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Der Oalon. ^49. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1840. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 20. November 1840. Die Ebbe in unfern politischen Angelegenheiten, die mora lische Windstille der Gesellschaft bringt, wie immer, in Be ziehung auf die Mode die entgegengesetzte Wirkung hervor; für unsere Magazine beginnt hohe Fluth und guter Wind. Das ist nichts Unnatürliches; wenn die großen Interessen im Fallen begriffen sind, fangen die kleinern an zu steigen und erhallen Bedeutung. Die schönen Frauen wandeln jetzt zahlreich nach ihren Pairs- und Deputirtenkammern, d. h. nach den Salon d>r Modisten und Modistinnen und unterrichten sich über den Stand der Dinge, d. h. der Toilette in der feinen Welt. Die Diskussionen der wirklichen Repräsentantenkammern treten da;^ den Hintergrund. Die "Sammetartcn von der größten Mannigfaltigkeit behal ten zuvörderst immer noch den Vorrang vor allen andern Stoffen neben den Scidenzeugen und den Mohrs. Die noble Einfachheit der letzter» zeigt sich in den verschiedensten Nuan cen; sie haben eine Vollkommenheit erreicht, daß man sie kaum Der ?ölcin Victoir«, der hübscheste unter allen Pokin's, wird wegen der Lieblichkeit seiner Muster und seiner Farben zu eleganten Abcndrcben benutzt. Der ?skin l-a V'ulliüre macht dem genannten den Rang streitig. Seine Grundfarbe ist mit kleinen schwarzen Stickereien, oder auch mit Bouquets von großer Mannigfaltigkeit besäet. Dieses Jeug dient zu einer Toilette, welche eben so würdig und ernst, als nobel und ausgezeichnet ist. Der 8atin ttompaclour hat breite Streifen, lila und weiß, blau und weiß, lichtgrün und weiß, durch welche sich kleine Guirlanden von gestickten Blumen im ausgesuchtesten Geschmack hindurchziehen. Ich habe eine Robe dieser Art gesehen, die mich ganz entzückt hat, besonders wegen der herrlichen Spitzen garnituren; ich sah sogleich, daß dieß die Arbeit der Madame Land rin, auf der lius Licoiseul Nr. 4, sei, welche in der Composition der Toilette eine Meisterin ist. Diese Pompadour- kleider zeigen übrigens, wie gern sich unsere Mode wieder nach dem ältern Geschmack hinneigt; dennoch folgt sie ihm keines wegs sklavisch und weiß seine Extravaganzen durch moderne Simplicitur zu mildern, oder durch orientalische Pracht zu ersetzen. So führen die Seidenzruge Namen, wie algier'sche, welche ich Ihnen schon in meinem vorigen Briefe genannt, oder syrische oder maurische u s. w. u. s. w.; ferner: die chinesischen Pökins, die Pökins von Jspahan, welche meist Blumenstickereien haben, die Levantines, die Nc p ' s u. s. f. sind alle meist in orientalischem Geschmack. Der indische Mousselin spielt, beiläufig gesagt, stets eine Hauptrolle bei den Abendgesellschaften. Mit den Sammeten ist es dasselbe Verhältniß, wir haben z. B. die ägyptischen, die S oli m a n' s, die maurischen, welche sehr schön in braun nuancirt sind. Der Cache mir ist ebenfalls unerläßlich, selbst bei der ein fachsten Eleganz. Hier herrscht die größte Auswahl, was so wohl Farbe als Muster betrifft. So hat man die sogenannten schwarzen Shawls von indischem Cachemir, welche am beliebtesten sind. Wer eine Braut hat, schenkt ihr vor allen einen solchen Shawl, um sie zu überzeugen, daß er ihr alle mögliche Freuden des Lebens gewähren will. Man pflegt diese Shawls schwarze zu nennen, um doch eine gewisse Farbe anzugeben, sie sind jedoch so überschüttet mit Palmen, doppelten Galerien, den wundervollsten Mustern, daß man Mühe hat, die Grundfarbe zu errathen, welche gleichsam in einer Fluth reicher Verzürungen unlergeht. Dann sind noch zu nennen die carrirten Cachemirs mit weißem Grund; andere haben grünen und blauen Grund. Wenn man diesen Reichthum-indischer Shawls bewundert, so hat man kaum Lull, di- französischen Cachemirs zu sehen, und doch giedt es deren von ausgezeichneter Schönheit, welche man jedem patriotischen Herzen empfehlen kann, um ihnen den Vor zug vor den indischen zu geben. Ich habe schon einmal von^den Sammetschärpen ge sprochen, welche dicsey^MMr iss die Mote^su kommen schienen. Jetzt sind sie schon -dgß man sie bei jeder Toi ¬ lette sieht, auf den Pröstikssaden, bei Besuchen, am Abend u. s. w. Neben den Sammetschärpen machen sich aber auch die Spitzcnschärpen geltend, welche jene an Eleganz noch übertreffen. Die Spitzenblonden findet mannst den Ma gazinen in der köstlichsten Mannigfaltigkeit. Die Tuchroben sieht Man zwgAMch nichtMi-der Toi lette der eleganten Welt, allein es Anschein, «ls ob sie aufkommen würden. Sw' werdest'Ma^scheiÄtA neben der Eleganz die Bequemlichkeit zum'HtWtzwcck haben und sehr weit getragen werdcn. Für die Coiffur.n macht man in der gegenwärtigen Sai son sehr schöne Blumen, auch meist in orientalischem Ge schmack; z. B. die sogenannten guirlancles roses iliumunjM welche um den Kamm geschlungen wilden — Kämme fästgl man nämlich wieder an zu tragen und/rwar gewöhnlich in Form von Diademen; — eine andere Coiffure heißt die himm lische, sittsamer Name! — dann die Pamela, welche sich besonders durch eine zarte Nonchalance auszeichnet; Rosen sind fast bei allen diesen Coiffuren angebracht. Was die Hüte betrifft, so habe ich sie ganz allerliebst von orientalischem Sammet gesehen. Es ist in der feinen