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druck über die Einmüthigkeit, mit welcher alle deut schen Fürsten, alle verbündeten Regierungen, alle Stämme und alle Reichstagsfraktionen dem zuge stimmt, wa» zur Sicherung der Zukunft de» Reiche» nach außen hin nothwendig schien; diese Einmüthig- keit hat den Gegnern Deutschlands imponirt, in den Deutschen selbst aber da- Gefühl der Kraft und Sicherheit verstärkt. Mit dem Bewußtsein, eine ein- müthige und starke Nation zu hinterlassen, der seine Fürsorge bi» zum letzten Athemzuge galt, ist der große Kaiser in die Ewigkeit gegangen. Fürst Bis marck erklärte e» für erwünscht, daß diese» Zeugniß der Stimmung Kaiser Wilhelm» von allen Abgeord neten mit in die Heimath genommen werde, da jeder einzelne einen Antheil daran habe. Bi» zum letzten Momente gehörten die Gedanken de« Kaiser» seinen hoben Pflichten. Die Hand seiner gleichfalls schwer leidenden Gemahlin haltend, besprach er sich mit dem Prinzen Wilhelm und dem Reichs kanzler und al» die Frau Großherzogin von Baden in töchterlicher Besorgniß ihn bat, sich nicht allzusehr zu ermüden, lautete die milde Antwort de» greisen Vater»: „Ich habe nicht mehr Zeit, müde zu sein." Und der Monarch setzte da» Gespräch bei seiner auffällig zunehmenden Schwäche, zu der sich zeitweilig auch kurze Fieberphantasien gesellten, fort, wobei e» zuletzt geschah, daß er den Enkel und den Kanzler in der Anrede verwechselte. Die Hand auf den Arm de» über ihn gebeugten Reichskanzler legend, flüsterte er: „Den Kaiser von Rußland mußt Du nur recht rücksichtsvoll behandeln, da» wird gut für Un» sein!" Wie sein Vater Friedrich Wilhelm III. in seinem bekannten Testamente seine Nachkommen auf die guten Beziehungen zu Oesterreich und Rußland hingewiesen hatte, so beschäftigten die letzteren auch den Kaiser bis in seine Todesstunde. Ä sprach die Ueberzeug- ung au», daß e» zum Kriege mit Rußland nicht kommen werde und betonte mit Freuden da» FreundschastSverhältniß mit Oesterreich; aber er ließ den ganzen Nachdruck seiner Worte auf der eigenen Kraft Deutschland« ruhen, seine Unantast barkeit und Unabhängigkeit selbst zu wahren. Diese« gesprochene Bermächtniß ist nicht nur an den nunmehrigen Kronprinzen Wilhelm, sondern an die ganze Nation gerichtet und wird von ihr treu bewahrt werden. Tagesgeschichte. — Deutschland. Der neue Kaiser hat seine ersten Erlasse an den Reichskanzler und an duS preußische Staatsministerium mit „Friedrich" unter zeichnet, während er sich als Kronprinz „Friedrich Wilhelm" nannte. Aus jener Unterschrift entsprang für den Kanzler die Pflicht, dem Reichstage den Re gierungsantritt „Kaiser Friedrichs HI." anzu zeigen. — DaS Befinden de» Kaiser» Friedrich ist zur Zeit ein ganz vorzügliche», wenngleick man sich gewisser Sorge vor dem Nachwirken der Aufreg ungen während der letzten Tage nicht entschlagen darf. Die Meldung von dem Hinscheiden Kaiser Wilhelm» wurde in San Remo zunächst der Kaiserin Viktoria (Kronprinzessin) übermittelt. Die hohe Frau brach, tief ergriffen, in Thränen au» und nach wiederge wonnener Fassung theilte sie dem Gatten in schon- endster Form die Trauerbotschaft mit. Der Kron prinz, nunmehrige Kaiser, blieb lange in tiefster Er regung allein; dann nahte sich die Kaiserin mit ihren Töchtern und ihr Zuspruch übte eine beruhigende Wirkung au«." — Bald nach der ihm gewordenen Trauermeld ung hat Kaiser Friedrich telegraphisch zwei Er lasse, einen an den Reichskanzler, den zweiten an da preußische Staat»ministerium gerichtet. In dem ersten wird dem Kanzler und den Ministern der Dank des Kaiser» au-gedrückt für die Treue, mit welcher die Genannten seinem Vater gedient haben. „Ich rechne auf Ihrer Aller Beistand bei der schweren Auf gabe, die Mir wird." — Der zweite Erlaß bezieht sich auf die Landestrauer, bezüglich deren keine Bestimmung getroffen wird. Vielmehr wird einem jeden Deutschen überlassen, wie er angesichts de» Heim gänge» eine» solchen Monarchen, wie e« Kaiser Wil helm war, seiner Betrübniß Ausdruck geben will! — Kaiser Friedrich und Kaiserin Vik toria haben am Sonnabend früh mittels Separat zuge» San Remo verlassen, und sind am Sonntag Abend gegen 10 Uhr in Charloltenburg eingetroffen. Die Tour ging über den Brenner, da die Gotthard- bahn wegen zu befürchtender Schneerutsche nicht ganz sicher ist. Der Reichskanzler Fürst Bismarck und sämmtliche preußische Staat-Minister waren dem Kaiser bi» Leipzig entgegengefahren. Derselbe trug Uniform und stand im Salonwagen am Fenster ; da» Aussehen war leidend, die Haltung jedoch stramm. Zunächst stieg der Reichskanzler in den Salonwagen, ihm folgten nach und nach alle anderen Minister, um den Kaiser und die Kaiserin zu begrüßen. Der Kaiser küßte den Fürsten Bismarck dreimal herzlichst. Anscheinend sprach Kaiser Friedrich einige Worte zum Fürsten Bismarck, bediente sich aber im Laufe der weiteren Unterhaltung einer Notiztafel. Der Kaiser stand immer aufrecht und zeigte lebhafte Stimmung. — ES fand nirgend» offizieller Empfang statt. Der Aufenthalt im Schlöffe zu Charloltenburg soll nur bi» naL vollzogener Bei setzung der Leiche Kaiser Wilhelm» dauern. AlSdann ist eine Uebersiedelung nach Wiesbaden in Aussicht genommen. — Kaiser Wilhelm hat dem Vernehmen nach angeordnct, daß seine Leiche in der Schioßkapelle au»< I gestellt und dann im Mausoleum zu Charlotten- durg beigesetzt werden soll. Daselbst ruhen be kanntlich die Eltern de» Kaiser«, König Friedrich Wil helm III. und die unvergeßliche Königin Luise. Am 10. d. war der Geburtstag der letzteren. An diesem Tage pflegte der Kaiser stet», wenn er in Berlin war, nach Charlotlenburg zu fahren und am Grabe seiner Eltern zu beten; von dort au» fuhr er nach dem Thiergarten, woselbst da« Marmor-Denkmal seiner Mutter steht, da« auch in diesem Jahre, wie stet», reichen Blumenschmuck um seinen Sockel zeigt. Im Mausoleum ruht auch da» Herz de« König« Fried rich Wilhelm» IV. — Der Eindruck von der Trauermeldung war im ganzen Deutschen Reiche gleichmäßig er schütternd. Trostreich ist aber auch die Theil- nahme, welche sich in fast allen Culturländern offen bart. Zahllose Telegramme, die- in Berlin au« allen Theilen des Reiche» und ganz Europas einlicfen, legen davon beredtes Zeugniß ab. Zu den Beisetz- ungSfeicrlichkeiten werden sich, wie es den Anschein gewinnt, noch mehr deutsche und europäische Fürsten nach Berlin begeben, al« die« selbst bei dem 90. Ge burtstag Kaiser Wilhelm« der Fall war. — Greiz. Anläßlich de« schmerzlichen Ableben« Sr. Maj. de« Kaisers fährt eine Deputation de« hiesigen Kriegerverein« nach Berlin. — Straßburg, 8. März. Ueber da« bereit» gemeldete Unglück bei den Straßburger Fest- ungSarbciten liegt in der „Magd. Ztg." folgender nähere Bericht vor: Gestern Abend verbreitete sich in hiesiger Stadt die Nachricht mit Windeseile, daß eine« der Außenfort» zum großen Theil eingestürzt und eine große Anzahl der daselbst garnisonirenden Sol daten unter den Trümmern begraben sei. Man be ziffert die Zahl der Todten auf nahezu dreißig und nannte da» Fort Bismarck al« dasjenige, welche« zu sammengestürzt sei. Ich habe sofort zuverlässige Er kundigungen eingezogen, welche allerdings bestätigen, daß auf einem der Außenfort« ein Unglücksfall sich ereignet hat, wenn auch nicht in dem behaupteten Umfange. ES werden zur Zeit nämlich die Forts umgebaui, um dieselben gegen die furchtbaren Wirk ungen der neuesten Explosivgeschosse besser wie bisher zu schützen. Solche Arbeiten waren auch bei den auf den HauSbergen gelegenen Forts „Großherzog von Baden" im Gange. Eine steile Erdwanv kam dabei ins Rutschen und begrub eine Anzahl bei derselben beschäftigten Arbeiter (nicht Soldaten). Die Besatz ung de» Fort« machte sich sofort an die Rettungs arbeiten. Man zog aus dem Schutt fünf Todte und drei Verwundete hervor, unter welchen sich leider auch mehrere Familienväter befinden. Wen die Schuld an diesem Unglücksfall trifft, ist noch nicht festgestellt. Möglicherweise wird die Ursache darin zu suchen sein, daß gestern der erste warme Regen war und daß die bis dahin gefrorenen Errmassen aufgcweicht wurden. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 12. März. Die für die Stadt Eibenstock und umliegende Orte bestehende Schmiedc- und Wagner-Innung, welche im Jahre 1886 ihre Verfassung nach dem Reichsgesetz vom 18. Juli 1881 umgestaltet und den Sitz in Eibenstock hat, hielt am Sonntag Läkare, den 11. März, in dem Hause des derzeitigen Obermeisters, Schmiedemeister Herm. Tamm, ihre erste diesjährige Innungs- Versammlung ab, zu welcher sich von den 17 JnnungSmeistern 15 eingefunden hatten. In dieser Versammlung gelangte unter Anderem ein neue« Mitglied zur Aufnahme, auch wurden 5 Lehrlinge zu Gesellen gesprochen und 2 Lehrlinge aufgedingt. — Dresden. Am Königl. Hofe ist in Felge de» Hinscheiden» Sr. Maj. de« Kaiser« auf sechs Wochen Hoftrauer angelegt worden. Selbstver ständlich sind auch alle am Hofe noch in Aussicht genommenen größeren Diner« und andere Festlich keiten sofort abgesagt worden. — Dresden. Bon Sr. Majestät dem König ist nachstehender Befehl erlassen worden: Nachdem e« Gott, dem allmächtigen Herrn über Leben und Tod, in Seinem unersorschlichen Rathschluffe gefallen hat, den Deutschen Kaiser Wilhelm den Ersten, König von Preußen, Kaiserliche und Königliche Majestät, au« dieser Zeitlichkeit in die Ewigkeit abzuberufen, bestimme ich zunächst, daß das Regiment, welche» bi» jetzt in der sächsischen Arme die Ehre hatte, den Namen unsere» hochseligen Heldenkaiser« zu führen, i diesen Namen für alle Zeiten unter der Bezeichnung: ,2. Grenadier-Regiment Nr. 101, Kaiser Wilhelm, König von Preußen" beibehalten soll. Ferner be stimme ich, daß die Trauer um de» hochseligen Kaiser» Majestät vom heutigen Tage ab in der sächsischen Armee auf vier Wochen, und zwar während der 1. Woche nach den Vorschriften für die erste Trauer periode, während der 2. Woche nach den Vorschriften für die zweite Trauerperiode und während der letzten beiden Wochen nach den Vorschriften für die dritte Trauerperiode stattzufinden hat. Das 2. Grenadier- Regiment Nr. 101, „Kaiser Wilhelm, König von Preußen", die außerhalb Sachsen» garnisonirenden sächsischen Truppentheile und sämmtliche in Preußen kommandirte sächsischen Offiziere und im Offiziers range stehende Militärbeamte legen die Trauer nach den für die König!, preußische Armee zu erwartenden Bestimmungen an. Dresden, am 9. Mär; 1888. gez. Alberi. Die Dienstvorschriften bezüglich der für da» XII. Armeekorps anbefohlenen Trauer setzen darüber Nachstehende« fest: Erste Periode. Sämmt liche Offiziere und Militärpersonen, welche OffizierS- rang haben, tragen um den linken Oberarm einen 7 Cenlimeter breiten, in Falten gelegten schwarzen Krepflor. Die Epauletten-Achselstücke und Achselbän der aller obgedachten Militärpersonen, sowie die Pas santen (Durchsteckborte für die Epauletten) und bei der gestickten Uniform der Generäle die Raupen, wer den mit schwarzem Krep überzogen, da» Portepee damit übernäht und die Quaste sowie die Schärpe in solchen eingeschlagen. Außerdem werden bei den Osfizieren de» 2. Grenadier-Regiment» Hclmcocarde und Helmwappen in Flor eingenäht. Die Fahnen werden dergestalt mit schwarzen Krepfloren versehen, daß solche oben mit einer großen Schleife befestigt und die beiden herabhängenden Enden 2 Meter lang sind. Die Trommeln, die Instrumente der Haut- boisten uns Waldhornisten, sowie die Trompeten und Signalhörner werden ebenfalls mit Krempfloren ver sehen. Die Harmoniemusik schweigt; bi» nach erfolg ter Beisetzung darf auch — Fcuerlärm ausgenommen, — kein Spiel gerührt werden. Sämmtliche obere Militärbehörden bi« einschließlich dir Brigadekomman do« führen schwarzgerändertes Papier auf die Dauer der I. Periode, alle Behörden während der ganzen Trauerzeit schwarze» Siegellack. — 2. Periode: währ end derselben bleibt das Protepee mit Krepflor über zogen; der Flor am linken Arme und an den Fahnen wird fortgetragen, alle übrige Traucrbczeichnung der 1. Periode aber abgelegt. Die Harmoniemusik be ginnt wieder. — 3. Periode: Mit Eintritt derselben wird nur der Krepflor am linken Arme und an den Fahnen beibehalten, alle üdnge Trauerbezeichnung aber abgelegt. — Dresden. Bei Eintreffen der Nachricht vom Tode Sr. Maj. des Deutschen Kaisers wurden in der I. sowie in der II. Kammer die Sitz ungen sofort geschlossen. Der Präsident der II. Kam mer, vr. Haberkorn hielt dabei folgende Ansprache: Meine geehrten Herren! Der erste deutsche prote stantische Kaiser ist nicht mehr! Nicht nur in Deutsch land, sondern weit über die Grenzen desselben hinaus ertönen die Klagelieder über den Verlust diese« großen Manne«, de« sichersten Horte» de« europäischen Friedens. Gott hat dem hochseligen Kaiser ein selten lange» Leben zugetheilt und was ist sein Leben gewesen? Ein Leben voller Arbeit. In Pflichttreue erreicht ihn niemand und in Gottergebcnheit ist und bleibt er uns ein Vorbild. Die größten Leiden hat er mit christlicher Ergebung ertragen. Meine Herren! Was wir al« Jünglinge erträumten, al« Männer herbei sehnten, er, der hochselige Kaiser hat e« geschaffen, ein einiges Deutschland! Unvergessen bleibt sein Ruhm in der Geschichte, unvergessen aber auch die Liebe aller Deutschen in alle Ewigkeit. Meine Herren! Wir beklagen tief den Verlust unseres Kaiser«, wir haben un» zum Beweise unserer Theilnahme an diesem Verluste von unseren Sitzen erhoben. Leicht sei ihm die Erde! Er ruhe in Frieden! — Chemnitz. Der hiesige ärztliche Be zirksverein veröffentlicht in der letzten Nummer de» „Chemn. Tgbl." einen „Zur weiteren Aufklärung" betitelten Artikel über dieTyphuSepidemie. Nach demselben hat die Epidemie einen milden Charakter beibehalten und wird betont, daß wir wahrscheinlich die Höhe der Epidemie bereit» überschritten haben, denn die Zahl der Erkrankten hat sich entschieden vermindert und die Fälle sind nicht schwerer geworden. Weiter geht diese Bekanntgebung auf die in au«wärt- igen Zeitungen enthaltenen irrthümlichen Angaben über und weist die Behauptung, daß unsere Stadt eine schlecht gehaltene und schmutzige sei und mangel hafte Wohnung«, und Ernährungsverhältnisse der ärmeren Bevölkerungen aufweise, ganz entschieden zu rück; sind doch auch die besser sttuirten Klassen der Bevölkerung durch die Epidemie verhältnißmäßig mehr in Mitleidenschaft gezogen worden, al» der ärmere Theil unserer Bewohner. — Reichenbach. Die hiesige Krankenträger kolonne umfaßt einen Bestand von 20 und etlichen landsturmpflichtigen militärisch ausgebildeten Männern hiesiger Stadt. Der Beitritt zu besagter Kolonne geschah freiwillig. Die Angehörigen derselben sind vom Dienst mit der Waffe befreit. Die Formation tritt bei eintretender Mobilmachung sofort in Dienst, ihr fällt die Pflege durchgehender kranker und ver wundeter Krieger auf hiesigem Bahnhofe zu. Die Angehörigen der Kolonne bleiben im Ort und sind abtheilungSweise in Dienst. Die dienstfreien Stunden können sie im Kreise ihrer Angehörigen verbringen, bezw. im Interesse ihre» Berufs. Die Kolonne wird