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das ist eben das Schlimme, daß die Kunst heutzutage ohne Putz und Schmuck und Koketterie nicht auskommen kann. Doch, wie gesagt, eine schöne Harfenvirtuosin würde jetzt eine zweite Daphne werden, und wenn es auch an hinlänglichen Apolloncn fehlte, so würde cs dafür desto mehr Enthusiasten geben. Uebrigens wäre uns Männern jetzt ein Gegenstand der Schwärmerei zu gönnen, ,da die halbe Frauenwelt in Lißzt's Liebenswürdigkeit schwelgt. Türkische Karossen. »Die Wagen," sagt der Verfasser der Bilder aus der türkischen Hauptstadt, „sind von ganz eigenthümlicher Bauart und erschienen uns anfangs sehr lächer lich. Die meisten, besonders die älteren, haben Aehnlichkeit mit unsern Leiterwagen; nur sind sie leicht und zierlich ge schnitzt, mit bunten Farben bemalt und theilweise vergoldet. Hölzerne Reisen tragen ein Dach von grüner oder rother Leinwand, unter dem auf Kissen und Teppichen oft ein ganzer türkischer Harem liegt: ein paar Weiber, einige Sclavinnen und mehre Kinder von verschiedenem Mer. Vor diese Equi page find zwei schwere Ochsen gespannt, mit buntem, vergol detem Riemenzeug angcschirrt und mit allerlei Bändern auf geputzt. Zur Verzierung dieses Gespanns, vielleicht auch um die Fliegen abzuwehrcn, gehen von der Bracke des Fahrzeugs aus zwei, ungefähr sechs Fuß lange, geschweifte Hölzer, di? so gleichsam über den Thiercn schweben. Von denselben herab hängen bunte wollene Quasten, die sich bei jedem Schritte hin und her bewegen. Andere Fahrzeuge nähern sich etwas unsern Kaleschen, sind jedoch mit Schnitzwerk versehen und schwer vergoldet, wie sie bei uns im verflossenen Jahrhundert gebräuchlich waren. Auch sieht man wohl hier und da einen Wagenkasten nach unserer jetzigen Facon, der aber dann auf schweren altmodischen Rädern ruht." Die Zeiten ändern sich. Hofrath Andre in Offen bach bietet die von Mozart eigenhändig geschriebene Partitur der „Zaubcrflötc" zu dem Preise von 500 Ducatcn zum Ver kauf aus. Was mag Mozart erst für das Werk bekommen haben ? fragt man und erwartet eine große Summe nennen zu hören. Dem ist aber nicht so. Der Thcaterdirector Schi kaneder gab ihm damals hundert Ducatcn für das große Geistcsproduct. So war es, so ist cs, so wird es immer sein. Der unfreiwillige Papicrkänfcr. Vor einigen Jah ren sing ein junger Buchhändler in London ein kleines Ver lagsgeschäft und zwar mit Glück an. Dieses Glück veran laßte ihn, sich zu rasch in größere Spekulationen cinzulasscn, und er gerieth so in die Netze eines Papicrhändlers, der ihn nicht nur nöthigte, alles Papier, das er zu seinem Verlage brauchte, zu vielleicht 20 Proc. über den gewöhnlichen Preis von ihm zu kaufen, sondern auch große Massen Papiers zu nehmen, das er nicht bedurfte. Einmal, als er bei dem Pa- pierhändler um Prolongation eines Wechsels einkam, wurde ihm ein ganzer Wagen voll unsortirten Papires vor das Haus gebracht, zugleich mit der Anzeige, sein Gesuch sollte bewilligt werden, wenn er das ihm zugcsandte Papier annchmcn wollte. Es durfte hiernach kein Wunder sein, daß der junge Mann, dessen Geschäfte einige Jahre lang wirklich recht gut gegangen waren, bankrott machen mußte und gänzlich verarmte. Die englischen Handelsverhältnisse sind nicht nach allen Seiten so glänzend, als man sich vorstcllt. Die Mittel der Handelsherrn, zu etwas zu kommen, sind mitunter nicht die lobcnswürdigstcn, wie aus folgendem .Falle erhellt. Ein Mann, der sich seit einiger Seit in die Niederlage eines Sei- dk'nhändlers en gros in London begab und dort eine große Masse offenbar erst kürzlich angelangter Maaren liegen sah, meinte: „Sie haben wahrscheinlich Ihre Reisen gemacht und die gewöhnlichen Einkäufe für die Saison besorgt." — „Ach nein," — antwortete der Andere, „jene Zeit ist vorüber; es ist kein Prosit mehr zu machen, wenn man auf dem gewöhn lichen Wege einkauft. Wir müssen vielmehr aufmerken, bis ein armer Fabrikant in Geldverlegenheit ist, dann kaufen wir ihm seine Vorräthc mit einem starken Abzüge von den gewöhn lichen Preisen ab. Wenn wir uns nicht auf diese Weise einen Vorthcil verschaffen, würde uns das Geschäft keinen Gewinn bringen." Das Ktnlbni innle-i- von Rossini, welches in Pa ris so viel Aufsehn erregt hat, ist nun auch in Wien aufge führt worden. Ein Wiener Referent (im „Kometen") sagt darüber, die Musik sei sehr weltlich; Strauß werde wohl Mo tive zu einem Walzer daraus nehmen, so daß man das Gebet tanzen könne. Ueberdicß zweifelt man, daß Rossini wirklich der Verfasser sei. Nekrolog. Der Rcdacteur des Kunstblattes des Mor- gcnblattes llr. Ludwig von Schorn in Weimar, so wie der geheime Justizrath und Professor Heeren in Göttingen, sind, jener am 17. Febr., dieser am 6. März, gestorben. Das Armband. Vor Kurzem gab ein reicher Privat mann in Paris einen glänzenden Ball, zu dem sich eine große Anzahl der elegantesten Damen und Herren versammelt hatten; vorzugsweise erregte der Geschmack und die Pracht der weiblichen Toilette allgemeine Bewunderung, und das in strahlender Beleuchtung flimmernde Geschmeide trug nicht wenig dazu bei, die Glorie zu erhöhen, in welcher die Göttin „Mode" erschienen war. Da bringt ein Bedienter dem Haus herrn ein kostbares Armband mit funkelnden Steinen, das er im Vorsaale gefunden. Sogleich zeigt cs der Wirth allen Damen nach der Reihe, um die Eigenthümcrin ausfindig zu machen; doch seltsam, keine Einzige will sich zu dem schönen Schmucke bekennen. Endlich wird derselbe auf einen Lisch ge legt, damit die unbekannte Eigenthümcrin ihn zu sich nehmen könne. Der Ball geht indessen zu Ende und Niemand hat sich gefunden, der das Armband haben will. Am andern Morgen sieht cs der Hausherr genauer an und findet, daß cs — unächt sei. Die Schaam, einen unächten Schmuck zu besitzen, hatte die Dame, welche ihn verloren, abgehalten, sich zu melden. Dieser Vorfall ist sehr bezeichnend für die Pariser elegante Welt. Noth in Englund. Darüber wird aus London berich tet: „Die Noth der untern Klaffen in mehren hiesigen Distrik ten ist herzbrechend. In Bcthnel-Green zählt die Behörde an 20,000 unbeschäftigte und folglich brotlose Arbeiter. Bei einer Versammlung in Southwark berichtete ein Armenpflcgcr, daß er tausende von Familien besucht, in deren Wohnungen er