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5* Johann Pachelbel (1653-1706) Zwei Toccaten für Orgel (c-moll — g-inoll) 6. Eberhard Wenzel „Die Heimkehr“ für gemisditen Chor a cappella I. Da er zurückkehrt und die Erde ferner, ganz fern verschwebt in Tiefe, Dunst und Dunkel, da aufwärts er den Weg genommen, blendet das Leuchten der Gestirne ihm den Blick. Er kommt allein den schmalen, hohen Pfad; kein Engel bei ihm und kein Abgesandter, nichts als der Wind, den er zu bleiben bat. Und ohne Engel, ohne Abgesandten, tritt nun zu ihm in übergroßem Glanze, den Schein der Tag- und Nachtgestirne dunkelnd, auf halbem Weg, allein, der ihn entsandte, der Vater, und umarmt ihn groß und stumm. Und die Umarmung sagt: „Mein Sohn!“ Und der den Pfad von Erde bis zum Himmel ausgegangen, so stumm, wie nun der Vater ihn umarmt, er weint. (Erstaufführung) II. Beim Gange durch die ew’gen Bäume stützt ihn der Vater zart wie einen Kranken. Er blickt auf, er atmet Welche Helle! Der Vater stützt ihn, und sie schreiten, und nun ist es, daß der Heimgekehrte spricht die ersten Worte, nichts als dies: „Wie dunkel, wie grauenvoll dunkel ist es doch da unten!“ III. (Der Vater) Vielleicht, wenn er ein Mensch wär’, böt’ er jetzt dem Sohn den ersten Trunk (Trunk des Vergessens), vielleicht, er hätte ihm ein Mahl bereitet und eine Lagerstatt zu gutem Schlaf. (Ossip Kalenter.) 7. Heinrich Spitta Fantasie über den Choral 1. (Choralmelodie im llaß) O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf! Reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloß und Riegel für! 2. (Choralmelodie im Baß, dann in der Mittelstimme, in der Oberstimme und im llaß) O Erd’, schlag’ aus, schlag’ aus, o Erd’, daß Berg und Tal grün alles werd’! O Erd’, hervor dies Blümlein bring’, o Heiland, aus der Erden spring’. O Heiland, reiß die Himmel auf”, für Orgel 3. (Choralmelodie in der Oberstimme) O klare Sonn’, du schöner Stern, dich wollten wir anschauen gern; o Sonn’, geh’ auf! Ohn’ deinen Schein in Finsternis wir alle sein. 4. (Uhoralmelodie i» der Mittelstimme) Hie leiden wir die größte Not, vor Augen steht der ewig’ Tod: Ach komm, führ’ uns mit starker Hand vom Elend zu dem Vaterland. (Aufgezeichnet um 1G30.) 8. Günter Raphael (geh. 1903) „Vorn jüngsten Gericht”, für vier- bis nditstimmigen gemisditen Chor a cappella Op.30, Nr. 1 (Erstaufführung) Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle heilige Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit. Und werden vor ihm alle Völker versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, gleich als ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet. Und er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken. Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt. Denn ich hin hungrig gewesen, und ihr habt mich ge- speiset, ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich ge- tränket, ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich beherbergt, ich bin nackend gewesen, und ihr habt mich bekleidet, ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besuchet, ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu mir gekommen. Dann werden die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen, und haben dich gespeiset, oder durstig, und haben dich getränket, wann haben wir dich einen Gast gesehen und beherbergt, oder nackend, und haben dich bekleidet, wann haben wir dich krank oder gefangen gesehen, und sind zu dir ge kommen? Und der König wird antworten und sagen zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln. Ich bin hungrig gewesen, und ihr habet mich nicht gespeiset, ich bin durstig gewesen, und ihr habet mich nicht ge tränket, ich bin ein Gast gewesen, und ihr habet mich nicht beherberget, ich bin nackend gewesen, und ihr habet mich nicht bekleidet, ich bin krank und gefangen gewesen, und ihr habet mich nicht besuchet. Da werden sie ihm antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich gesehen hungrig oder durstig oder einen Gast oder nackend oder krank oder gefangen, und haben dir nicht gedienet? Dann wird er ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch: was ihr nicht getan habt einem unter diesen Geringsten, das habt ihr auch mir nicht getan. Und sie werden in die ewige Pein gehen, aber die Gerechten in das ewige Leben. (Matth. 25, V. 31—46.)