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Der Salon. ^ris. Unter Verantwortlichkeit der Redaktion der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1839. L rse - 3 Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 26. März 1839. ES ist von der größten Wichtigkeit, daß wir das einzige in der kommenden Saison zulassungsfähige Geschmeide erwäh nen, oder vielmehr eines von jenen Geschmeiden, die so zur Moussclin-Robe, wie das Gold zur Sammet-Robe passen. Wir sprechen nämlich von den Chütelaincs (Kastellani- nen). Die Chütelaincs haben den Vorzug, ihre Verzierungen wechseln zu können. Diesen Sommer werden die Chütelaincs viel längere Ketten haben, und am Ende dieser Ketten einen Knäuel, oder ein Nadelkissen, eine Scheere, oder einen Schlüs sel, kurz das ganze authentische Zubehör der Kastcllanincn der guten alten Zeit. Was man mit diesem Knäuel oder Nadel kissen, dieser Scheere oder diesem Schlüssel dann machen soll, daran ist im Grunde sehr wenig gelegen. Dieses, moderne Geschmeide ist übrigens bei Gcslin, Börsenplatz No. 12. zu haben. Ausgezeichnet sind auch bei Geslin alle Arten von Parfü merien. Das Bouquet Victoria von Geslin ist mit Recht in allen Pariser und Londoner Salons berühmt geworden. Eben so beliebt sind seine wohlriechenden Wasser, und seine Zusammensetzungen, weiche die Haut so weiß, die Lippen so roth, die Haare so glänzend machen. Höchst bcmerkenswerth sind auch die Eliülss äuclies-es von Madame Payan. Sic bestehen aus mit Blau oderRo- scnroth gefütterter Mousselinc; an den Spitzen befinden sich Bouquets oder Einsatzroscn von so bewunderungswürdigen Mustern, wie die auf Cachemirshawls sind. Ein anderer, klei ner Shawl bildet einen umgeschlagcncn und von Spitzen umge benen Keagen. Das ist gewiß der frischeste, reichste und ver führerischste aller Luxusartikel, die wir diesen Sommer bewun dern werden. Madame Payan hat in ihren Modcwaaren auch viele Ca- chemirspitzcn angcwcndet. Diese Spitzen stellen ein Garnnetz vor, mit Mustern von ganz orientalischem Styl, was ihre Be nennung erklärt. Sic sind von ungemeiner Leichtigkeit und nehmen sich besonders schön al» Besatz an Taschentüchern, Halskragen u. s. w. aus. Noch müssen wir einige Worte über eine andere Art von Chülcs sagen, die aus Moussclin sind, umgeben von dreifachem Spitzenbesatz, stufenförmig auf Gazcstrcifcn geschnitten, durch welche ein blaues Band gezogen wird. Dieser feine Flor dient nur dazu, den Wicdcrschcin des blauen Bandes zu heben und L m m e r. zu mildern, der dadurch ein gcwölkähnlichcs und entzückend frisches Ansehen gewinnt. Man begreift, wie prächtig und frisch zugleich sich dieser dreifache Spitzenbesatz ausnimmt., der auf blauer Transparente flattert. Eine solche Mode muß die sen Sommer in Schwung kommen. Sie wird allen schönen Toiletten erst die Krone aufsetzen, oder vielmehr selbst eine vollendete Toilette für sich sein. In den Ateliers der Madame Land rin hat man einen eigenen Robcnschnitt angebracht. Der Leib dieser Roben wird durch Laschen gebildet, die sich um die ganze Taille ausbreitcn und nach Art der Corsets sich bis auf die Hüsten verlän gern. . . . Dies mag wohl hübsch sein, paßt abcr nur zu außerordentlich jungen und schlanken Taillen. Es scheint, daß alle Kleiderschnilte dieser Saison cigends geschaffen sind, um die Corsets Tosfelin unentbehrlich zu machen. Madame Losselin macht Euch dünn, zart, schlank, wo es sein muß, und wo cs sein muß, macht sie Euch wieder rund, dick, fett, reich und vollgeformt. Sie heilt sogar mit etwas Stahl und Seide körperliche Gebrechen, und macht zu hohe Schultern, unregelmäßige Schultern, oder Krümmungen der Wirbelsäule unsichtbar. Dec Mechanismus ihrer Corsets hat auch den unberechenbaren Bortheil, daß er eine der größten Widerwär tigkeiten des Lebens aufhebt, daß man nämlich nicht eine un endliche Zeit beim Zu - und Aufschnürcn braucht. Ihre ein fache Stahlfeder zum Auf- und Zuschnüren wirkt schneller, als der Gedanke. Die Strohhüte von Maurice Beauvais machen un gemeines Aussehen. Sie sind nach Art der italienischen Stroh hüte geformt, mit aufgestülpten Kragen, wie der Bavolct (Kopfputz der Landmädchen). Die Verzierung besteht bald in einem doppelten Kranz von Kornblumen, oder einem Zweige von Glockenblumen, bald in einem Büschel Rosen von sechs Nüanccn, einem Zweige virginischen Jasmins, weißem Klee, oder einem Kranze von Weinlaub. Mit unaussprechlicher Grazie weiß er seine Pfauen-, Geier-, oder Casuarfedcr ans einen weißen Hut zu pflanzen, den er mit einem köstlichen, marmorirten Bande verziert, sei cs ein Band Dubarry, mit Früchten, doppelter Krone, oder mit gothi- schcn Mustern. Der Einfall, den er hatte, seine Crepphüte mit Crcppschnürcn und Bändern zu versehen, hat den Mode händlern einen neuen Schwung gegeben. Auch sieht man alle unsere Stutzerinnen mit kleinen Crepphüte» von Maurice Beauvais. Die Mützen sind mehr als je kurz an den Wangen, die Turbans fast rund und mit doppelten Schnüren, die kleinen