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hing ich diesem Gedanken nach, ich ward doppelt glücklich — ich liebte beide. Wieder verging einige Zeit und — ich wage es kaum zu sagen, wie sehr mich diese blauen großen Augen entzückten; doch ich will nichts verschweigen und ganz offen sein: ich ge stehe, daß diese abermalige Liebe mehr war, als eine von jenen pikanten Episoden, wie sie die Frauen ost erleben. Meine junge Liebe erfüllte mich ganz. Ueberzeugt, daß das Herz einer Frau einer Blume gleicht, deren Dust Liebe ist, und der eine Neigung mehr nur Hähern Reiz gibt, konnte ich der neuen Empfindung nicht widerstehen, und so liebte ich — alle drei. Wenn ich das, was mir zu sagen noch übrig bleibt, in den Schleier des Geheimnisses hüllen könnte, so würde ich mit der heiligen Drei meiner Herzensangelegenheiten meine Ge ständnisse schließen; aber ach! Niemand entgeht seiner Be stimmung. Und so mußte ich, ich mochte wollen oder nicht, noch einmal lieben — einen Engel, der mir aus himmlischen Räumen gesandt schien. Schön war er, wie die Cherubine, die die heilige Jungfrau umschweben — das Lächeln seines Mundes hätte den verstocktesten Sünder können in den frömmsten Menschen umwandeln, so rührend war es! Die Unschuld in seinen Blicken war wie die Gnade Gottes! Wer diesen Engel sah, mußte ihn lieben. Konnte ich anders? Ich liebte! Aber vier! ruft Ihr verwundert aus. Welche verschwen derische Fruchtbarkeit des Herzens! Nicht wahr? Bier auf einmal zu lieben, das ist Euch kaum begreiflich. Und was das Wunderbarste ist — niemals hat Eifersucht nur einen Augenblick die göttliche Harmonie gestört. Seht, das ist eins von jenen heiligen Mysterien, welche die Natur nur einem weiblichen Herzen zuertheilt. Wenn Ihr jedoch den Schlüssel zu dem Gehcimniß haben, wenn Ihr wissen wollt, wie ich sie alle liebe und wie sie mich lieben, und wie wir gemeinschaftlich zusammen leben, so hebt den Schleier von diesem kleinen Gemälde, und erblicken werdet Ihr — eine Mutter mit ihren vier Kindern. Baronin C. von T M i s c e l i c n. — Der kolossale Jndifferentismus der Chinese» erstreckt sich auch selbst auf ihre religiösen Gebräuche. Man hätte in der That Unrecht, sagt ein russischer Reisender (im „Ausland"), den Chinesen Bigotterie vorzuwerfen, ihre Tempel stehen fort dauernd leer, und nur hier und da hält cs ein Beamter, der eine neue, versteht sich einträgliche Stelle bekommen hat, für seine Pflicht, alle Tempel der Stadt zu besuchen. Dabei be nimmt er sich folgendermaßen: beim Eintritt in den Tempel trägt er ein Bündel Kerzen, die aus Baumrinde und einem wohlriechenden Holze gemacht sind, zündet diese vor dem Götzenbild an und macht einige Verbeugungen bis zur Erde (wahrscheinlich obne irgend-etwas dabei zu denken), während dieser Zeit schlägt der Priester mit einem hölzernen Schlägel ! gegen eine metallene Schale. Hat der Pilger auf solche Weise seine Andacht verrichtet, so wirft er einiges Geld hin, geht dann in den zweiten Tempel, hierauf in den dritten u. s. f. Selbst die gemeinen Leute gehen nur bei besondern Veran lassungen in den Tempel; wenn z. B. eine große Trockenheit eintritt, sammeln sich alsbald Schaaren von Bauern in dem Tempel, um von Gott Regen zu erbitten, und zünden dabei nicht blos Kerzen an und machen tiefe Verbeugungen, sondern sie bringen auch Opfer dar, die aus verschiedenen Broden be stehen ; ein wahres, nicht auf Interesse berechnetes, die Seele des Betenden erhebendes Gebet kennt der Chinese gar nicht. Allerdings sind in jedem Monat einige bestimmte Tage, an denen die Tempel von dem Volke besucht werden, aber dann strömt man nicht um des Gebets, sondern um des Handels willen dahin. Auf den Höfen der Tempel werden Maaren ausgestellt, namentlich Galanteriewaaren, und die Besuchenden spazieren von Mittag bis zum Abend unter den Reihen der Verkäufer herum und handeln mit den Kaufleuten, die ge wöhnlich auf diesen Jahrmärkten unmäßige Preise fordern; für einen Nephrit z. B. (chinesisch Feu-Zui), einen Stein von grasgrüner Farbe, der bei den Chinesen besonders geachtet ist, und den man zu Ringen, Tabacksdosen, Armbändern u. s. w. verwendet, verlangte ein Kaufmann 250 Lan (der Lan et was über 4 Fl.) und überließ ihn mir zu 26! Hier zeigen auch Gaukler ihre Künste: der Eine geht auf den Händen, der Andere wirft Messer, u. dergl. Gegen Abend verödet der Hof des Tempels, es wird wieder stille bis zum folgenden Jahrmarkt, und nur die Priester brennen dreimal am Tage eine kleine Kerze vor jedem der großen Götzenbilder an, und werfen sich jedesmal dabei zur Erde nieder. Wenn es dem Priester selbst nicht zu Sinne steht, diese beschwerliche Pflicht zu erfüllen — und dieser Wunsch steigt nur selten in ihm auf — dann schickt er seinen Schüler, um die Kerzen anzu zünden und sich zu verbeugen, und wenn auch der Schüler just nicht zu Hause ist, so thut es ein gewöhnlicher Taglöhner. Uebrigens werden die Lichter zu gehöriger Zeit angezündct, die Verbeugungen möglichst tief gemacht — was verlangt man denn mehr? — Ein solches Volk zu unterjochen und für die Humanität zu gewinnen, ist Pflicht der Civilisation. Glück auf, Altengland! — Madame Roland, die in der französischen Revolution hingerichtet wurde, gibt von ihrer äußern Erscheinung fol gende interessante Schilderung. „Ich habe einen Fuß," sagt sie, „der schnell und flüchtig, aber unsicher ist; meine Hüften treten stark hervor, so sehr, daß ich fast roth darüber werde, und mein Busen zeigt eine kostbare Fülle. Mein Mund ist vielleicht etwas zu groß, man sieht tausend hübschere, aber keiner besitzt ein zärtlicheres und verführerischeres Lächeln. Meine Nase verursacht mir wohl einige Bcsorgniß; ich glaube, sie ist an der Spitze zu dick, doch verdirbt sie nichts. Meine Stirn ist groß; meine starkgebvgenen und sehr dicken Augen brauen machen sie majestätisch; zum Glück mäßigen meine großen Augenlider alles das, indem sie meine Augen, die weit feuriger sind, als ich es wünsche, um die Hälfte ver schleiern. Die Adern auf meiner Stirn schwellen des Tages