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stcn Frühjahr große Ouantitäten Weizen angckauft, welcher, wie sich nachher herausgestellt habe, größte»' «Heils Wintcrweizen sei, also znr Sommersaat total unbrauchbar. Um diese» Mißgriff zu verdecken, hätten die Bevollmächtigten beschlossen, den einmal gekauften Winterweizen mit Sommerweizen zu mischen nnd ihn so den Bauern z» übergebe». Dnrch die Bestellung der Sommergetreidcfelder mit solchen Mischungen würden die Bauern in Gefahr gerathe», wiederum eine Mißernte zn erleben. — Generaladjutant Gnrko wird seinen Posten in Warschau verlassen. — Diese Meldung wurde schon früher verbreitet, als die Hinrichtung Unschuld iger in Warschau bekannt wurde. Diesmal dürfte sie sich bestätigen. Loeale und sächsische Nachrichten. — Dresden, 12. Januar. Aus dem Palais Sr. König!. Hoheit des Prinzen Georg, Herzog zu Sachsen, geht dem „Dresdner Journal" folgende Nachricht zu: Seit Herausgabe des letzten Bulletins am 8. d. M. ist die Besserung im Befinden Sr. König!. Hoheit des Prinzen Georg stetig fortgeschritten. Höchstderselbe bringt einen großen Thcil des Tages außer Bett zu. Der Appetit hat sich gehoben ; der Schlaf ist gut. — In Leipzig haben am 8. d. Mts. in zwei verschiedenen Sälen öffentliche Bolksversammlungen stattgefunden, welche von sozialdemokratischen Agita toren cinberusen waren und den Zweck hatten, die Sympathie der Leipziger Arbeiterschaft mit dem Ar beitsausstand der Buchdrucker kundzugcben. In bei den Bersammlungen wurde es klar ausgesprochen, daß, wenn die Buchdrucker den neunstündigen Arbeitstag erzwingen sollten, dann nicht nur die übrigen Arbeiter darnach streben müßten, dasselbe Ziel zu erreichen, sondern daß dann von Frischem der Kampf um den achtstündigen Arbeitstag be gonnen und die Macht der Arbeitgeber gebrochen werden soll. Wenn noch immer ein Zweifel hier über obwalten konnte, so ergiebt sich aus diesen Bersammlnngcn, wie solche ja auch anderwärts abgc- halten worden sind, mit unumstößlicher Gewißheit, daß der Arbeitsausstanv der Buchdrucker lediglich ein Vorstoß der sozialdemokratischen Partei nnd da rauf berechnet ist, eines TheilS eine Probe ihrer Macht abznlegen und anderentheils die Buchdrucker vollständig den.Reihen der Sozialdemokraten einzu verleiben. — Leipzig. In der Nacht vom 9. zum 10. d. M. ist ein in einem hiesigen Hotel abgestiegener Ge schäftsreisender aus Berlin in frecher Weise be stohlen worden. Als er gestern Morgen erwachte, vermißte er in seinem Zimmer einen sogenannten Stanleymantel von grauer Farbe und Hellem Lama futter, einen schwarzen Kammgarnrock, sowie eine dunkle blaugestreifte Kammgarnhose, und als er da raufhin Lärm schlagen wollte, merkte er zu seinem Schrecken, daß sein Zimmer von außen abgeschlossen und er in demselben gefangen war. Er hatte näm lich unvorsichtiger Weise am Abend vorher den Zimmer schlüssel von außen stecken lassen und diesen Umstand hatten die Diebe benutzt, um durch Einschließung des Bestohlenen einen Vorsprung bei ihrer Verfolgung zu gewinnen. Der Diebstahl ist vermuthlich von zwei in den zwanziger Jahren stehenden Personen, die am Abend vorher in dem fraglichen Hotel abgestiegen sind und sich für Berliner Handelsleute auSgegeben haben, verübt worden. — Der Chemiker I)r. Forster in Planen hat eine Lebensmiitelverfälschung schlimmer Art entdeckt. Er hat bei Untersuchung einer ihm von einem dort igen Bäcker zum Zwecke der Untersuchung zugesandten ReiSmehl-Probe Ultramarin entdeckt, mit welchem das Mehl gefärbt worden war. Durch Blau und Weiß entsteht bekanntlich Gelb, und das so gefärbte Mehl hatte das Ansehen des feinsten nngarischen Kaiser auszuges. — Zwickau. Die Tagesordnung für die Sitz ung des Kreisausschusses am Sonnabend, den 16. Januar 1892, Vormittag '/,12 Uhr besagt Folgen des: I) Die abgeänderte Gemeindeanlagenordnung sür Hohenstein. 2) Rekurs mehrerer amerikanischer Firmen in Chemnitz wegen Heranziehung zu den Ge meindeanlagen daselbst. 3) Beschwerde der städtischen Beamten in Buchholz wegen Entrichtung von Pcn- sionSkassen-Beiträgen. 4) Rekurs des MühlenbesitzcrS F. C. Kollmus in Siebenbrunn in DiSmembrationS- sachen. 5) Uebernahmc eines Traktes der fiskalischen Königsstraße in Treuen in städtische Unterhaltung. 6) Rekurs des Kaufmanns H. Bäßler in Glauchau wegen der Abschätzung zu den Kommunanlagcn da selbst. 7) Rekurs des Bankiers M. Sarfert in Zwickau gegen die Abschätzung zu den Gemeindcab gaben daselbst. 8) Rekurs der Sächsischen Maschinen fabrik in Chemnitz gegen die Abschätzung zu den Kommunanlagen daselbst. 9) Rekurs des Brauer Beinert n. Gen. in Annaberg wegen Heranziehung zur Biersteuer daselbst. 10) Rekurs des Kürschner- gchülsen C. F. Fürst in Lengenfeld wegen der Nach schätzung zur dortigen Centralsteucr. 11) Rekurs ter Firma E. Spannagel in Berlin wegen Besteuer ung de» WanderlagerbeniedeS in Oclsnitz. 12) Re kurs des Prokurist H. E. Wagner in Crimmitschau gegen die Abschätzung zn den Kommunanlagen daselbst. 13) Rekurs de« Chemikers 1)r. pli. H. Lüddcns in Arnis wegen Entrichtung von Gemeindeabgaben in Meerane. 14) Rekurs des Kaufmanns V. Spranger in Oederan wegen geforderter WasserleitungSanschlnß- koston. 10) Rekurs des Kaufmanns Hugo Birkicht und 16) Rekurs des Kaufmanns Otto Schönfelder in Auerbach gegen die Abschätzung zu den Kommun anlagen daselbst. 17) Rekurs des Brunnenbaumeisters Beruh. Höfer in Plauen gegen die Abschätzung zu den dortigen Gemeindcanlagcn. 18) Rekurs des Fabrikbesitzer« H. Ortlepp in Greiz und 19) Rekurs des Privatier E. Wagner in Lößnitz gegen die Ab schätzung zu den Kommnnanlagen in Auerbach. 20) Disserenzen zwischen den Ortsarmenverbänden von n. DilterSdors und Drebach wegen Erstattung von Kur- und Verpflegkosten für die verchel. Wieland, I>. Lichtenstein und Raschau wegen Erstattung von Kurkosten sür den Handarbeiter M. E. Scherfig aus Obermittweida. — Annaberg. In einem hiesigen hervorragen den Posamentencxportgeschäft wurden große Verun treuungen entdeckt, welche sich ein daselbst beschäf tigter Lehrling hat zu Schulden kommen lassen. Der leichtsinnige junge Mann hat seit 'etwa Jahresfrist ziemliche Mengen von Materialien zur Posamenten fabrikation, vor Allem Perlen u. Seide, sowie fertige Knöpfe bei Seite zu bringen gewußt und dieselben an einen hiesigen Posamentenverleger verhandelt, welcher unzweifelhaft von dem unredlichen Erwerbe derselben Kenntnis; gehabt hat. Der diebische Lehrling hat auf eindringlichen Vorhalt gestanden, sür etwa >000 Mark Materialien und Maaren entwendet zu haben, doch dürfte sich der gestohlene Betrag ans eine noch höhere Snmme belaufen. — Von dem Nachmittags halb 7 Uhr von Adorf nach Chemnitz abgehenden Personenzuge wurde am vergangenen Freitag in der Nähe der Station Schöneck ein inst Klötzern beladener Schlitten überfahren. Das Fuhrwerk wurde nebst dem Geschirrfllhrer von der Lokomotive znr Seite geschlendert, während die Pferde unverletzt auf dem Uebergange stehen blieben. Be schädigungen waren am Eisenbahnzuge nicht zu bemerken. — Aus dem oberen Vogtlande, 10. Jan. Der Viehschmuggel war im letzten Jahre vielfach so arg, daß die Grenzaufscher hier vermehrt werden mußten. Es gelang ihnen ja auch mancher gute Fang; aber meist konnte blos das eingeschwärzte Vieh beschlagnahmt werden, während die Schmuggler ent kamen. Am 20. April hatte der Wirthschafksbesitzer und Viehhändler Christian Wilhelm Louis Schmidt in Untergettengrün 2 Kühe aus Böhmen über die sächsische Grenze gepascht und war dabei ertappt worden. Er erhielt dafür vom Landgerichte Planen eine sieben monatliche Gefängnißstrase. Da am 1. Februar der Zoll niedriger und die Bestimmung des Viehseuchen gesetzes etwas milder wird, so wird wohl der Vieh schmuggel dann von selbst nachlassen. — AuS dem Erzgebirge. Der Flachsbau wurde früher im Erzgebirge so allgemein betrieben, daß selbst der kleinste Bauer sein Flachsfeld halte. Im Winter, wenn das Getreide ausgedroschen war, wurde der Flachs zubereitet, zu Garn gesponnen und meist auch im Bauernhause selbst zu Leinwand ge webt. Damals trugen nicht nur die Frauen leinene Gewänder, sondern auch die Männer ließen sich Röcke und Beinkleider aus blaugesärbter Leinwand Herstellen und trugen diese auch als Kirchenkleider. Seit etwa 20 Jahren hat der Flachsbau immer mehr nachge lassen, weil die Baumwollenwaaren mit der Leinwand in Wettbewerb traten und diese vielfach verdrängten. Erst als dnrch die Bemühungen der landwirthschaft- lichen Vereine die belgische FlachsbearbeitnngSmethode Verbreitung fand, wurde wieder mehr Lein gesät, aber das Hecheln und Spinnen deS Flachses besorgten die Landwirthe selten selbst; sie zogen eS vielmehr vor, den gerösteten Flachs gleich an die Flachsspinner eien zu verkaufen und diesen die Bearbeitung zu überlassen. Daß diese Spinnereien auch keinen großen Gewinn erzielen konnten, läßt sich daraus erkennen, daß die Actienflachsspinnerei Schloßmühle in Marien berg jetzt in der Auflösung begriffen ist. — Zur Ausbildung mit dem neuen Gewehr werden in nächster Zeit wieder zu einer zehntäg igen Hebung Mannschaften der Reserve und Land wehr aus den Jahrgängen 1881 bis 1887 eingezogen. Für die aus irgend einem Grunde Zurückgestellten findet eine Nachübung im März statt. — Vom 1. Januar 1892 ab werden in allen deutschen Apotheken alle zum äußerlichen Gebrauch bestimmten Arzneimittel in sechseckiger Flasche mit rother Signatur, alle zum innerlichen Gebrauch bestimmten Arzneimittel in runden Flaschen mit weißer Signatur abgegeben. Amtliche Mitthkilungcn ans der 14. öffentlichen Sitz ung der Stadtverordneten am 30. Dezember 1891. Vorsitzender: Herr Vorsteher Hertel. Anwesend: 17, entschuldigt 2, unentschuldigt 2 Stadtverordnete. Der Rath ist vertreten durch Herrn Bürgermeister Or. Körner. Den einzigen Punkt der Tagesordnung bildet: Bericht der Commission, die Abänderung des Pensions- kassenregulativS betr., und Beschlußfassung darüber. Das Collegium halte in der Sitzung vom 16. Dezember 1891 die Vorlage an eine Commission von 5 Gliedern verwiesen, in deren Auftrag Herr Gläß über da« Ergebniß der gepflogenen Berathungcn re- ferirtc. Die Commission empfiehlt nach Darlegung aller in Frage kommenden Interessen die Anträge unter 1: die dnrch den I. Nachtrag zum Orisstatut vom 7. August 1884 eingeführten Pensionsbeiträge vom I. Januar 1892 ab wieder aufzuheben, und unter 2: dessen ungeachtet den Hinterlassenen der auf Zeit angestellten besoldeten Rathsmitglieder Pensions berechtigung nach Maßgabe der für Civilstaatsdiener jeweilig gesetzlich vorgeschriebenen Bestimmungen zu gewähren, zur Annahme nnd giebt dem Collegium anheim, die Vorlage im Uebrigen und soweit sie sich ans die Deckung des Ausfalls bezieht, abznlehnen. Die Vorschläge der Commission werden einstimmig znm Beschluß erhoben. Gleichzeitig nimmt das Collegium Kenntniß von der Einladung zur Einweisung der neugewähltcn Raths mitglieder. Endlich findet eine Anfrage deS Herrn Brandt, weshalb gerade da« freie Umherlaufen der über 65 ein großen Hunde verboten sei, Erledigung. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 14. Januar. (Nachdruck verbot«,.) Es war ei» außerordentlich wichtiger und bedeutsamer Schritt, den Rußland oder vielmehr der Zar, natürlich der zu Concessioneu an den Fortschritt überhaupt geneigte ver storbene Zar, mit der Reform vom 14. Januar 1874 that. Au diesem Tage wurde nämlich die allgemeine Wehrpflicht in Rußland eingesührt. Damit war selbstverständlich eine sehr wesentliche Herabsetzung ter Dienstjahre im stehenden Heer verbunden und wenn man bedenkt, daß gewöhnlich die zuni Militärdienst Gepreßten bis dahin fast ihr gesammtes bestes Mannesalter in der Uniform verbringen mußten, so kann man leicht den materiellen Fortschritt ermessen, abgesehen von dem moralischen. Es ist überhaupt traurig, daß gerade Kaiser Alexander ll. von Rußland so früh seinen Tod durch Nihilisten hand finden mußte; denn gerade er war mehr, denn jemals ein russischer Kaiser westeuropäischer Cultur, Aufklärung und dem Fortschritt geneigt. 15. Januar. Am 15. Januar vorigen Jahres kamen von jenseits des OceanS die ersten Nachrichten von der Revolution in Chile: heute ist dort drüben anscheinend Alle» wieder ruhig. Welch' eine Fülle von Ereignissen haben sich in jenem halbcivilisirte» Lande innerhalb nur eines Jahres abgespielt! Und wie be zeichnend ist es für die Schnelllebigkeit unserer Zeit, daß sich ein so großes Geschichtsdrama, zu dem früher oft ein Jahrzehnt gehörte, in dem engen Raume eines Jahres abspiclen kann. Anfang Januar vorigen Jahres brach der Präsident von Chile, Balmaceda, die Verfassung und die Revolution begann. Be reits einen Monat später waren die Aufständischen in. Kampfe mit der angemaßtcn Diktatur Balmacedas, im Juli dringen jene bis gegen die Hauptstadt vor und im August bereits werden die Entscheidungsschlachten geschlagen und wird Bal maceda gestürzt. Und diese entscheidenden Ereignisse unter Ueberwindung größter Terrainschwierigkeiten, unter plötzlichen Vorbereitungen der Aufständischen zum Kriege, die ja kein Heer, keine Waffen hatten. Das beweist den großartige» auf den Erfindungen und dem Verkehr beruhenden Fortschritt und den Trost haben wir wenigstens in unserer kriegsdrohende» Zeit, daß die Kriege zwar furchtbarer, aber auch kürzer denn je sein werden. Die Schloßmamsell. Eine Erzählung von F. Herrmann. (2. Fortsetzung.) IV. Da klopfte es an der Thür. Laubmann fuhr erschrocken aus seinem dumpfen Hinbrüten empor, suchte sich in der Geschwindigkeit so viel als möglich zu sammeln, und Jeannette trat in die Stube. Kummer und Unmuth war in ihren Mienen aus gedrückt, denn vergeblich hatte sie den Schloßhaupt mann von einer Spazierfahrt zurückerwartet, bis sie endlich mit angehender Dunkelheit erfuhr, daß er draußen in dem herrschaftlichen Jügcrhause übernachten und seine Heimkehr nach FcivelSheim erst morgen gegen Mittag erfolgen werde. „UebrigenS," fügte sie hinzu, „können Sie auf die Herbeischafsung der sechshundert Thaler mit aller Sicherheit rechnen, denn wenn ich auch bis zur Er scheinung eines gewissen Zeitpunktes den Schloßhaupt mann nach dem ausdrücklichen Willen meines ver storbenen Vaters in allen Angelegenheiten dieser Art zu Rathe zu ziehen verpflichtet bleibe, so bin ich doch schon im voraus überzeugt, daß er ohne weiteres Be denken sich zur Zustimmung in mein Vorhaben werde geneigt finden und die verlangte Geldsumme verab folgen lassen." „Bis zur Erscheinung eines gewissen Zeitpunkte«?" fiel der Zolleinnehmer mit neugierigem Befremden ihr in die Rede. „Ei nun, sie wissen ja wohl, lieber Herr Nachbar," versetzte Jeannette mit einem leichten Errötben, „daß ein unverehelichtes Frauenzimmer, sollte es auch Methusalem» Jahre erreichen, da» traurige Schicksal hat, fortwährend für unmündig gehalten zu werden, und daß auch ich mithin über mein Vermögen nicht so ganz nach freier Willkür verfügen darf." „Allerdings ist dies Ungerechtigkeit," sagte Laub mann, „und eine schwere Versündigung gegen da« gesammte weibliche Geschlecht! Aber schon längst, liebste Mamsell, habe ich mich im Stillen darüber gewundert, daß Sie, obwohl eS Ihnen gewiß an Gc-