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108 sah man auch bei dcr dritten Vorstellung der Gyphp (der Zi geunerin) in einer Vordcrloge eine Arragonische Coiffure neben einer Hebräischen, eine Calabrcsischc Uneben einer Krcolen- Coiffurc. Auch viele Mantillcn in feinen Spitzcnstreifen bemerkt man^ wie cs überhaupt gewiß ist, daß die Spitzen nie so im Schwünge waren, wie jetzt. Auch wurden sie aber nie so gut, wie jetzt, behandelt. Violard hat dazu den ersten Anstoß gegeben, wodurch er sich um die Mode ein hohes Verdienst erwarb. — Städtechronik. Rotterdam. Hier gab es vor Kurzem eine origi nelle Hochzeit. Ein junges, hübsches Mädchen wurde gegen ihren Willen und Wunsch auf Verfügung ihres Vor mundes an einen geizigen, häßlich allen Mann versprochen und die Trauung bereits festgesetzt. Da veranstaltete dcr Geliebte des Mädchens einen Ball, indem er vorgab, bei der Vcrhcira- thung seiner Geliebten wenigstens ein Fest geben zu dürfen. Der Ball war in dcr Mittcrnachtsstunde festgesetzt; dcr alte Bräutigam hierzu eingeladen. Man holte ihn in einer Chaise ab und kutschirte ziemlich lang außer dcr Stadt in der Nacht mit ihm herum. Endlich langte man bei einem großen Ge bäude an und stieg auf einer offenen Treppe in einen Saal hinauf. Viele Gäste waren zugegen. Die Braut, wundcvlieb- lich geputzt, empfing den Bräutigam, Musik ertönte. Dcf der alte Herr nicht tanzen konnte, so wurde er in einem Neben zimmer zu einer Parthie Whist geladen, an welcher auch der Vormund Theil nahm. Man lachte, man scherzte. Die Braut ging ab und zu, tanzte aber immer wieder mit des Bräuti gams Erlaubniß. Der alte Herr war ganz glücklich. Es war inbeß Tag geworden. Plötzlich ertönte ein Kanonenschuß, der Saal trennte sich vom Spielzimmer, die Tänzer verschwan den. Die Spieler gafften mit Schaudern durch eine breite Oeffnung. Der Saal befand sich auf einem Schiffe und segelte mit Blitzesschnelle davon. Vormund und Bräutigam hatten das leere Nachsehen.' Rom. Der heilige Vater hat für eine einzige Messe, die er für eine Hierselbst gestorbene indische Prinzessin gehalten hat, sechSzigtauscnd Ducatcn erhalten. London. Nach Berichten, welche unlängst dem Parla mente vorgelegt wurden, haben sich in den englisch-oftindischcn Besitzungen im Laufe der letzten vier Jahre zweitausendscchS- hundertundzchn Frauen, deren Gatten gestorben, freiwillig dem Feucrtode geweiht. Vor Kurzem wurden mehre Straßen durch einen Äizcr, welcher einer Menagerie entsprungen, sehr in Schrecken gesetzt. Zum Glück für die Menschen begegnete die wilde Bestie einem großen Flcischerhund, welcher sogleich von ihr gepackt und im Nu erwürgt wurde. Mit seiner Beute eilte der Tiger in einen Garten, wo er den Hund in Ruhe verzehrte. Hier ge lang cS mit Hülfe dcr unterdcß cingcbrochcncn Dunkelheit, den Thicrbudcnwärtcrn, sich dem Ungeheuer zu nähern und ihm einen Strick über den Kopf zu werfen. Auf diese Art gelang es, obschon mit vieler Mühe und mit Verwundung mehrer Personen, den Tiger wieder in seinen Käsig zu sperren. Havre. Hier verfertigt ein geschickter Uhrmacher Uhren, wo von die Taschenuhren ein ganzes Jahr laufen, ohne daß man sie aufzuziehen braucht; Wanduhren zwanzig Jahre und Thurm uhren gar zweiyundcrtundachtzig Jahre. Dieser Künstler scheint den dirccten Weg zum Perpetuum mobile gefunden zu haben. Besanron. Hier wurde kürzlich ein Paar getraut, wo von dcr Bräutigam siebzig, die Braut achtundsechszig Jahre alt war. Dcr Erstere hatte zwciunddreißig Enkel und Urenkel» Letztere siebcnundzwanzig Enkel, welche alle dcr Trauung bei wohnten. Natur geschichtlich es. Die Wunderwelt im Kleinen. Die Milch eines einzigen Kabliau enthält mehr Thierchen, als Menschen auf Erden leben. Gegen zweihundcrttausend dieser kleinen Geschöpfe haben Raum in einem Krügelchen von dem Durchmesser und der Breite eines Haars, und die Krystallinse desselben Fisches, die kaum größer ist, als eine Erbse, besteht aus gegen fünf Millionen Käferchen, die mittelst mehr als zwciundsechzigtau- send Millionen Zäckchen oder Zähnen in einander gefügt sind. Der Kopf der gemeinen Stubenfliege hat Raum genug für sünsundzwanzigtausend Augen oder Linsen, und es gibt Thicr- chcn, die viel tausend Mal kleiner sind, als das kleinste Sand« körn, und die noch im Vcrhältniß zu den kleinsten dcr dem un bewaffneten Auge Sichtbaren das sind, was der Elephant gegen eine Fliege ist. Die Kunst, junge Eichen undKastanicn in der Stube zu ziehen. Man hängt eine Eichel an einem Faden auf, so daß sie einen Zoll über dem Wasser in einem Glase schwebt. Nach wenigen Monaten wird sie bersten, eine Wurzel hinunter nach dem Wasser und einen geraden Stengel mit schönen, kleinen, grünen Blättern aufwärts treiben. Mit Ka stanien ist dasselbe der Fall. Miszellen. Sonderbare Eisenbahn. In Baden bei Wien hat ein Speisewirth eine Eisenbahn aus der Küche nach dem Speiscsaal angplcgt, auf welcher die Speisen und leeren Schüs seln durch eine niedliche Locomotive hin- und hcrbewegt wer den. Die Bahn läuft vermittelst eines Tunnels sogar unter