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23 Infanteriedivisionen, bezw. 46 Jnfanteriebrigaden in Vollzug treten zu lassen. Dem gegenüber verfügt Rußland in den 192 Jnfanterieregimentern seiner stehenden Armee über 840 Aeldbataillone, die sich an geblich in 54 Infanteriedivisionen und 108 Jnsan- teriebrigaden getheilt finden. Nahezu ein Fünftel dieser Jnfanteriemacht ist jedoch al» kaukasische Armee für eine Kriegführung in Asien bestimmt, und würde deren Verwendung auf einem europäischen Kriegs schauplatz den größesten Schwierigkeiten unterliegen. An Kavallerie verfügt die deutsche Wehrkraft in der stehenden Armee in 93 Kavallerieregimentern über 465 und einschließlich der noch für jede» deutsche Ar meekorps bestehend gebliebenen zwei Landwehrkavallerie regimenter über 609 E-cadron»; an Feldartillcrie sind nach der neuesten Organisation gegenwärtig bei der stehenden Armee 364 Batterien vorhanden. Die rus sische Armee besitzt dem gegenüber für einen europä ischen Kriegsschauplatz, einschließlich de» konischen KosakenheereS, nur 453 EScadronS und bei der ge- samwten stehenden russischen HeereSkraft einschließlich der kaukasischen und der eigentlichen asiatischen Armee nur 328 Batterien. Militärisch würde sich Deutsch land allein nach der neuesten, für dasselbe geplanten Wchrorganisalion Rußland also in allen Waffengatt ungen weit überlegen erweisen. Ein Krieg gleichzeitig mit Rußland und Frankreich, bezw. auch Dänemark würde die» Grundverhältniß allerdings wesentlich verschieben. Da» deutsch-österreichisch-italien ische Bündniß läßt e» jedoch im hohen Maße un wahrscheinlich erscheinen, daß Rußland wie Frankreich einer solchen Riesenmacht gegenüber, wie sie diese drei Staaten aufstellen können, eine wirkliche und ernst gemeinte Kriegsgefahr herausbeschwören sollten. Sächsische Nachrichten. — Dresden. ES war im Frühling vergang enen Jahre», da spielte sich an einem sonnigen Nach mittag in den hiesigen Zwingerpromenaden eine lei denschaftlich bewegte Scene ab, die erst in diesen Tagen ihren vorläufigen Abschluß gefunden hat. E» saß damals eine Kinderwärterin mit einem zarten kleinen Mädchen in der Promenade und Kind und Wärterin genossen in heiterer Beschaulichkeit den schönen Tag. Da tritt hastig ein Herr hinzu, reißt das Kind in seine Arme und eilt mit demselben hin weg. Al» die Wärterin nacheilt, wirst er sich in eine Droschke und entflieht so den ihn verfolgenden Blicken. Der Entflohene stand dem Kinde allerdings sehr nahe, denn er war dessen Vater, der freilich umso ferner der Mutter de« Kinde« stand, von welcher er, nach kurzem Eheglück, durch Richterspruch geschieden war. Vom Tage der Scheidung ab hatte er unablässig nach dem Besitz seine« kleinen Mädchens gestrebt, doch ver weigerte die Mutter dasselbe beharrlich und so ver- schritt er endlich zu dem Gewaltakt in der Zwinger promenade, bei welchem er der Wärterin auch einen Brief zugeworfen hatte, der an seine Frau und Angehör igen gerichtet war und u. A. die Worte enthielt: „mich und mein Kind seht Ihr niemals wieder". Fast ein ganzes Jahr hat die Mutter nach dem Töchterchen geforscht; außerordentliche Anstrengungen wurden ge macht, den Aufenthalt des Flüchtigen zu ermitteln — vergebens. Endlich, vor wenigen Tagen, brachte der Zufall etwas über den ruhelos in der Well umher streifenden Mann zur Kennlniß der ängstlich suchenden Mutter. Ein Freund der Familie kannte den Ort, wo das Kind vorübergehend untergebracht war; der elektrische Funke meldete eS der Hocherfreuten, pie sofort in Begleitung ihres Vater« nach Berlin reiste, dort auch ihren Liebling fand, ihn in ihren Besitz brachte und endlich wohlbehalten mit demselben am 10. VS. hier wieder anlangte. Wird das aber da« Ende de« Kampfe« um ein Kind sein? Oder sollte da« Drama sogar noch freundlich schließen, indem sich da« Elternpaar über dem Haupte de« von Beiden geliebten Kinde« versöhnt die Hände reicht? Wohl wäre da« der schönste Schluß. — Der Untersuchungsrichter bei dem Leipziger Landgericht erläßt folgende Bekanntmachung: „Der 74 Jahre alte Glaser Messinger und dessen Frau sind am Morgen de« 2. Januar 1888 in ihrer Wohn ung zu Lindenthal ermordet aufgcfunden wor den. In der anhängig gemachten Untersuchung ist c» von großer Wichtigkeit, volle Klarheit darüber zu gewinnen, wo sich der alte Messinger am Neujahrs tage von 1 Uhr Nachmittags ab aufgehalten habe. Nach einer hier erstatteten Au«sage soll Messinger Nachmittags in der 3. Stunde von einem etwa 7 Jahre alten Knaben von seiner Wohnung abgeholt worden und Abend» um 9 Uhr noch nicht wieder heimge kommen sein. Jedermann, welcher etwa» Sachdien liche« weiß, weicher insbesondere am NeujahrSnach- mittag den alten Messinger gesehen, oder auf sonstige Weise erfahren hat, wo derselbe gewesen sei, ferner Jedermann, welcher an genanntem Nachmittag in die Mcssinger'sche Wohnung gekommen ist, wird hierdurch dringend ersuch». Alle», was er weiß, möglichst bald dem Unterzeichneten schriftlich oder mündlich miltheilen zu wollen. — Ein Opfer der Sylvesterrohheiten in Leipzig ist der Sohn de» Buchdruckereibesttzer» Hü- sching in Elsterberg geworden. Er erhielt in der NeujahrSnacht aus der Straße einen Messerstich ver setzt, an dessen Folgen er dieser Tage verstarb. — Au» Freiberg schreibt man: Die Erzählung von dem amerikanischen Bergwerks besitze», der gerade am Weihnachtsabend nach Freiberg kam, um nach 17 Jahren der Trennung die ihm treuge bliebene Iugendgeliebte heimzuführen, ist bekanntlich durch zahllose deutsche Blätter gegangen, sie wurde auch an dieser Stelle mitgetheilt. Am Montag erhielt diese Erzählung den freundlichsten Abschluß durch ein frohe» Hochzeit-fest. Bei der Trauung war die Petri- kirche trotz der herrschenden Kälte überfüllt. Da« Hochzeit-fest wurde im Hotel de Soxe abgehalten. Da« durch viele poetische und musikalische Gaben verschönerte Mahl nahm einen herrlichen Verlauf. Besonder» bewunderte man dabei die rührende Treue de« amerikanischen Bräutigam» und den Muth der au« einer echten deutschen Bergmannsfamilie stammen den Braut, welch letztere die ihr so theuere HeimathS- stadt und so viele liebe Freundinnen verläßt, um dem Geliebten über da» Weltmeer bi» in da» öde CaS- cada Gebirge in Grant County im Staate Oregon zu folgen, wo derselbe ein auf einem hohen Granit- Felsen gelegenes Bergwerk besitzt, in dem meist Chinesen anfahren. Ein rechtes, treue» Bergmannskind kennt aber kein Zagen, und gerade diesem folgt au» Frei berg, „der alten, treuen Bergstadt", manches segen bringende, herzliche Glückauf! — Stollberg. Am 17. d. MtS. beging das hiesige Stadtverordnetenkollegium die Feier seine» fünfzigjährigen Bestehen«; deshalb war da» Rathhau« beflaggt und spielte da« Musikchor Mittags von 11—12 Uhr vom Thurme. Abend» von 6—8 Uhr ward eine öffentliche Festsitzung ge halten, in der unter Anderem die Beschaffung zweier Büsten (Kaiser und König) für den RathyauSsaal beschlossen wurde. Den Hauptpunkt bildete jedoch ein geschichtlicher Rückblick auf die 50 Jahre, welchen Realschuloberlehrer Lösche abstaltcte und welcher dem nächst im Druck erscheinen soll. Da» Festessen, zu dem die Mitglieder de« Rath» und die Spitzen der Behörden geladen waren, verlief in erfreulichster Weise und ward manch sinnige» und behcrzigenS- wertheS Wort gesprochen, mancher Glückwunsch ge bracht und manche Anerkennung gezollt. — Schneeberg. Die hiesige Stadtvertretung hat sich in letzter Zeit wiederholt mit den Vorar beiten für den Bau eine» Gymnasialgebäu de«, der, sowie die Errichtung des StaatSgymnasinm» selbst, im Landtage, wie man zuversichtlich hofft, Genehmig ung finden wird, beschäftigt. Al» Bauplatz für da« neue Gymnasium ist von der Stadtgemeinde dem Staate ein sehr schön am Stangenberge nach Schlema zu gelegener und unmittelbar an das Grundstück der Kasinogesellschaft angrenzender Platz unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden, so daß da« Gebäude eine prächtige Lage erhalten wird. Zur Herstellung einer Fahrstraße nach dem Gymnasium kckstft die Stadtge meinde etwa 8000 «zm zum Preise von 1 M. 25 Pf. für den Quadratmeter von dem schönen Kasinogarten, durch welchen die Straße gelegt werden soll. Die Kasinogesellschaft hat sich bei dem Verlaufe sehr ent gegenkommend gezeigt. Durch den Arealankauf und den Ban des Gymnasiums hofft man auch auf die Erschließung eines neuen StadttheilS. — Bürger schuloberlehrer Kempf hat im Oktober v. I. hier sein 50. AmlSjahr angetreten; die städtischen Kollegien verwilligten ihm aus diesem Anlasse eine namhafte Gehaltszulage. — Schwarzenberg. Die wegen de« zur Aus führung kommenden Umbaues de« Bahnhofs Aue von der Regierung beschlossene Veränderung de« Be triebe« sür die hiesige Bahnlinie (Abgang der Züge nach Annaberg schon von Aue au«) hatte die Ein wohnerschaft Schwarzenberg« und der umliegenden Orte aus« tiefste erregt. Mit Rücksicht auf die Er klärung der Regierung, daß die befürchtete Schädig ung durch Wegzug einer größeren Anzahl Bahnbc- triebSpersonal durch Verlegung eine» Abtheilung«- ingenieurbureau« nach Schwarzenberg fast vollständig wieder ausgeglichen wird und auch baß eine ungünstigere Gestaltung der Verkehrsverhältnisse durch Wegfall eine« ödere mehrerer Bahnzüge durch die beabsichtigte BetriebSeintheilung in Aue weder bedingt noch beab sichtigt sei, kann sich aber die hiesige Bevölkerung vollständig beruhigen. — In Sachsen hat man neuerdings angefangen, schwere Zugpferde zu züchten. In der Meißner und Oschatzer Gegend will man besonder» auf die Zucht der Ardenner Pferde Bedacht nehmen, da die selben schon im Alter von 18 Monaten zu leichter Arbeit zu verwenden sind und im Alter von 3 Jahren ihre volle Körperkraft erreicht haben. Die LandeS- beschälstationen werden bet der Auswahl ihrer Hengste auf diese Race Rücksicht nehmen. Die Ardenner be sitzen eine außerordentliche Leistungsfähigkeit; dieselben i haben vor den Percheron» noch den Vorzug, daß sie I auch sür schweren Zug in Gebirgsgegenden verwendet I werden können. — Die Calamität im Weinbau durch Verbreit ung der Reblau« lenkt die besondere Aufmerksamkeit auf unser vaterländische» Weingebirge, da» sich läng« der Elbe, von Pirna bi» nach Zadel, unter halb Meißen, erstreckt. L» ist die» ein Gebiet, welche» am rechten Slbufer über fünf Meilen beträgt, wäh rend e» am linken Elbufer kürzer und auch von ge ringerer Bedeutung ist. Sämmiliche Weinberge und Weingärten schätzt man aus 7000 Acker; folglich ist der sächsiscbe Weinbau nicht ohne Bedeutung. Ein namhafter Theil desselben ist königlich. Die Dörfer Wachwitz, Weinböhla, Niederpoyritz und andere werden fast nur von Winzern bewohnt. Vas Durchschnittseinkommen in den sächsischen Städten bis ;» 5008 Einwohnern.*) Stadt Einkommen pro Einge schätzten in Mark Rangziffer 1886 1884 1880 1886 1884 1880 Leipzig .... Dresden.... Zwickau .... Chemnitz.... Bautzen .... Annaberg . . . Löbau .... Markneukirchen . Plauen .... Borna .... Großenhain. . . Oschatz .... i Auerbach . . . « Pirna Zittau .... > Meißen .... Grimma.... Glauchau . . . Reichenbach. . . Freiberg.... Rochlitz .... Limbach .... Riesa Oclsnitz .... Leisnig .... Crimmitschau . . Wurzen .... Waldheim . . . Stollberg . . . Döbeln .... Buchholz. . . . Zschopau. . . . Meerane.... Eibenstock . . . Schneeberg . . . Werdau .... Radeberg . . . Kamenz .... Bischofswerda . . Mittweida . . . Lengenfeld . . . Kirchberg . . . Burgstädt . . . Penig Frankenberg . . Hainichen . . . Mylau .... Treuen .... Lichtenstein . . . Sebnitz .... Marienberg. . . Hohenstein . . . Oedcran .... Roßwein.... Falkenstein . . . Lößnitz .... *) Die mit? d nen Zeit noch nicht wohner eingeriickt, d noch nicht ausgenon 1943 1383 1338 1386 1284 1818 1218 1211 1154 1132 1113 IIV9 1106 1094 1085 1081 1089 1060 1047 1046 1028 1024 1017 988 976 976 967 965 949 941 941 912 921 919 919 918 905 894 892 885 881 880 879 872 855 851 845 841 824 818 809 800 772 757 669 663 ersehene« in die R aher in d men. 1928 1532 1502 1319 1129 1077 1197 1244 1120 1145 1081 1106 1028 1114 1061 988 1011 968 1014 1091 1011 977 946 972 960 925 955 915 819 927 973 854 881 980 923 874 857 848 891 847 817 812 839 852 868 ? 786 797 - 757 774 808 748 773 628 655 Städte eihe der ie Listen 1744 1453 1374 1177 N56 962 1136 1071 978 1146 1010 1021 943 1085 1046 978 963 860 971 1156 983 ? 910 852 918 874 994 885 779 871 847 781 824 912 859 789 871 837 ? 773 795 710 741 788 803 797 ? 727 789 702 677 762 774 774 630 577 Waren Städte b der statis I 2 3 4 ö 6 7 8 9 10 II 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 n der is zu ischer 1 2 3 4 6 14 7 5 9 8 13 II 16 10 15 20 18 25 17 12 19 22 28 24 26 30 27 32 43 29 23 38 34 21 31 35 37 40 ? 33 41 44 45 42 39 36 ? 48 47 51 49 46 52 50 54 53 ang 5000 Zeit 1 2 3 4 5 19 8 10 16 7 13 12 20 9 II 17 21 30 18 6 15 ? 25 32 23 27 14 26 43 29 33 42 35 24 31 39 28 34 ? 46 38 50 48 41 36 37 s 49 40 51 52 47 44 45 53 54 gebe- Ein- schrift Vermischte Nachrichten. — Rasten bürg. Am 8. d. Mts. wollte ein Soldat aus Seligenfeld von seinem Urlaub nach der Garnisonstadt zurückkehren. Die Eltern gaben ihm noch eine Wegstrecke da« Geleite mit ihrem Fuhr werk. Der Soldat schritt die Chaussee nach Schön fließ entlang. Hier wurde er plötzlich von zwei MauS- fallenhändlern überfallen, mit einer Drahtschlinge er drosselt und beraubt. Im Gasthofe zu K. theilten die beiden sich den Raub. Die Eltern de« Soldaten hatten sich noch im Kruge aufgchalkcn. Es fiel ihnen eine im Besitze der Slowaken befindliche Züche auf, die sie al« die ihrem Sohne voll Lebensmitteln mit gegebene erkannten. Der Gemeindevorstand wurde in Kenntniß gesetzt und die beiden Händler nach Rössel tranSportirt. — Oberhausen. In Lippern hat sich jüngst ein „Antispitzbubcnverein" gebildet, welcher den Dieben durch gewaltige Reden zu imponiren sucht. Anscheinend hat diese» Vorgehen de« Verein» in den Vertretern der Langfingerzunft den Oppositionsgeist rege gemacht, denn gestohlen wird jetzt fast noch mehr wie früher. — Durch Erkältung erblindet. Zu ein dringlicher Warnung möge ter folgende Unglückrfall dienen, der dieser Tage die Familie eine» in der Lessing straße in Berlin wohnenden Kaufmann« betroffen hat. Der älteste Sohn, der 22jährige Buchhalter Max K., hatte vor etwa vier Tagen einen Maskenball in der Hagel«bergerstraße besucht und daselbst in der Ma»ke eine« Pierrot'S tüchtig getanzt, so daß er über und über mit Schweiß bedeckt war. Gegen 3 Uhr Mor gen» verließ K. in bloßem Maskenkostüm, da in der Garderobe der Ueberzteher nicht gefunden werden konnte, da» Lokal; zum Unglück waren Droschken auch nicht vorhanden und so entschloß sich der junge Mann in der bitter kalten Nacht in den leichten Kleidern zu Fuß von der Hagelsbergerstraße den Weg nach dem Norden anzutreten. Schon unterwegs fühlte sich K.