Volltext Seite (XML)
Zur Einführung Fidelis F. Finke ist der bedeutendste lebende sudetendeutsche Komponist und einer der ge- achtetsten deutschen Tonsetzer überhaupt. Der heute Fünfzigjährige sFinke wurde am 22.Oklober 1891 in Iosefstal in Nordböhmen geboren), dem Prag zur Wahlheimat wurde, kann auf ein umfangreiches Werk zurückblicken. Kaum ein Gebiet von der Kammermusik bis zur Oper, das er nicht gepflegt hätte, dazu pädagogische und schriftstellerische Tätigkeit — so hat Finke in vielfacher Weise anregend gewirkt. Mit der „Deutschen Kantat e", nach den sprachlich wertvollen, im Feuer der Vater landsliebe geglühten Worten des sudetendeutschen Dichters Franz Holler, hat Finke sein bisheriges Schaffen gekrönt. In neun Abschnitten zieht das Werk vorüber. Der Schluß, „Lob der Heimat", kehrt ^u dem feierlichen O-Dur des Anfangs im „Hymnus an mein Volk" Zurück- so wird eine formale Rundung und zugleich das tonale Fundament geschaffen, auf dem sich die im weiteren Verlauf oft sehr kühnen Klänge erheben können. Die zweite Nummer, „Morgenlied der Schar", ist dem (einstimmigen) Knabenchor anvertraut. Dabei ist es Finke in einzigartiger Weise gelungen, die Einfachheit des Fugendgesangs in den sinfonischen Verlauf seines Werkes einzubauen. Ein überaus kunstvolles, in kühner Poly- phonie sich ergehendes Orchesterzwischenspiel, dem das Wilhelmuslied zugrundeliegt, leitet zu dem dramatisch bewegten „Aufbruch" für Männerchor über. Lyrischer Gegensatz Nr. 4: „Tage des Frühlings" für SolosopraN- beachtenswert, wie der Komponist hier die Sing stimme sich schwärmerisch aussingcn läßt und die Farben des Orchesters, unter charakte ristischer Verwendung der Harfe, dem Tert anpaßt. Der „Spruch der Wanderer" wird sinn gemäß von einem marschartigen ols-Moll eingeleitet. Zu den Männerstimmen gesellen sich später die Frauenstimmen. Den Schluß des ersten Teiles bildet das „Lied der Kommenden", das schon durch die Verbindung der Chorstimmen mit dem Solosopran eine weitere Steige rung bedeutet. Den zweiten Teil eröffnet das ungemein eindringliche „Wächterlied" für Solobaß, in dem sich Finkcs Tonsprachc in kühnen Klängen am eigenartigsten durchsetzt. Auch in dem Qrchesternachspiel, das zu einem feierlichen Requiem, „Chor der Toten", über leitet, dessen ^.-vLpsllu-Teil an den Chor die allergrößten Anforderungen stellt. Die Orgel leitet dann zum „Lob der Heimat" über, das sich zu einem gewaltigen Hymnus steigert, um die „Deutsche Kantate", die man „eines der bedeutendsten Werke der nationalen Chor- literatur" genannt hat, abzuschließen. Dr. Karl L a u r. Texte der Chöre zu: 1. Lebenssinfonie „Heimat" Es sah meine Mutter im Garten mich gehn. Margret, Margret und laß mir die Blumen stehn, die brennende Liebe! Da war ich ein Kind noch, nun bin ich s nicht mehr. Ach Mutter,. Mutter, wie wird mir der Strauß so schwer, von brennender Liebe! Heller wird's mit jedem Tage, und die Seele wird mir freier. Was ich tief im Herzen trage, wird zu einer stillen Feier. Himmelstönc klangvoll rauschen, zaghaft klingt's aus tiefem Bronnen, diesen Stimmen will ich lauschen, einsam, glücklich und versonnen. Glück, o Glück! Die lautren Stunden frohen Schaffens zu erleben: Aller Schwere ganz ent bunden, sonnenwärts zum Licht zu schweben. Götter, habt mit mir Erbarmen! Laßt Ver gangnes nicht entgelten! Traget mich auf starken Armen hin zur schönsten aller Welten! Führet mich den Weg zum Reiche, wo sie thront, die ew'ge Klarheit, in das Land, das sonncnglcichc, in das Land der reinen Wahrheit! 2. a) Aus dem Chor „Das Jahr" Jänner Das Fahr geht an mit weißer Pracht. Drei König stapfen durch die Nacht. Das Nehlein scharrt den harten Grund, klar ziehn die Stern in ernster Rund. Der Weg verweht, das Haus so still, der Bauer liest in der Postill, der Ofen singt, die Stund vergeht, nur sacht! Wir kommen nie zu spät. Um Fabian, Sebastian hebt neu der Baum zu saften an, und an dem Tag von Pauls Bekehr ist halb der Winter, hin und her. Februar Oie Dohlen überm Baumschlag schrein. Es fegt der Wind den Himmel rein. Der Schlitten schellt, das Tannicht rauscht, die Magd aus stiller Kammer lauscht. Der Knecht fährt mit dem Holz zu Tal, viel Narren hat der Karneval. Schon färbt sich rost der Haselstrauch, am Fenster friert der Atemhauch. Was Malheis und Sankt Peter macht, das bleibt noch so durch vierzig Nacht. Der Riegel knirscht — o Heimlichkeit! Fetzt ist der Frühling nimmer weit. I») Fest- und Gedenksprüche Nr. 3 Wo ist ein so herrlich Volk, zu dem Götter also nahe sich tun als der Herr, unser Gott, so oft wir ihn aniufen. Hüte dich nur und bewahre deine Seele wohl, daß du nicht vergessest der Geschichte, die deine Augen gesehen haben, und daß sie nicht aus deinem Herzen komme alle dein Lebelang. Und sollte deinen Kindern und Kindeskindern kundtun. Amen. «?) Aus dem Zyklus „Herbstlieder" Vermächtnis Es rufen die Stimmen aus dämmernden Zeiten nach Männern, Bckennern und kühnem Entschluß. Der Sehnsucht des Volkes den Weg zu bereiten, den Weg zur Entscheidung, das heilige Muß. Das Korn ist geerntet, am Berge wächst Wein, wir bauen Maschinen, wir brechen den Stein. Beginnen, gewinnen: der Schrei von Millionen, die schaffend das Herzland Europas bewohnen! / Aus ewigen Bergen stürzt, donnernd und brausend, ein Sturm in die Lande und gräbt seine Spur: Die Zeiten vergehen, und so ein Jahrtausend, cs ist wie ein Atmen, ein Hauch der Natur. Die Wolken, sie wandern, die Welle, sie schäumt, ein Volk hebt die Augen, das nimmermehr träumt. Die vor uns lebten, sind erzene Stufen, den Weg zu vollenden, sind wir nun gerufen. / Es schweigen im Steigen zum Licht neuer Tage die Männer, Bekenner, es glänzt ihre Stirn. Die Lippen geschlossen, das Herz ohne Frage, mit stählernen Fäusten, erleuchtet das Hirn. Sie hören den Mahn ruf im Kampf und im Spiel: Ein Volk und ein Wille, ein Reich und ein Ziel! Wir kommen, ihr Schläfer in heiliger Erde, daß euer Vermächtnis Erfüllung nun werde. 3. Deutsche Kantate I. T e i I 1. Hymnus an mein Volk Volk, mein Volk, du! Aus der Tiefe auferstanden, hell umjubelt von Millionen aus der Erde meiner Väter, Volk, mein Volk, du, grüß ich dich! / Wir, die Söhne, unfern Ahnen neu verbunden, unsre Sterne hell zu Häupten, stehn wir, Anfang neuer Zeiten. Volk, du, unser aller Hort! / Volk, du Leben! Aus den Gräbern steigen Helden. Sang von Taten veht in Sturmen, morgendliches Auferstehn: Tod wird Leben, Opfer Sieg! / Volk, du Gottes! Aus der Tiefe auferstanden, singen jubelnd deinen Namen, weihen wir dir Tat und Leben, Volk, du unsre Ewigkeit! 2. Morgenlied der Schar Steht auf und lebt! Der Tag fängt an! Tut neu den Sprung zu neuem Tun! Der Abend gilt nur müdem Nuh'n. Jetzt ruft das Werk, es sei getan! / Welch Glück das Tun! Der Morgen singt! Wir tragen Gott in unsrer Hand. Und jeder Schritt hat so Bestand. An's Werk und schafft! Die Tat gelingt! / Und allem Trotz, das uns bedroht! Wir bauen mutig, kampfbereit. Uns gilt das Werk in Ewigkeit. Wir setzen Leben und auch Tod. 3. Aufbruch Hört ihr den rauhen Sturmwind Wehn? Seht ihr die dunklen Vögel ziehn? Mein Bruder, wir müssen wandern gehn. Wer weiß, wohin? / Die'Welt ist weit und wir sind jung! Ob^ sic uns lieben oder hassen mag. O Bruder, wir sind ein ungetaner Sprung vorm großen Tag. / Siehst du die dunklen Vögel fliehn? Wir wollen wie Falken sturmwärts ziehn. O Bruder: Hoch über grüne Wälder bin . . . Wer weiß, wohin?