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Der Salon. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1840. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 31. Januar 1840. Trotz dem, daß man hier überall mit einer fanatischen Zu verlässigkeit den nahe bevorstehenden Untergang der Welt ver kündete und manche verlebte Wittwe ihr Stoßseuszcrlcin aus gehaucht hat, wird dennoch die Phantasie unserer Modistinnen und Kunstzusammensetzer auf eine merkwürdige Weise rege er halten, und mit dem möglichsten Spcculationsgeistc sucht sich die Göttin Mode ihren Einfluß zu bewahren auf alle Stände und Gemüther. Mit einer eignen Spannung schaut jetzt Alles nach England hinüber und jeder Faltenwurf und jede Spitzen draperie wird in Anspruch genommen, die dort in Aufnahme kommen; denn die baldige Vermählung der jungfräulichen Kö nigin muß natürlich prachtvollen Geschmack zu Tage fördern. Nur thut es uns Franzosen oder vielmehr uns Parisern sehr leid, daß das Brautkleid der Königin im Jnlande angcsertigt werden soll und wir unfern Fleiß und unsere Art feiner Ele ganz nicht daran erproben sollen. — Da es noch zu früh ist, über diesen sich vor uns aufrollcn- den Schauplatz neuer Moden etwas zu berichten, so wollen wir für diesmal nur des Luxus gedenken, welcher mit den Spitzen getrieben wird und wie sie in überreichem Maße an Eoiffüren und Roben angebracht werden, weil dies muthmaßlicy mit je nem historischcn Momente in sehr naher Beziehung steht. So sahen wir eine Robe von kirschrotbem Sammel mit geradeaus laufendem Leibchen, welche mit eiiiM doppelten Schärpe ver sehen war, die, aus Spitzen zusammcngcwundcn, lang herabsiel und das Auge des Beschauers sehr angenehm überraschte. Diese Schärpe kreuzte sich namentlich in der Taille, und an diesem Punkte war sie mit einer Agraffe verziert. Auf dem Leibchen waren Draperien angebracht, die bis zur Schulter reichten. Auch befanden sich zwei sckärpenartige Spiralbesätze an den Aermeln, an deren Endpunkten glänzende Edelsteine prangten. Weiße, sehr kurze Handschuhe waren mit kirschro- them Sammet garnirr und in gleichmäßigen Zwischenräumen mit Amethysten verziert. Dif zarte Hand, welche diese Hand schuhe trug, machte, ohne Bezug auf erwähnte Robe, schon einen merkwürdig zauberischen Eindruck. — Sodann sahen wir noch eine Robe von weißem gefädelten Sammet, mit einem griechischen knappanliegenden Leibchen von weichem Satin, bro- dirt mit himmelblauem Seidenschnürwerk. Die Aermcl waren lang und ausgeschlitzt und mit Silber brodirt. Um die Taille war ebenfalls in verschiedenen Nuancen eine Schärpe gewun den ; sie siel zu den Füßen herab und endigte sich in eine Sil- berfeanze. — Die Coiffüre, die die Trägerin dieser Robe trug, bestand aus einer Art Krone, die sich nach der Stirn zuneigte und fast ganz aus Rosen zusammengesetzt war. — So hat auch der geniale Artist Augustin einen merk würdig schönen, von großem Geschmacke zeugenden Robenanzug componirt. Er fertigte nämlich in diesen Tagen eine Robe von schwarzem Satin an, die mit zwei Reihen Pelzwerk be setzt war und deren Leibchen er mit Spitzen und Draperien garnirt hatte, Ihr fügte er ein kleine Pelerine oder Shawl hinzu, rund geschnitten und hinten mit Spitzen besetzt. Diese Pelerine kreuzte sich nicht, sondern war ganz einfach, und das Pelzwerk, welches auch hier angebracht war, verminderte sich allmählig, bis es sich in dem Spitzenbesätze des Leibchens ver lor. Zwischen den zwei Reihen des Pelzwerks der Robe be merkte man ein Jabot von Spitzen, das auf eine sehr feine Weise die Brust bedeckte. Vorn an den Aermeln gewahrte man auch Pelzgarnituren. — Bei dem von der englischen Gesandtschaft neulich gegebenen Balle spieltcn in Bezug aus die Toiletten die Diamanten, die Federn, die geknoteten Marabouts, so wie in den Eoiffüren die Blumen eine Hauptrolle. Auch sah man daselbst reizende Turbane von Barenne und kleine Eoiffüren in Sammet und Blumen. — Schließlich können wir unmöglich eine Neuigkeit unerwähnt lassen, welche wir der Madame Popelin in der Rue Vienne Nr. 12 verdanken und die allgemeinen Beifall gesunden hat, weil sie praktisch und elegant zugleich ist. Wir meinen jenes niedliche Täschchen, Iksonrolle, was aus beliebigem Seidenstoffe bestehen kann und überreich mit Spitzen und Broderien ver sehen ist. Es ist so groß, daß darin ein Taschentuch, ein Flacon und eine Börse Raum finden und wird in den Händen getragen. Da es nun besonders für jetzige Jahreszcit sehr bequem, und die allgewaltige Mode es geheiligt hat, so sieht man es fast schon allenthalben von der boau niomlo gehand habt. — Mit vorzüglichster ;c. Ihre:c. Melanie. Feuilleton. Sonderbare Warnung. Im Anfänge des sechzehnten Jahrhunderts erließ eine Gerichtsperson in der Champagne folgende Warnung: „Da die Maulwürfe und Raupen sehr be trächtlichen Schaden auf den Feldern verursachen, so fordert man besagte Ucbellhäter auf, binnen 40 Tagen bei Strafe ewiger Verdammung und Ercommunicalion alle Plätze in der Umgegend zu räumen. Etwas Aehnliches geschah unter Franz >. von Frankreich. Der Erzbischof von Autun crcommunicirte alle