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Der Salon. ^M38. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1840. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 3. September 1840. Der Kampf zwischen den weilen und engen Acrmcln an den Roben dieser Saison scheint doch noch nicht ausgekämpft zu sein und es dürfte wohl in diesem Bezüge sehr leicht mit der Annäherung des Herbstes und Winters ein Vergleich zu Stande kommen. Wenigstens bin ich gestern Abend in dem überreich angefüllten Saale der hiesigen großen Oper zu dieser Ueberzeugung gelangt. Dle ersten Machthaber und Stimm führer im Modenreiche theilten sich in weit- und engärmcliche. Die Suprematie schien sich ausgleichcn zu wollen. Wir können hierüber nur unsere volle Zufriedenheit ausdrücken, da cs allerdings Trachten giebt, die aller malerischen Vollständigkeit und jedweden Anspruches auf mannichfaltige Schönheit baar wer den würden, fehlten ihnen die weiten, bauschförmigen falten vollen Aermel. Knappe, enge Aermel mögen sich freilich zu den Roben des Sommers, die doch zumeist aus dünnen Zephir geweben gefertigt sind, weit besser eignen, aber jene pracht vollen Winter- und Pelzanzüge, an deren Composition, wie ich aus sicherer Quelle erfahren habe, man jetzt schon unaus gesetzt arbeitet, — erlangen ihre Eleganz und ansprechende Grazie nur durch ihre gebauschten Aermeltouren und ihre Schnürtaillen. Gewiß wird das unsere gefeierte Kleider künstlerin, Palmyra, einsehen, und wir dürfen das um so sicherer vermuthen, als sich gewisse erlauchte Personen für die weiten Aermel in der Wintersaison auf eine sehr entschiedene Weise ausgesprochen haben sollen. Robin ist schon dafür ge wonnen worden. — — Wir bemerkten in der bereits erwähnten Oper viele Damen mit Shawls von brauner Seide, auf denen große Blumen in schwarz eingewebt waren, und die sehr leicht ge arbeitet schienen. Dieselben waren mit sehr feinen schwarzen sjranzen, welche freilich etwas lang und dicht herabsielen, ver ziert. Solch ein Shawl hat eine ziemliche Größe. Wir können sie nur empfehlen. Es liegt übrigens in diesem Modeartikel schon ein pinüberschielen ans den nahenden Herbst, denn so frühlings - und sommerarlig als die bisher getragenen blauen oder weißen lang hcrabwallenden Seidenshawls nimmt er sich bei weitem nicht aus. Zu diesen Shawls bemerkte ich meist Strohhüte mit dunklem Bändern besetzt und mit Seidenblumen in kleinen Gruppen rechts und links unter dem mit ziemlich breiten Wangentheilen herabgehenden Schirme verziert. Die Facon blieb noch oval. — Die Roben waren im Ganzen genommen von Mouffe- line und Organdi, doch schienen die Leibchen minder zahlreich mit jenen beliebten Bandknöpfchcn besetzt zu sein. Will dieser Besatz, der sich so überaus fein und geschmackvoll ausnimmt, auch schon wieder der Modegöttin abtrünnig werden? Wir gewahrten meist zwei Volants am Rocktheile. Es ist wahr, sie werden durchschnittlich recht breit und vorn etwas hinauf gewunden getragen, und da sie gewöhnlich aus echten Points bestehen, so sind sie nicht allein geschmackvoll, sondern auch sehr reich. Die Volants kosten natürlich oft mehr als die Robe selbst. Sind enge knappe Aermel an derlei Roben, so fehlen ihnen die Schulterverzierungen nie; sind weite, faltige daran, so ist dieser Punkt rücksichtsloser behandelt. — Wie ich Ihnen vor längerer Zeit zu berichten bereits die Ehre hatte, wiÜ die Mode noch nicht den Juwelenhalsschmuck adoptircn; sie scheint in diesem Bezüge ordentlich eigensinnig geworden zu sein, sie will nun einmal einfach bleiben und das ist schön von ihr! — Gegenwärtig, denken Sie sich nur, trägt man in den feinem Reunions kleine Glascorallen von himmel blauer Farbe, die eigentlich böhmischen Ursprunges sind. Nicht zu läugnen ist, daß sie den Pariserinnen gut kleiden. Hier kommt freilich viel auf die Arbeit an. Diese Corällchen sind nämlich achteckig geschliffen und strahlen förmlich, so rein ist ihr Manz, und dann sind sie auf einem rothseidnen Schnürchen aufge reiht; auch werden sie in zweimaliger Wmoung und nur lose um den Schwanenhals gelegt. Haben Sie. schon von den ausgezeichnet schönen Schnür- stie selchen aus dem hiesigen Fußbeklcidungsmagazin des Herrn Ry eine am Boulevard Italien gehört? Unser Welt paris ist doch in jeder Beziehung liebenswürdig und geschmack voll! Sie sind aus silbcrgrauer Seide gefertigt, haben breit auslaufende Spitzen, sind an jeder Seite mit rosafarbenen Eorduanbatten besetzt, werden mit weißseidnen Schnüren ge schloffen, was jedoch nicht sichtbar bleibt, da der Künstler eine genau darüber fallende Aeugklappe angebracht hat. Ich behaupte, daß sie jeden Fuß zierlich machen und unterstütze diese Meinung wohl dadurch am besten, daß ich versichere, wie man die ersten Damen schaarenweise in das Magazin strömen und diese Stiefel- chen kaufen oder bestellen sieht. Beklagen Sie sich nur nicht darüber, daß ich der Herren moden so wenig gedenke. Hierin ist wirklich dießmal mehr Stabilität erlangt worden. Nur in den Gilets scheint jetzt eine gewisse Mannichfaltigkeit obwalten zu wollen. Die Shawl- kragen daran werden wieder mit obern Ecken getragen und der Schnitt unten fällt rund aus. Zeugknöpfe durchweg. PiquL wird bald von den Casimirzeugen, in silbergrauer Farbe, mit zarten, schwarzen, blauen oder braunen Punkten bestreut, ersetzt werden. Atlas ist minder beliebt. — Die Form der Pantalons zu Demi-Toiletten ist oben faltig und unten etwas breit. Gestreifte Stoffe sind in dieser Hinsicht sehr en voxus. — Die Pantalons von Sadline äs laine sind auch