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416 9. Physiologische Akustik. Berkhan. Das Stottern und seine Beziehung zur Armuth. Gesundheit 1883, 374; Areh. f. Psych. 1883, 321. Die Erfahrungen sind an 86 stotternden und stammelnden Schulkindern Braunschweigs gesammelt, darunter nur 3 Knaben und 1 Mädchen kräftig und gross, sonst durchweg schwächlich. Als „Stotterer“ werden erklärt „Solche, bei denen ein krank haftes unter Erscheinungen von Befangenheit oder Angst zeit weise auftretendes Unvermögen besteht, einzelne Consonanten oder Vocale auszusprechen oder mit einander zu verbinden; —- als „Stammler“ „Diejenigen, bei denen stets und ohne psychische Angst bestimmte Consonanten, seltener Vocale nicht richtig oder gar nicht gesprochen werden können“. Bei hohen Graden des Uebels wird das Gesicht verzerrt, mit den Händen geschlagen und gestrampft, oder kann manche Silbe so gut wie. gar nicht gesprochen werden. Solche Fälle fand er unter Kna ben 10 Mal, bei Mädchen 3 Mal, und meistens in niederen Ständen, in Volksschulen; während an Privat-Anstalten unter besser situ- irten Kindern das Leiden überhaupt seltner erscheint, oder doch in milderen Formen. Auch im Taubstummen-Institut Braun schweigs entstammten die Kranken fast ausschliesslich den armen Ständen (was indess für die Statistik dieses Zustaudes weniger wichtig sein möchte, weil reiche Familien ihre Patienten wohl meist zu Hause verpflegen). Von grösserer Bedeutung erscheint das Uebergewicht des männlichen Geschlechts. —- Unter 61 Fa milien, unter denen desfalls nachgeforscht wurde, waren 50 Mal die Eltern von jedem Sprachfehler frei, 6 Mal waren solche vor handen beim Vater, 4 Mal bei der Mutter, 1 Mal bei einer Schwester. — Abgesehen von kleineren Leiden durch Verspottung oder, wenn auch gutmeinendem doch nutzlosem, eher verschlim merndem, Schelten kommt in Betracht die Hemmung der geistigen Entwicklung und deren Rückwirkung auf Individuum, Familie, Staat. In letztrer Hinsicht interessirt die Angabe, dass in Frank reich in 19 Jahren, 1850-1869, für den Militärdienst untauglich be funden wurden 13215 stotternde Rekruten. — Berkhan empfiehlt einen halbjährigen Heil-Plan. In den beiden ersten Monaten weiden viertelstündige, von Pausen unterbrochene, Athmungs-