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„Ja, das ist meine Schuld, aber ich kann es nicht ändern!" „Und weshalb?" sagte sie erbleichend. „Sinn denn, weil — weil ich den Pakt gebrochen habe. Ich habe die Rolle des Freundes schlecht erfaßt; ich muß sic zurückgeben." „So kann Sie meine aufrichtige Reue nicht ver söhnen?" „Olga, wollen Sie mich denn nicht verstehen? Ich spreche ja nicht von der unbedeutenden Kontroverse zwischen uns, Widern —" „Sondern —?" „Sondern von der Szene zwischen Ihnen und jenem Herrn Sormann, bei der ich unfreiwilliger Augenzeuge gewesen bin." „Ah Sie sah ihn nachdenklich an, als könne sie ihn nicht ganz verstehen. Dann aber trat die ganze Er- kenntniß an sie heran, und sic erröthete bis zu den Haarwurzeln über das, was sie crrathen konnte. „Sie waren Augenzeuge," sagte sic nach einer Weile, „aber nicht Ohrenzeuge?" „Ich stand in der Fensternische und konnte an Ihrer beiderseitigen Erregung leicht ersehen, was der Inhalt Ihres Zwiegespräches war." „Nicht so ganz vielleicht." „Immerhin genug," brach er aus, „nm zu wissen, daß Sie diesen Sormann lieben!" „Nein, Theodor! DaS ist Ihr Jrrthum." „Wie wäre das möglich? Sormann sprach doch —" „Sprach mit mir von einer Neigung, deren Gegen stand ich sein sollte — allerdings, aber ich erwiderte ihm der Wahrheit gemäß, daß ich ihn ohne diese Thorheit hochgeachtet haben würde, seine Gefühle jedoch nicht erwidern könne." „Und Ihre Erregung, Ihre —" „Ich war entsetzt darüber, was mir jener Herr als eine Erklärung sagte, zu der er sich durch mein Borgehen ihm gegenüber berechtigt glaubte. Ich sah ein, daß ich, allerdings ohne Absicht und Wisse», ein schweres Unrecht an ihm begangen hatte. Dies ihm einzugcstehen, war meine Pflicht." „Und das war alles?" sagte Theodor leuchtenden Anges. „Alles, was damals zwischen uns vorfiel. Und seit jener Zeit, die mich erkennen lehrte, daß ich für ihn, niemals wärmer fühlen könne, seit jener Zeit habe ich Herrn Sormann nur selten gesehen und niemals mit ihm Worte gewechselt, die etwas anderes als konventionelle Formen zum Gegenstand gehabt hätten." „O, ich blöder, blinder Thor, der ich war!" jubelte jetzt Theodor aufspringend und den Stuhl zurück schleudernd. „Olga — brauche ich Ihnen nun wirk lich noch zu erklären, was mich so lächerlich verblen den konnte in meinem Urthcil über Sie? Was mich in meinem Jrrthum, den ich ja für Wahrheit hielt, so namenlos elend machte? Was mich zu dieser alber nen Rolle verdammte, die ich seither — gestehen Sic eS nur! — unter Ihren Augen gespielt habe!" Sie trat zurück unv wollte ihn abwchren, aber er mußte etwas in ihren Blicken lesen, was ihn keines wegs zurückschreckte, denn er ergriff ihre beiden Hände und führte sie wiederholt an die Appen. „Olga, jetzt soll es keine Kluft mehr zwischen uns geben. Der heutige Tag hat mich gelehrt, daß eine offene Aussprache weit eher zu einem bestimmten Ziele führt. Ob nun so oder so! So will ich denn auch alles offenbaren, was mir auf dem Herzen liegt und unaufhaltsam über meine Lippen drängt!" „Theodor," sagte sic unter sanftem Lächeln, während eine Thränc in ihrem Auge schimmerte, „Theodor, ich verstehe Sie. Aber bitte — lassen Sie mir Zeit, lassen Sie mich an den Gedanken gewöhnen, der unser künftiges gemeinschaftliches Glück in sich schließen soll." Er ließ sie los und sah sie fast ängstlich an. „Bis wann?" sagte er leise. „Bis — bis Sie wiederkoinmcn! Dann können nur ohne Uebereilung über uns und die Zukunft be schließen." „Und heute?" „Heute — auf treue Freundschaft lind ein glück liches Wiedersehen!" Sie streckte ihm wieder die Hände entgegen, aber er umschlang sie in aufflamniender Leidenschaft und preßte sie an sich. „Olga!" flüsterte er bebend, „Olga, geliebtes, an- gebeteteS Mädchen!" „Laß mich!" rang es sich unter Schluchzen aus ihrem Munde. Seiner selbst nicht mehr mächtig, beugte er sich über sie herab und drückte einen glühenden Kuß auf ihre Lippen. Einen Moment schauerte sic zusammen, dann riß sie sich rasch los und eilte über die Kieswege nach dem Hause. Regungslos blieb er stehen und lauschte ihren verhallenden Schritten. Endlich raffte er sich auf und folgte ihr. VII. Ende Oktober befanden sich die sammtlichen Börsenbesucher in großer Erregung; eine förmliche Panik hatte alle kaufmännischen Kreise ergriffen. Mehrere Industrie-Unternehmungen hatten fallir«, andere einen großen Theil ihrer Arbeiter entlassen und ihre Produktion auf die Hälfte reduzirt. Als Sormann an jenem unheilvollen Morgen, der eine Reihe niederschmetternder Nachrichten in die Danziger Geschäftswelt schleuderte, an seinen Tisch im Börsenkontor trat, entging cs ihm nicht, daß er der Gegenstand einer allgemeinen Aufmerksamkeit war. Einige begrüßten ihn mit mitleidigem, die meisten mit spöttischem Lächeln. Er fühlte sich beunruhigt und beklemmt unter diesen stummen Zeichen, die ihm ein Ereigniß ankün- digtcn, »ach welchem er nicht zu frage» wagte. Sein Blich irrte im Saal umher — vergeblich; Golding, der ihn sonst täglich erwartete, um ihm Rapport abzustatten, war nicht zu sehen. Wo blieb er heute? Warum kam er nicht? Zerstreut machte sich Sormann an die laufende Arbeit. Aber die Feder, die sonst so flink war, wollte heute nicht vorwärts kommen. Er sah alle Augen blicke nach der Uhr oder durchflog die in dem Saal auf und nieder wogende Menge. Endlich warf er die Feder hin; er konnte nicht länger sitzen bleiben. Eine unerklärliche Angst stieg aus seinem Herzen auf und beengte ihm den Athen:. Er strich sich mit der Hand, die er am Schwamm neben dein Pult anfeuchtete, über die pochenden Schläfe und schloß die Augen, als könne er damit die pein vollen Bilder hinwegscheuchen, die in seiner Seele auftauchten. Als er auf einem Rundgange begriffen, seinen Blick wiederholt nach dem Eingang zum Saal richtete, sah er dort plötzlich ein bleiches Gesicht emportauchen. O, er erkannte es sehr gut, dieses Gesicht! Golding fuhr sich mit bebender Hand durch sein spärliches Haar. Das war ein Wink, den Sormann ohne Verabredung verstand. Er ging ihm entgegen, die geballte Hand ans die Brust gepreßt, mühsam sein Zittern verbergend. Was war geschehen? Mit dicken Schweißtropfen auf der Stirn kam Golding, sich rücksichtslos durch die Menge zwängend, auf ihn zu. Seine Lippen bewegten sich, aber er kennte nur unartikulirte Laute stammeln. Sormann nahm ihn an: Arm und führte ihn an seinen Tisch, wo er ihn: einen Stuhl hinschob. „Fassen Sie sich!" sagte er gepreßt, er, der selbst alle Kräfte aufbieten mußte, um gefaßt zu bleiben. „Was — was ist geschehen?" Der Agent beugte sich zu ihm hinüber. „Um Gottes willen, Herr Sormann," keuchte er mit heise rer Stimme, „verkaufen Sie, verkaufen Sie nur rasch!" „ Die Zuckerfabrik Aktien?" Sormann schrie das fast hinaus. Golding nickte. „Ja, ja, das Papier fällt," jammerte er kläglich, „fällt mit schrecklicher Geschwindig keit. Mein Gott, wer hätte das voraussehen sollen!" „Ja, wie konnte denn das geschehen?" Golding zuckte die Achseln. „Die Fabrik in L. ist gefallen; unsere Aktiengesellschaft soll bedeutende Verpflichtungen an die Konkursmafse haben, die nun eingetricben werden. Jetzt sind die Papiere schon acht Prozent unter i»u:i gesunken ; wer weiß, was noch geschieht. Verkaufen Sie, Herr Sormann, ver kaufen Sie nur rasch!" Sormann klemmte die Unterlippe zwischen die Zähne und starrte an die Decke. Seine Finger spielten fiebernd an der Uhrkettc. Golding hielt den Athen: an und beobachtete ihn. Sollte jetzt das Un wetter über sein nicht ganz unschuldiges Haupt nie dergehen ? „Verdammen Sic mich nicht," sagte er daher, sich aufraffend, „ich habe cS ja nur zu Ihrem Besten gemeint. Eine folche Katastrophe konnte ich ja un möglich —" Er verstummte unter dem wilden Blick, den ihn: Sormann zuwarf. „Kein Wort, wenn ich bitten darf!" sagte dieser scharf. „Was nicht mehr zu ändern ist, wäre lächer lich, zu heklagen. Jetzt muß eben geschehen, was die Vernunft erfordert. Retten wir, was noch zn retten möglich ist! Wieviel Aktien haben wir?" „Fünfundsicbzig Stück," sagte Golding leise und senkte den Blick. Sormann schauerte zusammen. „Verkaufen Sie dieselben möglichst schnell!" brachte er fast tonlos zwischen seinen fest aufeinander ge preßten Lippen hervor. „Halb hesinnungsloS verließ Sormann das Börsen gebäude. Auf der Straße fiel ihm ein, daß er noch verschiedene Kommissionen zu erledigen habe — aber das Geld, das er schon vor einigen Tagen dafür be hoben hatte, steckte mit seinen eigenen Kapitalien sammt und sonders in den unseligen Zuckerfabrik-Aktien. (Fortsetzung folgt.) Zur Geschichte der Hüte. Die Sitte, den Kopf zu bedecken, ist von hohem Alter, geschah aber fast hei jedem Volke aus eine andere Art. Die Garanauten theilten die Schale eines Straußeneies in zwei gleiche Theile, woraus sie zwei Kopfbedeckungen erhielten. Die Babylonier bedeckten sich mit einem Barett oder einer Art von türkischem Bund, und die Meder trugen eine Tiare, einen spitzigen Hut. Die Thessalier trugen einen Hut, der Petcasus oder auch der Thessalische Hut genannt wurde und mit einen: Rande versehen war, der das Gesicht gegen Wind, Regen und Hitze schützte. Auch die Aethiopier trugen ihn, und zwar nut einem außerordentlich großen Rande. Bei den Römern hatten die Priester besondere Kopfbedeckungen. Die Hüte der römischen Soldaten wurden aus rauhen Schaffellen bereitet. Vorzüglich pflegten die Römer bei den Opfern, bei Gastmählcrn, bei Festen und Spielen, auf Reisen und in: Regcnwetter Hüte zu tragen, die auch hei ihnen ein Zeichen der Freiheit waren. Zur Erfindung der Filzhüte sollen die Pickel hauben oder Helme der Alten Gelegenheit gegeben haben. Die Bereitung des Filzes kann älter sein, als das Spinnen und Weben, denn man trifft schon bei wilden Nationen, die weder spinnen, noch wehen können, Kleidungsstücke von Filz an. Um die Haare oder Wolle der Thiere zum Filzen geschickt zn machen, beizt man die Felle vorher mit einer Säure, welches Verfahren schon zur Römcrzeit bekannt war. Die Hutmacher machen aus dieser Beize, welche gemeinig lich aus geschwächtem Scheidewasser besteht, worin etwas Quecksilber aufgelöst worden, ein Geheimniß, und die Franzosen wollen die Erfindung derselben ihren Hutmachern zuschreibcn, wogegen wieder ver- muthct wird, daß es eine Erfindung der Engländer sein könne. Sonst waren Mützen von groben: Zeng die gewöhnliche Bedeckung des gemeinen Mannes. AIS die Hüte aufkamen, wurden sic anfangs noch unter dem Kinne mit einer Schnur oder einen: Bande gebunden, und ihre Farbe richtete man oft nach der Farbe der übrigen Kleider ein. Die ältesten Hüte waren weiß; das Biret, dessen schon 117t) ge dacht wird, war schwarz, pyramidenförmig und paßte genau um den Kopf. Den rothcn Kardinalshut brachte Papst Jnnoccns IV. im Jahre 1244 auf. DaS Alter der Filzhüte ist noch nicht erforscht; einige behaupten, daß schon zur Zeit der alten Griechen solche gemacht worden wären. Im Jahre 1630 gab cs schon in Nürnberg Hüter (Hutmacher). In Frank reich setzte man den Anfang der Hüte in die Zeiten Karl VI., der von 1380 bis 1422 regierte. Der älteste Filzhut, von dem man daselbst "Nachricht hat, ist der, welchen Karl VII., der von 1422 bis 1461 in Frankreich regierte, bei seinen: Einzuge in Rouen trug. Man hielt damals die Hüte für eine solche Eitelkeit, daß ein Erzbischof von Paris allen Geist lichen befahl, mit der Messe inne zn halten, wenn ein Geistlicher mit den: Hute in der Kirche erscheinen wurde. Im 16. Jahrhundert wurden die schwarzen Hüte Mode; auch war es damals schon sehr üblich, Biberhaare zu Hüten anzuwenden; Franz I., der von 1515 bis 1547 in Frankreich regierte, machte den Gebrauch der Hüte in Frankreich gemeiner. Der Hut war damals noch eine spitzige Mütze, auf die der Adel seine Wappen sticken ließ. Kaiser Karl V. trug einen kleinen mit Sammet überzogenen Hut, den er bei der Musterung seiner Armee im Jahre 1587, als es eben zu regnen anfing, sorgfältig ab nahm, damit er nicht naß würde. Die ältesten Jnnungsgebräuche der französischen Hntmacher sind von Heinrich III. 1578 bestätigt, und die älteste deutsche Hutmacherordnung ist die württembergische von: Jahre 1581. Die ersten Hüte waren rnnd und nicht aufgekrämpt; aber diese herunter hängende Krämpc war im Kriege unbequem, daher wurde der Hut erst zweimal, dann drcinial aufgeschlagen. Unter Ludwig XlV., der von 1643 bis 1715 regierte, kamen die Federhüte auf. Und so sind und werden noch immer neue Erfindungen und Veränderungen in der Form der Hüte und ihren: Stoff gemacht, zu den: man zur Zeit Biber-, Hasen-, Maulwurfs-Haare, Seide, Wollengras und Pappelwollc nehmen kann. Wie auch unser vortrefflicher Gellert in der Geschichte vom Hule singt: Der Erbe ließ ihm nie die vorige Gestalt, Das Außenwelt war neu, er selbst, der Hut, blieb alt. An hunderttausende von A-mikten hat sich das Ver sandgeschäft McyLEdlich in Leipzig-Plagwitz nicht nur einzusithrcn, sondern vor Allem dauernd einzubllrgern gewußt. Erreicht ist dies einzig durch unentwegtes Festhal ten an dem Grundsätze, nur gute, brauchbare Maaren zu möglichst niedrigen Preisen zu liefern, und durch das fortgesetzte Bestreben, stet» vom Neuesten das Beste der schon vorhandenen Waarcn-Auswahl hinzuzufüaen. Den besten Beweis hierfür liefert der soeben erschienene Herbst-Ka talog des genannten Geschäfts; die Menge der in demselben durch zahlreiche Abbildungen veranschaulichten Artikel ist ganz erstaunlich. Es liegt im Interesse des Einzelnen wie jeder Familie, sich den erwähnten Katalog konimen zu lassen. Das Versandgeschäft MeV L Edlich in Leipzig-Plagwitz ver sendet denselben auf Verlangen überallhin unentgeltlich und portofrei. Druck und Verlag von E. Hannebohn in Eibenstock.