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legenheit dazu nicht gemangelt haben wird, bi- jetzt noch immer Anstand genommen habe» — " „Ich weiß, worauf Ihre Rede hindentet," unter brach ihn Jeannette mit sichtbarer Gemiikhrdewegung, „möchte aber diesen Punkt am liebsten mit Still schweigen übergehen, da ich hierüber meine ganz eigenen Gedanken unv Ansichten habe. Würden die geheimen Ehestandsgeschichten der heutigen Welt plötzlich zur offenen Kunde gebracht, wie so gar wenig anlockende Schilderungen eine- echten, häuslichen Glückes, wie viel abschreckende Register schmerzlich bereuter Ueber- eilungen möchten sich wohl darunter befinden! Nein, Herr Nachbar, nicht bloß die Hand, sondern auch da- Herz muß dem gehören, mit dem ich in Ver bindung treten soll, au- welcher mein ganze- künf tige- Wohl und Wehe hervorgeht. Gewiß ist meine Brust für sanftere Regungen und Gefühle nicht un empfänglich, doch ist cS zugleich mein fester Entschluß, lieber den Grillen und Launen eine« eigensinnigen Vormundes unterworfen zu bleiben, als mir die Un abhängigkeit von demselben durch Anlegung noch drückenderer Fesseln zu erkaufen. Niemals werde ich einen so ernsten Schritt ohne vorhergegangene genaue Prüfung unternehmen. Durch freie, innige Herzens- ucigung muß ich bei der Wahl des Gatten geleitet werden, unv eine solche Gelegenheit hat sich, wie ich Ihnen ohne alle Ziererei gestehen darf, bis jetzt noch nicht gefunden!" Einem Blitzstrahl gleich zuckle bei dieser Erklär ung dem Zolleinnehmer plötzlich ein Gedanke durch die Seele. Theodor, dachte Laubmann, ist ein schmucker, statt licher Bursche, der mit einem Hellen Verstände zu gleich ein sanftes, einschmeichelnde« Wesen verbindet und dereinst, nach Beendigung seiner Studien, dreist unter die Töchter de« Lande« treten und wählen darf. Wie, wenn er der Glückliche wäre, dem e« gelänge, dieses treffliche weibliche Herz, in welchem so edle Grundsätze haften, für sich zu gewinnen? Daß sie ihm mehr als jedem anderen seines gleichen gewogen, ließ sich durchaus nicht bezweifeln; auch würde durch die liebenswürdigen GemülhSeigen- fchaften der kleine Unterschied in den Jahren voll kommen ausgeglichen und aufgehoben. ES käme daher auf einen herzhaften Versuch an, und fiele dieser nach Wunsch aus, so dürfte Theodor bei dereinstiger Erledigung der Stadtpsarre um so weniger besorgen, von irgend einem Mitbewerber au« dem Sattel gehoben zu werden, und ihm und dem Later wäre geholfen. In aller Vorsicht und Behutsamkeit sucht er jetzt die Unterredung allmählich auf riesen Gegenstand zu lenken und hatte bald, indem man im Austausche ter gegenseitigen Meinungen sich näher und näher rückte, die Freude, sich aufs bündigste zu überzeugen, daß die Erfüllung seiner geheimen Wünsche und Ab sichten einzig und allein von Theodors Zustimmung adhängen und ein von letzterem unternommener ernst hafter Angriff auf Jeannettens weich geschaffenes Herz nicht den mindesten Widerstand finden werde. Gern hätte Laubmann, der in die Willfährigkeit feines abwesenden Sohnes keinen Zweifel setzen zu dürfen glaubte, de» beabsichtigten Ehevertrag schon heute in Richtigkeit gebracht, Jeannette suchte jedoch mit ihrer ganzen WillenSfesligkeit sich einem so über eilten Vorhaben zu widersetzen, und inbrünstiger, denn jemals sandte er, nachdem sie sich wieder entfernt hatte, sein Stoßgebet um Theodors endliche Heim kehr zum Himmel empor. V. Noch vor Ablauf des nächstfolgenden Tages wurden Laubmann unter Bedingungen, die vor der Hand auf bloße Ausstellung eine« schriftlichen Empfangs scheines sich beschränkten, die sechshundert Thaler ganz in den von ihm selbst bestimmten Münzsorten bar und richtig cingehändigt, und kaum hatte er das Geld im Hause, als er, die eben abgehende Post be nutzend, auch schon darauf bedacht war, eS an die Behörde abzulufern. „Wenn nun mein Theodor noch einträfe, so wäre Alles wieder im gehörigem Geleise und mir bliebe nur wenig mehr zu wünschen übrig!" rief er au«, indem er, mit Einpacken und Versiegeln beschäftigt, einsam in seiner Schreibstube saß, und siehe da, noch hatte er sein Geschäft kaum völlig zu Ende gebracht, als in stürmischer Heftigkeit sich die HauSthür öffnete nnd der Langersehnte zur Freude der herbeieilenven Eltern glücklich und wohlbehalten in der väterlichen Wohnung «»langte. Alle ihm zugetachtcn Vorwürse und Schellworte waren bei seinem Erscheinen vergessen. Wie im Triumphe ward er von den beiden Alten Arm in Arm nach der Wohnstube geleitet. Der Vater suchte, nachdem das Ungestüm der ersten Bewillkommnung vorüber war, in froher Ge- schäjligkcit ihm beim Ablegen seiner Reisekleider hilf reich Hand zu leisten. Die Mutter verfügte sich hinaus in die Küche, I unv während sie hier die unter der Asche glimmenden I Kohlen zur lebendigen Gluth ansachte, trabte Anne« I marie, um im Fluge de« Augenblickes die zu Theo- I dor- Leibgericht erforderlichen Bestandlheile zur Stelle I zu fördern, keuchend und schnaubend wie ein gehetzte« Wild die Straße hinauf. Die Veranlassung, welche Theodor- verspätetem Erscheinen in FeidelSheim zu Grunde lag, hätte kaum in den Augen der bei Mittheilung derselben ängstlich auflauernden.Mutter einer weiteren Entschuldigung bedurft; gereichte sie doch dem Herzen de« Jüngling« zu sehr zur Ehre, als daß die Erwägung der Gefahr, welcher er aus freundschaftlichem Diensteifer sich unter zogen gehabt, jetzt, nach glücklicher Beseitigung der- elben, noch mit einem Tadel Härte verbunden sein ollen. Ein Schuldfreund von ihm, der junge Graf Ed mund von Sternthal, welcher in Theodor« Nachbar chast wohnte und gleichfalls im Begriffe stand, die Akademie zu beziehen, war vor einigen Wochen von einem so bösartigen Nervenfieber befallen worden, daß nicht allein er selbst als eine gewisse Beute des Tode- von den Aerzken einstimmig ausgegeben, son dern auch jedes Verweilen in der Nähe des Kranken ür höchst gefährlich erachtet wurde. Schon längst hatte, bei der übereinstimmenden Aehnlichkeit der inneren Gemüthsart sowohl, als auch ihren wissenschaftlichen Bestrebungen, sich zwischen beiden Jünglingen das Band einer freundschaftlichen Zuneigung geknüpft, die, ohne Rücksicht auf die unter ihnen stattfindende Verschiedenheit des Ranges unv Standes, von Tag zu Tag stärker und inniger ge worden war. Nichts in der Welt war daher auch im -stände, der thätigen Theilnahme Grenzen zu setzen, in welcher Theodor, als Evmund erkrankte, sogleich seine heiligste Pflicht zu erkennen anfing. Mit unerschütterlicher Geistesfestigkeit verachtete er die augenscheinliche Gefahr, von welcher ec in eben dem Maaße, als EvmundS Zustand immer bedenk licher und hoffnungsloser wurde, sein eigenes Leben bedroht sah, ja, selbst die unfehlbare Gewißheit, ein Opfer seiner edelmüthigen Anstrengungen werden zu müssen, würde ihn nicht von letzteren abzuhalten im Stande gewesen sein. Ohne daber irgend einer warnenden Stimme Ge hör zu schenken, unterzog er sich in unermüdlicher Sorgfalt und Geduld der Wartung und Pflege des Kranken; er erwies ihm, mit pünktlicher Befolgung der ertheilten Vorschriften, alle auf Erleichterung seines jammervollen Zustandes abzweckenden Dienst leistungen und wich, während die Sorge für die eigene Sicherheit alle anderen Bekannten des Grasen aus dem Zimmer entfernt hielt, nie von seinem Lager, bis endlich, dem einstimmigen Urtheil der herbeige- rusenen Aerzte widersprechend, die jugendlich kräftige Natur im Kampfe mit Tod und Leben den Sieg davon trug und der jetzt zurückkehrende Hoffnungs strahl der Genesung allmählig immer klarer und zu verlässiger zu werden begann. «Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Ein Recept über Zubereitung von Reis, welches in Oesterreich-Ungarn allgemein in Anwendung ist und den Vorzug hat, sehr rasch einen besonders schmackhaften Reis herzustcllen. Auf ü Speiselöfsel gut gewaschenen Reis nimmt man einen halben Speiselöffel Schweinefett oder Butter und einige Schnittchen Speck, giebt den Reis in das zer lassene Fett in ein Casserol und röstet ihn unter be ständigem Umrühren auf der heißen Herdplatte. Der Reis muß vollständig hart geröstet sein, darf aber nicht gelb werden. Nachdem dies geschehen, gießt man soviel Wasser darauf, daß das Wasser einen Finger breit über den Reis steht, salzt und giebt einige Pfefferkörner dazu und stellt den Reis auf eine nicht sehr heiße Stelle des Herde« zur Seite, wo er langsam ohne viel Rühren kochen kann. In einer halben Stunde ist der Reis vollständig zube- reitet nnd vollkommen weich, ohne zerkocht zu sein." — Die Trauung eine« Gesangcuen fand Donnerstag in Moabit bei Berlin statt. Ein zur Zeit wegen Diebstahls inhaftirter Schlosser erschien mit seiner Braut, einer Nähterin, auf dem Standes amt, um sich dort trauen zu lassen. Das standes amtliche Aufgebot an dem bisherigen Wohnorte des Brautpaars war bereits bestellt gewesen, als die Ver haftung des Bräutigams erfolgte, der nun auch im Gefängniß sich dem Willen feiner Braut fügte und dieselbe zu hcirathen wünschte. Der Bräutigam wurde in Begleitung zweier Gerichtsbeamten vom Kriminal gerichtsgebäude zu dem gegenüber dem letzteren be- legenen Standesamt tranSportirt. Vor Beginn des TrauungSakteS stellte sich heraus, daß ein Trauzeuge fehlte. Einer der Gerichisbcamten mußte deshalb i» die Lücke einsvringen und nebenbei als Trauzeuge fungiren. Nach Vollziehung deS TrauungSakteS mußte sich das Neuvermählte Ehepaar trennen. Die Frau fuhr in Begleitung ihre« Schwiegervaters nach Rei nickendorf, der junge Ehemann wurde zum Gefängniß zurückgeführt. — Ein schreckliche« Erlebniß. Eine grau sige Scene erlebte ein junger Trierer in der ver gangenen Woche in Hamburg. Der Betreffende, ein Barbiergchilfe, hält sich augenblicklich bei seinen in Trier wohnenden Eltern zur Erholung auf unv hat in der „Trier. Zeitung" den Hergang wie folgt erzählt: „Plein Schlafzimmer befand sich neben dem Eabiner, in welchem die Kunden tagsüber bedient wurden. Da da« Hau- meine- Prinzipals in einer kleinen Gasse in der Nähe de« Hafen« lag, so rckrutirte sich unsere Kundschaft au- Hafenarbeitern, Matrosen u.s.w. ES war am Dienstag. Ermüdet von de- Tage« Arbeit, da ich durch die Krankheit meine- Prinzipal gezwungen war, da« Geschäft allein zu versehen, hatte ich mich gegen 8 Uhr auf mein Bett gelegt, um auf einige Augenblicke der Ruhe zu pflegen. Die Thüre meine« Schlafzimmers stand offen, in dem Cabinet clbst brannten zwei Gasflammen, wodurch mein Schlafzimmer theilweise mit erleuchtet wurde. Ich muß wohl gleich und zwar fest eingeschlafen sein, denn ich erinnere mich nicht, die an der Straßenthür an gebrachte Glocke gehört zu haben. Plötzlich wurde ich angefaßt und stark gerüttelt. Al- ich die Augen ausschlug, stand vor mir, in dem Zwielicht ziemlich erkennbar, ein großer Mann in Arbeiterkleidern, in der Hand ein Seifenbecken und ein Rasirmesser. Mit rauher Stimme befahl mir derselbe, mich in da« Bett zu setzen. Er werde mit dem Rasiren beginnen. Der Fieberglanz seiner Augen überzeugte mich augen blicklich, raß ich eS mit einem Irrsinnigen zu lhuu habe. Ich gab ihm mit möglichst ruhiger stimme zu verstehen, daß ich gar keinen Bart besitze. Mit einem Ruck seiner Hand riß der Wahnsinnige mir da« Hemd entzwei, sodaß die Fetzen recht« und links herunterhingen. „Gut, dann werde ich Dich auf schneiden." Mein Bitten und Flehen half nichts, der Wahnsinnige, dessen Augen immer unheimlicher glühten, wollte sich eben an die schreckliche Arbeit machen, al« ich laut aufschrie. Im Nu wurde ich an der Kehle gepackt, sodaß mir die Augen fast vor den Kopf traten. „Willst Du, willst Du", stöhnte hierbei der Irrsinnige. Durch eine im Kampfe um mein Leben gemachte heftige Bewegung war dem entsetzlichen Menschen das Messer entfallen und unter meinen Rücken gerutscht, desgleichen das Seifenbecken, dessen Inhalt meine rechte Hand benetzte. Da plötz lich durchzuckte mich ein rettender Gedanke; ich ergriff, noch immer auf dem Rücken liegend, von dem Wahn sinnigen gehalten, den Seifenpinsel unv fnhr mit einer letzten Kraftanstrengung dem über mich Gebeugten in die Augen. Von dem Schmerze, den ihm die scharfe Seife in den Angen verursachte, gepeinigt, ließ er mich los. Ein Sprung und ich befand mich vor der Thür, diese zuriegelnd. Meine Hilferufe brachten Leute herbei, die den Irrsinnigen, der damit beschäftigt war, seine Augen zu waschen, banden und nach dem »ächstgelegenen Polizeibureau schafften. Der Wahn sinnige war ein Hafenarbeiter, der, wie sich nachträg lich heransslellie, seit einiger Zeit schon Spuren von Irrsinn gezeigt hatte. Die Aufregung warf mich aufs Krankenlager, doch fand ich nicht eher Ruhe, bis ich im Eisenbahncoupee saß, auf der Reise zur Heimath. Die entsetzlichsten fünf Minuten meines Lebens werde ich niemals vergessen. — Eine Herzstärkung. In ein Kieler „Kloster für alte Frauen," wo jedes der alten Weiblein sein eigenes Zimmer hat, kam einst einer der Vorsteher dieses Spitals, um sich persönlich von dem Wohl ergehn der Bewohnerinnen zu überzeugen. So trat er auch in das Zimmer einer alten Frau, die mit ihrem Strickstrumpf und zufriedenem Lächeln am Fenster saß. Ein Tabaksdunst, wie von einer brenn enden Pfeife, fällt dem Einlretendcn sofort auf: „Goden Dag, Fru Müllern," jagte er, „wat, rokt Se hier?" — „Oh, nee, Herr Konsul," antwortet die Alte, „roken dauh ick nich." — „Aber dat rükt «riecht) hier doch meist so," fährt Jener fort. — „Ja, Konsul, dat klimmt davun, dat ick 'n beten (bischen) Toback up 'n Open streut hev," versetzt die ehrwürdige Bewohnerin. „Na, Fru Müllern, wat schall dat denn bedüren, wotau iS dal gaud?" fragt der Herr Kon sul ganz erstaunt, worauf die Alte mit verschämtem Lächeln erwidert: „Ach, Herr, dat rükt so schön nah de MannSlüd!" (Das riecht so schön nach den Mannsleuten.) — Die liebenswürdige Gewohnheit der Pariser Kellner, jede Bestellung in Empfang zu nehmen, gab dem Schriftsteller Morh Gelegenheit zu folgendem Scherz. Er erschien in einem Restaurant und bestellte eine „Sphinx ä la älurnugu". Der Kellner ruft: „Sogleich Herr!" und eilt davon. Eine Minute darauf kommt er aber schon wieder zurück und sagt: „ES Ihut mir leid, ich kann Ihren Wunsch leider nicht erfüllen; Alles ist bereits vergriffen." — „Wie? gar keine Sphinx mehr zu haben?" — „Im Ver trauen, c» ist wohl noch ein Stück da, aber ich wollte Ihnen da- nicht vorsetzen, mein Herr, eS ist nicht mehr ganz frisch." — Alle achtundvierzig Stunden ein«. In einer Gerichtsverhandlung über ein LiebeSvrama theitte ein Pariser Staatsanwalt eine Statistik mit, wonach in den letzten l2 Monaten im Durchschnitt alle 24 Stunden ein Revolverattentat eine- Manne- auf eine Frau oder einer Frau auf einen Mann in Paris vorgekommen sei. — Macht der Gewohnheit A.: Man fürchtet allgemein, raß Herr Schultze in'S Gra» beißen muß. — B.: O., der macht sich nicht viel darau-, der ist so wie so Vegetarianer! — Ein guter Mensch. Professor: „WaS wissen Sie mir über Plato zu sagen?" — Examinand: „O, nur Gutes!"