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wird der Lehrling Geselle und Oster» wird der Ge selle Meister. Angemessene Zeit vorher beginnt er die selbstgewiihlle Arbeit. Alle diese Meisterstücke und ebenso die Gesellenstücke der Lehrlinge — werken zur Hauptstadt eine« Regierungsbezirkes hingesandt, in welcher also jede Ostern Gewerbcausstellung statisindet. Die Pnisnngökommission bestehl aus erfahrenen Meistern anderer Regierungsbezirke. Diese unterziehen die verschiedenen, nur mit einem Abzeichen versehenen Gegenstände einer fachmännischen Kritik und prädiziren dieselben. Der dem Abzeichen (z. B. Rnmmer) ent sprechende Raine des Verfertigers steht in einem be sonderen, bis nach der Prüfung durchaus geheim ge haltenen Buche, so daß jede Parteilichkeit ausgeschlossen ist. Uebcr die gelieferte Arbeit wirt nun ein Zeugniß ausgestellt, und nur eine genügend befundene Arbeit berechtigt dazu, Geselle bezw. selbstständiger Meister zu werden. — Generalleutnant Finck v. Finckenstein erklärt Namens des Kommandos deS Mecklenburgischen Heereskontingents in einer Zuschrift an die Mecklenburgischen Nachrichten, daß auch die von diesem Blatte zuletzt noch aufrecht erhaltene Behauptung, daß ein vom Mecklenburger Kommandanten in der Festung Dömitz in Arrest gelegter Grenadier von preußischen Soldaten mit Waffengewalt befreit worden sei, für unbegründet. — Das leitende sozialdemokratische Organ, der „Vorwärts", erläßt eine beachteuSwerthe Warnung vor weiteren Arbeitseinstellungen in nächster Zeit. Er schreibt: „Durch Unlerstützungsgesnche ist die deutsche Arbeiterschaft gegenwärtig sehr stark in Anspruch genommen. Neben den Buchdruckern stehen bekanntlich noch die Weißgerber, Handschuhmacher und Brauer im Ausstand. Diese Streiks erfordern Summen, welche es nothwendig machen, darauf hin- zuweisen, daß etwa in einzelnen Berufen prvjektirte Lohnbewegungen für die nächste Zeit keine Aussicht ans den Sieg haben, sofern dazu die finanzielle lln- terstlltzungskraft der deutschen Arbeiter in besonderem Maße in Rechnung gezogen werden müßte. Die Arbeiterschaft muß jetzt schon allwöchentlich große Summen für die streikenden Arbeiter der oben er wähnten Gewerbe aufbringen, trotz des spottschlechten Geschäftsgangs, der für sie selbst Einkommcusver- minderung zur Folge hat; mehr zu thun ist sie vor der Hand, soweit sich das überblicken läßt, außer Stande." — Die Mac Kinley-Bill scheint für einen Theil der deutschen Textilindustrie recht verhäng- nißvolle Folgen gehabt zu haben. Wie aus Augs burg berichtet wird, fand dort am Dienstag eine zahl reich besuchte Versammlung süddeutscher Baumwoll spinner und Weber statt, welche sich zu dem Beschlüsse einigte, vom 1b. Februar dieses Jahres au eine drei monatliche Beschränkung der Produktion von 20 bis 25 Prozent eintreten zu lassen. Die betreffen den Etablissements stellen sich freiwillig unter gegen seitige Kontrolle und sind für alle Zuwiderhandlungen beträchtliche Bußen sicher-gestellt. Die übrigen deutschen Spinner und Weber Vereinigungen wurden zum Bei tritt eingeladen und es besteht, nachdem auch elsässische Delegirte sich au den Verhandlungen betheiligt haben, gegründete Aussicht, daß auch die reichsländischen mit den anderen deutschen Verbänden der getroffenen Ver einbarung beitreten werden. — Mehr als ein Viertel dcsdeutschenBodens ist auch heute noch bewaldet. Bon den rund 54 Millionen Hektaren Land, welche das deutsche Reich umfaßt, sind nach dem F.- u. J.-Kal. des Gey. Ober forstraths l)r. Judeich 14 Millionen Hektare Wald boden. Von dem deutschen Walde sind 32,r Pro zent Staatsforsten, 1b,- Prozent Gemcindeforsten, I,o Prozent Stiftungsforsten, 2,s Prozent Genossenschafts forsten, 48,s Prozent Privaiforsten. Die waldreichsten deutschen Länder sind Schwarzburg-Rudolstadt, in welchem der Wald 44 Prozent des Bodens bedeckt, und Sachsen-Meiningen. Am wenigsten Wald hat Oldenburg, nämlich nur 9,r Prozent seiner Fläche. — Frankreich. DaS „Journal osficiel" ver öffentlicht eine interessante Statistik über die Zu nahme und die Abnahme der französischen Bevölkerung im Jahre 1890. Hiernach sind in diesem Jahre 838,059 Geburten erfolgt, darunter 71,086 uneheliche. Was sehr betrübend ist, heißt es in dem vorliegenden Bericht weiter, ist, daß die Zahl der Geburten um nahezu 100,000 (sie betrug 937,057 im Jahre 1881) zurückgegangen ist, und zwar gemäß einer seit dem Jahre 1881 stattfindenden Degression. Tie Zahl der Sterbefälle ist von 828,828 im Jahre 1881 auf 876,505 im Jahre 1890 gestiegen. Hier aus ergiebt sich, daß der Ucberschuß der Geburten, der im Jahre 1881 eine Höhe von 108,229 betrug, stufenweise zuruckgegangen ist, so daß im Jahre 1890 die Ziffer der Todesfälle diejenige der Geburten nur um 38,446 überstiegen hat. — Rußland. Polnischen Blättern zufolge ist der Großfürst Wladimir zum General-Gouverneur von Warschau ernannt worden. Der Rücktritt Gurko'S soll durch dessen unwahre Darstellung über die Lage im Königreich Polen, denen die Berichte der GenS- darmeriechefs widersprachen, verursacht worben sein. Die polnische» Blätter warnen vor zu optimistischer Auffassung der Lage in Russisch-Polen nach der Ab berufung GurkoS ; solange der Zar lebe, dessen Bruder Generalgouverneur in Polen sei, bleibe der bisherige Kurs bestehen. — Rach einer Meldung der Wiener „Pol. Corr." ans St. Petersburg ist kürzlich in der Staalsrenlei- Filiale in Wladiwostok ein Betrag von ca. 400,000 Rubeln gestohlen worden. Die Verbrecher sind durch einen von ihnen hergestellten unterirdischen Gang in den Renteikeller eingedrnngen. Dieser Vorfall erregt in St. Petersburg um so peinlichere« Aufsehen, als man zu der Annahme neigt, daß es sich um ein von Anhängern der revolutionären Partei auSgesührteS Verbrechen bandelt und daß das gestohlene Geld für Zwecke der nihilistischen Propaganda verwendet werden wird. Auf die Entdeckung der Verbrecher sind hohe Belohnungen ausgesetzt, bisher fehlt aber noch jede Spur derselben. Locale »nd sächsische Nachrichten. — Dresden, 14. Jan. An erster Stelle im gestrigen „Dr. Journ." ist folgende Danksagung veröffentlicht: Es sind mir während meiner durch Gottes gnädigen Beistand nunmehr überstandenen schweren Krankheit aus allen Kreisen der Bevölkerung hier in Dresden und im ganzen Sachsenlande, sowie von auswärts so viele Beweise der herzlichsten Theil- nahme zugegangcu und ist letztere in so mannigfacher Weise zum Ausdruck gekommen, daß es mir ein Herzensbedürfniß ist, hierfür öffentlich meinen wärm sten Dank auszusprechen. Die in den Tagen meiner Erkrankung allgemein kundgegebene so warme Theil- nahme hat meinem Herzen sehr wohlgethan. Georg, Herzog zu Sachsen. — Leipzig, 14. Jan. Während in einigen aus wärtigen Korrespondenzen in der letzten Zeit gesagt worden war, das Befinden des wieder hierher ge brachten, zuletzt in BucnoS-Ayre« aufhältlich gewese nen MiUioneneicbeS nnd Ex-Bankdircktors Winkel mann habe sich gebessert, war das gerade Gegen- theil der Fall; der im hiesigen UntersucbungSgefäng- niß Jnhaftirte litt vielmehr im hohen Grade an der Wassersucht und ist in der letzen Nacht an dieser Krankheit auch gestorben. — Leipzig. Nach zweitägiger Verhandlung wurde am Dienstag Abend der Prozeß gegen den praktischen Arzt Gottlieb Sutoris aus Reudnitz vor der Strafkammer IV. des Königl. Landesgerichts Leipzig zu Ende geführt. Sutoris war angeklagt, in seiner Eigenschaft als Krankenkassen-Arzt Rechnungen über gar nicht geleistete operative Handlungen aufge- liellt zu haben. Er wurde unter Freisprechung in einem Falle wegen vollendeten Betrugs in fünf Fällen und versuchten Betrugs in einem Falle zu 4 Monaten Gefängniß verurtheilt. Der Antrag der Königl. Staatsanwaltschaft, Sutoris, weicher sich gegen Stellung einer Kaution von 6000 Di. auf freiem Fuß befand, wegen Fluchtverdachts in Haft zu nehmen, wnrde vom Gerichtshof abgelehnt. — Chemnitz. Bor einigen Tagen kam eine unbekannte Frauensperson in den Laden einer in der Schloßstraße wohnhaften Materialwaarenhändlerin, kaufte eine Kleinigkeit für fünfzig Pfennige und legte dann ein Geldstück auf den Ladentisch, mit dem Be merken, hier sei ein Zehnmarkstück. Die Händlerin sah sich das Geld nicht näher an und gab auf zehn Mark heraus. Nach Weggang der Käuferin zählte sic ihre Kasse nnd fand nun statt eines Zehnmark stückes ein Fllnfzigpfennigstück, welches mit Goldpapier überklebt war. — Ein schwerer Unglllcksfall ereignete sich in Chemnitz auf einer Eisbahn. Ein Schlittschuhläufer, ein 13jähriger, in der Ostvorstadt wohnhafter Schul knabe, kam so unglücklich zu Falle, daß ihm vermulh- lich die Spitze des einen Schlittschuhes in's Auge drang, sodaß das Auge sofort auslief und trotz der sofort hcrbeigeeiltcn ärztlichen Hilfe verloren ist. — Zwickau, 13. Januar. Gestern Abend kurz vor 9 Uhr verkündeten die Sturmglocken Groß feuer. Es brannte eine Reihe der aus älterer Zeit stam menden, unmittelbar vor der inneren Stadt, in der Nähe der Bahnhofstraße befindlichen Scheunen. In kurzer Zeit standen 7 Scheunen mit allen Erntevor- räthen, Wagen rc. in Flammen. Eine ungeheuere Feucrwolke erhob sich gen Himmel; die Funken flogen umher wie Schneeflocken. Es gelang der Feuerwehr, den Brandherd auf diese 7 Scheunen zu beschränken nnd die massiven Eckscheunen dieser Reihe, wie die Nachbarscheunen und Gebäude zu decken. Die Hy dranten der neuen Wasserleitung bewährten sich vor züglich. Die Spritzen, auch die herbeigekommenen auswärtigen, blieben nur in Reserve. Der entstan dene Schaden ist erheblich. Brandstiftung wird ver- muthet. Den Flammen zum Opfer fielen die Scheunen des Kfm. Arthur Friedrich, Getreidchändler Messcr- schmidt, Gärtner Kästner, Fleischermstr. Carl Rau, Baumstr. Aug. Otto, Oekonom Mühlmann und der Ww. Winter. — In Crimmitschau wurde ein gefährlicher und ganz besonders ausgerüsteter Einbrecher verhaftet, welcher bei seiner Festnahme 3 Hemden, 3 Paar Hosen, 2 Westen nnd 2 Röcke auf dem Leibe trug, außerdem 3 große, scharfgeschlifsene Messer, Dietriche, Stemmeisen, Lochsäge, Zange und andere Werkzeuge bei sich hatte. Von den Kleidungsstücken hatte der Dieb auch solche mit angezogen, welche in der Nacht vorher einem GasthofSbesitzer gestohlen worden waren. Der Verbrecher ist etwa 40 Jahre alt, untersetzt und stämmig von Statur und besaß Papiere auf den Namen Franz Weigel aus München. — Ein jugendlicher Kirchcnräuber ist der Schulkuabe Paul Schreiber in Annaberg. Der selbe hatte in Begleitung seiner Mutter, die Leichen frau ist, nach einem Begräbniß die Leichentücher und das Crucisix in dio Kirche zurllckgebracht; er erregte den Schein, als ob er sich au« der Kirche entfernte, versteckte sich aber unv erbrach, nachdem seine Mutter- Re Kirche verlassen, die Sammelbüchsen, deren In halt er mitnahm. Da der Junge über 12 Jahre alt ist, dürfte eine empfindliche Strafe sehr am Platze sein. Erschwerend fällt noch ins Gewicht, daß der Bube derartige Räubereien im Gotteshause schon wiederholt auSgesührt hat. — Wegen Ausbruch der Influenza hat auch das Königl. Lehrerseminar in Löbau vorläufig bis 20. dS. geschlossen werden müssen. Ebenso wurden die Schüler au den Königl. Seminarien i» Pirna und Oschatz bis zum 25. d. M. nach ihrer Hei- malh beurlaubt, da unter denselben eine Anzahl Er krankungen an Influenza eingelreten war. — Aus dem Vogtland?. Unsere Maschinen stickereien waren bisher noch vielfach für Pariser- Modehäuser beschäftigt, und im letzten Sommer hatten die meisten Stickmaschinen eigentlich nur für fran zösische Bestellungen zu arbeiten. Obwohl in Calais die Maschinenstickerei eine große Ausdehnung erfahren hat, bezogen die französischen Modewaarcnhändler Tüll- und Luflstickereie» gern aus dem Vogtland?, weil sie von hier die eigenartigsten Muster bekommen konnten. In Zukunft wird die Ausfuhr von Spitzen und Stickereien nach Frankreich fast unmöglich, da z. B. der Zoll auf seidene Tüllspitzen auf 1480 Fr., der für andere Stickereien von 800—1300 Franken festgesetzt ist. Für einige Fabrikanten, die besonders viel Geschäfte mit Frankreich machten, wird der Aus fall sehr fühlbar werden. — Es ist wiederholt vorgekommcn, daß Post- unterbeamte im Postpackereibienste sich an den Händen dadurch schwer verletzt haben, daß die zum Verschluß von Kisten verwendeten Nägel an letzteren seitlich hervorragten und bei eiliger Hand habung des Gepäcks von den betreffenden Unterbe amten nicht wahrgenommen worben waren. Ten Ab sender von Kisten empfehlen wir daher dringend, dieselben vor ihrer Einlieferung zur Post noch einer genauen Prüfung zu unterziehen, ob etwa an irgend einer Seite Nägelspitzen hervorstehen und, wenn dies der Fall sein sollte, entsprechende Abhülfe zu schaffen. Ämtiichr Mitthkilungr» aus der Uathssiizung vom 4. Januar 1892. Vorsitzender: Herr Bürgermeister Or. Körner. Anwesend: 4 Rathsniitglieber. 1) Man nimmt Kenntniß n. von der Verordnung des Königlichen Kultus ministeriums, die Gewährung und Staats beihilfe zum Schulhausbau betr., 5. von der Beschwerde der hiesigen Bäckerinnung über die Bestimmungen hinsichtlich des Ver kaufs von Schwarzbrod zugleich die Einbe- richtung derselben beschließend, c. von den Beschlüssen der Stadtverordneten aus den letzten Sitzungen, <1. von dem Kassenabschluß der Stadtkasse pro Monat Dezember 1891. 2) Der Stadtrach hatte auf erfolgte Anregung bei der Königl. Generaldirellion darum nachgesucht, daß die hiesige Güterverwaltung an die Fern sprechanlage angeschlossen werde. Die Königliche Generaldirellion hat indessen ein hinreichendes Be- dürfniß für diese Verbindung nicht anzuerkennen vermocht. Der Rath beschließt etwas Weiteres zur Zeit in der Sache nicht zu thun. Die Stadt verordneten sollen hiervon Mittheilung erhalten. 3) Mit Rücksicht auf den geringen Besuch der Vieh märkte war in Anregung gebracht worden, die letzteren aufzuheben. Nachdem man zunächst bei den interessirten Kreisen Umfrage gehalten hat, beschließt man auf Grund der Auslassung des landwirthschaftlichen Vereins, von einer Aufhebung der Viehmärkte bis auf Weiteres abzusehen, spricht indessen die Erwartung aus, daß der landwirth- schastliche Verein auch seinerseits darauf hinwirken werbe, daß in Zukunft ein größerer Gebrauch von den Viehmärkten gemacht werde. 4) Die Rechnung über die Aichkasse pro 1891 wird vorgetragen und zur Richtigsprechung an die Stadt verordneten abgegeben. 5) Der Rath nimmt aus seiner Mitte die Wahlen in die gemischten städtischen Ausschüsse vor. Außer dem kommen noch 3 innere Verwaltung-angelegen heilen zur Beschlußfassung. Aus vergangener Zeit — für «ufere Zeit. DaS wa- der deutsche Bundestag verdorben, das machten am 18. Januar 1884 Oesterreich und Preußen wieder gut. An diesem Tage ließen die beiden Großmächte in Kopenhagen durch ihre Gesandten erklären, daß die vertragswidrige Ver-