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Der Salon. 42. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1840. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den I. October 1840. Es geschieht doch noch zuweilen, daß sich die höchste Eleganz bei anscheinend kleinen Veranlassungen, z. B. in der großen Oper zeigt; ich meine aber nicht eine Eleganz der Vorstellung und der Darstellenden, sondern einzig und allein der Opcrbe- sucher. In der letzten Zeit war in der Thal die wiederholte Vorstellung der Oper „Stradel la", componirt von Niedcr- maycr, eine wahre Ausstellung der kostbarsten und elegan testen Moden. Besonders war der Kopfputz der anwesen den Damen außerordentlich und wahrhaft reizend zu nennen. Das blonde Haar war geschmückt mit dichtanliegendcn Korn blumenkränzen; in dunklerm Haar erblickte man zarte Bou quets von Ml" tis und Rosen, die von einem schwarzen Stirnbande m.. ngt schienen. Der Lurus mit feinen Parfüms ist jetzt größer als je und Niemand kann ermessen, wohin diese Sucht, sich mit kostbaren Essenzen zu waschen und besonders die Taschentücher zu durchduften, noch am Ende führen soll. Nach und nach müssen sich vorerst die Geruchswerkzcuge unsrer eleganten Welt abstumpfen, aber dann bedarf sie um so mehr stärkerer Ingredienzien. — Die Roben trägt man jetzt mit leichten Bandroscn ge schmückt und mit kurzen Ärmeln, das Leibchen ü l'snkant. Die Farben sind besonders rosa, himmelblau; vorzüglich sah ich viel schottischen Taffctas. Der Schnitt des Leibchens wechselt noch, bald war die Besetzung horizontal von Oben nach Unten; bald aber bildete sie ein V auf der Brust; auch trägt man Leibchen, die vorn gleichsam mit gestickten Schärpen verziert sind, und scheinbar einen Bund abgebcn. Man fängt jetzt an eine sehr reizende Art Leibchen zu tragen, die wahrscheinlich allgemein werden. Ich sah einige junge Damen in solchem Kostüme; nämlich eine Robe von rosa Taffetas mit kleinen weißen Streifen, die im Schnitt vorn an der Brust sehr an griechisches Kostüm erinnert. Die Aermel waren kurz und Alles streng anliegend. Die Besatzung vorn zog sich in ein breiteres V und am Hintertheile war eine ähnliche Verzierung. Ich habe lange nichts Hübscheres gesehen. Wird diese Mode allgemeiner, so will ich Ihnen eine genauere Beschreibung der selben zukommen lassen. — Die Eröffnung der Eisenbahn von hier nach Corbeil ver einigte in den unzähligen Wagen einen großen Theil der ele ganten Welt. Ich bemerkte darunter schon neue Winter mäntel, die durch einen sehr graciöscn Schnitt sich aus zeichneten. Die Damen waren in prachtvollster Toilette, die Herren aber in ganz bequemen Anzügcn erschienen. — In den vorzüglichsten Modewaarcnhandlungen trifft man jetzt die feinsten Artikel in Leinwand und es scheint, als solle dieser Stoff noch einmal der vorherrschende werden. Be sonders sind die gestickten Battisthaubcn, welche mit Genter Spitzen besetzt sind, sehr beliebt, und cs giebt Modedamen, die nicht schlafen und noch weniger aufwachcn könnten ohne solchen Nachtputz. — Seide und Sammet werden in diesem Winter viel ge tragen werden, namentlich erhalten wir sehr schöne neue Muster in letzterem. Auch sah ich schon viel neue und vielfarbige Sei- denzcuge, dir auch bald zu Ihnen gelangen werden. — Die Cachemires werden auch große Metamorphosen in Ansehung der Farben und Muster erleiden. Wie ich ver nommen, so wird man mehrfarbige und dcssinreiche einsühren. Unsere Magazinbesitzcr trösten sich bei allem Modenwechscl immer damit, daß die Stoffe, welche im Frühjahre getragen werden, auch im Herbst wiederkehren würden. Es ist wahr, darin haben sie zum Theil Recht, und es wäre auch sehr traurig für die Modewaarcnhändler, sollte mit einem Male eine völlige Umkehrung in Sachen des Luxus und des Ge schmacks hereinbrechen. So trägt man wie im beginnenden Frühlinge Mouffeline <Ie Iains, Lcvantinc u. s. w.; wird man nun in den letzten Herbst- und Wintertagen keine große Ver schiedenheit in den Stoffen bemerken, so ist unbczweifelt anzu nehmen, daß die Anwendung der verschiedenen Zeuge und Stoffe sehr mannigfach und abweichend sein wird und muß. — In allen Ateliers unserer Modekünstlerinnen und Mode künstler herrscht eine fast unglaubliche Thätigkeit und fast können die modesüchtigen Damen und Herren kaum die Zeit der Ent hüllung der so wichtigen Mode- und Lurusgeheimniffe er warten. Das ist aber das Charakteristische aller Moden, daß die Vorbereitung und Erwartung derselben eigentlich ihren Reiz und eigentliches Interesse ousmacht, denn sobald nur erst irgend etwas Neues öffentlich von Mehren getragen und ge sehen wird, sehnt man sich schon wieder nach Neuem und Un bekanntem. — Redingotcs sind jetzt an der Tagesordnung; sie sind meistens mit schrägen Besatzungen versehen; das enge Leibchen sehr offen; um die Aermel geht eine Besatzung, in der Mitte des Armes zweimal. Die Stoffe sind die gewöhnlichen und eben genannten. — Italienische Strohhüle mit Sammctverzierungen sicht man noch immer. — Bald erhalten Sie einen weitläufiger!, Bericht von Ihrer Melanie»