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Mensch keinen vernünftigen Grund finden kann. Der Stolz wäre ja an und für sich kaum schädlich, wenn er sich nicht in lächerliche Thaten umsetzte. So wird behauptet, daß der Fürst, pochend auf seine Rechte und entgegen dem dringenden Rath seine» militärischen Stabe», 107 OsfizierSaspiranten, die wegen Theilnahme am Putsche gegen den Fürsten Alexander degradirt worden waren, zu Offizieren ernannt und dadurch die Di»ziplin der jungen bulgarischen Armee auf da» schwerste geschädigt habe. Diese sonderbare Art der Bethätigung der Souveränität stände allerdings im direkten Widerspruch zu der behaupteten Abhängigkeit de» Prinzen von dem leitenden Minister Mutkurow. Indessen mögen die Verhältnisse in Bulgarien wie immer geartet liegen, so steht doch so viel fest, daß sich der Prinz auf die Dauer gegenüber dem Einspruch der Großmächte nicht halten kann. Indem sich Ruß land auf den Berliner Vertrag beruft, ist e« im Rechte, wenn e« den Rücktritt de» Prinzen fordert, der ohne Rußland« und der übrigen Mächte Zustimmung den Thron bestiegen hat. Rußland war dem Fürsten Alexander gegenüber im Unrecht und hat seinen Willen — gleichviel mit welchen Mitteln — durchgesetzt. Er ist dem Prinzen Koburg gegenüber wenigsten« formell im Rechte und wird daher diesem gegenüber erst recht seinen Willen durchsetzen. Wa» dann weiter geschieht ist allerdings eine Frage, die heute noch Niemand zu beantworten vermag. Tagesgeschichte. — Deutschland. Der Kriegsminister von Bronsart war in den letzten Tagen in Friedrichsruhe beim Fürsten Reichskanzler. Wie c» heißt, stand der Besuch mit der Frage der Nachtrags forderung aus Anlaß der neuen Wehrvorlage in Ver bindung. Die Bezifferung der Forderung auf 100 Millionen Mark seitens der „Köln. Ztg." wird al» annähernd richtig bezeichnet. Die Hälfte der ge nannten Summe etwa würde für Bewaffnung, die andere Hälfte für Ausrüstung und Bekleidung bean sprucht werden. — Au« San Remo, 9. Januar, wird Berliner Blättern berichtet: Bei der gestrigen Ausfahrt de» Kronprinzen, dessen Befinden fortdauernd ein vortreff liche» ist, ereignete sich ein kleiner Unfall. Auf der Via Uoinu scheuten die Pferde des kronprinzlichen Wagen«, gingen durch und stießen mit Wucht gegen da» eifere Gitter des Hotel Commerce. Der Kron prinz verlor keinen Augenblick die Geistesgegenwart, und es gelang, die Pferde zu beruhigen, so daß die Spazierfahrt fortgesetzt werden konnte. — Weiter wird gemeldet: Da das günstige Befinden des Kron prinzen und der gegenwärtige Stand der Krankheit die Nothwendigkeit eine» Luftröhrenschnitts für ab sehbare Zeit nicht befürchten lassen, so wird Or. Bra- mann, welcher diese Operation nöthigenfallS ausführen sollte, San Remo nächstens verlassen. — Thorn. Die Truppentheile unserer Garnison, welche in den Fort» oder in den außerhalb der Festung befindlichen Kasernen untergebracht sind, haben bi« zu ihren UebungS- und Exerzierplätzen be trächtliche Entfernungen zurückzulegen. Diese sind auch für den geschäftlichen Verkehr der Truppentheile zu weilen recht mißlich. Um nun die Wege für die links der Weichsel liegenden Mannschaften abzukürzen, will die Militärbehörde einen neuen Uebergang über die Weichsel Herstellen. Zu dem Zwecke läßt sie jetzt über den linken Weichselstrom, die sog. polnische Weichsel, eine hölzerne Pfahlbrücke erbauen. Ueber die große Weichsel soll im Sommer eine Pontonbrücke geschlagen und alljährlich bi» zum Eisgänge unter halten werden. Der neue Weichselübergang soll aber, wie verlautet, nur für den militärischen Verkehr frei gegeben werden, und er dürfte auch für den Kriegs fall insofern von Bedeutung sein, al« auf demselben größere Truppenabtheilungen schnell über die Weichsel geschasst werden können. — Eine über die Friedensaussichtcn sehr zweifelhafte Auslassung wird jetzt durch die Presse mitgetheilt: Der russische Militär-Attache Zujeff in Wien hat bei Gelegenheit der Antrittsvisite, die er dem österreichischen Kriegsminister Bylandt machte, versichert, er sei vom Czaren zu der amtlichen Er klärung ermächtigt, daß derselbe von friedlichen Ab sichten erfüllt sei und daß die militärischen Dislo kationen an der Grenze keinerlei aggressive Tendenz haben. Aehnliche Erklärungen hat Zujeff auch an mehreren anderen Orten abgegeben. Freilich wird al« eine Art von Kompensation jener ruhevollen Kundgebung hinzugefügt, die russischen Militär-AttachöS bei den verschiedenen Regierungen hätten zugleich mit friedlichen Erklärungen über Intentionen de« Czar« angekündigt, daß in nächster Zeit noch zwei bi« drei Infanterie-Divisionen au« dem Innern Rußland« an die Westgrenze diSlozirt werden. — Gegenüber dieser Meldung will e« wenig genug besagen, daß wie schon berichtet worden, die Entlass ung de» ältesten Jahrgang« de« russischen Gardekorp» vorzeitig ersolgt ist und von Petersburger Blättern gleich wie bei un« al« ein Friedenszeichen begrüßt wird. Die Hymnen mit dem Refrain »Friede auf Erden," dürsten nach alledem wohl wieder mindesten« einen langsameren Takt annehmen. Locale u«d fLchftsch« Nachrichte«. — Eibenstock. Im Monat Dezember 1887 sind nach Maßgabe einer Verordnung de« Königlichen Ministerium« de» Innern in den Städten mit Revi- stock die Oekonomie noch stark vertreten ist. dirter Städteordnung innerhalb de» Regierungsbezirks Zwickau konsignirt worden und zwar in: Crimmitschau: Pferde Rinder Schneeberg: Pferde Rinder 272 SS 7S SS Eibenstock: ISS 488 Schwarzenberg: 88 442 Hohenstein: 108 89 Stollberg: 184 251 Lichtenstein: 119 soo Werdau: SOS 17S Lößnitz: 6S 292 Zwickau: 658 SOS AuS vorstehender Tabelle ergiebt sich, daß in Eiben- — Leipzig. Am Sonnabend Abend gegen ^10 Uhr entstand in der alten Gasanstalt Feuer. Man fand da« dritte große Retortengebäude in Hellen Flammen vor. Dasselbe hat, wie die übrigen Retorten gebäude eine große Ausdehnung; e« enthält 12 große Retortenöfen, von denen jeder 7 Retorten umfaßt. Es waren demnach 84 Retorten im Betrieb. Bei Ankunft der Feuerwehr brannte nicht nur da» ganze Dach diese« großen Gebäude«, sondern auch im Innern desselben war ein beträchtliche« Feuer in der stärksten Entwickelung durch Theerbrand.und Herausschlagen der Flammen au« dem Ofen. Der Brand im Innern entwickelte sich mit großer Vehemenz, wa« die au« dem großen Schornstein emporsteigende starke Feuer säule de« Theerbrande«, sowie auch der innere Brand der zu dieser führenden Canäle bekundeten. Da» Platzen einer Theeranlage, wodurch der brennende Theer auf da« Dach geschleudert wurde, war die Ur sache de« Brandes geworden. Nachdem der eigentliche Heerd de« Feuer« im Innern de« Gebäudes gefunden worden war, ging die Feuerwehr an die Beseitigung dieser Gefahr, welche immer weitere Dimensionen anzunehmen drohte. Der große Kanal, welcher da« Retortengebäude mit dem Schornstein verband und durch welchen die brennenden Theermassen bi« oben zum Schornstein herausschlugcn, wurde von der Feuer wehr mit Brechstangen und sonstigem wuchtigen Ge- räth schnell eingerissen; die darauf liegenden eisernen Platten wurden nicht abgehoben, sondern mit großen Hämmern zertrümmert. Nachdem der Kanal geöffnet wurde, erfolgte schnell seine Zuschüttung durch Sand-, Lehm-'und Thonmassen. E« bedurfte mehrstündiger anstrengender Thätigkeit der Feuerwehr, um die ihr gestellte Aufgabe zu erfüllen. — Leipzig. E» wurde bereit« mitgetheilt, daß jene 22jährige Agnes Beier, welche der Verüb ung de« gräßlichen Lindenthaler Doppclmorde« verdächtig geworden, hartnäckig leugne. Dazu kommt noch die neuere Mitthcilung, daß e« ihr auch wirklich nicht an Entlastungsmomenten fehlt. E« hat sich ergeben, daß die Genannte bisher unbescholten ge wesen, daß sie sich stet« gutmüthig, bescheiden und arbeitsam gezeigt hat und daß sie — was allerdings sehr in« Gewicht fallen dürfte — während der Weih- nachtSfeiertage einen kranken Arm gehabt, so daß sie sich nicht einmal die Haare machen konnte. Zu einer solchen That gehört aber, abgesehen von der sittlichen Verworfenheit, auch Kraft. Wenn dagegen die ersten Meldungen richtig waren, daß man bei der Beier Blutspuren gefunden und daß sie im Besitz des bei den Ermordeten vermißten Geldes gewesen, so würde wenigstens ihre Mitthäterschaft oder ihr Mitwissen wahrscheinlich erscheinen. Man darf doppelt gespannt sein, wie sich dieses düstere Drama noch weiter entrollt. — Leipzig. Al« am Sonntag Abend ein in der Slldvorstadt wohnender Kaufmann seine Wohnung zu später Stunde nochmals verlassen wollte, um in einer nahegelegenen Restauration noch einen Besuch abzustatten, wurde er davon durch seine junge ihm erst vor einem halben Jahre angetraute Frau ver hindert. Hieraus entwickelte sich ein heftiger Streit und in der Aufregung, die sich infolgedessen de« Mannes bemächtigte, verzehrte er, um sich zu vergiften, die Kuppen von ca. 20 Schwefclhölzchen. Der nach mals durch die geängstigte junge Frau herbeigerufene Arzt konnte derselben, nachdem er die nöthigen An ordnungen getroffen hatte, zum Glück versichern, daß jede Gefahr für da« Leben ihre« Manne« ausge schlossen sei. — Chemnitz. Montag früh 8 Uhr wurde die hiesige ständige Feuerwache davon benachrichtigt, daß im nahen Altchemnitz ein in der Nähe der Kirche befindliche« Bauerngut brenne und letztere da durch stark gefährdet sei. E» ging sofort die Land spritze mit 6 Mann der BcrufSfeuerwehr nach Alt chemnitz ab und um 9 Uhr folgten ihnen auf beson dere« Ersuchen noch eine Spritze und eine Anzahl freiw. Feuerwehrleute. Da« Feuer wurde kurz nach 7 Uhr in dem Reißigschuppen eine» Seitengebäude« de» Arnold'schen Gute» bemerkt, cS griff trotz be herrschenden Regenwetter« so schnell um sich, daß mit dem ursprünglich erfaßten Objekt binnen einer Stunde I auch die übrigen 3 Gebäude de» Gute» ein Raub der Flammen waren. Ein Theil de« Mobiliar« wurde gerettet, doch sollen gerade die werthvolleren Einricht ung-gegenstände verbrannt sein, ebenso sind alle Ernte- vorräthe vernichtet. Bon dem Viehbestand fand glück licherweise nur ein Schwein und verschiedene» Ge flügel seinen Tod in den Flammen. Lin Verlust an Menschenleben ist nicht zu beklagen. Der Besitzer de» Gute» soll gerade mit seiner Familie beim Morgen kaffee gesessen haben, al» ihm von dem bei ihm im Dienst stehenden Milchmädchen, welche» eben zur Stadt fahren wollte, die Schreckensbotschaft, daß e» im Nebengebäude brenne, überbracht wurde. Die Gefahr, in welcher sich die Kirche schon in Folge ihrer Nähe zum Brandobjekt befand, wurde noch erhöht durch die Richtung de- herrschenden Winde». Wa rna» befürchtete, trat denn auch leider ein. Schon um 8 Uhr bemerkte man, daß Flammen an dem oberen Theil de« Thurme« züngelten. Die zur Hülfe geeilten Spritzenwerke hatten nicht die Slrahlkraft, bi» zur Thurmhöhe zu reichen, die Mannschaften der Chemnitzer Berufsfeuerwehr versuchten, im Innern dem Feuer beizukommcn, sie mußten aber wegen de» intensiven Rauche« wieder zurückgehen. So brannte der Thurm weiter von oben nach unten, da» Feuer erfaßte sodann auch den Dachstuhl der Kirche und nicht lange währte e«, so war da« ganze Gotte-Hau» mit Orgel, Altar und Kanzel ein Raub der Flammen. Die Glocken, welche eben erst die Bewohnerschaft zur Hülfe herbeigerufen, hatten sich gleichsam selbst zu Grabe geläutet. Um ^/,9 Uhr blieb die Thurmuhr für immer stehen und 5 Minuten nach 9 Uhr stürzte die Thurmhaube aus den sonst so stillen Friedhof herab. Die Kirche war vor 2 Jahren erst neu vor gerichtet und in ihrem Innern mit Oelfarbe gestrichen, einen um so traurigeren Anblick boten nun in dem Gotteshaus da» wirre Durcheinander, die glühenden Balken und die hellaufflackernden Treppenaufgänge, da« zusammengefallene Mauerwerk und die rauchenden Trümmer. Wasser zum Löschen war in reichster Menge vorhanden, auch standen, da die Feuerwehren der Nachbargemeinden zur Hülfe hcrbeigeeilt waren, 9 Spritzen zur Verfügung, aber leider war e« nicht möglich, dem Vernichtung-Werk Einhalt zu thun. Bemerkt sei noch, daß in Altchemnitz ein fest organi- sirte» Löschcorp« nicht existirt, nachdem sich vor zwei Jahren die freiw. Feuerwehr aufgelöst hat. Seit dieser Zeit besieht die Pflichtfeuerwehr, die jedoch eine bestimmte Organisation, wie sie andere Löschcorp« haben, nicht besitzt. — Plauen. Wie der „V. Anz." vernimmt, hat e« Eisenbahnbauunternehmer Bachstein in Berlin au- finanziellen Gründen abgelehnt, die Bahn Adorf- Roßbach-Hof auszuführen, für welche die Vorar beiten bereits gemacht sind. — Auerbach. Die Vertretungen der Städte Auerbach, Falkenstein, Lengenfeld, Treuen und Netzsch kau gehen mit der Absicht um, für die Revision ihrer Kassen und die Prüfung ihrer Rechnungen gemein schaftlich einen Beamten anzustellen. E« hat zu diesem Zweck am 6. d. M. in HerlaSgrün eine Be sprechung stattgefunden. — Vergangenen Sonnabend, Mittags kurz nach 12 Uhr, sind die Gebäude des Gutsbesitzer« Adolf Richard HöhliginLichtenau total niedergebrannt. Da« Feuer ist in dem Scheuncngebäude zum Aus bruch gekommen und soll durch ein 5jährige« Kind, welches mit Streichhölzchen gespielt hat, verursacht worden sein. Bei dem schnellen Umsichgreifen und der isolirten Lage de« Gute» war schnelle Hülfe nicht bei der Hand, so daß in kurzer Zeit sämmtliche Ge bäude in Flammen standen. Der Besitzer war mit dem Fuhrwerk zur fraglichen Zeit in Schneeberg und fand bei seiner Naibhausekunft nur einen rauchenden Trümmerhaufen. Außer dem größten Theile der Mo bilien, WirthscbaflSgcräthschaften und Futtervorräthe sind 6 Stück Rinder und 3 Schweine in den Flam men mit umgekommen und trifft dies Höhlig um so härter, da er nicht versichert gehabt hat. — An der Flöha sind bekanntlich eine große Menge Wasserwerke gelegen, die vornehmlich Holz schleifereien, Sägemühlcn rc. treiben. Es ist nun ein Projekt von weittragender Bedeutung aufgelaucht, nach welchem der Wasserabfluß der Flöha durch An legung eine» großen Wasserreservoirs, eine« See'«, regulirt werden soll. Au« diesem Reservoir soll eine Sommer und Winter womöglich gleiche Wasser menge zum Abfluß gelangen. Man hofft, dem som merlichen Wassermangel und den Hochwasser-Kalami täten Abhilfe zu schaffen. Der See soll auf Gräflich v. Waldsteinschem Grund und Boden an der deutsch österreichischen Grenze unweit Georgenthal angelegt werden, wozu die Genehmigung de« Besitzer« wahr scheinlich ist. Verschiedene bedeutende Interessenten haben sich über da« Projekt äußerst günstig ausge sprochen und sich für Uebernahme eine« großen Theil» der Kosten erklärt. Einen Theil der Kosten sollen die betheiligten Wasserwerksbesitzer tragen, sich aber zunächst namentlich über da» Projekt, und welchen Nutzen sie von demselben erwarten, aussprechen, wes halb bezügliche Schritte schon im Gange sind. — Auswärtige Blätter bringen folgende Notiz au» Görlitz: Am Sonnabend (den 31. Dezember v. I.) früh trafen auf dem hiesigen Bahnhofe gegen 100 polnische Dienstboten unter Begleitung von vier Agenten au» Bre»lau hier ein und setzten ihre Reise nach Dresden fort. Sämmtliche» Personal war für Ortschaften im Königreich Sachsen bestimmt. Wie bei derartigen Transporten die Agenten ver fahren, konnte man bei dieser Gelegenheit sehen. Sie hatten dem Personal viel Gute» vorgeredet, aber ihr Versprechen nicht eingclöst, denn vor Abfahrt de»