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^37. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. L840. Weueftes Bulletin der Moden. Poris, den 27. August 1840. Heute sehe ich mich genöthigt, meinen Bericht mit der Schilderung einer Tracht zu entwerfen, die zu sehen nur wenigen vergönnt sein dürfte und doch wohl am meisten Reiz und Geschmack in sich vereint. Giebt es wohl etwas In teressanteres, als eine Pariser Dame in tiefem Ncgligü zu er blicken? Der Gegenstand ist für uns zu wichtig, als das wir ihn hier nicht einmal vor das Forum der Mode ziehen sollten, denn auch hier behauptet diese ihre geweihte Allmacht. — Kaum entschlüpft also die Marquise D —yn dem Bette, wel ches mit rosenrothcn Seidenvorhängen umwallt ist, so eilen die niedlichsten Füßchen in kleine Pantoffeln von soia vügvkale, welche mit kirschrother Seide kostbar ausgclegt und mit einem reichgcfalteten Bande von derselben Farbe bordirt sind. Dann schnürt sie die zarten Theile in ein Corset bann« komm?, wel ches ihr Madame Clemencon, Rue du Port-Mahon Nr. 8, besorgt hat, und welches bis zur Hüfte herabstcigt und aus weißem zarten Taffet besteht, darüber kommt ein allerliebst ge arbeiteter Gürtel, etwas schmal, aber sans gün« und ziemlich tief ausgeschweift. Nun wirft sie sich in einen weißen Peignoir von englischem Piquü-Damast, der oben shawlartig gearbeitet, valenciennisch garnirt und von oben bis unten mit baumwolle nen großen, n jvur gestreiften Knöpfen versehen ist. Die Aermel sind sehr weit und faltenreich (man nennt sie m-molies n in bateliers). Es gehört zum guten Tone, daß die Papillo- ten das schöne Haar nickt verlassen, und daß sie von einem sogenannten Diadembande von Battiste, welches sauber brodirt und auch valenciennilch eingefaßt ist, dermaßen zusammcnge- halten werden, daß dieß breite Band vorn auf der Hochstirne einen gar niedlichen, mit langen Barben umrahmten Knoten bildet. — Die Madame Blumeau, eine in unsrer Weltstadt sehr angesehene Modcndame und Beschützerin alles Edlen und Schönen, verwirft in ihrem NegligLAnzug den Peignoir und wählt lieber dafür einen weißen, mit gepreßten Charakteren reichlich verzierten Oberrock, der in großen Falten weit herab fällt und über den sie einen grünseidencn Shawl (Lliülv cz?- üanien- wirft; eine Tracht, die sich nicht minder reizend aus nimmt. — Bei der Wiedereröffnung unsrer Oper habe ich eine sehr schöne Robe bemerkt, diciedenfalls einer begeisterten Nach- abmung würdig 'st. Sie bestand aus weißem Organdi der feinsten Art (ein wirkliches Dämmergcwebe!) und war mit zarten blaßblaucn Phantasieblümchcn gleichsam bestreut oder vielmehr durchwebt. Das Leibchen daran war ü inantills ge arbeitet und übte wahrlich einen entzückenden Eindruck aus. Die Schultcrvcrzierungen bestanden in drei gleichweit von ein ander entfernten Bauschen, die schlangenartkg gewunden waren, zwischen ihnen lag ganz glatt ein Streifen englischer Points; die Aermel liefen halbknapp aus und waren gespalten, das Handende derselben bog sich in kleinen Falten, um und zeigte eine Doublüre von blaßblauer Seide. Der Nack theit war sehr faltig, fiel tief schleppenartig nach hinten herab und besaß zwei sehr breite Volants aus echten Points, die das Ganze auf eine höchst geschmackvolle und reiche Weise hoben. >— Sichern Vernehmen mach ist diese Robe aus dem Kunstatelier der Madame Ferriöre-Pennona, Rue du Mail Nr. 29, hervorgezangcn und hat die lebhafteste Anerkennung gefunden. — Merkwürdig, ja sehr lobenswerth ist es, daß in dieser Saison namentlich die jungen, liebesreifen Damen der höhcrn Stände in unserm feinen, köstlichen Paris weiße, ganz weiße Roben aus Mousseline tragen. Diese Tracht wirft einen fecnarligen Glanz der Unschuld auf diese reizenden, schlanken Gestalten mit den dunkeln Augen und dunkeln Haaren. Die Leibchen dieser Roben werden ebenfalls nach der neuesten Faeon, ü muntills, gearbeitet; auf den Schultern bleibt hingegen jeder Bouillonzicrrath weg; die Aermel sind zumeist noch faltig und schließen ganz vorn ziemlich eng. Der Rocktheil ist weit, sehr faltig, fällt völlig schleppenartig herab und zeigt einen breiten Volant, entweder aus Mousseline oder aus echten Points. — Au dieser einfachen, aber höchst geschmackvollen Tracht kommt gewöhnlich nun noch eine eben so einfache und zierliche Coiffure. Das dunkle Haar wird nämlich auf jede Wangcn- seite ganz glatt herabgescheitelt und dann hinter das Ohr ge bogen, wo es in drei reizenden Lockenstrahlcn auf den Schwanen hals herabfällt. Alle meine Freundinnen stimmen mit ms überein, daß dieser Haarputz mehr als die kostbarsten Compo silionen dieser Art anspricht. In den jüngsten Lagen bemerkte ich auch Hütchen fir Landercursionen, die sich sehr gut ausnahmen, sie waren voi Stroh und mit grünen Quadratstreisen versehen; das Ban war rosa- oder weißfarben und ich gewahrte nur sehr wen; Phantasieblümchen daran. Die Hüte von Baren ne sin auch sehr en vo^us. Auch Mützchen sind sehr in Aufnahm die eine schiefe Richtung haben, aus seinem Tülle bestehe und mit zartem rothcn ober blaßgrünen Band besetzt sinl Oben sind sie fächerartig gefaltet. Eine neue Art von Coiffu in der baut« volse sind die Oüeureux <Ie Vvnus, wo d< Haar mit einer Rosenguirlande verziert und mit Blumen fo ganz durchwoben ist. — Bewahren Sie auch ferner Ihre so schätzenswcrth- achtung Ihrer u. s. w.