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die sritheren Beschlüsse deshalb aufrecht und will die Sache nunmehr an die Stadtverordneten abgebe». 4) Das Schankconceffionsgesuch des StickerS Richter wird mangels Bedürfnisses abgelehnt. 5) Der Glaser Theodor Siegel wird aus sein Ansuchen von dem Amte als BezirlSvorsteher im l. Bezirk entbunden und an seine Stelle Hermann Unger als BezirlSvorsteher und Hermann Blechschmidt als dessen Stellvertreter gewählt. 8) Die Winklervorftadt soll aus dem II. Bezirk heraus genommen und dem IV. Bezirk zugewiesen werden. 7) Von den Gesuchen der Anwohner der Forststraße, Wasserversorgung betr., nimmt man Kenntniß und beschließt, es bei der Art der stattgehabten Erledigung bewenden zu lassen. Außerdem kommen noch 2 Steuersaiten, 5 innere Ver waltungssachen, l Disriplinarsache, sowie 5 Strafcrlaßgesuche zum Vortrag und Beschluß. Vor Schluß der Sitzung gedenkt der Vorsitzende noch deS Ausscheidens der beiden Stadträlhe, Comnierzicnrath Hirschberg und C. I. Dörffel, aus dem Rathscollegium, indem er den selben gleichzeitig sür ihre öffentliche Thätigkeit Namens der Stadtgemeinde Dank und Anerkennung ausspricht. Ans vergangener Zeit — für unsere Zeit. „Der Noth gehorchend, nicht dem eigenen Trieb" erklärte am II. Januar 1851 die schleswig-holsteinische Landesver sammlung, um den Einmarsch österreichischer und preußischer ErekutionStruppen zu verhindern und weil sie die Unmöglichkeit erkannte, diesen und Dänemark zugleich zu widerstehen, ihre Unterwerfung unter die Beschlüsse des deutschen Bundes. Dieser in Frankfurt a. M. vegelirende und stets gegen, nie sür deutsche Interessen handelnde Bund hatte die bedingungslose Auslieferung deutscher Provinzen, fast ausschließlich deutsch redender Bewohner an dänische Tyrannei beschlossen. So waren denn alle Mühen, alle Opfer an Gut und Blut der Schleswig-Holsteiner vergeb lich gewesen; sie mußten dem diplomatischen Unverstand des grünen Tisches und der rohen Gewalt weichen. Uin unnützes Blutvergießen zu verhüten, blieb der Landesversammlung eben nichts übrig, als den Widerstand auszugeben, obschon man sehr Wohl wußte, welch' einer Zeit der Reaktion und Bedrückung man entgegensehe. Diese sind denn auch eingetreten und jener znm Glücke Deutschlands verflossene Bundestag hat die von 1881 bis 1884 sür die Elbherzogthümer folgenden schweren Tage aus dem Gewissen. Wahrlich ein Segen, daß heutzutage über die Geschicke Deutschlands Männer zu befinden haben, die mitten im Volke siche» und das wirkliche Leben erkennen, nicht verknöcherte Büreaukraten, denen die Geschicke der Völker gleichgiltig waren. 12. Januar. Am 12. Januar sind 25 Jahre verflossen seit der offizi ellen Einverleibung Schleswig-Holsteins in den preußischen Staat. Am 12. Januar 188/ erschien das königl. preußische Patent wegen der Besitznahme und zugleich eine bezügliche Proklamation des Königs Wilhelm von Preußen an die Ein wohner der Provinzen. Zum Theil wenigstens war man auch dort oben im 'Horden davon, preußisch zu werden, nicht sonder lich erbgut; allein sehr bald fand man die Sache keineswegs so schlimm und heute sind wir ja Alle in erster Linie Deutsche und rechte Deutsche halten alle Angehörige des großen geeinten Deutschland gleichwerth. 13. Januar. Am 13. Januar 1814 wurde die Festung Wittenberg von den preußischen Truppen unter General Taucnzien erstürmt. Es war eine der Festungen, die am längsten von den Fran zosen gehalten wurden, auch dann noch, als Napoleons Kriegs glück längst bereits sich in schwere Niederlagen gewendet hatte. Wenn man heute liest, daß Wittenberg, eine mitten in Deutsch land liegende deutsche Stadt von Franzosen besetzt gehalten wurde und von deutschen Truppe» erstürmt werden mußte, so sollte man säst an einen Druckfehler glauben; denn ge wöhnlich werden Festungen erstürmt, die in Feindesland liegen. Das war aber eben jene Zeit des zerstückelten und in sich uneinigen Deutschland, in dem der Feind so festen Fuß fassen konnte, daß er aus den festen Plätzen ausgetricben werden mußte, als 'Napoleon längst nicht mehr in Deutschland weilte. Gott sei Dank, daß uns jene Zeit heute als eine schier un mögliche erscheint, die nimmer wiederkehren wird. Die Schloßmamsell. Eine Erzählung von F. Herrmann. (1. Fortsetzung.) Jeannettens wiederholten Versicherungen zufolge konnie ihm bei seiner Rückkehr von der Universität die Predigerstelle zu Feidelsheim durchaus nicht ent gehen. Der Geistliche des Ortes, ein hochbejahrter Greis, stand mit dem einen Fuße bereits im Grabe; bei der Wahl seines Nachfolgers hatte der Schloßhauplmann vor Rath und Bürgerschaft eine entscheide«« Stimme, und wie kinderleicht diese durch Jeannettens Ver wendung sür Theodor zu gewinnen sei, war rem Zolleinnehmer so kund und klar, daß er schon im Geiste seinen Sohn in der selten Pfründe sitzen und seiner Rückkehr von der Akademie, obgleich er sich eben erst anschickte, dieselbe zu beziehen, bereits mit brennender Ungeduld entgegensah. So war die Lage der Dinge, als die gelungene Ausführung des räuberischen Unternehmens in der Schreibstube plötzlich alle süßen Träume und Erwart- ungen Laubmanns zerstörte und ihm dagegen die Aus sicht eröffnete, mit Schimpf und Schande seines Dienstes entsetzt, de« UnterschleiseS angeklagt und, nach Be schaffenheit der richlerltchen Ansichten und Meinungen, vielleicht wohl gar zu lebenswierigem FeslungSarrest rerurthcilt zu werden. III. Al« der sinnbelänbcnde Schrecken des ersten Gin drucke« allmählich nachzulassen unv ein ruhigeres Er wägen des italkgehabien Unfalles an dessen Stelle zu treten anfing, verfügte Laubmann sich, dem dunkcl- inahncnden Winke in seinem Inneren Gehör gebend, mit schwankenden Schritten zur Schloßmamjcll hinüber, um ihr da« traurige Ereigniß mitzutheilen, ihre Ge danken und Vermuthungen darüber zu vernehmen und sich ihren Rath und Beistand zu erbitten. Mit leiser Hand klopfte er an die Thür ihrer Wohnstube, fand diese bei seinem Eintritte leer und war bereit« im Begriff wieder umzukchren, al« ein matte« Stöhnen und Aechzen, da« au« der angrenzen den Schlafkammer sich vernehmen ließ, ihm Jeannetten« Anwesenheit kund that. Sie lag tief in ihrem Bett begraben, fing, sobald sie de« herbeischleichenden Nachbar« ansichtig wurde, sogleich über heftigen Schwindel und Kopfschmerz sich zu beklagen an und winkte ihm mit der Hand, auf einem neben dem Lager befindlichen Lehnsessel Platz zu nehmen. Grauen und Bestürzung schienen, nebst dem un verkennbarsten Ausdrucke schmerzlicher Theilnahme, sich Jeannetten« zu bemächtigen, al« Laubmann mit verstörtem Gesicht und in zitternden Worten ihr über da« ihn betroffene Unglück Bericht zu erstatten begann. Thränen des innigsten Mitgefühl« strömten ihr bei seiner Wehklage um den unersetzlichen Verlust über da« fieberhaft glühende Gesicht, und doch hatte er, auf die für ihn verderblichen Folgen de« Ereig nisse« übergehend, seinen Vortrag kaum zur Hälfte vollendet, al« er von ihr schon mit Hand und Mund die Zusicherung erhielt, daß sie, so wie es immer der Fall gewesen, auch diesmal mit dem angelegentlichsten Eifer von allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln Ge brach machen werde, um womöglich aus dieser pein vollen Bedrängniß ihn herausziehen und seine Ehre aufrecht erhalten zu helfen. Ihrer Versicherung nach hatte sie ununterbrochen schon seit dem gestrigen Mittag da« Bett hüten müssen, war nach schlaflos vorübergegangeuer Nackt endlick vor einigen Stunden in einen erquickenden Schlummer gefallen, aus welchem erst das Knarren ihrer Stuben- thür sie wieder erweckte, und wußte mithin, da der Diebstahl höchstwahrscheinlick während dieser Zeit verübt worden war, sich nicht zu erinnern, in der nebenan befindlichen Wohnung etwa ein verdächtiges Geräusch vernommen zu haben. Freilich konnte sie nicht umhin, die allzu große Sorglosigkeit, deren sich der Zolleinnehmer bei Auf bewahrung einer so bedeutenden Geldsumme schuldig gemacht, zu rügen und zu tadeln, billigte es aber, daß er, nachdem der Vorfall einmal geschehen war, mit Vermeidung alles anderweitigen zwecklosen Auf hebens von der Sache nur den Rath der vertrauten Freundschaft dabei zu benutzen beschlossen habe, und entließ endlich den armen Bedrängten, nachdem sie ihn ermuntert hatte, der angenommenen Verfahrungs- weise auch für die Folge treu zu bleiben, unter der tröstenden Zusage, daß sie unverzüglich, so erschöpft und abgemattet sic sich auch fühle, einen Gang zu dem Schloßhauptmann zu unternehmen gewillt sei, um mit demselben sich unter dem Siegel der Ver schwiegenheit über diesen Vorfall zu besprechen und die Art und Weise zu überlegen, wodurch ihm am füglichsten aus der Verlegenheit geholfen werden könne. Zwar hielt der Zolleinnehmer, wenn es ihr um Bewerkstelligung dieses letzteren Punktes ernstlich zu thun war, die Einmischung des Schloßhauptmanns keineswegs für nothwendig, da Jeannette, wie er gar wohl wußte, ein nicht unbedeutendes Vermögen besaß und darüber mit völlig freier Hand zu schalten hatte. Doch wagte er es nicht, die in ihm aufsteigenden Gedanken laut werden zu lassen, sondern nahm den dienstgcfälligen Vorschlag in schweigender Dankbarkeit an und begab sich, nacktem er mit gerührtem Herzen ihr die Hand geküßt und sie den Schutzengel seines Hause« genannt batte, gestärkt und beruhigt nach seiner Wohnung zurück. Bald darauf sah Laubmaun Jeannette aus der Hauslhür treten und dem Versprechen gemäß ihre Richtung nach der Gegend des Schlosses einschlagen. „Da geht sie hin, die edle Seele!" sagte er zu seiner Frau, die trotz des ermunternden Trostes, mit welchem er von der Nachbarin zurückgekehrt war, noch immer in sprachloser Betäubung vor sich hinslarrte. „Ja, cS bleibt immer und ewig wahr, ein vorwurfs freies Gewissen und ein Freund in der Noth sind doch die herrlichsten Güter des Lebens! Wie sollte ich es jetzt anfangen, mich durch eigene Kraft aus dem entsetzlichen Labyrinth hcrauszuwinden, hätte nicht dieser so häufig verkannte und verleumdete Engel mir die rettende Hand dargeboten? O, niemals, niemals werde ich eine so liebreiche, zuvorkommende Güte, und wenn ich cs auch Tag und Nacht mein einziges Dichten und Trachten sein ließe, nach Würden vergelten können!" „Das glaube ich gern," versetzte die Alte; „denn werden auch die gestohlenen sechshundert Thaler durch fremde Hilfe vor der Hand wieder ersetzt, so ist Dir das Geld ja doch nicht geschenkt, sondern nur geliehen, unv Du wirst es, so sehr Du Dich auch plagen und anstrengen magst. Dein Lebtag nicht wieder bezahlen können! Reicht doch da« Entkommen Deine« Dienst posten« nur eben hin, un« den nöthigen Lebensunter halt zu verschaffen. Wie sollte denn zur Abtragung einer so unerschwinglichen Schuldenlast wohl jemals Rath werden, wenn kein Wunder vom Himmel da zwischen tritt? O du mein Herrgott, läge ich doch lieber im Grabe, statt ein so bejammernswürdige« Unglück erleben zu müßen!" An die Wiedererstattung de« gehofften DarlehnS hatte Laubmann, dem bisher nur die von dem Haupt zollamt verlangte richtige Ablieferung dieser Summe am Herzen gelegen hatte, in der That nicht eher ge dacht, als eben jetzt, da er durch die trübsinnigen Klagen und Einwürfe seiner geängstigten Hausfrau daran erinnert wurde. Allerdings hatte sie einen Punkt zur Sprache ge bracht, dessen nähere Erwägung auch ihm die kaum erheiterte Stirn sogleich mit neuen Falten überzog. Noch war das Gewittergewölk, das ihn in die schaurigste Tiefe de« Elend« zu stürzen gedroht hatte, nicht völlig vertheilt, und schon sah er mit ahnendem Geiste sich an einen abermaligen Abgrund versetzt, der mit undurchdringlichem Dunkel sich vor ihm auf- that. Still und gedankenvoll warf er sich auf einen im Hintergründe der Stube befindlichen Sessel, preßte vaS bleiche Gesicht gegen die Lehne desselben und überließ sich, ohne einen Finger zu regen, während der Abend herannahte und die Dämmerung mehr und mehr überhand nahm, der düsteren Betrachtung, zu welcher sein Inneres, von einem so feindlichen Ge schick verfolgt, ihn drängte. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Mannheim. Welche schlimmen Folgen unter Umständen die leidige Unsitte der Absendung von so genannten .Witzkarten" anläßlich de« Neujahrs festes haben kann, beweist folgendes trauriges Vor- kommniß, welche« sich in unserer Stadt zugetragen. Der Heizer K. hatte vor mehreren Jahren während seiner Militärdienst zeit ein intimes Verhältniß mit einem Mädchen, das er jedock später löste. Am NenjahrStage erhielt nun K., welcher sich inzwi schen mit einem anderen Mädchen verheirathet hatte, von seiner früheren Geliebten eine sogenannte Witz karte; hierüber gerieth die Ehefrau K.'s dermaßen in Aufregung, daß sie sich nach heftigem Zanke mit ihrem Manne aus Verzweiflung in den Neckar stürzte, wo sie den Tod fand. — Wilhelmsburg. Am letzten Sonntag Abend wurde, wie den „Harb. Nachr." berichtet wird, dem Kassirer auf einem hiesigen Tanzsalon von einem Arbeiter, der aufgefordert wurde, sein Tanzgeld zu bezahlen, die ganze linke Seite des Kinns ab gebissen. DaS fehlende Stück Fleisch dürfte ein Gewicht von 70— 80 Gramm haben. — Sehr häufig werden Kinder von Krämpfen befallen, ohne daß die besorgten Eltern dem Arzte gegenüber eine Erklärung über die etwaige Ursache zu geben vermögen. Zu dieser Frage schreibt ein Berliner Arzt: „Es geschieht recht oft, daß der Arzt an das Krankenbett von Kindern im Alker von '/z—2 Jahren gerufen wird, ohne daß die Mutter die Ursachen zu nennen vermag. Den sorgfältigen Fragen des Arztes gelingt es aber bald, festzusteUen, daß das mit der Aufsicht betraute Kindermädchen oder größere Geschwister durch häufige drehende Beweg ungen des Kindes die Krankheit herbcigeführt haben. Daß nach Beendigung des Tanzes und Drehens das kleine Wesen da« Köpfchen hängen läßt, hat Niemand bemerkt, bis bald darauf die Krämpfe eintreten, welche das Leben des Kinde«, wie stets bei Krämpfen in diesem zarten Alter, auf das Aeußerste gefährden. Ebenso verwerflich ist das Schaukeln mit kleinen Kindern im Arme." - Das deutsche Osfizierthum und die Zcitströmungen. In einer lesenswcnhen Schrift erzählt der Verfasser Generalmajor Paul v. Schmidt, als Zeugniß für die knorrige Derbheit der Generale der Befreiungskriege folgende Geschichte: „Das Aorksche Korps geht zum Angriff vor. In gleicher Höhe avanciren die Brigaden Borstcll und Katzeler. Die Brigaden haben weithin sichtbare Marschricht- ungSpunkic. Auf einmal weicht die Brigade Borstell immer weiter nach rechts ab, die Brigade Katzeler in ihrem Vormarsch behindernd. Borstell schickt seinen Adjutanten zu Katzeler, er möchte in drei TeurelS 'Namen geradeaus gehen. Katzeler antwortet gar nicht. Wieder erscheint der Adjutant mit »och deut licherer Aufforderung, deren Wortlaut er nach Mög lichkeit zu mildern strebt. Katzeler schnaubt ihn an und hält ihm eine donnernde Rede, so daß die ganze Brigade jedes Wort vernimmt. Der Adjutant kehrt zu Borstell zurück und bestellt, der Herr General wäre zu seinem Bedauern außer Stande, eine andere Marschrichtung einzuhalten, weil, weil... „Ach was," fährt Borstell dazwischen, „mack er mir keine Redensarten, Herr Tintenspion, bestell' er mir wörtlich, was der Katzeler gesagt hat." — „Wörtlich Herr General?" — „Natürlich, will mirs auSgebeten haben." — „Der Herr General sagte: Wenn da» Mnrmclthier, der Borstell, den Sumpf vor meiner Front nicht sehen kann, dann hat er mehr Dreck in reu Augen als wir an den Stiebeln." — „Na also." lackte Borstell, „das sieht meinem Freunde Katzeler ähnlich." — Die gute Uhr. Later (entrüstet): „Nun hast Du Dich wieder zwei Stunden nach der Schule herumgelrieben?" — Sohn: „Wie viel Uhr ist e» denn?" Vater (giebt ihm eine Ohrfeige): „Eben hat e« Eins geschlagen." Sohn: „Da bin ich froh, daß ich nicht eine Stunde früher gekommen bin." Ein Kuß, ein Schlag, ein Kassenschein, Wirken immer am rechten Orte Jede« für sich so start allein Wie tausend Worte. —