404 9. Physiologische Akustik. Beim Singen existiren kurze Silben nicht. Das Singen strebt die Reinbeit der Sprache unverletzt zu erhalten, das Sprechen zer splittert sich in Dialecte und Idiosynkrasien. Ein gewöhnlicher Mangel beim Sprechen ist, die Resonanz eines geschlossenen Raumes nicht zu treffen. Am besten ist eine offene Bruststimme, so wenig „vocalisirt“ als möglich. Sie ist wenig mühsam, wenig unterworfen den Zufällen wie der Gefahr, eine „Affection“ zu enthüllen, welche als Predigerton (? „clergyman’s throat“) bekaunt ist, und, das Gefühl der Anstrengung vermeidend, ansprechend und sympathisch. — Einer der gewöhnlichsten Fehler im Sprechen ist die Hast, welche einerseits den Muscularmecbanismus des Sprechers Uberschlägt, andrerseits die geistige Anstrengung des Hörers steigert, bei welchem die Schnelligkeit, Gedanken durch das Ohr aufzufassen, sehr verschieden erscheint. — Salvini’s Stimme war eine höchst bemerkenswerthe, und wurde selbst ge dämpft auf der fernsten Gallerie verstanden. Er sprach um eine Note oberhalb D im Bass aus der Brust in einer Art von Reci- tativ. Die Pausen währten oft 4, 5, ja an kritischen Stellen 7 Secunden, ohne dass ein Gefühl von Unterbrechung aufkam. - Nun wird (wie es scheint etwas unvermittelter Weise) Bezug genommen auf Wagner’s musikalische Theorien (des dramatischen Gesanges). In dem Stücke „il Gladiatore“ bilden die vier Haupt- Charaktere, eine christliche Jungfrau, eine Matrone und ein Krieger aus Rom, dazu der Gladiator unabsichtlich ein vollkom menes Vocalquartett mit Sopran, Alt, Tenor, Bass, indem die zeitweisen Abwechselungen des Dialoges eine ausgezeichnete musikalische Wirkung geben. Die jetzt folgende Uebersicht der „Pronunciation“, welche sowohl die „Respiration“ als „Vocalisation“ einschliesst, stelle ich, um allfällige Missverständnisse zu vermeiden, im Original her: