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er Salon. i Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost, i § Druck von C. P. Melzer in Leipzig. j 1840. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 24. Januar 1^40. Der Winter, der wahrhafte Präsident der dermaligen Er- götzlichkeitcn und des zu beginnenden Carncvals, hat endlich seinen Anfang genommen und alle Börsen und Kunsthände und Talente werden in diesem Bezüge allgemach in Bewegung ge setzt. Abgerechnet dieses vermischt sich dieser Winter gewisser maßen hier mit dem Herbste, da er so schöne Sonnennachmit- taze mit sich führt und dieß auf die Mode doch wohl nicht ohne Einfluß bleiben konnte. So sieht man feine Toiletten, reiche Spitzengarnituren und Sammetstoffe neben zierlichen Pclzverbrämungen und Schnürarbeiten auf den Promenaden in der anziehendsten Fülle wogen. Die keusche Susanns hatte neulich einen großen Thcil der schönen Welt in den Saal Ventadour geführt und man traf daselbst die frischesten, anmuthigsten und neuesten Toiletten. So sah ich daselbst unter Andcrm graciöse Turbans in Ca simir mit röves 6« I'Orient, welche Maurice Beauvais angefertigt haben soll und die durchaus nicht von dem Felde der Mode durch die Turbans von Gaze und Spitzen, welche uns Indien zugesührt, verdrängt werden können. Ferner sah ich daselbst auch noch Toques, welche von einem Diadem umgeben und von Lcctöre, Rivolistraße Nr. 10, verfertigt worden waren, aus dessen Atelier insondcrs noch kleine, niedlich kleine, coqurtte, blaue Sammethüte, mit Thränwcidenzweigen geziert, hcrvorgehen. Der beliebteste, neueste und dermalen auf den Promenaden am meisten gesehene Robenstoff ist der rothgestrahlte, aus dem Grunde grüngcstrahlte Taffet. Für Soireen, das Theater und die Concerte ist der Sammet zu diesem Behufe wohl besonders Mode. Die bevorzugtesten Farben sind Cle- menzblau, dunkelbraun und zartes Rosenroth. Die Schlepp roben erhalten sich fortwährend und ich sah kürzlich zwei sehr niedliche derselben. Die eine war von johannisbcerfarbe- ncm Sammet, ohne Garnituren, mit kurzen Aermeln, woran drei Bauschen, und mit englischen Bandschleifen. Die andere War von hyacinthfarbenem Sammet mit Leibchen a la xrec- guo, garnirten Aermeln und Sammetbandschleifen. — Bei der ersten Vorstellung von Ines de Castro hatte sich im Odeonsaale eine große Menschenmenge eingefunden und ich habe da manches Schöne bemerkt. Zuerst bemerkte ich eine junge Dame, die, wie ich später vernahm, den biblischen Namen Sara führte und von mir nicht unerwähnt bleiben darf, weil sie das meiste und gerechteste Aufsehen erregte. Denken Sie sich eine mäßig, ich möchte sa gen, niedlich große Gestalt, schlank und reizend graciös (Ihre deutschen Romantiker würden vielleicht „wellenförmig" sagen), mit rabenschwarzem Haar, das in den schönsten und saubersten Ringcllocken zu beiden Seiten ihrer Milchwangcn hcrabsicl, nun braune leuchtende Augen, ein zartes Junonäschen und einen schwel lenden Rosenmund, und Sie haben erst eine ganz oberflächliche Idee von diesem herrlichen Frauengebilde. Diese Dame trug eine Robe von blaupunktirtem Sevressammet mit langen Aer- mcln und mit weißen Spitzen garnirtem Leibchen. Sie trug einen Hut, den ich freilich erst bei ihrem Entfernen bemerken konnte, der sehr klein war und sich mehr auf dem Hinter haupte befand, welcher ebenfalls blau, aber himmelblau und von dem glänzendsten Satin war. Derselbe war mit schwarzen Spitzen geschmückt und mit einfachen Phantasieblumen in mäßiger Fülle auf der Seite versehen. Nicht minder geschmackvoll war die Begleiterin dieser jungen und schönen Dame, ihre Schwester Lin na, gekleidet. Sie trug eine Robe in meergrünem schweren Sammet, welche mit einem großen platten Volant non Guipures, mit langen, auf geschlitzten und herabhängenden Aermeln versehen war. Dann trug sie einen kleinen Hut von schwarzem Sammet mit weißen Moosröschen zierlich besetzt und von weißen englischen Points umrahmt, was einen sehr angenehmen Eindruck hervor brachte. — Sprechen wir jetzt noch im Allgemeinen von den Roben, die heutzutage eine so große Rolle in der Modenwelt spielen und selbst dem aufmerksamen Beobachter der beau monlle nicht geringe Besorgniß einflößen, geht er mit dem Plane um, sich in diesem wichtigen Artikel des Salon- und Galanterie lebens nur ein wenig gründlicher zu orientiren. Es will doch gewiß viel sagen, wenn ich hier selbst zugcben muß, daß in den Roben hinsichtlich der Farben, des Schnittes, des Besatzes, der Lcibchenconccntration und Verlaufes früher mehr Wechsel Statt fand, als dieß bei den Launen eine-- feinen Dame der Fall war. Diesen Winter jedoch scheint ff 'tum anders hcrauszustcllen und ich weiß nicht, Dudevand (G. Sand), als die gefe^ führerin des lebenden Wortes, dara Die Roben beharren im Ganzen bei, derselben ist fast immer mit Spitzen Gürtel, auch hoch drapirt, die Acr kleinen Garnituren oder Bauschen immer noch nicht einen großen Umfang verleihen unv , goden oder Manschetten harmonisch unterstützen. Die nahe bevorstehende Vermählung der Königin von England dürfte freilich manches Englische in unser Gebiet bringen und die noble Welt auf Augenblicke mit einem andern Geschmacke ver sorgen, aber wir haben dennoch Grund zu glauben, daß unser Vaterlandsgcsühl schnell wieder erwachen und wir unsere Moden-