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Der Salon. üvr 12. Unter Verantwortlichkeit der Redaktion der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1839. Lese-Zimmer. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 15. Marz 1839. Die Lermcl der Roben sind immer nicht sehr umfangreich; bei einer Robe für Bälle und Soireen lassen die kurzen Acr- mel den höchsten Lheil der Schulter bloß und sind aus meh rer» Reihen dichter Bauschen zusammengesetzt, die übereinan der gelegt werden und von geringer Dimension sind. Sonst sind die halbbrciten Acrmel, oben und am Vorderarme gefäl telt und am Ellenbogen ebenfalls von Halbbrcite, noch immer sehr beliebt. Der Leib bleibt lang, leicht mit Fischbein ausgcstcift für Roben, rund bei den Uebcrröcken und den Redingotc-Robcn. Der Rock (jnpv) bleibt rund, ein hoher Volant, mit einem Kopf oben, ist geschmackvoller, als mehrere Volans, ausgenom men, daß diese aus schönen Spitzen bestehen. Der herzförmig zugcschnittene Leib wird auch noch gern gesehen. Die Roben, mit denen Madame Land rin so viel Glück macht, haben einen cigenthümlichen, sehr vortheilhasten Schnitt, der nur das Resultat langer Beobachtung sein kann. Der Leib dieser Roben besteht aus mehrer» perpendikulären Stücken, die so geschickt in Verbindung gebracht sind, daß sie auf eine wundervolle Weise den Obcrkhcil des Körpers umfassen und alle Vertheile einer zierlichen Taille geltend machen. i Die Weißzeugwäsche bleibt sich, trotz aller plötzlichen Erfin dungen, aller neuen und alten, köstlichen und kostbaren Schö pfungen unserer Modistinnen so ziemlich gleich. Die solidesten Artikel dieser Art in Mousseline, Spitzen, Batist, Pcrkalt lei ste' noch immer Madame Tulasnc-Lcdoux. Die Morgen - und Nachthauben werden, was den Schnitt anbelangt, ganz ländlich ir la I'a^sanns getragen; der Boden sehr groß, der Schirm klein, die Lätzen schmal, der Falter we nig gehoben, der Rand in kleinem Pariser Grund, oder in Spitzen von Valcncienncs. Die Kamisols und die Haarmäntcl bieten ziemlich große Schwierigkeiten, da ihre Weite und die obligate Länge der Achselstücke der Anmukh dieser Kleidungsstücke schaden. Man hatte diesem Uebelstande dadurch abzuhelfen geglaubt, daß man Leibchen, mit einzelnen Stücken vorn und hinten, cinsührtc. Es ist gewiß, daß -ie so zusammengesetzten Kamisols gut auf der Schulter saßen und den Hals frei machten, aber bald schlossen sie wieder zu eng an und hinderten, besonders in der Nacht, die Bewegungen der Arme auf eine schauerliche Weise. Das beste Mittel, welches man seitdem gefunden hat, und das sich auch durch den Erfolg bewährt, ist, vorn ein perpendiku läres, langes Stück zu machen, den Rücken jedoch platt zu lassen, ohne daß er ganz anlicgt; auf diese Art werden die Schultern nicht mehr eingezwängt; ist der Obcrtheil des Rük- kcns auch weniger elegant, so hat dafür die Taille nicht im Mindesten zu leiden und alle Bewegungen sind frei. Noch immer liebt man die Taschentücher mit den reichsten Stickereien und den prächtigsten Spitzen. Es läßt sich nicht sagen, wie weit Kunst und Luxus in diesem Genre getrieben werden, unsere Stickerinnen scheinen mit der Nadel zu malen. Der Schlafrock ist aus melirtem, bronze-goldfarbigem Tuch mit sammetncn Besatz und seidener Posamcntirung auf den Taschen, Acrmeln und den unteren Thcil des Rockes. Dazu gehören Pantalons mit wollenen Fußstücken, oder Fußstückcn aus rothem Tricot. Trägt man an kalten Morgen, oder auf dem Lande, unter diesem Schlafrock eine farbige Wollenwcste aus dem Magazin des Blason des Chaussiers do Paris (Rue Richelieu >'o. 92.), so hat man ein charmantes Hauscostüme am Leibe. Die Form der Hüte hat sich seit dem letzten Monat gar nicht geändert. Indessen kann man bemerken, daß man allge mein noch hohe Hüte sieht, die Krämpcn sind breit und an der Seite ein wenig in die Höhe steigend. Die Magazine Oudinot's sind besonders reich mit sei nen beliebten Cravaten versehen. Auch für Männerhcmden hat Herr Oudinot einen der besten Zuschneider. Man trägt diese Hemden am liebsten mit Falten n la Amcrikaine. Verdi er (Rue Richelieu kco. 102.) verdient seiner neuen Spazierstöckc und Reitpeitschen wegen noch eine Erwähnung. Für den Augenblick trägt man am liebsten ein Rohr mit gol denem Knopf und einer Zeichnung von der Renaissance. In der Soiree und im Theater sicht man bei den jungen Fashio- nablcs kleine Röhre oder Palmstöcke mit Knöpfen aus vergol detem Silber, cisclirt, mit Edelsteinen bereichert. Um noch einmal zu den Damen zurückzukommcn, so em pfehlen wir ihnen, wenn sie sich der scharfen Luft auf Prome naden auösetzen wollen, ohne Schaden zu leiden, das Nado- lika-Pulver, oder die vegitabile Seife des Harrms, von Ardic-Deltheil zubereitet. Diese Seife bikahrt vor dem Springen der Haut. Auch müssen wir sagen, daß, Dank sei dafür der Rachel, die Turbans von Lcmonnier noch immer im Schwünge sind. Wir werden eine Reihe israelitischer Muster bekommen. Die ganze Bibel wird sich in den Stoffen unserer ersten Ma gazine vor den Augen der Beschauer entrollen.