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.1 c r l Unter Verantwortlichkeit f Druck von C. P. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 18. Juni 1840, Alle feinen Salons, alle eleganten und anspruchfcchigcn Reunionen sind in diesem Augenblicke, nein! ganz Paris ist in Allarm wegen eines Modengegcnstandes, der allerdingS-von großer Wichtigkeit ist, weil er den Damen ausschließlich ange hört und sie wohl auf's Empfindlichste berühren mag. Denken Sie sich, meine geehrten Mitschwestern, Robin und die ge feierte Palmira, diese bisher so loyalen und friedliebenden Weltbürger der Mode, haben eine bedeulungsreiche Umwälzung in dem Form- und Schnittwesen der Aermes herbeigeführt, sie haben jene ausgedehnte, faltenreiche, bauschige Grazie radikal zu verbannen gewußt und die einnähtige, enganliegende Aer- meltracht, das knappe Schmicggebildc, auf den Thron der Tags toilette erhoben! Wie schnell sich Alles ändert! Kaum ver mag ich meine Ueberraschung auszudrückcn! Die knappen en gen Acrmel, mit nur schwachen Ringbauschen auf den Schulter gegenden sind überall als löwenswürdig und fashionable aner kannt worden. — In den Gemächern des Lord Bymbim sahen wir die sehr reizende und liebenswürdige Blondine, die Marquise de Croir, mit einer Robe aus Lüstrine in ganz mattem Dämmer lila, welche, wie gesagt, ganz knappe Aermel mit Ringbauschen auf den Schultern batte. Dann hatte diese Robe nur einen, aber sehr breiten Volant, der mit schwarzem Atlas garnirt war; ein Schneppcnleibchen mit Blonden und Satin auSgeputzt. Eine Schärpe von grüner Seide fiel zu den Füßen in breitem Um fange und zartfaserig herab. Au den Händen trug diese Dame feine weiße, gestickte und garnirte Glacehandschuhe. Sehr eleganten Fächer mit elfenbeinernem Gerüste und weißem Satinausfüllsel, welck.es mit Arabesken in rofenrothcr Farbe sehr geschmackvoll verziert war. Die Form nicht zu groß. Das Ganze des Fächers ward unten von einem Goldknopfe gehalten, welcher von einem Kranze glänzender Smaragden umgeben war. Das lichtblonde Haar war gescheitelt und hin ten in einen spitzen Knäuel zusammengebunden, der von einer sichelförmigen Juwelcnnadel gehalten ward. Ich muß geste hn, , daß sich diese Loilclteneinfachheit sehr gut ausnahm und die Dame dadurch ein wahrhaftes Madonnengesicht erhielt. Beim Nachhausegchen setzte die Dame einen Hut von Bast auf, in kleiner Facon, welcher einen Halbschleier von Brüsseler Spitzen hatte, der zugleich eine weiße Cameille bedeckte, die auf dem Hute schwebend angebracht war. — — — Man hemcrkt jetzt auch viele Moussclinemantelets, bro- dirt und mit hohen Spitzen garnirt, die entweder farbig und dann doublirt, oder weiß und dann ohne Futter getragen wer den. Auch die kleinen Pompadourmäntel, welche die Madame s a i o n. der Redaction der Eilpost. > . Melzer in Leipzig. ) Vollis, Boulevard des Italiens Nr. 22, so kunstreich anfer- ligt, sind sehr en vogue, nur gehört freilich hierzu ein Cha peau d'Anvers, den ich schon früher einmal zu beschreiben mir erlaubt habe. — — Die schottischen Pelerinen der Mademoiselle Parron, Rue Neuve Vivicnne Nr. 38, sind eine sehr originelle Neuig keit, welche in Bezug auf eine weiße Toilette sehr hebt. Die kleinen Hüte dieser Modistin, von Stroh, ü jnur, mit Guir- landen von Rosen und Violetten, mit schottischen Bändern oder sonstig mit Farbcnbesatz garnirt, sind als Stadlnegligee und auch zur Toilette für das Landleben sehr beliebt. - — Jetzt bemerkt man leider auch das Verschwinden der Halsverzierungen, Colliers u. s. w.; man hatte eine Masse so genannter Brimborions adoptirt und sie für elegant und be friedigend erklärt. Das am wunderbarsten Zusammcngestellte ist das Beliebteste. Man sucht sich in diesen Auswüchsen einer abgestumpften Modenphantasie emsigst zu übertreffen. Lange hält das freilich nicht an. Die Damen des Hjses erscheinen beharrlich noch mit Halsketten und Brillantgeschmeiden einer jüngsten Vergangenheit und diese werden, wie ich meine, wohl den Sieg erlangen. Nächstens mehr hierüber, denn dieser Ge genstand ist nach meiner Ansicht zu wichtig; indessen geneh migen Sie die Versicherung u. s. w. Ihre Melanie. Feuilleton. Das goldgelockte Haar im Mittelalter. Vor mehren hundert Jahren wollten alle Frauen goldgelocktes Haar haben. So findet man sie häufig auf Gemälden, so werden sie von den Dichtern besungen. Die Natur richtet sich aber freilich nicht nach solchen Wünschen, und so muß die Kunst zu Hülfe kommen. Alle Damen suchten in Safran Trost. Er ging dadurch dermaßen in die Höhe, daß kaum etwas zu Saucen und Ragouts herbeizuschaffen war. Ucber- haupt war die Eitelkeit vor Jahrhunderten so groß wie in unseren Tagen. Petrarca konnte z. B. verstimmt werden, wenn die kleinste Falte am unrechten Orte in seinem weißen Gewände sichtbar war; er duldete in engen Schuhen die bit tersten Qualen, und fühlte Angst ohne Gleichen, wenn ein plötzlicher Windstoß seinen meisterhaften Lockcnbau zu zerstören drohte. Und Petrarca war doch sicher kein gewöhnlicher Stutzer. Musikalische Kunststücke. Vor mehr als 100 Jah ren machte in Frankreich, und namentlich in Paris, ein Vio linspieler eben so viel und vielleicht noch größere Sensation,