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kommt aus Pest wieder einmal die bestimmte Ver sicherung, daß Rußland in kürzester Zeit aus seiner Zurückhaltung herauSlrcten und Verschlüge zur Re gelung der bulgarischen Angelegenheit kundgeben wolle. Bisher seien freilich positive Vorschläge nickt gestellt, vielmehr nur Andeutungen erfolgt, nach denen Nuß- I land den Zustand nach Schluß de« Berliner Kon- j gresseS erneuern möchte. — Für die nächsten neun < Monate nach Abschluß des Berliner Vertrage» war Rußland zugestanden worden, Bulgarien mit seinen Truppen besetzt zu halten und eben so lange durch einen Kommissar die Zivilregierung zu führen. Wenn jene Andeutungen darauf hinauSkommen, daß Ruß land heute dieselben Rechte ausüben wolle, so dürfte zunächst Oesterreich neben anderen Signatarmächten seine Genehmigung zweifellos verweigern. — Nach den ärztlichen Berichten au» San Remo beginnt die Schnittwunde am Halse de» Kronprinzen zu heilen und zu vernarben. Fiebererscheinungen sind überhaupt nicht aufgetreten; der Schlaf ist ruhiger geworden, dagegen ist »och Husten und Auswurf vor handen. Das Gutachten Mackenzie», welche» die An sicht von dem nichtkrcbSartigen Charakter der Krank heit festhält, findet in der medizinischen Presse eine getheilte Aufnahme. — Abweichend von den übrigen Blättern, die günstige Nachrichten über den deutschen Kronprinzen publiziren, bringen die .Neue Freie Presse" und da« „Wiener Tageblatt" Telegramme au» San Remo, welche von einer eingetretenen Verschlimmerung sprechen. Im Telegramme des „Neuen Wiener Ta geblatt" heißt c», baß fick zur Appetit- und Schlaf losigkeit nunmehr auch sichtliche Abnahme der Kräfte geselle. — Die neue Infanterie-Ausrüstung wird im Verlaufe diese« Jahre« auch auf die gesammte Fuß-Artillerie, die Pionier-Bataillone und da» Eisen bahn-Regiment übertragen werden. — Zur Bekämpfung de« Wuchers ist nach einer Meldung der „Magdeb. Ztg." die Ausdehnung der KonzcssionSpflicht und de« Zwange« der Eintrag ung sämmtlicher Geschäfte in ein Buch auf die ge werbsmäßigen Geldverleiher in nächste Aussicht ge nommen. — Die ersten Erdarbeiten für den Bau des Nord-Ostsee-KanalS haben in diesen Tagen im Westen begonnen. ES handelt sich um die Herstellung des Schürfloches bei Brunsbüttel. Der „erste Spa tenstich" an dieser Stelle wurde feiten« de« Bauamt» mit einer kleinen Feierlichkeit begangen, bei welcher Bauinspektor Keller in warmen Worten da« Hoch ruf den Kaiser ausbrachte. Man ist jetzt bei Brunsbüttel damit beschäftigt, die Humuserde abzukarren, die da runter liegende Tonschicht wird später für sich abge lagert werden, um zur Ziegclfabrikation verwandt zu werden. — Eydtkuhnen. Die russische Hauptverkehrs straße PetcrSburg-Wirballen war am 13. d«. MtS. Nachmittags der Schauplatz eine» schreckenerregenden Eisenbahnunglücks. Der am 12. d«. MtS., Mittags, von Petersburg abgelassene Personenzug, welcher am 13. ds. MtS., Abends 8 Uhr, also nach etwa 31stündiger Fahrt, in Wirballen eintreffen sollte, näherte sich gestern Nachmittag, in voller Fahrt auf hohem Eiscnbahndamm begriffen, der russischen Station Dünaburg. Plötzlich barst an einem Wagen ein Radreifen, infolgedessen dieser Wagen, sowie eine An zahl anderer 60 Fuß tief hinab stürzten. All dem grauenerregenden Chao» drang Gewimmer und Stöhnen der verwundeten Passagiere. Telegraphisch herbcigerusen, war in kurzer Zeit ein SanitätSzug mit einer Abtheilung Soldaten und einer Anzahl Militär- und Civilärzte zur Stelle. Ueber den Um fang der verhängnißvollen Katastrophe hinsichtlich der verwundeten oder gar todten Reisenden läßt sich bi» jetzt nicht- ermitteln. Loeal« ««v sSchstsche Nachrichten. — Eibenstock, 21. Februar. Kranken- und Sterbekasse de» CcntralverbandS der Vereine für na turgemäße Gesundheitspflege und arzneilose Heilkunde für Mitglieder beiderlei Geschlechts. Da« Statut ge nannter Kasse wurde Ende vorigen Jahre« von der Königl. Sächs. Kreishauptmannschaft Leipzig für ganz Deutschland genehmigt und al« eingeschriebene Hilfs kasse eingetragen. Genannte Kranken- und Sterbe kaffe hat nun unter dem Vorsitze de» Kaufmann Her mann Weide in Rochlitz die Thätigkeit begonnen und allerwärt» im deutschen Vaterlande bei Anhängern de« Naturhcilverfahren» den freudigsten Anklang ge funden, sodaß schon Hunderte der Kasse al« Mitglieder beigetreten sind. Der Protektor der Naturheilvcreine, der Geheime Commerzienrath von Zimmermann in Berlin, der zur Ausbreitung des Naturheilverfahren» buchstäblich Millionen Mark verwendet, hat auch oben genannter Krankenkasse al» Reservefond 30,000 Mark geschenkt. Zum Eintritt in die Kaffe sind alle dem hiesigen Vereine für volksverständliche Gesund heitspflege und Naturheilkunde angehörigen Mitglieder und deren Familienglieder, beiderlei Geschlecht«, be rechtigt, sofern sie da» 14. Jahr erreicht und da» 50. Lebensjahr nicht überschritten haben. Die Kassen mitglieder werden nach Höhe ihrer Beiträge und Unterstützungen in 4 Klassen eingetheil«. Mitglieder der 1. Klasse zahlen 10 Pf. Wochenbeitrag, erhalten 4 Mk. Unterstützung, 2. Klaffe zahlen 20 Pf. Wochen beitrag, erhallen 8 Mk. Unterstützung, 3. Klasse zahlen 30 Pf. Wochenbeitrag, erhalten 11,«o Mk. Unterstütz ung, 4. Klaffe zahlen 40 Pf. Wochenbeitrag, erhalten 15 Mk. wöchentliche Unterstützung. Der Beitrag ist im Vorau», da« UnterstützungSgeld am Schluß der Woche zahlbar. Da» Krankengeld wird nicht wie in andern Krankenkassen bloß 13 Wochen lang, sondern 26 Wochen lang voll und 26 Wochen die Hälfte von der festgesetzten Höhe bezahlt. Außerdem gewährt die Kaffe bei dem Todesfall eine» Mitgliedes ein Be- erdigungSgeld. Mitglieder der 1. Klaffe erhalten 35 Mark, 2. „ „ 50 „ 3. » » 65 „ 4. . . 80 „ Diejenigen Personen, welche obengenannter gut fun- dirten Kranken- und Sterbekasse beizutreten gedenken oder nähere Auskunft wünschen, werden zu der heute Dienstag, Abend» 8 Uhr in Schneidenbachs Nestau- ration stattfindenden Hauptversammlung de» hiesigen Naturheilvereins eingeladen. — Dresden. Wie Münchener Blätter melden, wird sich Se. Majestät der-König am 5. März nach ter Hauptstadt Bayerns begeben, um in offizi eller Weise den Besuch zu erwiedern, den ihm der Prinzregent im Dezember 1886 abgestattet hat. Der Kultusminister 0r. v. Gerber hat neuerdings infolge eine« Ansuchens der Vereine für Sprachreinigung, welche in letzter Zeit in Dresden resp. Leipzig gegründet wurden, an sammt- liche höhere Lehranstalten eine Verordnung ergehen lassen, in welcher den Lehrern an« Herz gelegt wird, den Gebrauch von Fremdwörten möglichst zu vermeiden. Gleichzeitig wird aber auch in jener Verfügung vor kleinlichen Uebertreibungen nachdrücklichst gewarnt. — Freiberg. Um den Mangel an Holz für Militärzwccke und zwar zur Anfertigung von Ge wehrschäften abzuhelfcn, wird diese« au« Oester reich bezogen. Schon seit einiger Zeit treffen ganze Wagenladungen Nußbaumstämme hier ein, welche ihren Weg nach Berlin nehmen, um dort für besagte Zwecke Verwendung zu finden. Diese« Holz, worunter sich Stämme von 1 m Durchmesser befinden, kommt aus der Gegend von Linz in Oberösterreich und wird über Moldau seinem Bestimmungsorte zugesührt. — Nach Fertigstellung der im Bau begriffenen Eisenbahn Schwarzenberg-Annaberg wird die Zugsbildung und der Maschinendienst dieser Linie, wie bereits bekannt, schon von Aue und nicht erst von Schwarzenberg seinen Anfang nehmen. Hierdurch tritt natürlich auch eine Personalverlegung nach Aue ein, welche für die Interessen der Stadt Schwarzen berg natürlich nicht von Vorthcil ist. Um diesem Verluste möglichst zu begegnen, ist die Stadt Schwar zenberg mit sechs Nachbargcmeinden höchsten Ort» oarüber vorstellig geworden. Diese Petition gab dem Mitglieds der 2. Ständekammer Hrn. Abg. Philipp Veranlassung zu einer abfälligen Kritik, welche in Nr. 39 des „Ergeb. VolkSfr.", dem Amtsblatts der betr. Ortschaften, jedoch eine energische Erwiderung erfahren hat. — Eine recht rücksichtslose Fopperei, ein roher Fastnachtsscherz, kam kürzlich in Reichenbach vor. In einem Geschäfte dort ist ein Mädchen an gestellt, welches au» einem benachbarten Städtchen ge bürtig und das einzige Kind seiner Ellern ist. Am Dienstag erhielt nun diese« Mädchen durch eine un bekannte Botin einen Bries zugestellt, welcher die Aufforderung an da« Mädchen enthielt, sofort nach Hause zu kommen, weil dessen Mutter im Sterben liege. Man kann sich den Schmerz des Mädchens über diese Nachricht denken. Eiligst bereitete Jene sich zur Abreise vor, jedoch fragte sie aus den Rath ihres Prinzipal», welchem die ganze Sache nicht recht geheuer erschien, mittel» Telegraphen bei ihren Eltern an, wann die Mutter krank geworden sei. Zu ihrer Beruhigung lief in Kurzem die Antwort ein, daß die Mutter gar nicht krank sei. — OelSnitz. Unsere Jakobikirche, die mit ihren schlanken Thürmen auf jeden Beschauer einen höchst wohlthuenden Eindruck macht, wird in ihrem Innern in nächster Zeit eine bedeutende Aender- ung erfahren. Da» Innere derselben erinnert zu sehr an die Klassenunterschiede, die doch wohl im Hause Gottes nicht zu bemerken sein sollten, denn Kapelle an Kapelle reiht sich hier, und dadurch wird ein drückendes Gefühl hervorgerufen, und kann auch diese Bauart nur unbefriedigend wirken. Mit Freuden ist darum der Beschluß des Kirchenvorstande« und der Stadtverordneten zu begrüßen, daß in Zukunft die Kästeleien, die unsere sonst prachtvolle Jakobikirche noch aufzuweisen hat, gänzlich beseitigt werden sollen, und hierfür ist eine bedeutende Summe genehmigt worden. Da« Gewölbe, welche» vier große Brände glücklich überstanden hat, wird durch diesen Umbau ein ganz veränderte» Aussehen erhalten. Jedenfalls wird durch diese Umänderung auch mehr Platz gewon nen und ist dadurch auch aus die vielen Fremden, die mit dem raschen Aufblühen unserer Stadt zuge zogen sind, Rücksicht genommen worden. — Die im lausenden Jahre zur erstmaligen zehn- wöchentlichen Uebung im Bereich de» sächs. (12.) ArmeecorpS heranzuziehenden Ersatz-Reser visten werden voraussichtlich am 1. Juli d. I. bei dem Train, am 18. August bei der Infanterie, den Jägern, Pionieren und Feldartillerie, sowie am 1. Septbr. bei der Fußartillerie zur Ableistung dieser Uebung eingezogen werden. — Greiz. Wie wiederholt gemeldet, will sich hier ein Verein ehemaliger Militär« gründen, welcher im Oktober v. I. seine Statuten zur Ge nehmigung eingereicht hat. Da der Verein ausdrück lich politische Zwecke ausschließt, kann demselben nach bestehenden Gesetzen die Genehmigung nicht versagt werden. Den Gründern de» Verein» ist jetzt ein Bescheid Fürstlicher Landesregierung zugegangen, wo nach der Verein nur als reiner Unterstützung-verein unter dem Titel „Unterstützung-verein Wehrpflichtiger zu Greiz" gestattet werden soll, nicht aber der Name „Verein ehemaliger Militär«." E» soll demgemäß im Statut gestrichen werden die Bestimmung, daß zu den Zweck, n de» Verein» gehört: ,1) durch ge selliges Beisammensein die kameradschaftlichen Gesin nungen zu erhalten unv zu fördern", ferner soll ge strichen werden der Zweck: „3) ehrende Begleitung zur letzten Ruhestätte." Weiler soll gestrichen werden die Bestimmung, wonach „unbescholtene Personen, welche sich um den Verein oder um da» Vaterland verdient gemacht haben, Ehrenmitglieder de» Verein» werden können". Gestrichen soll ferner die Bestim mung werden, daß jede« Mitglied „ein Vereinszeichen erhält, welche» bei feierlichen Gelegenheiten angelegt wird und au» einer schwarz-roth-gelben Schleife mit Landwehrkreuz besteht". Gestrichen werden soll auch die Erwähnung von stattfindcnden Festen. — Der junge Verein wird jedenfalls geeignete Vorstellungen gegen diese Einschränkungen erheben. — In der Nacht zum Dienstag ist auf dem Wilhelmschacht bei Meuselwitz (dem Braun- kohlenbauvcrein „Fortschritt" gehörig) Feuer au«- ge brock en. Der Wächter hat um 10 Uhr zum letzten Male revidirl und will nicht« Verdächtige« wahrgenommen haben. Al» er sich jedoch gleich da rauf nach dem Alfredschachte begab, sah er au» diesem Rauch aussteigen, weshalb er die auf dem Werke wohnenden Leute alarmirte. Herr Direktor Robold fuhr dann auch mit einem Steiger sofort in den Schacht ein. In den Strecken de« Alfredschachte« war von Feuer nichts zu bemerken, dagegen veränder ten sich die Wetter derart, daß die Herren alsbald wieder zu Tage fahren mußten. Kurz hierauf traf Meldung ein, daß jetzt auch Rauch au» den Wilhelm- schächten aufsteige und al» die Herren sich dorthin begaben, schlugen ihnen auch schon die Flammen im Förderthurm entgegen. Da« Feuer ist auf bisher unermittelte Weise im Tiefbau entstanden. Da» Fegenhau» ist vollständig von der Erde verschwunden, ebenso ist der Förverthurm in die Tiefe gesunken. Der Schaden soll sehr bedeutend sein. In einem schwachen Augenblick. Bon Arthur Zapp, l». Fortsetzung ) „Sie beurtheilen mich zu gütig, gnädige Gräfin- Die Mittheilung, welche ich Ihnen durch den Reitknecht diesen Morgen machte, entspricht genau der Wahrheit." ,So danke ich Ihnen und dem Himmel von tiefstem Herzen," entgegnete die Gräfin. »Kann ich nun meinen Sohn sehen?" „Gewiß! Nur muß ich Sie darauf aufmerksam machen, daß jede Aufregung und Ermüdung deS Pati enten von schädlichen Folgen begleitet sein könnte. Doch," fügte der Doktor schnell mit einem verbindlichen Lächeln hinzu, .ich habe nicht nöthig, da« zu sagen, denn Sie sind eine liebevolle Mutter, folglich auch eine gute Pflegerin." Er geleitete sie die Treppe hinauf zu dem Zimmer deS Kranken. „Herr Graf', sagte er, in daS Zimmer eintretend, .Ihre Mutier, die Frau Gräfin, ist gekommen." .Mein Sohn!" rief die Gräfin aus, an da« Belt de« Kranken eilend. .Meine theure Mama!" Ör. Werner zog sich zurück und ging in sein Sprech zimmer. Alma hatte mit klopfendem Herzem jedem Wort der kurzen Unterhaltung zwischen ihrem Vater und der Gräfin gelauscht. Sie stand nahe an der Thür, aber sie war in einem so erregten Zustand, daß sie sich nicht zeigen mochte. Sie glaubte noch nie eine so liebliche und angenehme Stimme gehört zu haben, und eS ge- währte ihr ein eigenthümliche« Vergnügen, dem Ton dieser Stimme zu lauschen. Hätte ihr Jemand zuge- flüstert, daß der gegenwärtige Reiz, den die Gräfin Meldern in ihren Augen besaß, zum größten Theil in dem Umstand wurzele, daß sie die Mutter deS Grasen Erich sei, da» junge Mädchen würde wahrscheinlich sehr I ungläubig aufgeblickl haben. Gegenwärtig gab sie sich l noch keine weitere Rechenschaft von ihrem Interesse für j den jungen Grafen. Sie glaubte in ihm den Retter ihre» Vater» vor Noth und Kummer verehren zu müssen und sie traute ihm die Macht zu, ihrem Vater wieder den größten Theil der Prari» de- Städtchen» verschaffen zu können. — Al» die Gräfin Meldern im Kranken zimmer verschwunden war, rief Alma ihr Mädchen, um