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Der -Salon. 15 Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1840. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 2. April 1840. Die Mode ist eine so schmieg - und biegsame Dame, weiß sich auf so schlau diplomatische Weise allen Verhältnissen und religiösen Stimmungen genau anzupasscn, daß Sie, verehrte überrheinische Mitschwcstcrn, wohl nicht staunen werden, wenn ich Ihnen heute über die Anzüge und Toilette, welche man zum Kirchengehen verwendet, etwas Näheres mitzutheilen mir die Freiheit nehme. Die Modetrachten, die wir in der Kirche ankreffen, nehmen einen eigenen Charakter an und sie sind weit von denen ver schieden, welche beim Lustwandeln bemerkt werden. Die Ein fachheit ist da gleich beim ersten Augenblicke als der Grundzug des Ganzen ersichtlich, aber welche Einfachheit! sie ist so zart, sinnig und bezaubernd, daß dabei die.Coquetterie durchaus nicht verlieren kann. Man sehe: Jene Robe aus kirschrothem, brochirtcm Foulard mit weißen und schwarzen Strahlen und ohne Garnitur, und man wird die ihr gewidmete Aufmerksamkeit gerechtfertigt finden. Das Unterkleid dieser Robe ist von demselben Stoffe, zwei breite Falten daran bilden vorn ein umgekehrtes und werden von einem umgcschlagenen Iwickelthcile begleitet, welcher auf dem Leibchen vermittelst einer Reihe ziemlich lgroßer Knöpfe von kirschrother Seide, worauf schwarze Strahlenlinien angebracht sind, sestgehalten wird. Das Leibchen der Robe selbst hängt mit dem Gürtel zusammen und ist so geöffnet, daß es eben jenes geschmackvolle Unterkleid genau andeutet. Drei große Falten vereinigen sich daran nach vorn und werden von einem um geschlagenen Shawl begleitet, welcher sich nach den Schultern zu mehr und mehr ausbreitet und mit einer Reihe Knöpfe nach unten am Gürtel schließt. Die Aermel sind flach, mit zwei Nähten, wovon jede mit einer Reihe Knöpfchen geziert ist; der Aufschlag etwas erhaben. Zu diese Robe kommt nun noch ein köstlicher citronengel- ber Hut, der mit Bandrosen von glattem Crüpe besetzt war und zur Seite noch mehre Hpacinthen und Narciffen zeigte, welche den Magazinen der Herren Le-Jai und Cha got, Rue Richelieu 77 und 88, zur besonder!! Ehre gereichen. Man sieht auch da noch sehr viele reizende Nachbildungen der göttlichen Flora. Der brodirte Caschemir, die schönen Moussett^s-laincs mit Caschemirdessins wetteifern in diesem Jahre um den Vorzug. Es ist nicht zu verkennen, daß man diese Stoffe dermalen ver vollkommnet und verschönert hat und daß ihre Dessins reizend sind, so: schottisch, brochirt, gestrahlt, atlasartig u. a. m. Die aus schrägen Streifen zusammengesetzten Garnituren sind jetzt am beliebtesten, besonders für den Kirchengang. Bald stellen diese Qucrstreifen eine Redingote vor, bald sind sie drei- oder viermal um das Leibchen gewunden, steigen dann zur Seite herab und verlieren sich in dem Gürtel, bald bilden sie auch eine Art von Volants. Es giebt darin eine Unzahl von Verschiedenheiten. Alle Hüte, welche ich beim Gottesdienste bemerkte, waren mit hohen Spitzen geziert, die durchsichtige kleine Flügel bil deten und sich an der Seite hcrabbogen. — Hier und da zeigen sich schon die sogenannten Saison toiletten. Madame Brunel-Massü, Rue St. Anne Nr. 22, lieferte recht frisch aussehende und niedliche Roben von Organdi. Das Leibchen derselben war getheilt und tunikaartig; auch waren sie mit drei Volants aus Organdi, zackenförmig ver schlungen, versehen. — Noch muß ich bemerken, daß der Luxus jetzt solche Fort schritte macht, daß der geringste Staat in einer Redingote aus Sammet mit einer Garnitur ll'^lenron besteht. Luch im Ge biete der Bijouterien geben sich bedeutende Steigerungen kund. Man hascht sehr nach den antiquen Cameen und viele fleißige Köpfe schieben die von ihnen gearbeiteten unter. Sie werden, wie die Brochen, vorn jals Busennadeln getragen. Ich traf in der letzten Zeit diesen Luxus überall an; jedoch stelle ich diesem Artikel keine sehr langdauernde und günstige Vorhersage. Frankreich bleibt nicht lange beim Alten. — Genehmigen Sie die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung u. s. w. Lhre Melanie. Feuilleton. Der Gemahl einer vornehmen Dame. Die Sa lons von Paris beschäftigt in diesem Augenblicke ein dramati sches Ereigniß, wie es wohl schon in mehr als einem Romane vorgekommen ist, das aber von den französischen Blättern ver bürgt wird. Vor Kurzem erhielt eine reiche und vornehme Dame von der Faubourg-Saint-Gcrmain in ihrem Landhause den Besuch eines Gensd'armcrieoffiziers. Es war noch sehr früh am Tage, der Diener des Gesetzes bestand aber nichtsdestoweniger sofort auf einer Unterredung mit der Frau vom Hause. Diese er schien und der Offizier sagte zu ihr: „Sie haben, ohne daß Sie es ahnen, Leute bei sich, die der Polizei sehr verdächtig sind; ich bin beauftragt, eine Haussuchung in Ihrem Schlosse anzustellen. Beunruhigen Sie sich indeß darüber nicht; ich will, um Sie noch sichrer zu stellen, die Ankunft Ihres Ge mahls abwarten." Man ließ den letztem in aller Eile holen