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L888 IS «rsche1«1 wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. In- sertionSpreiS: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Berantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. ZL. A-Srg«-«. Dienstag, den 31. Januar Amts- und Anzeigeblatt für den Absitnsmsnt LeM des Amtsgerichts Eibenstock ten, sowie bei allen Reichs- und dessen Ztmgevung. P°st°nstal.en Donnerstag, den 2. Februar 1888, Nachmittags 2 Uhr sollen im Amtsgerichtsgebäude hier I Parthie KltiduugSstückr, 1 Reisekoffer, 1 Rrisedecke, 1 Carlo« mit Stickgarn u. s. w. öffentlich gegen Baarzahlung versteigert werden. Eibenstock, am 28. Januar 1888. Gerichtsvollzieher. Bekauntmachilng. Nach § 22 Absatz 1 de» Bau-Unsallversicherung«-GesetzeS vom 11. Juli 1887, (ReichSgesetzblatt Seite 287) haben Diejenigen, welche Bauten auf ihre eigene Rechnung und Gefahr in hiesigem Stadtbezirk ausführen, also die Ausführung des Baue» einem Baugewerken nicht übertragen, sofern zur Ausführung eine» solchen Baue«, einzeln genommen, mehr als sechs Arbeitstage thatsächlich ver wendet worden sinv, vom 1. Januar 1888 ab monatlich und längstens binnen drei Tagen nach Ablauf jeden Monats eine Nachweisung über die im abgelaufenen Monate bei Ausführung von Bauarbeiten verwendeten Arbeitstage und über die von den dabei beschäftigten und zu versichernden Arbeiter verdienten Löhne und Gehälter nach einem von dem Kaiserlichen Reich«verstcherung«-Amt bestimmten Formulare bei dem unterzeichneten Stadtrathe einzureichen. Die Einreichung solcher Nachweisungen hat erstmalig auf den Monat Januar 1888 und spätestens bis zum 3. Februar dieses Jahres zu erfolgen. Formulare und Anleitung zur Ausfüllung der Nachweisungen liegen in der Rathsregistratur auS und wird daselbst auch nähere Auskunft ertheilt. Diejenigen, welche die vorgeschriebcnen Nachweisungen nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht einreichcn, können mit Ordnungsstrafen bi» zu 300 Mark be- zichendlich bis 500 Mark belegt werden. Eibenstock, am 30. Januar 1888. Der Stadtrath. Löscher, Bürgermeister. Kl. Bekanntmachung. Der 1. Termin Grundsteuer für 1888 ist bi« spätesten« zum 10. Februar d. I., die Ortsschankgewerbestruer für 1. Halbjahr und die Hundesteuer für 1888 sind bi« spätesten« zum 31. d. Mt«. in hiesiger Stadtkasse bei Ver meidung der zwangsweisen Einziehung zu entrichten. Eibenstock, am 20. Januar 1888. Der Stadtrath. Löscher. Bg. Die neue Sozialistengesetzvorlage hat die erste Berathung im Reichstage passirt und die außerordentlich schwierige Aufgabe der Kommission ist eS nun, zwischen den überaus verschiedenen Ansichten über da» Schicksal, welche« der Vorlage durch den Reichstag bereitet werden soll, zu vermitteln. Zwischen der bedingungslosen Annahme und der bedingungs losen Ablehnung, welche beiden Standpunkte im Reichs tage etwa gleich viele Vertreter haben dürsten, stehen die Nationalliberalen und ein Theil der Freikonser- > »ativcn, welche weder da« Eine noch da« Andere wollen, vielmehr einen Mittelweg einzuschlagen ge- denken; derselbe dürfte einer schon durch die Presse > gegangenen Notiz zufolge die einfache Verlängerung de« nicht verschärften Gesetze« auf 2 oder 3 Jahre sein. ! Die Sozialdemokratie hat zweifellos in Deutsch- § land nicht so viele Anhänger, al« für sie bei den Reichstagswahlen Stimmen abgegeben werden. In der Summe der letzteren stecken eben die Stimmen aller derjenigen, welche von tiefer Unzufriedenheit mit ihrem sozialen Geschick erfüllt, nach einer Verbesserung streben und welche daher derjenigen Partei die Stimme geben, welche ihnen da« meiste verspricht. Selbst vom Standpunkt de« heutigen Staate« und der heutigen Gesellschaftsform sind nicht alle Forderungen ter Sozialdemokratie unberechtigt. Selbst Fürst Bi«marck hat s. Z. im Reichstage anerkannt, daß manche ihrer Forderungen einen gesunden Kern enthalten. Der große taktische Fehler der Sozialdemokraten ist, daß sie alle möglichen politischen, ethischen und sozialen Bestrebungen mit einander verquicken und sich dadurch die meisten Volksklaffen zu Feinden machen. Sie wollen Abschaffung der Monarchie, Abschaffung der stehenden Heere, Erklärung der Religion zur Privat sache, Aushebung der heutigen kapitalistischen Produk tionsweise und Ersatz derselben durch genossenschaftliche Produktion und dergleichen mehr. Das ist viel zu viel auf einmal verlangt, ganz abgesehen davon, ob da» Verlangte auch vernünftig und durchführbar ist. Wird die Masse de« Volke» mit solchen Forderungen erfüllt, so muß die öffentliche Unzufriedenheit wachsen und darin liegt unzweifelhaft eine große Gefahr für Staat und Gesellschaft. Alle«, wa» un» durch Sitte und Uebcrlieferung für hehr und heilig gilt, wird von den Theoretikern der So zialdemokratie — durchaus nicht etwa von allen An hängern und noch weniger von allen, die bei den ReichStagSwahlen einem Sozialdemokraten ihre Stimme geben — al» verdammenSwerth, al« Mittel zur .Knecht ung de« Volke«" hingestellt. Mit einer Partei, die in dieser Weise die Grundlagen unserer Kultur, un- serer Geschichte, unserer ethischen und sozialen Ent wickelung verneint, ist jede» Parlamentiren vergeblich und auSgefchloffen. Trotzdem ist hier Richard» III. .Kopf ab mit Buckinham!" dem gegenüber gar nicht am Platze; Ideen kann man nicht gewaltsam auSrotlen, wenigsten« heutzutage nicht mehr, wo ein überaus stark entwickel ter Verkehr sowohl der Personen wie Sachen auch der immer neuen und weiteren Ausbreitung der Ideen zu Gute kommt. Traurig, sehr traurig ist e«, wenn die Staatsgewalt in Erfüllung ihrer Pflicht sich auf moralisch so unzuverlässige Personen stützen muß, wie sie sich unter dem Material der im Auslands wirken den Geheimpolizei leider zu vielfach vorfinden. Nie mand wird unsere politische Polizei um der traurigen Nothwendigkeit willen, sich mit solchen zweiselhaflen Leuten einzulassen, beneiden; aber Niemand, der den deutschen und preußischen Beamtcnstand kennt, wird den Vorwurf zu erheben wagen, daß von ihm die zahlreichen Mißgriffe und Uebergriffe auSgehen oder auch nur stillschweigend gebilligt werden, welche der sozialdemokratische Abg. Singer den in der Schweiz wirkenden Geheimagenten der deutschen Polizei zur Last legte. ES existirt eine große Anzahl unter den Parla mentariern, welche zwar die vorbeugenden Wirkungen deS Sozialistengesetzes, dieses selbst aber nicht haben möchten; der Charakter al« Ausnahmegesetz giebt schon dem Sozialistengesetze eine zeitlich beschränkte Lauer. Es ist nicht angängig, daß ein Ausnahmegesetz für alle Zeiten bestehen und immer und immer wieder verlängert werden kann. In dieser Beziehung ist zu erst vom Abg. Windthorst der Vorschlag gemacht wor den, einige einschneidende Bestimmungen des Sozia listengesetze- in da» Strafgesetz, in das gemeine Recht zu übernehmen, das erstgenannte dann aber aufzu heben. Diese Ausgabe ist eine schwere, wenn nicht unerfüllbare. Die .Nordd. Allgem. Ztg." schreibt dazu: .Au« den parlamentarischen Kreisen sollten entweder positive Vorschläge darüber, wie die Rückkehr zum gemeinen Recht gesetzlich normirt werden könne, ge macht werden, oder aber sich die überwiegende Mehr heit deS Reichstag« auf den Boden stellen, welchen die verbündeten Regierungen mit ihrer Vorlage be treten haben." Tagesgerichte. — Deutschland. In unseren politischen Kreisen giebt man sich der Ansicht hin, daß die Situation, welche zur Zeit leider noch völlig unklar ist, in den nächsten Tagen durch den Fürsten Bismarck in Helle Beleuchtung gerückt werden wird. E« verlautet, daß der Reichskanzler zur zweiten Lesung de« Wehrgesctze« im Reichstage erscheinen und diese Gelegenheit zu einer Darlegung über die äußere Lage benutzen wird. Noch immer hat eine solche Kundgebung ihre klärende Wirkung gethan, so wird man auch diesmal von ihr Licht erhoffen dürfen. — Die deutsche Wehr Vorlage erregt in Frankreich und in Rußland Neid und Wuth, indessen ist England unparteiisch genug, den wahren Grund der deutschen Anstrengungen zu erkennen, und — wa» bei den Engländern immerhin viel sagen will — an zuerkennen. So sagt der .Daily Telegraph" bei der Besprechung der deutschen Wehrvorlage, jede Vermehr ung der Militärmacht Deutschland« dürfe von den übrigen Mächten Europa« mit Sicherheit al« eine weitere allgemeine Friedensbürgschaft betrachtet werden. Der erlauchte Monarch und der weise Staatsmann, welche Deutschlands Politik leiteten, hätten während der letzten siebzehn Jahre unzählige Beweise ihrer friedlichen Gesinnung gegeben. Die Deutschen seien lediglich darauf vorbereitet, da« ihrige nach besten Kräften, gleichviel mit welchen Opfern an Blut und Geld, zu vertheidigen, und e« müsse zugegeben werden, daß ihre patriotische Bereitwilligkeit in dieser Hinsicht eine allgemeine Bewunderung verdiene. Entschieden ungünstiger äußert sich dagegen der .Standard". Derselbe schließt au« den Forderungen der deutschen Armeeverwaltung auf eine äußerst be drohliche Lage. Da« Blatt schreibt: Eine» ist wenigsten» klar. Keine Macht traut den FriedenS- betheuerungen der Regierung von St. Petersburg. Wahrscheinlich wird Lord R. Churchill un« ehesten« von der friedlichen Gesinnung der liebenswürdigen und ausgezeichneten Leute erzählen, mit welchem er kürzlich verkehrt hat. Wenn er aber während seine« Aufenthalte» in Berlin die deutsche Negierung zu dieser Ansicht nicht bekehren kann, wird er kaum irgend wo ander« großen Eindruck Hervorrufen. Fürst Bismarck zeigt, wie weit er an eine friedliche Politik Rußlands glaubt, indem er von seinen Landsleuten noch größere Opfer, al« sie bisher zu tragen hatten, verlangt, und dieses angesichts der Thatsache, daß Deutschland auf beiden Seiten von eingestandener maßen kriegerischen Nachbaren umgeben ist. Nach all' den Forderungen, welche an Leben und Vermögen deS Vaterlandes gestellt worden sind, wird man stutzig, zu vernehmen, daß noch 200—250 Millionen Reichs mark benöthigt werden, um die Anfangskosten jene» imponirenden Zuwachse» der deutschen HeereSstärke zu bestreiten. Kein vernünftiger Mann kann sich überreden, daß der BundeSrath so kolossale Forder ungen, welche den früheren Forderungen von furcht barer Größe so schnell auf dem Fuße folgen, an den Reichstag stellen würde, wenn Fürst Bismarck wirk lich glaubte, daß da« politische Barometer schöne« Wetter anzeigte. Diese stutzigmachende Vermehrung der deutschen Armee, der sich pari p»88u eine unge wöhnliche Thätigkeit im österreichischen KilegSmini- sterium anschließt, kann nicht verfehlen, ein Gefühl der Bcsorgniß zu erwecken. Hätte Deutschland keine weiteren militärischen Vorsichtsmaßregeln getroffen, so wäre man vernünftigerweise vielleicht berechtigt zu dem Schluffe, daß Fürst Bismarck Oesterreich über reden wollte, Rußland große Konzessionen auf der Ballanhalbinsel zu machen. Abgesehen aber von der bulgarischen Frage und der Wirkung derselben auf die Beziehungen zwischen Rußland und Oesterreich, hatte Deutschland sicher keinen Beweggrund, sich noch größere Militärlasten aufzubürden. Alle diese herkul ischen militärischen Maßnahmen machen auf nicht