Volltext Seite (XML)
44. Unter Verantwortlichkeit der Redaktion der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1840. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 15. Oktober 1840. Ohne Zweifel wird dieser Winter sehr glänzend werden in Bezug auf Moden, kostbare Stoffe; die Damen, welche die höchsten Zirkel und den Hof besuchen, wenden ihre ganze Auf merksamkeit dem Gold- oder Silberbrocat, dem Pä-kin, Sammet und dem Atlas, welche beide letztere von den köstlichsten goldenen oder seidenen Bouquets durchwirkt sind, zu; es ist gewiß, die genannten Stoffe werden in diesem Win ter herrschen und zwar nicht nur in den vornehmsten Kreisen, vielmehr werden alle eleganten Damen Gebrauch von den wirklich schönen Artikeln machen, die ia> in der größten Mannig faltigkeit und Eleganz zu sehen Gelegenheit hatte. Bon den neuesten Stoffen will ich Ihnen für heute folgende auszählen: Orientalischer Mohr, durchwirkt von Seide oder Gold; ich sah lange nichts Schöneres. Der Grund weiß, per lenfarben, atlasartig und sehr dauerhaft; die zartesten Blumen bouquets schmücken den kostbaren Stoff, der vorzüglich zu Hochzeits- und Gesellschaftskleidern verwendet wird. Jaspine ist sehr beliebt und wird besonders zu Redin- gotes und kleinen Roben verwandt. Krystallseide ist kaum zu beschreiben; bei diesem Stoffe sind die Farbenreflcxe von ungemeiner Wirkung. Der Grund ist grün, roth oder rosa u. s. w. und zeigt sich in den wun dervollsten Farbenbrechungen. Dieser Stoff ist ganz neu und wird sich ausgezeichnet tragen, wenn namentlich Volants von weißen Spitzen hinzugefügt werden. Düsirüide ist ein reizendes Seidenzeug, das zu kleinen Roben benutzt wird. Dieser Stoff wird allem Anschein nach der gesuchteste in diesem Winter werden. Marbriline, ein Stoff, der alle Stcinarten veranschau licht; man sieht Muster von Granit, Porphyr, Lazuli, Ma lachit und besonders Marmor; es scheint, als ob dieser Stoff vorzüglich zu unseren Spälherbsttoiletten verwandt werden sollte. — Biele unserer Modekünstlerinnen glauben an einen bevör- steyenden kalten Winter und bereiten demnach mancherlei Arten von Mänteln, Bournouß und Pelisses vor, die wir später erst erblicken werden. Besonders ist Madame Gagelin in dieser Beziehung sehr thätig und vorsichtig. — Bon den Coiffuren sieht man die Algüriennc sehr oft; sie ist niedlich und besteht aus Cachemire mit einer gold- nen Eichel, die sehr geschickt angebracht ist. Auch von Sammet bemerkt man häusig schöne Coiffuren, die, ein Werk der Phan tasie, die mannigfachsten Formen bilden. Die Coiffure Man darine, welche vor längcrer Zeit viel Aufsehen erregte, kommt wieder zum Vorschein, und findet eben durch ihre Leichtigkeit und liebenswürdige Coquetterie wicle Verehrerinnen. — In den Soirüen zeigen sich glänzende Roben; hauptsäch lich trägt man Mouffeline, Tülle mit doppelten Volants, Spitzen tc. Das Corset liebt man mit einem schottischen Aufschläge, der shawlartig endigt; die Acrmel trägt man meist kurz. — Sehr beliebt sind dieShawlmäntel und Bournouß, die man in allen Formen sieht; besonders gefallen die von indischem Cachemire. — Bis jetzt ist immer noch von Sammethüten die Rede; die jetzige, erhöhete Form hat für das Auge eben nichts Ge fälliges und für den Winter erwarten wir daher eine geschmack volle Erfindung, die auch bei dem seinen Sinne der hiesigen Damenwelt nicht lange mehr auf sich warten lassen wird. — Durch die Kriegsgerüchte ist, obschon es auffallend scheint, in der Lhat manche Heirath beschleunigt worden, und es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß, behalten wir Frieden, dieser Winker an Hochzeiten, großen Soireen u. s. w. sehr reich sein wird; denn die meisten Pariser glauben nicht an den Frieden und benutzen also die noch stillen, friedlichen Tage zu geselligem Verkehr und glänzenden Genüssen. — Bor allen Modeartikeln unterliegt das Corset, das doch zu jeder Jahreszeit getragen wird, den meisten Veränderungen, und wohl könnte man dasselbe das schwierigste Kleidungsstück nennen. Aller Fleiß und die emsigste Sorgfalt wird daher auch darauf verwandt und es ist so weit gekommen, daß ein Corset den Beinamen, das wunderbare (msrreillsux) erhalten hat. Der Erfinder dieses Knnstwerks ist Pousse und kann man allerdings die Zweckmäßigkeit und Eleganz dieses Kleidungs stückes nicht genug bewundern. — Man trägt hin und wieder schon Aermel a la Mliümet LIi, also weit und bequem. Die Winterroben werden wahrscheinlich weit und lang getragen werden. Das Gerücht, nach dem man die Volants verbannen würde, scheint grund los, denn an mehren Redingoles von Crepe bemerkte ich zwei Volants und weite Aermek. — Die Form der Hüte wird sich verkleinern, jedoch nach vorn erweitern, was als ein Schutz' gegen das Rauhe dklN Winters nur zu billigen ist. Ium Besatz steint man Chenille vorzuzichen; auch Spitzen wird man zur Ausschmückung des vordern Huttheiles viel verwenden. Ueber neue Männertrachten und vieles Andre^erhalten Sic in wenigen Tagen einen umständlichen Bericht von Ihrer Melanie.