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^36 Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1840 Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 20. August 1840. Glauben Sie ja nicht, daß uns die holde Göttin Mode untreu geworden, obwohl ihre schönsten und kühnsten Ver ehrerinnen und Verehrer schon lange das große, wogende Paris verlassen haben! Es vergeht keine Woche, wo man dieser Macht nicht glänzende Verehrung zollt. Alle Ateliers und Maga zine für unsere Putz- und Gewandungsbedürfnisse stehen in voller Thätigkcit und sind vielleicht besser als die Arsenale des „friedlichen" Krieges gefüllt. Namentlich sind in letzterer Zeit die Schürzen sehr berücksichtigt worden. Ihre Größe hat zugenommen, aber wie mir scheint werden sie etwas schmäler getragen. Die Stoffe, welche man dazu nimmt, sind ent weder Seide oder Flor oder auch Mouffclinc. Unten werden sie mit Kanten oder englischen Points verziert, oben mit brei tem Scidenschnürwcrk in auffälligen Farben; die Täschchen daran werden halbmondförmig ausgeschlitzt und schräg ange fertigt. Die beliebtesten dieser Schürzen' und die mir auch wohl am besten und ansprechendsten vorkamen, sind die mit recht vielen und eigenthümlich gelegten Falten. Wie viel Phantasie und glückliche Berechnung gehörte dazu, diese kleinen, allerliebsten Falten zu ersinnen! Nächstdcm müssen wir hier der ausgezeichnet niedlichen Kindcrtrachten gedenken, welche so sehr unter der kleinen Pariser llauto voiv« in Aufnahme gekommen sind. Seht die lieblichen dunkellockigen Mädchen, wie sie in dem kurzen Kleide mit den persischen weiten Pantalons umherhüpfen im äarllin <Ies plante, und auf den Boulevards! — Diese Kinder roben sind mcistenthcils von Heller Farbe, etwa rosenroth, himmelblau, weiß, gelb oder aus diesen Farben combinirt, und wie schon gesagt sehr kurz. Das Leibchen daran ist rund und am Halstheil weit und tief ausgeschnitten. Die Aermel sind kurz und halb-knapp. Der Nacktheit ist ohne jegliche Ver zierung, aber mit vielen Falten versehen. Die hierzu gehörigen Pantalons sind meist aus weißem Mousseline oder der feinsten Leinewand und unten reich mit Spitzen besetzt. So ein kleines Mädchen trägt hierzu weiße Handschuhe aus Flor und Tülle, seltener aus Häckelseide. Das Haar wird, wie seit lange Ton geworden, hinten mit langen Locken hcrabfallend getragen; oder es wird vorn glatt und sorgfältig hinaufgestreift und oben von einer schwarzen Kugelnadcl festgehalten. — Sticht zu ver gessen ist, daß die kleinen Mädchen auch oftmals eine Schärpe um die Taille winden, was sich sehr gut ausnimmt; dagegen tragen die Knaben noch immer ihren einfachen Ledcrgurt, nur hat dieser seine schwarze Farbe zumeist verändert; er wird gelb oder grün und wohl zuweilen auch roth getragen. Die Mäd chen tragen Strohhüte mit sehr breiten, die Knaben mit schmalen Krempen; erstere haben noch mitunter Blumen daran. — Der Damenputz hat sich in der vergangenen Woche nicht sehr verändert. Die Reisstrohhüte bilden noch immer einen Hauptgegenstand beim Lustwandeln und auf dem Wege nach den Theatern. Die Bänder an den Hüten wurden et was schmäler getragen und cs sind vorzüglich die mit recht vielen Arabesken und sonstigen Verzierungen durchwobenen aus gezeichnet in Aufnahme gekommen. Rosa, hellgrün und kirsch rot!; sind die beliebtesten Farben. — Bon den vielen äußerst eleganten und geschmackvoll ge arbeiteten Roben, die ich in der vorgestern bei der Baronesse de —rs stattgehabten Reunion angetroffen habe, bin ich noch immer von einer entzückt, die ich hier beschreiben will: Der Stoff dazu war sehr feiner Organdi mit glänzend weißem Grunde, auf dem zartest gedachte kirschrothe Blülhchcn gleichsam hingefäet waren. Das Leibchen war oval geschnitten und lief in ein breitzackiges Schneppenende aus. An den Seiten desselben liefen schräg nach den Schultern zu in zwei Reihen Bandknöpse von morgenrother Färbung, die mäßig groß waren. Der Halstheil zeigte sich nur flach ausgeschnitten und war mit breiten Points besetzt. Auf den Schultern be fanden sich drei Reihen Bauschen aus echten Points, zwischen denen kirschrothe Seidenstrahlen liefen, deren Enden kleine Quasten nachwiesen. Die Aermel waren knapp und hatten an ihrem Handende schmale Aufschläge, die von kirschrothen Seiden schnürchen festgehalten wurden. Der Rocktheil dieser Robe endlich besaß drei breite Volants, welche von Points durch brochen waren und vovn etwas hinauflaufend endigten. — Auch eine Robe aus weißem Mousseline fanden wir in dieser Reunion vor, die die vollste Anerkennung verdient. Ihr Schnitt unterschied sich vor der eben beschriebenen nur da durch, daß sie ein rundgeschnepptes Leibchen hatte, an welchem keine Bandknöpfchen angebracht waren; und daß der Rocktheil nur zwei Volants besaß. * . — Rokhwendig muß ich von diesen Roben auch auf die Schärpen noch einmal kommen, denn da merkte man erst recht, welche wesentliche Bedingung sie zu einem eleganten Anzuge bilden. Die kirschrothen oder himmelblauen sind am zartesten. Man windet sie jetzt nicht mehr so oftmalig um, aber sie fallen ganz lief herab, indem sie sich in feine, sehr feine Fäden enden, welche jedoch immer von einer entgegenge setzten Farbe sein, oder dem Grundtone des gesammten An zuges entsprechen müssen. — Zum Schluffe muß ich Ihnen noch melden, daß man in unserm Paris jetzt recht viel Wesens von einem Toiletten wasser macht: 8 au <1 e äuillet, welches alles Unreinliche von der Haut nicht nur entfernen, sondern diese selbst zart