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308 IaSmin, der dichtende Coiffeur, aus Agen in der Gascogne, war in Paris. Wie Alban-Ramsey*», von dem Walter Scott in seiner allgemeinen Vorrede spricht, war Jasmin seit seiner Kindheit in seiner Heimath geblieben; sein Geschmack für die Dichtkunst entwickelte sich mit den Jahren, und indem die malerischen Gegenden des Südens seinen Ideen kreis und seine Einbildungskraft belebten, dichtete er eine Masse von Liedern in einer kräftigen Sprache. Da er auf diese flüchtigen Kinder der Muse wenig Werth legte, sang er sie oder gab sie seinen Freunden, ohne zu träumen, daß er sich dadurch einstens so großen Beifall und Ruf erwerben werde. Man spricht gegenwärtig nur von dem Barden aus der Gascogne. Als die Sammlung seiner Gedichte erschien, beeiferte man sich nicht blos in dem engen Kreise eines De partements, den Dichter zu ehren. — Toulouse reichte ihm den goldenen Zweig des Clemence Jsaure, Auch einen golde nen Becher, Willeneuve «ur I-ot, eine goldene Feder. Endlich empfand Jasmin Sehnsucht, das Paris zu sehen, von dem man sagt, daß es weiß, Männer von Ruhm aufzunehmen und zu schätzen. Kaum war Jasmin in der Hauptstadt, als die Coiffeurs, seine Herren College», in edlem Wetteifer die Ersten zu sein, welche ihm ihre freundliche Achtung erwiesen, sich beeilten, ihm ein Bankett zu geben, dessen würdiger Vorsitzender M. Croisat war, und bei dem M. Pincon eine Rede voll attischen Witzes hielt. Unser Dichter hat die Meinung, welche man sich von ihm gemacht hatte, für diejenigen seiner College» gerechtfertigt, welche ihn noch nicht persönlich kannten. Das Beispiel, wel ches die Haarkünstler gegeben, wurde von den Gascognern, welche sich in Paris aufhalten, befolgt; auch sic gaben ihrem Landsmann ein Bankett. Innerhalb weniger Tage sah sich Jasmin von den höchsten Kreisen der Regierung und der Li teratur eingcladen und selbst an den königlichen Hof gezogen. Kurz, er kehrte mit Ruhm und Ehre beladen in seine schöne Heimath zurück! — So ehrt man einen Dichter in Frankreich! Literarisches Feuilleton. Dramatische Poesie. Der Pappenheimer Kürassier. Scene aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges. Von Friedrich Baron de La Motte Fouque. (Nordhausen u. Leipzig, B. G. H. Schmidt 1842). In Wallenstcin's Lager von Schiller sagt der Lombar dische Kürassier von sich: „Woher ich bin, ich hab's nicht können erfahren. Sie stahlen mich schon in jungen Lahre»." Dieß quälte den alten Romantiker. „In einer unaussprechlich schmcrzenreichen und bedrückten Zeit meiner Erdenwallfahrt (heißt es in der Vorrede) bescheerte mir endlich die Muse, als eine mitleidig laut werdende Pythia, die Antwort auf ') Geb. 1685, gest. 1758, war anfänglich Barbier, bann Buch händler in Ebinburg. Sein Hauptwerk heißt: >l>e genltv sst«- p«r,I (der edle Schäfer). meine Dccennicn lang im Innern gehegte Frage. Hier der Er folg." — Dieser Erfolg zeigt uns, wohin die Romantik füh rest kann. Der tiefsinnig - kecke Jüngling Phantasus, der uns bei Tieck begeistert, rührt, ergötzt, er ist im Lauf der Jahre zum kindischen Greis geworden, und tritt uns hier als sol cher entgegen. Man wird das Buch nicht ohne ein mitleidi ges Lächeln lesen können, falls man den ersten widerlichen Eindruck überwindet, wozu freilich einiger Humor gehört. Ein Kritiker, der das Lachen verlernt hat, erspare sich den Aergcr, sich mit den Schicksalen dieses Pappenheimers bekannt zu machen. Der überromankische Nachzügler kann übrigens literarisch interessant genannt werden, indem er zur Beleuch tung der romantischen Schule überhaupt einen Beitrag liefert; er verhält sich zu den wahrhaft poetischen Produkten der letz ter», z. B. auch zur „Undine", wie Don-Quixote zum wah ren Ritterthum. Daß er ganz außer unserer Zeit liegt, geht aus dem Gesagten von selbst hervor. Schill und srinc Schaar. Ein Büchlein, aus dem Volk und für das Volk geschrieben, von W. Cornelius. Mit vier Stahlstichen. Berlin und Stralsund, Verlag von W. Cornelius, 1842. — Dialogisirte Sccnen, in denen der Verfasser die Schill'schen Soldaten und ihren Führer zu schil dern sucht. „Dieß kleine Buch will nichts weiter sein, als ein bescheidener Beitrag zu jener, nach meiner Ansicht zu sehr in den Hintergrund gedrängten Geschichte der Kriegsjahre 1806 — 9, und zwar ein solcher Beitrag, der nicht aus Archiven und Pergamenten, sondern aus dem Leben, aus der frischen Erinnerung und Anschauungsweise des Volkes lauter und rein und gläubig geschöpft wurde." Gleich darauf sagt der Verfasser, er wünsche weniger in den Salons, als in den gutdeutschen Bürgerhäusern, weniger unter den Literaten und Fcderführcrn, als unter den Kriegern und Schwertführern seine Leser und Beurlheiler zu finden. — Ein solcher Wunsch, öffentlich ausgesprochen, hat bei Kunstwerken keine rechte Be deutung; eben so müßig ist die Bemerkung, „daß das Buch durchaus keine poetischen oder gar dramatischen Ansprüche mache." Ein poetisches Product soll poetische Ansprüche machen oder vielmehr, macht sie, es mag wollen oder nicht. Das vorliegende erfüllt sie in keinem hohen Grade, doch weht ein erquicklich-frischer Geist durch dasselbe, der für manche Schwäche entschädigt. Die Soldaten unterhalten sich hier über ihre Lhatcn und Schicksale, sprechen ihre Gesinnungen für das Vaterland und ihren Führer, der zuletzt selbst auftritt, aus, und thun dieß in einem natürlichen, oft derben, meist aber ansprechendem Tone. Daß der Verfasser auf die Sittlichkeit und Humanität dec Krieger ein besonderes Gewicht legt, ist ein schöner Zug in dem Buche, das gewiß Gutes stiften wird. Was die Form betrifft, so erinnert sie an Wallensteins Lager; der Vers ist oft mit allzugroßcr Willkürlichkeit behandelt. Den Dialogen angehängt sind mehrere balladcnartige Gedichte, in denen, ebenfalls der Volkston sehr glücklich getroffen ist. Die beigegebenen Stahlstiche stellen Schill's Porträt mit dem Motto des Helden: „Besser ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende," dann eine Gruppe Schill'schcr Solda ten vor einem Wirthshause, ferner Schill's letzte Heldenthat,