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Beiblatt zur Cilpost für Moden. 26. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. 1842. Neuestes Aüllrtin -er Moden. Paris, den 15. Juni 1842. Im Allgemeinen bereiten sich während der schönen Jahres zeit die Veränderungen vor, die bei Eröffnung der folgenden entstehen sollen. Man glaubt allgemein, daß die Leibchen, besonders aber die Aermel einer vollständigen Umgestaltung unterworfen werden dürsten. Es ist offenbar, daß, wenn die übermäßig weiten Aermel an das Geschmacklose streiften, die jetzigen eine Verengung darbielen, welche nicht weniger über trieben ist. Jede allzuweit getriebene Regel ist fehlerhaft; die Unabhängigkeit der Kleidung wurde proclamirt, unter der einzigen Bedingung, die Linie des guten Geschmacks nicht zu überschreiten. Um den Amadis, welche nur so wenig Damen gut stehen, zu begegnen, hat man manche mehr oder weniger glückliche Auswege eingeschlagen: Godets, Armbänder, doppelte, bedeckte Jockeys, u. s. w. Mit den gefalteten Leibchen hat man die Aermel der ganzen Länge nach gefaltet. Wenn hier durch der Vorderarm leicht entstellt wird, so ist die Feinheit und Grazie der Form desto größres Verdienst. Um den Ober arm zu heben, haben wir eben ein vorzügliches Modell ge sehen in schottischem Gros de Naples, das uns höchst reizend erschien. Das Leibchen ist mehr bouillonirt, als gefaltet, die Oberärmel sind auf die nämliche Weise gemacht. Ein Reiftmantel in englischem Zwillich hatte die Aermel der Schwestern des Hospitals oder der Eharitü; die Kleidung dieser ehrwürdigen Frauen schreibt sich von Ludwig XIII. her und ruft uns die Kleidung von damals zurück. Zu Ueberröcken auf das Land kann man die Form des Aufschlages verändern, ihn verlängern oder verkürzen, wie in der eben genannten Zeit. Man schmückt sie mit chinesischen Knöpfen, so genannt, weil sie in eine Spitze auslaufen. Der Unterarm dazu ist von Battist. Dieser Oberrock, vorn ge öffnet, läßt eine weiße Jupe sehen, welche man gewöhnlich von indischem Nanking trägt. Man trägt solche Oberröckc auf dem Lande allgemein. Ein durchbrochner italienischer oder Palmenstrohhut, mit einem Blumensträußchen von Madame Lainnü, rav liiclwlieu Nr. 108, begleitet sehr schön diese einfache Kleidung, der es jedoch an Auszeichnung nicht fehlt. Die Knöpfe, von denen wir eben sprachen, variiren in's Un endliche, und ihre Anwendung ist säst allgemein. Am Meisten trägt man solche, welche von einer einzigen großen Perle ge bildet sind, sei es von Perlmutter, Glas oder Elfenbein. Man sieht noch beständig Mantillen von glacirter Seide, mit vertieften Rosen eingefaßt, an der Stelle, wo sie auf den Armen aufliegen, gefaltet, und eine sehr große Rundung auf dem Rücken bildend. Der Gegenstand des Nutzens bildet jetzt einen Artikel der Phantasie: man macht die Schürzen mit sehr viel Geschmack. Mit dem Haus-, Land-, Arbeits- und Gartenanzuge wird die Schürze sehr paffend getragen. Mayer, rus Lioure Üos-Rons-Lnkans, dem unsere Stutzer wegen seiner wirklich vorzüglichen Handschuhwaaren, unsere Dandys wegen seiner Vorhemdchcn und einer Auswahl von Halsbinden in den schönsten Formen so verpflichtet sind, bietet eine Auswahl von Schürzen dar, welche mit einander um den Vorrang buhlen, winklich oder gewunden garnirt, mit Posamentirarbeit geziert u. s. w. Wir haben vorzüglich diejenigen bemerkt, welche in der Mitte des Gürtels fünf Reihen Fältchen haben, die eine kleine Rose bilden. Markt -es Lebens. Haydn's Jahreszeiten sind neulich in Dresden von einem aus mehr als 200 Sängern bestehenden Personale auf geführt worden. Es war auf Befehl des Königs die Bühne des neuen Theaters auf eine eben so geschmackvolle, als groß artige Weise zum Concertsaale eingerichtet. Unter der Direk tion des Kapellmeister Reissiger war die Aufführung eine wirk lich gelungene und der Genialität des großen Lonwerks ent sprechende zu nennen. Je gewaltiger aber der Eindruck von Haydn's Genie war, desto greller stach der triviale Tert ab, der wirklich geeignet ist, uns mit Sorge für das Fortbestehen des elastischen Produkts zu erfüllen. — Sollte die versprochene Ankunft des berühmten Rubini wirklich in Erfüllung gehen, so dürfte sich Dresden noch manch' hohen Genusses zu erfreuen haben. Die Gesangfeste scheinen sich in Deutschland auch bis in den Norden zu verbreiten, während man sie bisher für eine Eigenthümlichkeit von Süddeutschland halten konnte. Denn es soll in der Mitte dieses Sommers ein solches Gesang fest in Dresden stattfinden, zu welchem schönen Zwecke sich viele Liedertafeln aus Näh' und Fern vereinigen werden. Scribe, der berühmte dramatische Dichter, oder, vielleicht richtiger zu sagen, Dramenfabrikant, der an Frucht barkeit wohl selbst Lopez de Vega hinter sich läßt, steht im Begriffe, sein Vermögen durch die Heirath einer reichen Wittwe, Namens Bialey, zu verdoppeln. Ob dann der Strom seiner Poesie weniger reichlich fließen werde, steht noch zu erwarten.