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Der Salon. iz. Unter Verantwortlichkeit der Redacti'on der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1840. Neuestes Bulletin -er Moden. Paris, den 19. Marz 1840. Glauben Sie das nur nicht, wenn man Ihnen sagt, in unserer glanzsüchtigcn Hauptstadt sei nun das Fasten einge- zogen und die Flcischgenüsse und die Putzlust hätten sich cinge- schloffcn in dem stillen verborgnen Kämmerlein und ständen erst wieder auf am heiligen Ostersage. Zwar sind die lärmen den Freuden des Carnevalfestcs dahin und der Saal Vcnta- dour ertönt nicht mehr von dem mysteriösen Leben der histori schen Nachäfferei, der Harlequinadcn und des Larvengeschwa ders, aber die in ihren Einzelnheiten wohl wandelbare, jedoch in ihren Hauptprinzipien ewige Mode fährt fort, Eleganz und Geschmack, Industrie und Einbildungskraft anzusporncn und zu dem reichen Triumphe zu führen, den die modernen Löwen der französischen Capitale ihnen so bereitwillig zu zollen stets gefaßt sind. Die jetzt am meisten getragenen Stoffe, wie ich namentlich in den letzten Tagen bemerkte, sind die glacirtcn Seidenstoffe in changircndcn Farben, dann die perlgrauen Satins, welche unten mit einer grünen, rothen oder strohgelben Brodcrie von Seide umgeben sind und die sich auch um das Leibchen windet. Herr Constance in der Rue Neuve Vivienne Nr. 57, dieser talentvolle und anerkannt beliebte Künstler, zeigte mir gestern ein äußerst geschmackvolles und artiges Muster von einer Robe. Sie war aus broschirter Scidcnmousseline und hatte ein Unterzeug von rosafarbenem Satin. Das Leibchen derselben bestand aus Spitzen und war vorn und hoch oben mit einer Kertlle en vulencienne garnirt, welche sich sehr reich und geschmackvoll ausnahm. Ich muß gestehen, daß man beim Anblicke dieser Robe sich unwillkürlich der Zeiten Ludwig's X V. erinnerte, namentlich weil sich das Leibchen dieses glänzenden Kleidungsstückes ebenfalls reifstrahlenförmig nach den Seiten zu ausbog und dieß besonders jene erwähnte Periode charak- tcrisirt. — Unmöglich kann ich hier eine Coiffure unerwähnt lassen, die ich jüngst in der Rue de Rivoli Nr. 10 bei Lcclere zu bemerken Gelegenheit hatte. Es war dieß eine spanische Coif fure, aus einem ganz einfachen englischen Fichu gebildet, ein grünes Sammctblatt hielt nach hinteq zu jede Bandrose, und ein Feston von derselben Gattung Blättern knotete drei Spitzen punkte, welche gar anmuthig auf den Racken herabfallcn. — Sehr nett finde ich auch die Stoffe zu den Kindertrachten. Man sieht die Knaben in den ersteren Lebensjahren meist diesen Winter in rothen Sammetröckchen, welche grün oder gelb mit Blumenguirlanden garnirt und mit weißen Mctallknöpfcn der kleinsten Art reichlichst besetzt sind, von ihren Bonnen geführt »der getragen auf den Boulevards erscheinen. — — Die kleinen Mädchen zeigen schon mehr Lurus. Das finde ich auch ganz in der Ordnung. Nicht wahr? Sie tragen kleine Hoben aus grünem, braunem oder morgenrothem Sammetsatin, einem so dclicaten Stoffe, die sehr geschmackvoll gearbeitet sind und aufgeschli^te Acrmel haben, welche man jedoch, vermittelst einiger angebrachten Seidenhaken, nach Belieben zuknöpfen kann. — Bald hätte ich vergessen, daß die Knaben größten- theils Barets von Sammet tragen und die Mädchen kleine Mützen in gewölbter Fa^on. — In den Moden der Herrentracht ist bis jetzt Alles noch beim Alten verblieben. Da wird wohl erst der Strahl der Frühlingssonne eine bestimmtere Umwälzung hervorbringen. Man flüstert sich schon so etwas in den Cabinetten der Mode zu. Die Jabots haben in der letzter» Zeit eine gewisse Be rücksichtigung erlitten. Man hat in ihren Zusammensetzungen Schlangenconturen, welche gefältelt sind, anzubringen versucht und ich glaube nicht ohne Erfolg. Auch Zacken, welche sehr schön umsteppt sind und harmonisch in einander greisen. Sie nehmen sich ebenfalls sehr niedlich aus. — — Noch einer Löw en seife muß ich gedenken, welche in den letzten Tagen höher» Orts brevetirt worden ist und viele Vorzüge und Nutzen haben mag. Sie soll die Haut stets in einer zarten und schwellenden Spannung erhalten und na mentlich nach langen Tanzanstrcngungen eine gewisse Frische des äußern Körpers verleihen, welche man bis jetzt in Paris nur höchst selten Gelegenheit hatte anzutreffen. Ich schreibe Ihnen nächstens mehr darüber. Bis dahin Ihre Melanie. Feuilleton. Ein kostbarer Sonnenschirm. Der Fabrikant, Sa muel Stcars, zu Leeds, ist in diesem Augenblicke mit der Verfertigung eines eleganten Sonnenschirms für die Königin Victoria beschäftigt. Der Griff dieses mit weißem Atlas über zogenen Schirmes bildet eine einzige schön geschnitzte Perle, worin zwei Augen angebracht sind. Eine Krone von massi vem Golde ruht auf dem entgegengesetzten Ende des Sonnen schirms, dessen Ring und Stäbe mit ihren Knöpfen sämmtlich von Silber sind. Dieses zierliche Galanteriewerk, über welches ein Ucberzug von dunkelrothem Sammet kommt, erhalt ein Futteral von Maroquinledcr. Die Sonnen. Die Damen sind wie die Sonne, sie er leuchten das Leben, wie jene die Natur; wo sie nicht sind, ist cs finstre Nacht, und die Gefühle unser; Herzens tappen