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indeß im Jahre 1814, daß die Sieger von 1806 von den da mals besiegten Preußen jetzt zurückgedrängt wurden und Ma dame R., deren Gemahl auf Kosten so manches Preußen sich früher falt gegessen, einen preußischen General zu bcwirthcn bekam. Zum Glück für Madame R. war dieser General der Fürst **, ein sehr artiger und gutmüthigcr Mann, und Ma dame, die Anfangs aus Furcht vor den Kosalssft alle ihre Habseligkeiten versteckt hatte, ward nach und nach 'zulraucnd, ließ ein Stück nach dem andern wieder hervorbringcn und ver gaß zuletzt ganz, daß ihr Gast ein feindlicher Krieger sei. Sie durfte auch ihr Vertrauen nicht bedauern. Der Fürst blieb sich immer gleich und sah die silbernen Couverts eben so ru hig wieder abtragen, als er mit den wcrthlosen vorher gclhan. Eines Tages, es war der Geburtstag ihres abwesenden Gatten, übergab Madame R. sich dem unbedingten Selbstver gessen, und cs erschien auf einmal zu Mittag ein vergoldetes Service. Fürst ** machte seiner artigen Wirthin Complimcnte über ihre große Zuvorkommenheit und Madame R., im höchsten Grade geschmeichelt, gestand, daß sie dasselbe vor acht Jahren von ihrem Gatten zum Geschenk erhalten. Fürst ** schien das zu überhören und blieb, wie immer, auch diesmal bis zu Ende der Tafel derselbe angenehme Gesellschafter. Aber — wer malt das Erstaunen der Madame R., als sic nach Tische zufällig in das Hinterzimmer geräth und dort die fürstlichen Leute so eben beschäftigt sieht, das ganze Service unter Aufsicht des Fürsten selbst sorgsam einzupackcn. „Aber, mein Gott, mein Herr, was ist das? Mein Ser vice" — „Entschuldigen Sie, Madame" — unterbrach sie der Ge neral — „Sie wollten sagen, Ihr Service. Haben Sie nur die Güte, das Wappen der Teller und Schüsseln mit meinem Wappen, das Sie hier zum Beispiel an diesem Siegelringe, an meinem Wagen u. s. w. sehen, zu vergleichen und Sie werden mit einem Blicke finden, daß Beide ein und dasselbe sind. Grade vor acht Jahren nahm Ihr Herr Gemahl mei ner Gattin dieses Service weg, und ich schmeichle mir, daß Sie nach Ihrem eignen Nationalsprichworr: daß jeder nach dem Seinigen greift, wo er cs findet, mir nicht übel wollen, wenn ich hier mein Eigenthum wieder in Besitz nehme. So geht es einmal in der Welt — heute Sieger, morgen der Be- Der bescheidene Sieger nimmt indeß nur, was er neh- arf. — Und so kehrte das goldne Service, auf so wun- > Weise aufgefunden, in sein heimathliches Schloß zu- und — mußte verschmerzt werden. Doppelte Augen. Zu einer im Theater strickenden Dame sagte ein witziger Kovf: „Sie sind, meine Dame, die aufmerksamste,Zuschauerin." — „Wie so?" — „Weil Sie Augen im Kopfe und in den Händen haben." Eine originelle Wette. Iwei Engländer wetteten vor Kurzem, daß der Eine von ihnen eine englische Meile in kürzerer Zeit auf allen Bieren durchlaufen würde, als der An dere Zeit brauche, dieselbe Strecke auf einem rückwärts schrei tenden Pferde zurückzulegen. Der menschliche Vierfüßler ge wann. Wichtige Landtagdcbatten. Bor hundcrtundfunszig Jahren gab es eine schwierige Frage, die in Schriften und selbst auf dem Landtage zu Dresden 1692 erörtert wurde, ob die Geistlichen mit gutem Gewissen Perücken tragen dürften. Sie muß doch wohl mit Ja entschieden worden sein; denn August Pfeifer und Adam Rechenbcrg hatten in den Jahren 1694 und 1699, wie Kupferstiche lehren, recht ansehnliche Perücken und beide waren in Leipzig geschätzte Theologen. Ueberhaupl scheint in jener Zeit eine wahre Perückenwulh geherrscht zu haben. Im Jahre 1689 wurde in Preußen eine Perückensteuer cinge- führt und hätte nicht Einer dem Andern es in Perücken zuvor- thun wollen, so würde man nicht auf eine derartige Abgabe speculirt haben. Buchhändler-Bonmot. Ein Buchhändler sagte über einen unbedeutenden und zudringlichen Schriftsteller: Er gleicht ganz seinen Werken. Man kann Beide nicht los werden. Das Secungeheucr. Vor Kurzem ist cs endlich zwölf amerikanischen Fischern gelungen, an der Mündung des De laware nach einem furchtbaren Kampfe die berüchtigte große Sccschlangc zu tödten. Die Schlacht dauerte zehn Stunden. Einer der Fischer ward vonsder Schlange erdrückt, zwei anderen wurden die Beine "zerbrochen und nicht eher verlor sie ihr Leben, als bis ihr über sechshundert Flintenschüsse deigcbrachl worden waren. Die Sieger zogen sic an's Land. Das Thier mißt zweihundertzwanzig Fuß und zweiundzwanzig im Um fange, wo cs am stärksten ist. Sein Schwanz ist mit einer hornartigen Substanz wie ein mächtiger Spieß bewaffnet, und sein Rachen mit einer dreifachen Reihe von Zähnen, welche die Dicke der Hauer eines Wallrosses haben. Die Fischer er hielten tausend Dollars zur Belohnung. Die Verwundeten werden auf Kosten der Regierung verpflegt und geheilt, und der Wittwe des gctödteten Matrosen ward eine Pension be willigt. Man ist jetzt mit der Constru..:.— eines Fuhrwerks beschäftigt, um dieß ungeheure und entsetzliche Thier nach New- York zu schaffen. Geistreiche Antwort. Als der Gesandte Philipp's III. von Spanien dem Gesandten der Königin Elisabeth von Eng land bei einer Conferenz die ironische Frage stellte, ob sic nicht in französischer Sprache unterhandeln wollten, da sich die Königin zugleich Königin von Frankreich nenne, erwiderte der Engländer: „Laßt uns hebräisch reden, da sich Euer König Kö nig von Jerusalem nennt." bharpie und Leinwand. Jean Paul schrieb einmal in das Stammbuch eines heftigen Deutschlhümlers: Ihr xreifft im Odenton Die deutsche Nation, Erlaubt mir nur den Einwand: Ist Charpi« denn noch Leinwand ? Gute Antwort. In einem Streite über die Hegclische Philosophie sagte Einer zu einem Andern: „Ich habe noch zu viel zu begreifen, was die Anderen schon begriffen haben, als daß ich mich auf Dinge einlassen sollte, die noch Niemand be griffen hat." Akademische Aufgaben. Friedrich Wilhelm der Erste hielt nicht viel von seiner Akademie der Wissenschaften und fand