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hinbrausend, die Nationalhymne gesungen wurde, da trat der Monarch abermals an da» Fenster unab lässig mit der Hand seine Grüße hinüberwinkend. E» sind die» Stunden, die Jedem ewig unvergeßlich blei ben werden. — BomKronprinzen. Während die offiziellen Nachrichten au» San Remo sich eine» außerordent lichen Lakoni-mu« befleißigen, sind die privaten Korre spondenzen mittheilsamer. E» ist aber auch nicht zu bestreiten, daß durch die letzteren die zum Argwohn leicht geneigte öffentliche Meinung in ihrer sehr stark zum Ausdruck kommenden Annahme unterstützt wird, daß die Aerzte nicht alle», was sie wissen, sagen wollen. Insbesondere wird dies auch aus dem Gut achten Virchows und Mackenzies geschloffen. In San Remo selbst — d. h. in der Kolonie und in den Kreisen, in welchen die dortigen Korrespondenten verkehren, findet man die Gutachten weniger Hoff nung erweckend, al» erwartet worden. Sehr ent schieden wird au» San Remo vor jedem Optimismus gewarnt. Der „Nat.-Ztg." wird au« San Remo vom 21. Februar gemeldet: Der Schlaf de« Kronprinzen war in der letzten Nacht besser. Gestern blieb der selbe 10 Stunden außerhalb ve» BelteS, und e« fand eine Untersuchung de» Kehlkopfes mittelst des Kehl kopfspiegels statt, woran sämmtliche Aerzte theilnahmen. Der Eingang de« Kehlkopfe» ist freier geworden, wahr scheinlich infolge de» geschwürigen Zerfalls der rechts seitigen Geschwulst. Ueber die Diagnose fand keine Erörterung start, da dieselbe auf die Behandlung ein flußlos wäre. Alle Meldungen über die Anwendung einer nicht passenden Canüle sind unrichtig. Der AuSwurs rührt nicht von dem Reize der Canüle her. — Am Dienstag jährte e» sich zum crstenmale, daß die ReichStagSwahlen stattfanden. Der 21. Februar 1887 wirv in der Geschichte de» deutschen Reiches immer einen denkwürdigen Platz behaupten: er gab dem deutschen Volke endlich eine national ge sinnte Reichstagsmehrheit. Eine Zeit voller Sorgen und Aufregungen lag hinter uns, al« dieser Tag, der 21. Febr. 1887, anbrach. In dem aufgelösten Reichstage und in den Zeitungen waren die heftigsten Kämpfe vorangegangen. Das öffentliche Leben und der Privatverkehr war einzig von der großen TageS- srage beherrscht: wie werden die Wahlen ausfallen? Da- ganze Volk stand unter einer fieberhaften Auf regung. Alle Parteien machten die größten Anstreng ungen, ihre Candidaten durchzusetzen; Niemand wußte, wem der Sieg zufaüen würde. Großes stand auf dem Spiele. Kehrte eine regierungsfeindliche Mehr heit in den Reichstag wieder, eine solche, die das Septcnnat verweigert hätte, so erwartete man den alsbaldigen Ausbruch des Kriege« im Frühjahr. Bou langer hatte schon Alle« zum Einfall vorbereitet und an der Grenze Baracken gebaut, Rußland nahm schon damals eine drohende Haltung an. Ein Verfassungs konflikt in Deutschland hätte unseren Feinden das Zeichen zum Losschlagen gegeben. Unter solchen Aus sichten schritt vor einem Jahre das deutsche Volk zu den Urnen. Siehe da: eine septennatSfreundliche Mehrheit entstieg ihnen, der Friede war gerettet! Welcher Patriot entsinnt sich nicht noch des Jubel», welcher ausbrach, als durch den Telegraphen und die Zeitungen der glänzende Wahlsieg bekannt wurde? — Nach den Ausführungsbestimmungen de« neuen Wehrgesetzcs werden ungefähr 8- bi» 9000 bereit» verabschiedete Landwehroffiziere de» nun mehrigen ersten Aufgebots wieder angestellt und so lange in der Rangliste geführt, bi« sie da» 39. Lebens jahr überschritten haben. Diese Offiziere sind aus schließlich für die Landwehrformationen bestimmt, für den Landsturm bleiben dann an Chargen die Jahr gänge der früheren Landwehroffiziere vom 40.—45. Lebensjahre übrig, zu denen noch diejenigen ehemal igen Linien-Osfiziere hinzutreten, welche im Mobil machungsfalle bei der Landwehr keine Verwendung gefunden haben. Außerdem scheint auch beabsichtigt zu sein, im Bedarfsfälle dem Landsturm Offiziere des aktiven Heere« zu überweisen, um dieser For mation möglichste Kriegsbrauchbarkeit zu sichern. Ma die Organisation der Landwehr betrifft, so war die Einthcilung derselben in Regimenter bisher insofern störend, al» im Kriegsfälle die nur zwei Bataillone zähl enden Landwehr-Regimenter nicht stark genug waren, um ein kriegsstarkes Regiment zu 3 Bataillonen zu formiren. E» mußte deshalb schon im deutsch-fran zösischen Kriege zu dem AuShilfcmittel gegriffen wer den, kombinirte Landwehr-Regimenter aus je vier Land- wehrbataillonS-Bezirken zu bilden. Diese unbequeme Einrichtung der Eintheilung der Landwehr in Regi menter kommt von nun an für den Frieden ganz in Wegfall. Zukünftig werden die Landwehrbataillone lediglich nach den Stabsquartieren genannt. Für den Kriegsfall hat man dann immer freie Hand, und darin besteht gerade der Vortheil de» Wegfalls der RegimenISeintheilung, daß man Neuformationen auf stellen kann, ohne an eine schon im Frieden bestehende RegimentSeintheilung gebunden zu sein. Da aber die Bildung der Landwehrformationen bei einer Mo- bilisirung stet» innerhalb de» Brigadebezirk» stattfindet und die Brigade überhaupt derjenige Truppenkörper ist, welcher die ganze Aushebung«- und Kontrolthätig- keit leitet, auch in den nächsten dienstlichen Bezieh ungen zu den Landwehrbataillonen steht, so ist diese Zusammengehörigkeit innerhalb der Brigadebezirke auch äußerlich, so wird uns au» Berlin geschrieben, da durch zum Ausdruck gebracht, daß sämmtliche Land- wehroffiztere, ebenso die Bezirkskommandeure und Stammmannschaften die Nummer der Brigade als l äußere» Kennzeichen auf EpauletteS und Achselstücken, > bezw. Achselklappen tragen, anstatt der seitherigen, Regimentsnummer. — Frankreich. Wie der »Petit Algerien" mit-- theilt, ist am 20. Januar in Algier ein Deutscher, na mens Fritz Wendt, vom Kommando der französischen Fremdenlegion zum Tode verurtheilt und standrechtlich erschossen worden, weil er zu desertiren versucht batte. Der »Petit Algerien" bemerkt zu obiger Notiz in roher Weise: »Wieder einer weniger.... Die schlechtesten Legionäre bleiben immer die Deutschen, und darum dürfen wir un» dazu gratuliren, daß da» Kommando mit rücksichtsloser Strenge gegen die Ausreißer vor geht." Eine beredte Warnung: Auf der einen Seite ein Hundeleben und auf der anderen Seite ein un rühmlicher Tod - und unrühmlich wäre der Tod eine« Deutschen für Frankreich auch auf dem Schlacht felde. Sächsische Nachrichten. — Dresden. Es war vorau-zuschen, daß für die vakante Stelle de» städtischen Branddirek tor» sich diele Bewerber melden würden, trotzdem daß in dem AuSschrciben de» Raths ausdrücklich ge wünscht wurde: die Bewerber möchten da« Prädikat eine« Osfizier» der Armee haben. Bon allen Aspi ranten hatten bei der Wahl zwei Feuerwehrbeamte, der eine aus Hamburg, der andere aus Berlin, be sondere Aussicht: beide haben nicht blo« den Offi zierscharakter, sie sind beide auch schon bei großstädt ischen Berufsfeuerwehren in hervorragender Stellung und haben daher die nöthige Erfahrung. Bei der Dienstag Abend erfolgten Wahl im RathS-Kollegium wurde Herr Brandmeister Max Thomas au« Ham burg gewählt. — Dresden. AuS^dem Bericht de» Stadtbe- zirkSarzte» Herrn Medizinalrath l)r. Riedner in dem Verwaltungsbericht de« RatheS für das Jahr 1886 ist u. A. betreffs der Nahrungsmittel und Getränke Folgendes zu entnehmen: Die Untersuchung und Be gutachtung von Nahrungsmitteln,welche verdorbcn,unge- nießbar oder gesundheitschädlich sein sollen, gehört zwar zu den fast täglichen Arbeiten de« Bezirksarztes; e« sind jedoch aus dem Berichtsjahre besonder« wichtige Fälle dieser Art nicht zu melden. Bon Interesse war ein zur gerichtlichen Untersuchung gelangter Fall von Weißbier-Verfälschung insofern, al« die anläß lich desselben angestellten Erörterungen ergaben, daß die meisten Sorten des in Dresden zum Konsum gelangenden sogenannten Berliner Weißbiers aus künst lichem Wege durch Mischung eine« zu diesem Zwecke au» Berlin bezogenen Weißbier-ExlrakteS mit Wasser und Zucker, Weinstein, Natron und anderen Zu- thaten von oft sehr zweifelhafter Natur bereitet werden, so daß c» sich bei vielen Weißbiersorten nicht mehr um ein GährungSprodukt, sondern um eine Art trüber Limonade handelt. — Dresden. In vergangener Nacht gegen 11 Uhr waren zwei Herren auf der AugustuSbrücke Zeugen eine» ergreifenden Vorgänge«. In einem der mittleren Pfeiler sahen sie einen etwa 30 Jahre alten Mann, von schwächlicher Gestalt, mit kleinem Schnurr bart, gut gekleidet, auf dem Geländer sitzen, über welche» er eben im Begriff stand, die Beine zu heben. Die beiden Herren sprangen schnell hinzu, um den vermuthlichen Selbstmörder zurückzuhalten. Sie faßten ihn auch, aber, da ver Unglückliche schon zu weit vom Geländer abgeglitten war, doch zu wenig, und so mußten sie, um nicht selbst hinabgezogen zu werden, den Körper fallen lassen. In sitzender Lage strich derselbe durch die Luft, um schließlich mit einem durch Mark unv Bein gehenden dumpfen Schlag auf dem Vorgemäuer de» Pfeiler» aufzuschlagen. Trotz de» Dunkel» der Nacht konnten die beiden Herren noch sehen, wie der Körper alsbald von den Fluthen weg gespült, und, da« Gesicht nach oben, fortgetriebcn wurde. Man hörte auch noch einige stöhnende äch zende Laute, dann aber näherte sich ter Körper einem Strudel, der ihn unter Wasser zog. — Leipzig, 20. Febr. Die Tage, an welchen Se. Majestät König Albert im Vereine mit Ihrer Majestät Königin Carola in Leipzig weilen, bilden Festtage für unsere Stadt. Da« bewiesen wiederum die gegenwärtigen Tage des Königsaufenthalte» Hier selbst : alle öffentlichen und zahlreiche private Gebäude haben geflaggt und die Stadt trägt heute ein festliche» Gepräge. Die Ankunft der königlichen Majestäten erfolgte gestern Abend 9 Uhr 29 Minuten und der Empfang, welcher den hohen Herrschaften zutheil wurde, gestaltete sich zu einem außerordentlich glänzenden. > Die Spitzen der städtischen, königlichen und kaiserlichen I Behörden waren auf dem Bahnhofe versammelt und I begrüßten ehrfurchtsvoll da» Herrscherpaar, da» seiner seits wieder leutselig den Herren dankte und sodann naL dem k. Schlöffe an der Göthestraße sich begab. — Daß der Typhu» in Chemnitz doch weit bedeutender ist, al« e» nach dem Schweigen der dort igen Blätter den Anschein hat, ersieht man auch au» einer Correspondenz de« »Leipz. Tgbl." au« Ehemnitz. E» wird da gesagt, daß die Zahl der Erkrankungs fälle in voriger Woche bereit» über 700 betragen habe, daß die Krankheit aber bi« jetzt sehr gutartig verlaufen ist, da in den letzten 8 Tagen nur 4 Todes fälle vorgckommen sind. — Von der Furcht beherrscht, gänzlich, wie mehrere Mitglieder seiner Familie, zu erblinden, hatte der Lehrer R. in Chemnitz vor Kurzem seinem Leben gewaltsam ein Ziel gesetzt. Bei der Beerdigung de» Unglücklichen auf dem neuen Friedhof daselbst kam e« zwischen den Leidtragenden und dem amtirenden Geistlichen von der Petrigemeinde zu unliebsamen Differenzen, indem der letztere einem Amtskollegen de» Verstorbenen die beabsichtigten Abschiedsworte am Grabe zu sprechen untersagte und auch da» Singen einer Motette nicht zuließ; selbst die Blumen- spenven wurden nur in einer Form zugelassen, wie die» bei anderen Begräbnissen nicht der Fall ist. Stadtverordneter P. brachte kiese Angelegenheit in Form einer Anfrage im Collegium zur Sprache und da der Rath nicht gegenwärtig war, zu Protokoll. Mit Spannung erwartet man deshalb die Antwort deS RatheS über diesen außergewöhnlichen Vorfall. — Am Montag früh hat im Gebirge abermal« der Sturm Schneeverwehungen zur Folge ge habt. Auf der Eisenbahnstrccke Marien berg- Reitzenhain mußte daher ter Verkehr eingestellt werden. — Auch auf der Linie nach Chemnitz-Aue blieb der 9 Uhr 20 Minuten Vormittag» in Chem nitz abgehende Personenzug zwischen Dorfchemnitz und Zwönitz im Schnee stecken. Bei dem Versuch, den Zug wieder flottzumachen, entgleisten 5 Wagen. Zur Wiedereinhebung der Wagen mußten HilsSmannschaften au« den Chemnitzer Reparaturwerkstätten herbeigcholt werden. Um 4 Uhr war die Betriebsstörung beseitigt. Die Passagiere wurden mittelst eine« Nothzuge» nach Aue gebracht, um von da weiter befördert zu werden. Doch blieben bei Hammerbrücke wieder mehrere Wagen im Schnee stecken und wurde wahrscheinlich in Folge der Bemühungen, diese Wagen frei zu machen, die Maschine defekt. Die zur Hülfe herbeigerufene Ma schine auS Adorf brachte den Zug, welcher fahrplan mäßig um 2 Uhr 30 Min. cinzutreffen hat, endlich um 7 Uhr 30 Min. nach Adorf. — Am 18. d. M. verschied in Mittweida der Königl. sächs. Musikdirektor a. D. Friedr. August Böhme im Alter von 60 Jahren. Er war früher Stabstrompeter bei der sächs. Artillerie und nahm an den Feldzügen von 1849, 1866 und 1870/71 Theil. Von ihm konnte man mit Recht sagen, daß er nicht nur in Sachsen, ja nicht allein in Deutsch land, sondern selbst über dem Ocean sich Freunde er worben. Böhme war ein anerkannter Virtuos auf der Posaune und unternahm al» solcher weite Kunst reisen. In letzter Zeit lebte er in Mittweida bei seinem Sohne Alexander, welcher dort schon seit einigen Jahren Stadtmusikdirektor ist und sich als solcher großer Beliebtheit erfreut. — Plauen. Nachdem neue Bestellungen auf Stickereien au« Amerika eingegangen sind, werden hier wieder mehr Sticker gesucht. Namentlich wird dadurch auch den Lohnstickern, die bisher unter der Krisis am meisten zu leiden hatten, wieder einige Aussicht auf Besserung eröffnet. Auch Tüllspitzen finden wieder besten Absatz, und c» eröffnet sich somit die Aussicht, daß auch in der Schiffchenstickeret ein besserer Geschäftsgang eintritt. — Neustädtel. Am Sonntag ereigneten sich hier zwei plötzliche Todesfälle. Am Vormittag ward der 60 Jahre alte Schuhmachermcister Weiß aus Schneeberg, der in Begleitung seines Sohne« nach Auerhammer gehen wollte, am GleeSberge vom Schlag getroffen und verschied bald darauf auf freiem Felde. Am Nachmittag wurde von demselben Schicksale der 67 Jahre alte Gemüsehändler Engelhardt von hier ereilt al» er sich in der Ausstellung des hiesigen Gc- flügelzüchterverein» im Karlsbader Hause inmitten seiner Bekannten befand. Auch hier trat wenige Minuten nach dem Schlaganfall der Tod ein. ' — Die »H. B.-H." schreibt: Vor einiger Zeit besuchten vier Franzosen al« Einkäufer eine« Pariser und eine» Marseiller Export- u. Kommissionsgeschäft» rheinische und sächsische Fabrikplätze und ertheilten bei verschiedenen Fabrikanten sehr belangreiche Aufträge. Nach eingezogenen Erkundigungen ist die betreffende Firma in Pari« sowohl al« in Marseille völlig un bekannt, ebenso betrafen die gegebenen Referenzen theil» schlechte, theil» feinere Firmen, denen die Ver hältnisse de» Pariser, bezw. de» Marseiller Hause gänzlich unbekannt waren. Da e» ohne Zweifel nur darauf abgesehen war, deutsche Fabrikanten zu be schwindeln, so sei hierdurch vor etwaigen ähnlichen Versuchen in hiesiger Gegend gewarnt und zur größ ten Vorsicht gemahnt. In einem schwachen Augenblick. Bon Arthur gaxp. <6. gortsetzung.) E» war ein eigenthümlich gepreßte- Gefühl, da» Alma» Herz beschlich, al- der Gras sich von ihr verab schiedete und ihr zugleich seinen tief gefühlten Dank aussprach. Er meinte, er wolle ihr nicht Adieu sagen, sondern nur aus Wiedersehen, denn er hoffe sie bald