Volltext Seite (XML)
69 Die wohlfeilste Construction hölzerner Brücken. Von Theodor Nosek. (Mit Tafel XII.) Wo immer sich es um den Bau einer Brücke handelt, trachtet man gegenwärtig einen solchen Bau aus Rücksichten für die Solidität und Dauerhaftigkeit entweder aus Stein oder aus Eisen in Ausführung zu bringen. Vor Allem ist es das letztgenannte Material, welches bei Bauten immer mehr und mehr Geltung erlangt und andere Baustoffe, namentlich aber Holz nach und nach verdrängt, so dass es den Anschein hat, als ob die Periode der Holzbrückenbauten — bis etwa auf einzelne Ausnahmen — wohl vorüber wäre. Allein es gibt auch gegenwärtig gewiss nicht selten solche Fälle, wo unsere autonomen Bezirke und Gemeinden den Bau einer stabilen Brücke vorhabend — hiefür den ge nügenden Fond nicht aufzubringen vermögen, und daher genö- thigt sind, wegen momentaner geringerer Ausgabe den Bau aus Holz zu führen, wenngleich sie hiedurch auch des wahren ökonomischen Vortheils sich entschlagen sollten. Dass Brückenbauten aus Holz ohngeachtet ihrer Wohl feilheit dennoch verhältnissmässig theuer zu sein pflegen, ist allgemein bekannt, und hat seinen Grund nicht allein in der Eigenthümlichkeit des Materials und seiner verhältnissmässig kurzen Dauer, aber auch häufig in den zu künstlichen und complicirten Constructionen, welche sowohl ; den Bauaufwand, als auch die später erforderlichen Repara- tursausgaben nicht unbedeutend erhöhen. Diese Complicirtheit hölzerner Constructionen, welche den Bau vertheuernd, überdies der Dauer der Bauten Abbruch thut und jede Reparatur an ihnen erschwert, ist wohl die I Hauptursache, warum man von den Bauten hölzerner Brücken, insbesondere solcher von grösseren Dimensionen, immer mehr j ablässt. Haben wir doch selbst in unserem Vaterlande solcher warnenden Beispiele, wo künstlich gebaute Holzbrücken, trotz ihrer fleissigen und präcisen Ausführung in ziemlich kurzer Zeit so schadhaft geworden sind, dass an eine gründliche Reparatur, ja Reconstruction derselben gedacht werden musste. Um nur ein solches Beispiel anzuführen, wollen wir hier auf die Semiler Brücke über den Iserfluss hin weisen, deren hölzerner Oberbau — obwohl erst vor beiläufig sieben Jahren neu hergestellt — dennoch im vorigen Jahre i wieder reconstruirt werden musste. Diese Brücke hat drei j Felder von 10 Klafter Länge, welche auf steinernen Pfeilern ruhen. Die alte Holzco nstruction bestand aus zusammenge setzten Hängwerken, die sehr fleissig angearbeitet waren. Dessenohngeachtet, und trotzdem dass das Gehölze nach ' sechs Jahren noch ganz gut erhalten war und dass auch die Construktionstheile in gehöriger Verbindung sich befanden, hat sich die Brücke in der Mitte eines jeden Feldes doch so sehr durchgebogen, dass man gegründete Bedenken über ihre weitere Dauer zu hegen begann. Es wurde daher dieser hölzerne Oberbau abgetragen und durch eine eiserne Schiff- [ korn’sche Brückenconstruction ersetzt. | Allein dieser neue Brückenoberbau kostete mit Aus schluss der hölzernen Brückenstreu, sowie der zum Baue er forderlichen Gerüste (also die eiserne Construction allein) an 15.000 fl„ welchen namhaften Bauaufwand allerdings manche Gemeinde, ja mancher Bezirk nicht so leicht zu erschwingen vermöchte. Es bleibt sodann in derlei Fällen nichts Anderes übrig, als sich für einen Holzbau zu entschliessen, und hiebei Sorge zu tragen, dass eine solche Construction gewählt werde, welche bei aller Einfachheit und wirklicher Wohlfeil heit dennoch solid und möglichst dauerhaft wäre. Die zumeist üblichen Constructionen bei hölzernen Brücken grösserer Weiten — mögen sie schon in Häng werken, Sprengwerken, Rösten, Bögen bestehen oder auf anderen Principen und Combinationen beruhen — pflegen gewöhnlich mit folgenden Nachtheilen verbunden zu sein, derentwegen sie auch das gute Renommee eingebüsst haben: 1. Erfordern sie viel und starkes, daher auch theueres und in manchen Gegenden rares Bauholz. 2. Die Constructionen pflegen mitunter so künstlich und schwierig zu sein, dass sie nicht jedem Zimmermann auf dem Lande anvertraut werden können. Die Zimmermannsarbeit kömmt daher ziemlich theuer zu stehen, und ausserdem ge schieht es nicht selten, dass bei der Anarbeitung der ein zelnen Hölzer oder bei der Zusammensetzung der Construc- tionstheile Manches verfehlt wird, was nachher die baldige Schadhaftwerdung der Brücke verursacht. — 3. Je künstlicher und komplizirter eine Construction ist, desto leichter werden ihre Bestandtheile schadhaft, desto mehr leidet die Construction unter den äusseren Einflüssen und durch die gewöhnliche Abnützung. 4. Eine künstlichere Zusammensetzung der einzelnen Con- structionstheile erschwert nicht wenig die Vornahme von Re paraturen, welche mit der Zeit an Brücken nothwendig wer den. Solche Reparaturen kommen dann verhältnissmässig hoch zu stehen, erheischen' nicht selten eine Unterbrechung der Communication, ja sind zuweilen mit Vortheil gar nicht aus führbar. (Es sei hier nebenbei nur auf das Town’sche Sy stem der amerikanischen Brücken hingewiesen.) Alle diese Uibelstände fallen sehr in die Waage und machen fast alle jene Vortheile zu nichte, derentwegen wir den Holzbrücken vor anderen Constructionen den Vorzug einräumen würden. — Aus diesen Ursachen erkennt man die Vortheilhaftig- keit der hölzernen Brücken nur in jenen Fällen an, wo man sich mit kleinen Lichtweiten, daher mit einfachen Ensbäumen begnügen kann, wo also eine einfache Balkenbrücke am Platze ist. — Diese — wenn wir so sagen dürfen — allgemeine An sicht ist eine klare Bestätigung dessen, dass Holzconstruc- tionen iür Brücken nur dann als praktisch und vortheilhaft erkannt werden können, wenn sie möglichst einfach sind, und allerdings auch möglichst wenig Materiale erfordern. Diess führt uns sofort zu der Idee, die Tragfähigkeit der einfachen Balkenbrücken dadurch zu erhöhen, dass wir 11