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Der Salon. ^§9. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1839 Lese -Zimmer. Neuestes Bulletin der Mode». Paris, den II. Februar 1839. Ein Gehcimniß, meine Damen, ein Gehcimniß von unbe rechenbaren Folgen für den Fortschritt der erhabenen Puhwis- senschaft! Wir sollten zwar das Mysterium noch nicht aus plaudern, indem man die nächste Saison damit zu überraschen gedenkt, aber unser journalistischer Eifer kann kein Gehcimniß im Herzen bewahren. Also still. Ein Fabrikant in Lyon hat bas Mittel gefunden, Blonden und verschiedene andere Spitzen auf dem Webstuhle so nachzuahmcn, daß man künftig Schär pen, Foulards, Mantillen u. s. w. haben wird, deren Grund -niS glattem oder ausgearbeitetem Atlas, aus verschiedenen neben mit Stickwerk nach Art weißer Spitzen, und das Ganze ein Stück sein wird. Flache oder Relief-Stickereien neiden diesen verschiedenen Artikeln einen neuen Glanz ver leihen. Eine Robe sah man unlängst aus Jgola-Atlas, das Leibchen halb mit Verzierung besetzt, herzförmig, mit Jabot aus Mechcl- ner Spitzen, Gürtel rund, Rock mit Schleifen; die Aermel mit Achselstücken versehen, oben platt, bis zur Hälfte des Vorder armes halb breit, die Vorärmcl verlängert, gefältelt und mit einer Manchctte aus Spitzen, von derselben Art wie beim Jcchot versehen. Die Faoon ist die der ruhmwürdigcn Madc- u.oiselle Tulasne-Ledour. Vie schöne Madame L*** trug eine Robe aus Mühüda- Damast, einem sammetartigen Stoff mit goldenem, silbernem Samenflor in Bouquets auf einem duftigen Grunde; dieses Gewebe findet man nur bei Gagclin. Viele Roben aus andi sah man in der Oper. Der Grund war mit Blu men, besäet, die Volans schief und gestickt. Eine Unzahl Mous- selin-Roben waren mit einer Tunika bedeckt und mit Spitzen umgeben, mit Guipurcn und weiten Säumen, durch welche Bänder gezogen waren. Die Frau Marquise von M'" trug eine Robe aus wei ße:,: Damast, mit Silberstickcreien und mit losen Rosen besetzt, - la Montespan, Faoon der Madame Landein, die Blumen von den Gebrüdern Chagot. Eine neue Erfindung von Madame Elemancon hat auf dem Ball der Civilliste sehr viel Aufsehen gemacht. Es sind es Schnürleiber (corps), mit Fischbeinrcifröcken, welche die wunderbare Gabe haben, die Taille schlanker, die Hüften runder zu machen, überhaupt die Frauen nach Belieben und je nach ihrer Robe, ihrem Gürtel, ihrer ganzen Tracht ma gerer oder voller zu machen. Der Turban der Madame von L'" war aus schwarzem Sammet mit silbernen Stickereien. Zur Verzierung eine Reihe von Brillanten am Rande. Reizend sind die reichen Turbans aus Seidenstoff mit Goldlahn, aber es gibt nichts Köstlicheres, als die Sammet kappen mit silbernem Blättcrwerk, und die entzückenden kleinen Borden ü la Concini. Den Hut trägt man gewöhnlich klein und gegen die Wan gen sehr ausgeschweift, mit einem Halbzirkel von Spitzen, oder weißer, auch schwarzer Blonde aus den Magazinen der Ma dame Hurisscl-Person, Gaffe Montmartre No. 140. In den Salons Maxence zeichnen sich die herrlichen Ma« rabout-Kronen aus, besä't mit Sammet- oder Goldblumen. Rundherum über den Nacken gesetzt, bildet diese Krone auf der Stirne ein Diadem, oder fällt in die Haarlocken auf einer oder der andern Seite des Kopfes. Frau Brronin von W'" hatte zum Kopfputz eine Guir« laqde aus Eichenlaub und vergoldete Eicheln. Diese Guirlande bildete ein Winkelmaaß auf der Stirne, welches sich hinauf dcmzOhre näherte; die Haarlocken sehr leicht gehalten. Ihre Robe war aus Crcpp, von Strohfarbe, mit Eichenblättcrn besetzt. Entzückend war der Kopfputz der Gräfin von L**', die rollcnförmig gebildeten Haarlocken waren mit großen Blumen aus rubinfarbenem Sammet verziert. Spitzcnstreifen fielen auf jeder Seite nieder, hinten waren die Haare von einer Reihe Diamanten umgeben. Die Marquise von G'" trug ihr schönes, blondes Haar n la Sevignv gekraust und mit Crcppbauschcn verziert; zwi schen jedem Bausch figurirtc ein Zweiglcin von kleinen Rosen, die sich sehr tief herab gegen das linke Ohr neigten. Die Gräfin B"l*" war mit Kirsch-Kamellien coiffürt, mit einem Ecntrum von Diamanten, die Haare gelockt ä la Montespan. Nicht sehr zu empfehlen finden wir den komplicirtcn und fast gefährlichen Kopfputz, mit dem die Frau Herzogin von L"' prangte. Die Haare in gebundenen Flechten auf den Hals nicdcrsallend, der Kopfputz aus losgemachten Zweigen von granatfarbenem Sammet und Diamanten-Achren mit weißen Gänseblumen untermischt. Dies ist Alles sehr schön, reich und glänzend. Aber die Frau Herzogin wird beim Walzer, den sie sehr liebt, ihre Freunde und Freundinnen gewiß erschrocken ausrufen gehört haben: „Um Gotteswillen! dieser Dame fällt noch die ganze Eoiffürc herunter!" In der Oper bemerkte man sehr viele Coiffürcn in bloßen Haaren, ländliche Eoiffüren, wie sie manche Putzkünstlcrinnrn mit besonderem Geschmack zu arrangiren versieb». Hingegen