen der Elbe, Weichsel und Oder über- fluthet, da« Zusammentreffen elementarer Ereignisse spottet an manchen Stellen jeder menschlichen Kraft und Hülfe. Da« mecklenburgische Städtchen Dömitz an der Elbe war dem Untergänge nahe, gegen 400 Pionniere eilten zu Hülfe und Rettung herbei und waren mehrfach selbst in Lebensgefahr. Tagelang war eine große Menge von Menschen in den Dörfern durch Wasser von der Außenwelt abgeschnitten, die sich auf die Dächer der Häuser und aus Bäume de« Walde» geflüchtet hatten. In den Straßen von Dömitz selbst stand da« Wasser vielfach 2 Meter hoch. Meilenweit war die ganze Umgegend von Dömitz überschwemmt. Biele Häuser sind eingestürzt. Menschenleben sind dort nicht zu beklagen. In den Dörfern ist viel Vieh umgekommen. Da» Wasser ist neuerlichst etwa« gefallen. In Wittenberge sind 700 au« dem Ueberschwemmung-gebiet Gerettete untergebracht au» den Dörfern Seedorf, Rosendorf, Groß- und Klein-Wootz. Ferner trafen noch 70 Ge rettete ein, fast ausschließlich Frauen und Kinder, Männer halten noch auf den Dächern der über schwemmten Dörfer Stand. Die Geretteten wurden mit Kaffee erquickt und dann in Bürgerquartieren untergebracht. — Eine weitere Nachricht meldet au« Wittenberge, 25. d. Mt«.: Die Verheerungen, welche die Ueberschwemmung in Lenzen und dem furcht baren Marschland am rechten Elbufer angerichtet hat sind ungeheuer. Da» InundationSgebiet wird auf zehn Ouadratmeilen geschätzt. Lenzen, ein Städtchen von 3000 Seelen, ist zu einer Hälfte überschwemmt, die auf den Höhen gelegene andere Hälfte blieb un versehrt. Die umliegenden Dörfer sind vollständig unter Wasser gesetzt und haben furchtbar gelitten, namentlich Wootz, wo der erste Deichbruch erfolgte, ferner Rosendorf und Kietz. Zwischen Kietz und Un- besanden erfolgte ein zweiter Dammbruch. Die unter halb liegenden Dörfer Befanden, Baartz und Gaartz sind vollständig von Ei«- und Schneemaffen eingepackt und schwer erreichbar. Die Noth ist um so entsetz licher, al» vorau«sichtlich Wochen vergehen werden, bi« da« Wasser sich verlaufen hat. Gleich ungünstig und betrübend lauten die Nach richten über die Verheerungen, welche die Weichsel und die Oder in den Niederungen angerichtet haben. Auch die Drausenseeniederung ist überschwemmt, 10 Quadratmeilen stehen unter Wasser. In Elbing allein betrug am 25. d. die Zahl der in der Turn halle untergebrachten Ueberschwemmten gegen 200. Au» Danzig, 26. März wird gemeldet: Heute Nacht gehen noch die beiden letzten Compagnien de« hiesigen Pionnierbataillon« mit dem gcsammten Pon tonmaterial de« Bataillons nach Elbing ab, da da selbst noch viele Menschenleben durch die Hochfluth gefährdet sind. — Ein weiterer Bericht au« Danzig vom 26. besagt: Bevor gestern Nachmittag der Damm bruch bei JonaSdorf an der Nogat eintrat, fand eine bedeutende Eisstopfung bei Halbstadt statt. Infolge dessen staute sich da« Wasser der Weichsel derartig, daß ein großer Theil der Stadt Marienburg überschwemmt wurde. Da« Post- und da« GerichtS- gebäude stehen unter Wasser; in Lebensgefahr gerathene Menschen, insbesondere auch die Insassen de« Ge fängnisse«, wurden durch die Feuerwehr gerettet. An aer Nogatmündung stehen acht Dörfer unter Wasser; mehrere Häuser sind bereit« eingestürzt und viel Vieh ist ertruicken. Weiter wird au» Posen unterm 27. gemeldet: Zwischen Szczonowo und Pogorzebice (an der polni schen Grenze) ist gestern Abend der Warthedamm durch brochen ; starker Eisgang verursacht große Verheerun gen. In Posen steigt da« Wasser andauernd, gegen wärtiger Stand 545 Centimeter; ein großer Theil der Altstadt ist bereit« überschwemmt, die Einwohner flüchten, die Libinabrücke ist gefährdet. Da« Militär hat Eissprengungen vorgenommen. Au« Elbing schreibt man von demselben Tage: Hier steht da» Wasser höher, als bei der großen Ueberschwemmung im Jahre 1855. Die Häuser der Vorstädte stehen bis zum zweiten Stock unter Wasser und an der Dammbruchstelle bei JonaS dorf sind drei große Gehöfte völlig wcggerissen. — In Marienburg sind mehrere Häuser eingestürzt, je doch ist ein Verlust von Menschenleben nicht zu be klagen. Heute Nachmittag nahm die Ueberschwemm ung bei Elbing in Folge de» NogatdammbruchcS be deutende Dimensionen an. Fast acht Quadratmeilen mit vielen Dorfschaften, sowie der westliche Tbeil Elbings mit den Fabriken ist überschwemmt. — Herz zerreißend ist aber der Jammer um das verlorene Gut. Früh noch im Besitze von HauS, Hof und Vieh sein und Abend« nur noch da« sein zu nennen, wa« man auf dem Leibe trägt, da« ist ein schreckliche« Schicksal! In einem schwachen Augenblick. Don Arth ur Zapp. (Ib. Fortsetzung.) .Er antwortete mir, daß er in den Besitz jene« Dokument», aus welchem ich seine Namen«unterschrift gefälscht hatte, sich gesetzt hätte und daß er e« — so schrieb er mir — zum Andenken an mich sorgfältig auf bewahren würde. Erst jetzt verstehe ich den wahren Sinn seiner ironischen Worte. Ferner schrieb er, daß er aus Reisen ginge und daß ihn daher weitere Briefe von mir nicht treffen würden. Er würde sich die kleine Summe persönlich später einmal selbst einkassiren. Ich selbst wechselte mehrere Male meinen Aufenthalt, bi» wir un« hier in Marienwalde dauernd niederließen. Alle Briefe aber, die ich inzwischen an Kurt Hagen schrieb, erhielt ich al» „unbestellbar" zurück." „Und er ist jetzt gekommen, um da» Geld von Dir einzufordern?" ,O wenn e« nur da» wäre!" entgegnete der Doktor mit einem schweren Seufzer. „Ich habe ihm da« Zehn-, ja da» Zwanzigfache jener Summe angeboten, wenn er —" „Um Himmeltwillen!" unterbrach sie ihn hastig, während eine unbestimmte Furcht ihr da» Herz ab- preßie. ,Wa» kann dieser Mensch noch sonst von Dir verlangen?" Sie ahnte irgend etwa« Schreckliche«, sie ahnte, daß sich irgend etwa» ihrer Verbindung mit Erich entgegen stellen würde, aber sie argwöhnte nicht im entferntesten da«, wa« ihr in Wahrheit devorstand. „Mein arme«, arme» Kind!" schluchzte der Doktor, während er ihre Hand ergriff. „Da« Schlimmste habe ich Dir noch zu sagen." Und in kurzen abgerissenen Sätzen erzählte er, wa» sich eine Stunde vorher zwischen ihm und dem Maler zugetragen. „Heirathen — Kurt Hagen!" schrie sie entsetzt auf. „O Papa, nicht da«! Alle», alle« will ich ertragen, nur nicht da»!" „Ich wußte c-," sagte er in resignirtem Tone, „ich wußte, daß da« Deine Kräfte übersteigen würde. So mag sich denn mein Geschick erfüllen, ich werde c» ja hoffentlich nicht lange überleben." „O, sprich nicht so, Papa!" bal sie. „Nein, nein, Dir soll, Dir darf nicht« geschehen. Wa« Du thatest, hast DU für ineine Mutter gethan und e» ist meine Pflicht, daß auch ich ein Opfer bringe. Dein — unser Name soll nicht gebrandmarkl werden. Ich" — mit ersterbender Stimme schluchzte sie e« und warf sich weinend an seine Brust — „ich werde sein Verlangen erfüllen." E« war spät in der Nacht, al» Vater und Tochter sich trennten. Er wußte, daß er gerettet und sie, daß sie verloren war. Der Morgen fand sie noch angekleidet aus dem Sopha am Tisch sitzend, da« Haupt gestützt auf die Hand, regungslos wie ein Bild von Stein. Mit leuchtenden Augen und frohen Sinne« erschien Erich im Hause de« Doktor«. I)r. Werner war au«- gegangen zu seinen Kranken. Alma war noch nicht in da« Wohnzimmer hinunter gekommen. Ein heftige« Unwohlsein fesselte sie an ihr Zimmer und machte e« ihr unmöglich, ihn zu sehen — so berichtete da« Haus mädchen, indem sie ihm ein Blatt Papier überreichte, auf weiche« Alma in Eile diese wenigen Worte geschrie ben hatte: „Mein theurer Erich! Ich werde Dir noch heute schreiben. Alma." Lebhaft beunruhigt und tieftraurig trat Erich den Rückweg an. Eine Stunde später stellte sich Kurt Hagen ein und wurde von Alma empfangen. „Sie kommen," begann sie in einem kalten, eisigen Ton, „um Ihre Antwort zu holen. Ich habe Ihnen mitzutheilen, daß ich einwillige.' „Ich wußte e«, mein gute«, mein schöne« Kind!" rief der Maler au«. „Wie glücklich bin ich, Sie —" „Hallen Sie ein, mein Herr," unterbrach sie ihn, .ich habe den Preis für Ihr Stillschweigen gezahlt. Nicht einen Schritt näher!" rief sie entrüstet au«, als er an sie herantreten wollte. „Ich habe Ihnen mein Jawort gegeben, aber bi« ich Ihre Frau bin, werden Sie mich weder Wiedersehen, noch sprechen." Damit hatte sie da« Zimmer verlassen. IX. Nachdem sich Kurt Hagen entfernt hatte, begann Alma an Erich zu schreiben. Sie allein wußte, wa« e« ihr kostete, den Brief zu schreiben, der sie für immer von ihm, dem Heißgeliebten, trennen sollte. Sie klagte sich selbst bitter an, daß sie ihm Hoffnungen gegeben habe, denen sie nun nicht entsprechen könne. „Aber glauben Sie mir," fügte sie hinzu, „ich leide am meisten darunter, mehr al« Sie ahnen können." Diese Bemerkung war allerdings wenig geeignet, ihn zu beruhigen, aber sie konnte sich selbst die Genugthuung nicht versagen, ihm diese und die folgende Versicherung zu geben. „Erich, mein theurer Erich, halten Sie mich nicht für herzlo«. Ich habe Sie geliebt mit aller Kraft meiner Seele, wahr und innig, aber e« wäre ein Un recht. da« ich Ihnen zufügte, wollte ich dem Zuge meine« Herzen« folgen." .Vielleicht tröstet ei ihn doch," dachte sie, .wie e« meinen Schmerz lindert." Kaum hatte er den Brief erhalten und eilig durch flogen, alt er auch schon auf dem Wege zu Werner« Wohnung war. Er wollte und mußte sie sehen und Aufklärung über diese ihm unverständlichen Worte haben. Er wurde abgewiesen. .Ich komme wieder —" waren die Worte, mit denen Graf Meldern ging. Erich war fest entschlossen, da« Teheimniß aufzuklären. Ein paar Stunden später ging er wieder zurück in > da« Hau» I)r. Werner«; er erhielt denselben Bescheid wie früher. Halb wahnsinnig eilte er nach Hause und warf in aller Eile einige halb bittende, halb vorwurfsvolle Zeilen auf da« Papier, in denen er dringend um eine Unter redung ersuchte. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Die Zeilen, verwischt durch die Spuren von Thränen, lauteten: .ES ist unmöglich. Um Gotte«